Vollgeldspielereien

Zunächst mal: das Vollgeldkriterium ist eine Mindestreserve von 100%. Das heißt auf gut Deutsch, daß jede Bank für die Genehmigung eines Kredits die Zustimmung der Zentralbank braucht, damit sie die für die Erteilung des Kredits notwendige Zentralbankgeldmenge zugeteilt bekommt.

Der unmittelbare Effekt ist eine unsinnige Zentralbankgeldhaltung der Banken, die entweder in bar gehalten werden müßte, oder als Gutschrift bei der Zentralbank vorhanden wäre, weil ja ja eine Gutschrift der Zentralbank über Zentralbankgeld für die Geschäftsbanken quasi dasselbe ist wie Bargeld. Aus der Konstruktion des Bankensystems weiß man aber, daß diese Zentralbankgeldbestände nie gebraucht würden, es sei denn im Fall eines ‚bank-run‘. Ansonsten wird Bargeld von Banken nur für den Bargeldverkehr gebraucht, während Forderungen über Zentralbankgeld bei der Zentralbank für ‚clearing‘-Operationen Verwendung findet.

Dabei ist die vermeintliche Regulierungsfalle Zentralbankgeld keine valide Restriktion, was die Zahlungsfähigkeit der Geschäftsbanken angeht. (Leider ist das Missverständnis Vollgeld auch einer falschen Darstellung der Bundesbank hinsichtlich der Frage der „Geldschöpfung“ geschuldet. Das ist ein anderes Thema!)

In Kurzform die richtige Version: das Knapphaltung des nötigen Bargeldes seitens der Zentralbank ist an sich die bindende Restriktion für die Banken den Umlauf von Bargeld zu minimieren. Denn die Effizienz der Verwaltung von Zentralbankgeld ist die eigentliche Aufgabe der Geschäftsbanken und nicht die Vorhaltung eines „Schatzes“ an Bargeld in ihren Tresoren. Das klingt so wie die Trottelnummer von „Fabian der Goldschmied“! Diese Effizienz zeichnet sich dadurch aus, daß der Interbankengeldverkehr dazu führt, daß bei allen, die sich im Interbankengeldmarkt beteiligen eine Erwartung existieren muß, daß die Bonität des Geschäftspartners gewissermaßen genauso hoch ist, wie die eigene Bonität. Denn dann ist ein Ausgleich an Zentralbankgeld zwischen Banken mehr oder weniger ein durchlaufender Posten der betrieblichen Kalkulation.

Vollgeld überträgt aber nun die Verantwortung für die Kreditvergabe auf die Zentralbank. Die Frage wäre, ob diese Verantwortung überhaupt dorthin gehört. Denn salopp gesagt ist die Funktion einer Zentralbank die: die Erzeugung von einheitlichen Bonitätsstandards für alle an sie angeschlossenen Geschäftsbanken.

Diese Aufgabenstellung kollidiert natürlich mit der landläufigen Interpretation der Aufgaben einer Zentralbank. Doch das ist ein Mißverständnis. Eine Zentralbank ist nicht für die Steuerung der Inflation da (geschweige denn NGDP), weil sie innerhalb ihres eigenen Aufgabenspektrums die Entscheidungen, welche dann mittelbar zu einer Steigerung der unternehmerischen Kosten und mithin der Steigerung der Verkaufspreise führen würden, überhaupt nicht treffen kann und in einer liberalen Ökonomie auch nicht treffen soll. Insofern ist die Erwartung, daß eine Zentralbank eine Steuerung des Preisniveaus beeinflussen könne, auf eine von ihr unmöglich zu erfüllende Aufgabe gerichtet. (Sobald man das einmal kapiert hat, fragt man sich, warum man an solche schöngeistigen Konzepte wie „Umlaufgeschwindigkeiten“ jemals geglaubt hat. Umlaufgeschwindigkeiten gehören auf den Rummel, nicht in die Ökonomie!)

Woran liegt das? Nun, das Verhältnis einer Zentralbank zu einer Geschäftsbank ist durch ein Delegationsverhältnis geprägt. Ein ‚principal-agent‘-Verhältnis ist jedoch dadurch charakterisiert, daß es anreizkompatible Arrangements geben muß, die den ‚agent‘ dazu bringen, die Ziele des ‚principal‘ mitzutragen. Das geht nur dann, wenn die Operationsweise zwischen beiden Parteien dazu führt, daß es zu Differenzierungen kommt, wenn ein ‚agent‘ (= Bank aus der Menge aller Banken) von den gestellten Qualitätsforderungen des ‚principal‘ (= Zentralbank) abweicht. Das heißt, der ‚principal‘ muß selbst differenzieren oder die ‚agents‘ differenzieren lassen, um die gestellten Qualitätsvorgaben zu erfüllen. Ein weites Feld…

Aber kurz und gut: die unvollkommene Kontrollkapazität der Zentralbank erlaubt es nicht Kreditentscheidungen zentral zu treffen. Denn das würde zu einer Duplizierung der ‚monitoring‘-Aufgaben einer Geschäftsbank führen, deren originäre Aufgabe es ja ist, die Kreditwürdigkeitsprüfung des Kreditantragstellers durchzuführen und zu beurteilen. Eine Einführung von Vollgeld würde demgegenüber dazu führen, daß von der Zentralbank Entscheidungen erwartet würden, welche sie aufgrund ihrer sachlichen Vorgangsferne überhaupt nicht einschätzen könnte. Das heißt aber im Endeffekt, daß von ihr sachnahe Entscheidungen erwartet würden, die im real existierenden Sozialismus von der Zentralplan-Behörde gefällt werden sollten. Daß eine derartige Konstruktion – gelinde gesagt – suboptimal wäre, muß wohl nicht besonders betont werden.

Und nun die ’seignorage‘!

Das bezeichnet im Grunde genommen einen „Gewinn“ aus der erstmaligen Verwendung von Zentralbankgeld. Das ist letztlich die alberne „Fabian-Goldschmied“-Vorstellung. Dabei wird zweierlei übersehen:

a) Der Zusammenhang des finanziellen Rechnungswesens erlaubt es nicht, daß eine „Geldausgabe“ über den Staat ohne eine begleitende Schuldbuchung erfolgen kann. Die Gegenposition mag ja in der Vorstellung der „Vollgeld“-Jünger bei der Zentralbank zinslos erfolgen, dennoch geht kein Weg daran vorbei deutlich zu sagen, worum es sich dabei handelt: nämlich eine zinslose Staatsfinanzierung durch die Zentralbank. Das kann man gut finden oder auch nicht, entscheidend ist

b) daß es dabei eigentlich nur um eine Aneignung realwirtschaftlicher Güter und Leistungen geht, welche nicht durch ein zusätzliches Güterangebot seitens des Staates begleitet wird. Denn Ausgaben des Staates sind a priori Konsumausgaben, auch wenn dadurch im günstigsten Falle die Bedingungen der privaten Unternehmen verbessert werden. Entscheidend ist jedoch etwas anderes, nämlich der Umstand, daß nicht rückzahlbare Schulden postwendend zu einer Erhöhung des Nettogeldvermögensbestandes der privaten Sektoren führt, womit im Endeffekt eine Aufblähung der Vermögenspreise induziert wird. In gleicher Richtung wirkt die von den „Vollgeld“-Vertretern angeregte Liquidisierung der Staatsschulden durch die zwangsweise „Deckung“ der von den Banken vergebenen Kredite mit Zentralbankgeld, was in der Vorstellung der „Vollgeld“-Vertreter im Grund dadurch erfolgen soll, daß die Geschäftsbanken ihren Bestand an Staatsschuldtiteln durch eine Bargeldhaltung, mit Hilfe eben dieser Liquidisierung von Staatspapieren, substituieren sollen. Heißt auf gut Deutsch: die Banken sollen statt Staatspapiere Zentralbankgeld halten, um die von ihnen vergebenen Kredite zu „decken“!

Eine unmittelbare Folge davon wäre ein großflächiger Zusammenbruch des Geschäftsmodells der Kapitalsammelstellen, weil deren Funktionsweise daran hängt, über „sichere“ Wertpapiere jedwede notwendige (Re-)Finanzierung geräuschlos bewerkstelligen zu können. Denn Staatsschuldtitel sind die unabdingbare Geschäftsgrundlage von Finanzmärkten, weil deren Liquidität die Flexibilität der Operationen von Finanzmärkten gewährleistet. Man kann ja meinen, daß das alles nicht notwendig sei, eine stillschweigende Inkaufnahme potentieller Katastrophen ist jedoch nicht das, was man von einer gelungenen Finanzmarktreform erwartet.

Das hat auch was mit der Frage zu tun, was das „Wesen“ von Staatsschulden angeht: kurz gesagt sind Staatsschulden in letzter Konsequenz in Vorjahren konsumiertes Sozialprodukt, welchem in der Gegenwart kein entsprechendes Güter- und Leistungsangebot gegenübersteht. Staatsschulden sind demzufolge „vergangenes Nichts“. Aus diesem Grunde ist jedoch die Abhängigkeit von Staat und Kapitalsammelstellen nicht auflösbar, sondern gehört eher zu einer spezifischen Qualität des Staatsschuldenkonzepts von Ökonomie. Denn insoweit es die Bestrebung der privaten Akteure zur Bildung von Nettogeldvermögen gibt gilt für die Verklammerung von Staat und Kapitalsammelstellen: It´s not a bug (Teufelskreistheorie), but a feature! Und das gilt auch und insbesondere für die Zinsen von Staatsschulden, welche im Grunde genommen mit den Zinsen finanziert werden, die vom Staat „gezahlt“ werden. Oder anders: Staatsschulden werden stets revolviert und die Zinsen auf die Staatsschuld werden mit den kurz zuvor vom Staat gezahlten Zinsen finanziert, indem diese in gleicher Höhe der Staatsschuld zugeschlagen werden. Man glaubt es kaum, das funktioniert! (OK, manchmal muß auch die Zentralbank deutlich machen, daß es so zu funktionieren hat – was anderes hat Draghi mit seiner OMT-Ankündigung auch nicht gemacht.)

Was gibt es sonst noch zu der „Vollgeld“-Szene zu sagen? Ach ja, natürlich verwechseln diese „Protagonisten“ wie üblich Schulden mit Geld, denn daß Zentralbankgeld und Sichtforderungen zwei verschiedene Dinge sind, kann man als „Vollgeldler“ nicht akzeptieren, weil sonst das ganze Konzept in sich zusammenfällt. Mal abgesehen davon, daß Sichtforderungen („Einlagen“ oder „Giralgeld“ ist eigentlich eine Falschbezeichnung) eine Folge der Kreditvergabe der Geschäftsbanken sind und nicht umgekehrt. (Einlagen hat man in den Schuhen und nicht auf der Bank!) Leider trägt auch die Bundesbank zu diesem Mißverständnis bei, indem immer wieder die „Einlage“ bei einer Geschäftsbank zu einer Ursache der Kreditgewährung hochstilisiert wird. Aber das ist im Vergleich zu der „Vollgeldler“-Konzeption ja noch harmlos.

Was lernt man daraus?
Die Vollgeld-Phantasie ist nur dazu geeignet Verwirrung zu stiften, sonst nichts. Es ist ja verständlich, daß die Suche nach einer Alternative zu der herrschenden Geldtheorie kuriose theoretische Vorstellungen hervorbringt. Das heißt aber nicht, daß dadurch die Errungenschaften des Kreditgeldkapitalismus völlig vor die Hunde gehen müssen. Auch wenn´s schwerfällt – ja, die gibt es!

68 Kommentare

Eingeordnet unter Finanzmarkt, Geldtheorie, Wirtschaftstheorie

68 Antworten zu “Vollgeldspielereien

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  2. rubycon

    Antwort mit dem Asienobstkonservencocktail 😉
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/modelle-die-sich-schlecht-benehmen/f-a-z-kolumne-von-emanuel-derman-finanzmodelle-betruegen-uns-11945351.html
    Du hast Frederick Soddy (Virtual Wealth…) nicht vollständig verstanden.
    Vielleicht liest Eclair mit und kann etwas keynesianisch die Mindesreservehinterlegung und Bonitätsbeurteilung von Investitionsvorhaben erklären.
    Das Bankenuntergangsszenario bei derzeitigen Blasenvermögen ist übertrieben. Interessengeleitet?
    Eine bessere Planung mit aktueller Statistik und Preissammlungsvorgabe ist bestimmt nicht suboptimaler als Dein Bankvertrauen .
    Wer Geld über private Bankenprüfung durch unbegrenztes zur Verfügungstellen mt Zentralbanksicherung praktiziert liegt doch verdammt richtig . Geld hat keinen Preis mehr, der ja ohnehin nicht gesteuert sondern nur verteilt werden kann.
    Think it over .

    Letzter Absatz von Emanuel Derman :
    „Macht Physik die Finanzwelt vorhersehbar?

    Vor genau diesem Problem, die Umstände hinreichend zu präzisieren, stehen wir auch, wenn wir in Finanzmodellen die zukünftigen Szenarien bestimmen wollen. Die zukünftigen Preise für diverse Obstsorten werden von unvorhersehbaren Frühjahrsfrösten, von Revolutionen in Bananenrepubliken, von Streiks in der Schifffahrt und vom Ausbruch neuer Pilzkrankheiten beeinflusst, die Aktienkurse von Ängsten, Gier und Ansteckung. Wie der Teufel, so schlagen auch die Märkte unseren vorgestellten Szenarien ein Schnippchen.

    Finanzmodelle sind stets relativ und basieren unvermeidlich auf Vergleichen und Analogien. In Krisenzeiten, wenn die Menschen in Panik geraten, werden Vergleiche zunichtegemacht, Modelle verfehlen ihren Zweck. Finanzmodelle funktionieren nur unter eingeschränkten Bedingungen gut, wenn die Welt sich nicht allzu sehr verändert und nicht allzu weit von ihrem aktuellen Zustand abweicht. Physikalische Theorien sind dagegen absoluter. Newton sagt ziemlich genau, wie Planeten sich bewegen, ganz gleich, ob wir in Panik geraten oder nicht.

    Das Trügerische liegt in der Tatsache, dass die Semantik der Physik (Voraussage der Zukunft) zwar ganz anders geartet ist als die der Finanzwissenschaft (vergleichende Replikation von Unbekanntem auf der Grundlage von Bekanntem), die mathematische Syntax aber in beiden Bereichen sehr ähnlich ist. Das hat zur Folge, dass törichte oder unwissende Leute auch von der Sprache der Finanzwissenschaft die Präzision der Physik erwarten.

    Das financial modeling hat an sich nichts Bösartiges oder Törichtes. Aber wer es ordentlich betreiben will, muss genügend Reife und Erfahrung besitzen, um deren Beschränkungen zu erkennen. Und man muss stets bereit sein, über die Schulter zurückzuschauen, wenn man Schritte hört.“

    • Nehmen wir mal an, daß Wikipedia nicht völligen Blödsinn geschrieben hat, indem es in dem Artikel über F. Soddy heißt, daß er folgende Probleme des monetären Wirtschaftsdaseins ausgemacht habe:

      „die Problematik des Giralgeldes und vor allem der Geldschöpfung der Geschäftsbanken,
      die Problematik des Zinssystems und der damit verbundene Verschuldungszwang und
      die Problematik der Geldschöpfung in der Hand privater Zentralbanken (wie die 1913 gegründete FED).“

      Im Grunde genommen finden sich hier die versammelten Fehlurteile der „Geldsystemreformer“, die mal den einen oder den anderen Aspekt aufgreifen, um anhand mikroökonomischer Überlegungen den „Fehler des Finanzsystems“ zu beklagen. Anschließend werden dann stets irgendwelche abstrusen Vorschläge unterbreitet, die angeblich den Fehler korrigieren und überhaupt die ökonomische Welt wieder zu einem paradiesischen Zustand bringen sollen. Einen dieser Vorschläge habe ich ja gerade mal andiskutiert, schon die oberflächliche Untersuchung führt auf höchst unerfreuliche Konsequenzen.

      Dazu gehört folgende Begebenheit: Ende Oktober fand in der Berliner Urania eine Vortragsveranstaltung statt, bei der auch der Huber seine Vorstellungen präsentierte. In der anschließenden Fragerunde wurde angesprochen, daß, wenn die Liquiditätsbeschaffung für die Unternehmen wegen der Vollgeld-Regulierung über die Banken vergleichsweise schwierig sei, die Unternehmen wieder dazu übergehen könnten das Instrument des Wechsels zu verwenden, so daß sie sich damit verstärkt wieder gegenseitig Zahlungsziele einräumen würden. Nachdem der Huber offenbar auf dem falschen Fuß erwischt wurde und erst einmal ein bißchen rumgestottert hatte, verstieg er sich dann zu der Aussage, daß man den Umlauf der Wechsel – „wenn sie weitergegeben würden“ – untersagen müsse, um die „Schöpfung von Geld“ zu unterbinden. Wer unsere Juristen kennt wird sich leicht vorstellen können, daß dann auch ein einfacher Lieferantenkredit als „Geldschöpfung“ verboten werden würde. Man braucht wirklich nur drei Finger um zu sehen, daß die Vollgeld-Geschichte auf einer völlig falschen Prämisse aufgebaut ist, nämlich der Identifikation von Kredit mit Geld. Die Konsequenz aus der Tatsache, daß es im Kreditgeldkapitalismus halt bisher ein zweistufiges Geldsystem gibt, wird von den Vollgeldlern schlichtweg nicht gezogen, sie operieren im Grunde genommen immer noch mit der veralteten Vorstellung, daß Banken zur Kreditvergabe „Einlagen“ brauchen – dabei hat man diese in den Schuhen! Insofern sind sie ca. 150 Jahre zu spät dran!

      Was Derman angeht: eine wirklich gelungene Kolumne, welche die Hoffnungslosigkeit beschreibt, durch mathematische Modelle den Kursbewegungen an der (OTC)-Börse auf die Schliche zu kommen. Das erinnert ein bißchen an den verzweifelten Versuch der Alchemisten irgendwie die „Formel“ für Gold zu entdecken, um dem Liquiditätsproblem ein für alle Male zu entkommen. Nur daß die Auftraggeber heutzutage nicht mehr die Könige sind, sondern die Geldvermögensverwalter, die ihren Kunden irgendeine Rendite versprochen haben und in Zeiten rückläufiger Wachstumsraten nicht mehr wissen, was sie noch anstellen sollen, um ihren Verpflichtungen noch nachzukommen. Was macht man in einer solchen Situation? Richtig, man fährt ein Ponzi-Schema bzw. ein Schneeballsystem, wobei der Staat mit seiner Verschuldung im Verein mit der Zentralbank diesen Schneeball immer größer werden läßt. Und zu allem Überfluß wird dann auch noch der Zentralbank vorgeworfen, daß sich auf den Finanzmärkten keine Rendite erzielen läßt, WEIL die Zentralbank eine Niedrigzinspolitik betreibt. Das ist die Logik: „Wasch´ mir den Pelz, aber mach´ mich nicht naß!“ Kann man versuchen, ist aber nicht erfolgreich!

      Alles richtig, nur: Derman argumentiert auf einer mikroökonomischen Ebene, welche mit der hier behandelten Frage nach den spezifischen Eigenschaften von Finanzsystemen nichts zu tun hat. Hier geht es mehr um die Frage, welche Beziehungen zwischen Geschäftsbanken und der Zentralbank bestehen (sollen) und wie deren Ausgestaltung sein soll. Und auch, daß es einen Unterschied zwischen Geld und Kredit gibt und jede Theorie, die das außer Acht läßt, letzten Endes nur unsinnige Verwirrung stiftet. Apropos stiften: vielleicht findet sich ja eine Stiftung, die derartigen Unsinn für förderungswürdig hält. Vielleicht erklärt sich daraus der Weltverbesserungsanspruch der „Vollgeldler“! Dann hätte „Vollgeld“ wenigstens noch einen (sehr eigennützigen) „Vollsinn“!

  3. rubycon

    Es gab die kleineren Filialen der Bundesbank und der Landeszentralbanken als Vertrieb für gedeckten Kredit vor Ort – war im Rückblick gar nicht so unwirtschafftlich diese Lokalisierung für Geschäftbanken und deren Kunden.

    So ein Wechsel ist eine ganz schöner Mist, wenn ihn der Postbote einlösen kommt weil dein Name eingetragen ist !

    Die Problematik der Geldversorgung mit Kreditvergabe und Erwartung gleicher Bonitäten der Ebenen wird durch Einschätzungen der Investitionsrückflüsse aus Produktionen von Unternehmen immer gestört werden. Gibt es Kredit umsonst ist nur die Bestandsrückzahlung bei Misswirtschaft gefährdet.
    Ausserdem fällt die Differenzierung in Fremd- und Eigenkapitalzinsen mit verschiedener steuerlicher Behandlung weg.
    Wo liegt denn Effizienz vor bei Dispositionszinsen von 13% + x ?
    Warum schreibt ein Preisgesetz nicht vor wie in der Nachkriegswirtschaft, dort hat das reibungslos funktioniert und heute bei Ärzte, Architekten, Anwälten – AAA immer noch, die sichern sich staatlich sanktionierte Einkommen genauso über die Honorarordnungen.
    Reinste Klientelpolitik – Lobbyistentum.
    Produzentenrente gegen Konsumentenrente.

    • „Die Problematik der Geldversorgung mit Kreditvergabe und Erwartung gleicher Bonitäten der Ebenen wird durch Einschätzungen der Investitionsrückflüsse aus Produktionen von Unternehmen immer gestört werden. Gibt es Kredit umsonst ist nur die Bestandsrückzahlung bei Misswirtschaft gefährdet.“

      Das ist mißverständlich. In Kurzform: WEIL eine Kreditrückzahlung jederzeit gefährdet ist, muß es einen Ausgleichsmechanismus geben, der die Kreditgeber vor den Folgen der Insolvenzen schützt. Dieser Mechanismus nennt sich ZINSEN, da Zinsen zualler-aller-allererst dazu da sind, um die Abschreibungen aus Kreditausfällen zu kompensieren. Wenn DANN noch etwas übrigbleibt, kann das als Nettoeinkommen von Banken gebucht werden. Das erklärt auch die Dispo-Zinsen, denn einerseits ist ja der Verführungseffekt recht hoch (nennt sich preisunelastische Kreditnachfrage), auf der anderen Seite dürfte der Abschreibungsbedarf dieser Kreditkategorie recht hoch sein. Das ist wie bei der Kfz-Versicherung: hohe Schadenhäufigkeit bedeutet hohe Prämien für den Versicherungsschutz! Heißt: auch 13% Dispo-Zinsen sind ein „Gleichgewichtspreis“!

      Wenn man erst mal angefangen hat Zinsen als Versicherungselement vor einer unsicheren Zukunft zu sehen (‚we simply do not know‘ – Keynes, siehe auch Derman) und der infantilen Vorstellung abgeschworen hat, daß Zinsen eine „Belohnung“ für ein – zu allem Überfluß auch noch – „moralisches Verhalten“ sein sollen, bekommt man überhaupt erst mal einen Blick dafür, was ein Finanzsystem eigentlich ausmacht. Solange man sich jedoch an die Spar- oder Einlagentheorie des Geldes – mithin die Vorstellung der Goldwährung und in Folge die Quantitätstheorie – klammert, um unbedingt die „wahren“ Hintergründe des Wirtschaftens hinter dem „Geldschleier“ auszuloten, wird man eine (auch nicht mehr so) neue paradigmatische Sichtweise auch dann nicht erkennen können, wenn sie direkt vor einem liegt!

      Ersteres hat natürlich einen Vorteil: wirtschaftspolitische Artikel und Kolumnen lesen sich zum größten Teil besser und unterhaltsamer als Micky Mouse! 🙂

  4. rubycon

    „Und zu allem Überfluß wird dann auch noch der Zentralbank vorgeworfen, daß sich auf den Finanzmärkten keine Rendite erzielen läßt, WEIL die Zentralbank eine Niedrigzinspolitik betreibt. Das ist die Logik: “Wasch´ mir den Pelz, aber mach´ mich nicht naß!” Kann man versuchen, ist aber nicht erfolgreich!“

    Macht der Merwyn King heute dem Weidmann zum Vorwurf – warum?

  5. rubycon

    Kredite werden nicht zu 100% ausgeben für z.B. Immobilien waren es mal 60% Beleihungsregel – Ausnahme Wulf …
    Bonitätsprüfung geht vorab und dient der Sicherheitsrealisierung.

    Zins wäre also Lohn für das Bearbeiten und Verwalten eines Darlehens –
    genauso ist die höchstrichterliche Rechtsprechung bei staatlicher Wohnungsbauförderung . Nix Versicherungskonstruktion!
    Und für die Schäden sollen die Besitzer mal alleine haften nicht die allgemeinen Steuerzahler – Verursacherprinzip !

    „…Zinsen als Versicherungselement vor einer unsicheren Zukunft…“
    Du meinst eher Wagniskosten, dann mal Branchen und Zahlen in den Rechner .

    „Nr. 49 Ermittlung der kalkulatorischen Wagniskosten
    (1) Die kalkulatorischen Wagniskosten sind auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen
    Verluste aus Wagnissen zu ermitteln. Soweit Verlusten aus Wagnissen
    entsprechende Gewinne gegenüberstehen, sind diese aufzurechnen. Der tatsächlichen
    Gefahrenlage im laufenden Abrechnungszeitabschnitt ist Rechnung zu tragen.
    Fehlen zuverlässige Unterlagen, so sind die kalkulatorischen Wagniskosten sorgfältig
    zu schätzen.
    (2) Für die Bemessung der Wagniskosten soll ein hinreichend langer, möglichst
    mehrjähriger Zeitabschnitt zugrunde gelegt werden. Dabei ist stets ein Ausgleich
    zwischen den kalkulatorischen Wagniskosten und den tatsächlichen Verlusten aus
    Wagnissen anzustreben.
    (3) Die Wagniskosten sind nach Wagnisarten und Kostenträgergruppen getrennt zu
    ermitteln und auszugleichen.
    (4) Klein- und Mittelbetriebe können in einer der Wirtschaftlichkeit der Rechnungsführung
    entsprechenden Weise die Erfassung und Verrechnung der Wagniskosten
    vereinfachen. Dabei sollen Mittelbetriebe mindestens die Wagniskosten nach Kostenträgergruppen
    aufteilen.“

    aus:

    https://foerderportal.bund.de/easy/module/easy_formulare/download.php?datei=222

    Die neuesten Zahlen für die Dispoausfälle geben keine 13% her – Empirie pur ! Aus Erinnerung drei- bis viermal zu hoch.

    Zins und Moral gab es mal beim Verbot durch die Kirche, was in Zeiten der Vatikanbank aber nur als scheinheilig tituliert werden kann.

    Donald Duck ist aber etwas ästhetischer als Mario Draghi oder Ives Mersch mit seiner Schäfchenkrawatte ;-).
    Wer will in Gold baden …

    • „Bonitätsprüfung geht vorab und dient der Sicherheitsrealisierung.“

      Ja, wenn das so funktionieren würde, wäre ja alles gut, aber irgendwie ist es nicht so. Schon mal dann, wenn die Konjunktur gerade nicht so ist, daß man die „üblicherweise“ erzielbaren Preise realisieren könnte… ach ja, shit happens!

      „Zins wäre also Lohn für das Bearbeiten und Verwalten eines Darlehens…“

      Wenn Bearbeitung und Verwaltung einen so hohen Stellenwert hätte, müßte unsere öffentliche Verwaltung im Geld schwimmen, aber was sehen wir seit Jahren? Sparen, Abbau, Kürzungen – und das macht auch vor Kinderspielplätzen nicht Halt.

      „Du meinst eher Wagniskosten…“

      Wie man das nennt ist schnurzpiepe, es geht darum, daß vor dem Ertrag die Abschreibung kommt, es sei denn, man versucht den Leuten einzureden, daß Umsatz und Gewinn dasselbe ist. Es soll Leute geben, die das so gehalten haben…

      Mal abgesehen davon, daß Kosten vorverauslagt sind, während Kreditausfälle üblicherweise nicht genau bestimmbare Ereignisse sind, die erst ex post hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Kosten bestimmbar sind. Kosten und Kreditausfälle sind nicht dasselbe. Wenn man alles durcheinanderwirft, kommt nie was Sinnvolles heraus!

  6. rubycon

    Und was sind das für Eigenkapitalquoten?

    Klicke, um auf r_121031ac.pdf zuzugreifen

    Fällt eher in die Kategorie Joking – nach einem Jahr Fortschreibung.
    Die fühlen sich aber ganz toll sicher .
    Bis auf die Briten mit ihren 18% .
    Hier könnte man mal verdrei- bis vierfachen !

    • Ach herrje, die FSB: „Für eine schlecht geführte Bank ist keine Eigenkapitalquote hoch genug, für eine gut geführte Bank ist eine positive Eigenkapitalquote eine Verschwendung von Ressourcen.“ Und über gut und schlecht entscheidet die Tagesform der Konjunktur.

      Zum pdf: Das Flüchten in Acronyme ist Ausdruck der Tatsache, daß die betreffenden Herren genau wissen, daß sie auf Teufel komm raus so tun müssen, als hätten sie die Sache im Griff. Wie war das? Planungen sind am schwersten, wenn sie die Zukunft betreffen?

  7. rubycon

    Die Planungen mit Haushaltskonsolidierungen bei Defizitären Jahresergebnissen ist Dein typisches Principal-Agent Problem.
    Der Principal muss dem Agent bessere Lösungen vorgeben als dieser normalerweise besser praktizieren müsste.
    Wenn das richtige Geschäftsfeld gut geführt wird braucht es Null Eigenkapital . Aber siehe z.B. die Moodies für die HSH-Nordbank laut Bildzeitung Seite 2 der Hamburgausgabe 2.November – haben also Millionen Prolos lesen können ! Den Eignern geht der Stift auf Glatteis, wegen Gewährsträgerhaftung und Bürgschaftsinanspruchnahme für Junkbewertungen und negative Zukunftserwartungen.
    Und nun – unsere Damen und Herren Aufseher?
    Hier der vorherige Ratingstatus
    http://www.hsh-nordbank.de/media/pdf/investorrelations/ratings/moodys/20121002_Moodys_Credit_Opinion_HSHNordbank.pdf?
    Welcher Aufseher kann das sinnvoll Beurteilen?
    Frag doch mal den Steinbrück für nen Tausi 😉

  8. rubycon

    Das 2. November Company Profile noch unter Verschluss, aber man kann die Methodologie und Geschichte des Ratings schön nachlesen.
    http://www.moodys.com/credit-ratings/HSH-Nordbank-AG-credit-rating-806604822#
    Aber nicht so schummerich werden dabei 😉

    Den Tausi monatlich – so statt einem Vortrag im Jahr … also 12.000 €.
    Oder ist das zu wenig für diese Schrottbude äh Goldgrube?
    Waren tolle Zeiten als die Segler gesponsert wurden, davon werden diese noch viel viel später erzählen !

  9. rubycon

    Motto :

    „Gebt Gas Jungs und lasst den Schwan fliegen!“

    http://www.sailinganarchy.de/html/sa-06-2007.html

    Der Link zum BlueRace ist gekillt – schlechtes Gewissen?

  10. rubycon

    Wo gab es sonst noch so legere gesponserte Klamotten?

    Alles auf Kosten der Bank äh der Steuerzahler – Effizienz – für wen?
    2007, die fühlten sich unschlagbar – ein Blick zurück in die Zukunft wäre realistischer gewesen.

  11. rubycon

    Wie Soddy im Vorwort empfiehlt die Zusammenfassung der praktischen Erkenntnisse als Zielvorgabe vorweg lesen
    Seiten 294 ff bzw. 151 ff pdf
    aus
    http://abob.libs.uga.edu/bobk/wvwd/
    WEALTH, VIRTUAL WEALTH AND DEBT 1926

    „(10) To initiate the system some £2,000,000,000 of
    National interest-bearing Debt should be cancelled and the
    same sum of national money (non-interest-bearing National
    Debt) issued to replace the credit created by the banks.
    The taxpayer would thereby be relieved of the payment of
    £100,000,000 a year interest on purely fictitious loans.
    This annual interest is a payment by the taxpayer to bond-
    holders for money lent to the State, and it is transferred
    under the existing system to the banks for their services in
    creating new money as bank credit and conferring it on
    bond-holders against their bonds as collateral security.
    The taxes are thus paid fo the bank for doing what the
    taxes were imposed to prevent being done, namely, the
    increase of the currency. Otherwise there would have been
    no reason for the State fo borrow at interest if it had not
    wished to prevent the increase of the currency. “

    So wird der Anstoss, Anfang der Umstellung aussehen und über ineffiziente Planung brauchen wir uns mit den technischen rechnerischen und statistisch erfassbaren europaweiten Messungen keine Sorgen machen.
    Bin jahrelang ganz unten an der Front des Rechnungs- und Meldewesens bei Istzahlungsstromdokumentationen bei den arbeitenden Menschen aufgelaufen 😉

    Es wird zu einer Renaissance der Besteuerung kommen – Startschuss nach der US-Wahl oder?

  12. Die „Effizienz“ der Geschaeftsbanken als Argument gegen Vollgeld anzufuehren ist schon mutig. Immerhin haben die Geschaeftsbanken fuer das treuhaenderische Fuehren der Buecher (im Computerzeitalter!) 2010 130 Mrd. berechnet. Darin sind die Zinszahlungen an Guthabeninhaber in hoehe von 170 Mrd. nicht enthalten. Diese 130 Mrd entsprechen knapp 30% der gesamten Steuereinanhmen von Bund Laendern und Gemeinden.
    Wenn ich da einen Vergleich auf Basis des Preis/Leistungsverhaeltnises wage, dann muss ich sagen, dass die Geschaeftsbanken nicht besonders gut wegkommen. Auch dann nicht, wenn ich diverse Bail Outs wie bei den obigen Zahlen ausklammere.

    • Hallo Herr Trappe,

      ich glaube, Sie mißverstehen, worum es mir bei der „Effizienz“ ging: es geht nämlich in diesem Punkt nicht um die Frage einer möglichst abschreibungsarmen Kreditvergabe, sondern um die Minimierung des Zentralbankgeldbestandes seitens der Banken. Wenn Sie so wollen betrifft das die Optimierung der (Re)-finanzierungskosten in Bezug auf Zentralbankgeld, was begründet, daß Banken nur soviel Zentralbankgeld beschaffen, daß es für den Bargeldverkehr der Kunden, sowie für den Interbankenausgleich und sonstige Anforderungen wie die Mindestreserveregel (welche lediglich eine rein anachronistische Folklore darstellt) reicht.

      Die Knappheit des Zahlungsmittelstandards „Zentralbankgeld“ macht es für Banken zu einem zu optimierenden Kostenfaktor und erzeugt über die Refinanzierungszinsen des Interbankenmarktes einen Nivellierungsdruck hinsichtlich des erforderlichen allgemeinen Bonitätsstandards, welcher bei einem gleichförmigen Hin und Her der Tagessalden die Interbanken-Kreditkosten zu einem durchlaufenden Posten der bankbetrieblichen Kalkulation macht.

      Wie soll eine Zentralbank sonst darauf hinwirken, daß die Geschäftsbanken eine verantwortliche Kreditvergabe betreiben? Ob man will oder nicht: dieses ‚principal-agent‘ Problem muß gelöst werden – wie auch immer.

      Wo auch immer die Lösung liegt: mit einer „schärferen Regulierung“ hat sie nichts zu tun!

      • Hallo Herr Menendez,
        Wenn man es aus der Richtung Principal Agent Theorie betrachten moechte, dann faellt zu naechst einmal auf, dass private Geschaeftsbanken zwei Principals haben. Die Eigentuemer und die Zentralbank. In den USA ist das so „geloest“, dass die Eigentuemer (shareholder) der Zentralbank die Geschaeftsbanken sind.
        „The 12 regional Federal Reserve Banks, which were established by the Congress as the operating arms of the nation’s central banking system, are organized similarly to private corporations–possibly leading to some confusion about „ownership.“ For example, the Reserve Banks issue shares of stock to member banks. However, owning Reserve Bank stock is quite different from owning stock in a private company. The Reserve Banks are not operated for profit, and ownership of a certain amount of stock is, by law, a condition of membership in the System. The stock may not be sold, traded, or pledged as security for a loan; dividends are, by law, 6 percent per year. “ (http://www.federalreserve.gov/faqs/about_14986.htm) Wenn dann noch Praesident und bestimmte Teile des Kabinets (z.B. Finanzminister) wie auch Mehrheiten im Kongress das pflegen, was man an Incentives orientierte Beziehungen zur Wall Street nennen koennte, dann funktioniert das ganz wunderbar im Sinne der Eigentuemer.
        Da ist dann Nivellierungsdruck auf Bonitaetsstandards via Refinanzierungskosten meinem Eindruck nach von eher untergeordneter Bedeutung.
        Hierachisch strukturierte Systeme haben, eine ausreichende Energieversorgung von aussen vorausgesetzt, die Faehigkeit und Tendenz ihre Entropie (immer weiter) zu senken. Das fuehrt bei einer endlichen Zahl von Systemkomponenten zwangslaeufig zu einer Erhoehung der Redundanz auf den unteren Ebenen und einem zunehmenden Mangel an Redundanz auf den oberen Ebenen, woraus sich auch eine zunehmende Anfaelligkeit des Gesamtsystems gegenueber Ausfaellen und Fehlleistungen auf den oberen Hierachieebenen ergibt.
        Die Alternative besteht in dezentralen Strukturen, die die Entropiesenkung begrenzen, in dem sie die entstehende Redundanz gleichmaessiger auf die Systemkomponenten verteilen und damit die
        Ausfallsicherheit erhoehen. Das ist aus Sicht einer Effizienzbetrachtung, wie ich sie eingangs angefuehrt habe zwar suboptimal, gemessen an der fundamentalen Zielsetzung der Evolution aber einem sonst staendig steigenden Risiko des Totalausfalls vorzuziehen. So gesehen entsteht ein Optimierungsproblem, dass sich in die Sprache der Geldtheoretiker uebersetzt in etwa so darstellt: Wieviel Zentralbankgeld muss von einer Geschaeftsbank vorgehalten werden, um das Risiko eines Bank Runs soweit auszuschliessen, das ein Systemzusammenbruch unmoeglich wird? Bei einem Finanzsystem mit wenigen grossen, „systemrelvanten“ Banken werden wir da wohl naeher an den vorgeschlagenen 100% liegen, als bei sehr vielen, redundanten, kleinen Banken.
        Viele Gruesse
        Georg Trappe

        • Hallo Herr Trappe,

          erst mal vielen Dank für die sehr vielschichtige Antwort!

          Ihre Bemerkung, daß Geschäftsbanken zwei ‚principals‘ haben, ist ein sehr interessantes Argument. Das verweist auf den Umstand, daß im Grunde genommen für alle Unternehmen die Frage des Umgangs mit den ’stakeholdern‘ eine virulente Frage darstellt. Um aber die Sache nicht zu verkomplizieren, betrachten wir mal die Geschichte, daß sich Geschäftsbanken an mehreren Interessen orientieren müssen. Dabei ist man irgendwie dazu gezwungen sich zu entscheiden, welche Anforderungen von den Geschäftsbanken primär zu bedienen sind. Ich würde mal vermuten, daß das Interesse der Eigentümer – Aktionäre – zwar den allgemeinen und auch handlungsleitenden Rahmen von Geschäftsbanken darstellt, diese aber – wie andere Unternehmen auch – sich den aktuellen öffentlich-rechtlichen Bedingungen stellen müssen, welche von der judikativen Instanz vorgegeben werden. Ich würde an dieser Stelle eine Hierarchie der Funktionsbedingungen sehen, welche eindeutig bei den öffentlich-rechtlichen Anforderungen zu verorten wäre. Denn jegliches private Gewinninteresse muß sich auch mit den geltenden Rahmenbedingungen arrangieren.

          Dazu kommt noch, daß es bei der Frage der Refinanzierung aufgrund von Zentralbankgeldabflüssen nicht um eine Regulierungsvorgabe handelt, sondern um den schlichten Sachverhalt, daß bei einer Vielzahl von Geschäftsbanken der Fluß von Zentralbankgeld keiner Regulierung folgt, sondern den Zufälligkeiten, die sich daraus ergeben, daß ein Geldüberweiser sich keine Platte macht, wohin seine Überweisung geht, mithin die Frage welche Kapitalsammelstelle einen Liquiditätsüberschuß erzielt, eine Angelegenheit der Befindlichkeiten des Nichtbanken-Publikums ist. Das bedeutet, daß weder Eigentümer noch Zentralbank einen Einfluß darauf haben, wohin die Geldströme fließen. (Das ist übrigends der Grund, warum es bei Großkrediten Konsortien gibt, die versuchen durch eine geschickte Verteilung der Aufbringung des Kreditvolumens eine möglichst kleine Nettoverschiebung des zur Finanzierung erforderlichen Zentralbankgeldbestandes zu erzeugen.)

          Daraus ergeben sich zwei Dinge: einerseits das Interesse der ’shareholder‘ den Zentralbankgeldabfluß so niedrig wie möglich zu halten, während sich das Interesse der Zentralbank daraus ergibt, daß die Interbankenzinsen sich möglichst auf einem Niveau einpendeln, woraus sich erschließen läßt, daß das Banksystem sich auf einem einheitlichen Bonitätsstandard befindet. Ich würde mal behaupten, daß sich in diesem Fall das Interesse der ’shareholder‘ mit dem Interesse der Zentralbank deckt, weil beide daran interessiert sind, daß sich jede einzelne Bank an den Standard der üblichen Kreditvergabekonditionen hält – im ersteren Fall, um einer übermäßigen Refinanzierungskosten zu entkommen, im anderen Fall, um eine Einheitlichkeit – genannt Finanzmarktintegration – der Kreditvergabestandards zu erzielen.

          Die Verfehlung letzteren Ziels ist jedoch gerade das, was seitens der EZB seit geraumer Zeit beklagt wird. Da sich die EZB aber inzwischen der Frage der Bequemlichkeit der Staatsfinanzierung mehr verbunden fühlt, als der Frage der Einheitlich der Bonitätsstandards, ist doch gerade die Bewegung im Gange, die Versäumnisse der EZB hinsichtlich ihrer Staatsanleihenkäufe, durch eine „Bankenunion“ mit einer Aufsicht über die Einhaltung der Kreditvergabestandards, zu kompensieren.

          Woran liegt das? Ganz einfach: an der falschen Theorie, daß es bei Refinanzierungskosten in EURO-Land einen einheitlichen Standard geben soll, d.h. jede Geschäftsbank in EURO-Land sich zum gleichen Refinanzierungszins Zentralbankgeld beschaffen können soll.

          Und genau damit macht man sich jedes Geldsystem kaputt! Die Abhilfe ist: die EZB muß wieder dazu übergehen Kontingente von Zentralbankgeld zu verauktionieren, dann gibt es nämlich wieder die gesunde Zinsspreizung, von der auch H-W Sinn redet. Die Nivellierung ökonomisch gesehen unterschiedlicher Sachverhalte führt dagegen in letzter Konsequenz zum Zusammenbruch des EURO. Witzigerweise war genau das der Grund für dessen Einführung: die Nivellierung der Refinanzierungskosten – nämlich gegen das angebliche „Zinsdiktat“ der Deutschen Bundesbank! Hätten die Franzosen u.a. gewußt, was sie sich damit einfangen, wären sie nie auf diese alberne Idee des EURO gekommen – aber wahrscheinlich war er sowieso nur eine Ausrede an die Ungemütlichkeiten der Abwertungszwänge in den Zeiten der ECU-Schlange! There is no free lunch – und mit der deutschen Währungspolitik sowieso nicht. Denn diese ist auch in EURO-Zeiten noch dominant, EURO hin oder her!

          Das mit der Entropie beantworte ich mal vorläufig so (ist von mir):

          In der mittleren „Zeile“ fehlt noch „Interface“!

          Viele Grüße

      • Vandermonde

        Es läßt sich möglicherweise über ein Window Guidance Konzept lösen, wie es die BoJ lange Zeit betrieben hat. Das ist natürlich eine schärfere Regulierung und hat eigentlich recht gut funktioniert.

  13. rubycon

    Die zarteste Versuchung seit es Sparkassen gibt (Eigenkapital und dessen Rendite den Träger zu zuschreiben und abzuführen) und die aktuellste, fleissigste empirische Darstellung.
    Respekt den Prüfern dieses Kommunalberichtsteils 😉
    Das stimmt einfach alles.

    Klicke, um auf 23-bericht-upkk.pdf zuzugreifen

    Seiten 198 / 219 bis 243 / 264

    Also Kommunen holt euch euer Vermögen und die Jahresergebnisse.
    Die Länder werden sich wehren, weil sie bei Misswirtschaft für den Bankrott der Kommunen haften müssen und sie Fehlbeträge bisher durch Zuweisungen selbstherrlich bestimmen aber den Sparkassen durch Landesgesetze lieber Spielraum lassen. Bundesländer sind die Eigenkapital/negatives Eigenkapital-Hafter/Gewährsträger entsprechend unserer Verfassungen. Sie die Sparkassen arbeiten als Kapitalsammelstellen der (Lebens- und Wirtschafts-) Gemeinschaften vor Ort . Mit Bonität und Seignorage in der Organisationsstruktur soll die Leistungsfähigkeit der Unternehmung erreicht werden.
    Schöpfen wir diese aus – gerade in Zeiten finanzieller Umbrüche.

    • Gibt es vergleichbare, oeffentlich zugaengliche „Untersuchungen“ fuer private Geschaeftsbanken?

    • Uff, die drei Übersichtspassagen, die ich mir angesehen habe, erzeugen den Eindruck, daß wasserdichte Rechtsvorschriften alles überfordern, was kommunale Verwaltung überhaupt jemals leisten kann. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, was aus Gründen persönlicher Bereicherung passiert ist – worüber wohl auch nicht berichtet wird.

      Anscheinend muß man Juristen dringend beibringen, Gesetze und Verfahrensvorschriften so zu machen, daß sie überhaupt eine Chance auf korrekte Umsetzung haben. Es ist ein Anzeichen einer kranken Gesellschaft, daß die Sintflut an Gesetzen und Vorschriften dazu führt, daß überall eine latente Paranoia erzeugt wird, daß man für eventuelle Fehlentscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Das ist die Verkehrung von Rechtssicherheit in eine allgemeine Verhaltensunsicherheit. Jetzt darf sich jeder fragen, welche Personengruppen die Fähigkeit aufweisen, mit einer allgemeinen Verhaltensunsicherheit klar zu kommen! Die Antwort sollte nicht so schwer sein…

  14. rubycon

    Mehr noch, wenn erst die Prüfungsvorschriften des KWG und der BAFIN durch die Prüfung über den Sparkassen- und Giroprüfungsverband anzuwenden sind.
    Und diese sind dann durch die Aufsichtsmitglieder aus dem kommunalen Bereich zu überwachen…der Steinbrück konnte das als Minister volles Brett machen – die Bürger hier sind Ehrenamtler !
    Und wer ist pleite?
    Und wie soll das in einer Bankenunion geregelt werden?
    Bis 2013 – lächerlich – Gesetze für einen Closed Shop.
    Zum Schluss bleibt die Liste der „Basel Risikokanditaten zur Wertberichtigung“ zu beurteilen und abzusegnen.
    Und dann geht es zum Essen auf Kosten der Kasse.

  15. Hallo Herr Menendez,
    vielen Dank fuer Ihre ausfuehrliche Antwort, die mir weiter hilft die Sichtweisen eines Fachmanns beser zu verstehen. Aus der Sicht eines Ingenieurs, der fuer sich in Anspruch nimmt die Grundlagen der Regelungstechnik einigermassen verstanden zu haben, und der durch diese Brille auf das Problem schaut, stellt sich dann die Frage was ist denn die Fuehrungsgroesse? Was will / soll die Zentralbank denn steuern? Die Geldmenge? Die Inflationsrate? Den Zins? Die Bonitaetsstandards? Und was sind die freien Variablen, die die Geschaeftsbanken bewegen koennen, um der Fuehrungsgroesse zu folgen. Wenn die Zentralbank den Zins unter Kontrolle halten/festsetzen will, dann muss sie die Geldmenge frei geben. Das hat Draghi gemacht und alle waren erstaunt wie gross der Bedarf an Zentralbankgeld war und was damit gemacht wurde. Wenn die Zentralbank die Geldmenge fixiert / kontigentiert, dann muss sie den Zins frei geben und dann schlagen diese in Regionen aus, die den reihenweisen
    Zusammenbruch von europaeischen Volkswirtschaften zur Folge haben wuerden. Es erscheint mir also ersteinmal vernuenftig dies abzuwenden in dem man mit viel Zentralbankgeld, was interessanterweis wieder bei der ZB lanet, Zeit kauft. Das ist aber keine Loesung. Die wird erst moeglich, wenn man sich den tieferen Ursachen der Krise zuwendet.
    Da verweigern sich aber die massgeblichen Damen und Herren seit geraumer Zeit ausgesprochen konsequent.

    Mit der Entropie Geschichte wollte ich darauf hinweisen. Wenn eine Population tausend Mitglieder hat und ich jedem Mitglied eine eindeutige Adresse zuordne, indem ich z.B. von 1 bis 1000 durchnummeriere, dann muss ich im Fall gleichverteilter Vermoegen 800 Adressen uebermitteln um 80% des Vermoegens zu erfassen. Wenn bei ansonsten gleichen Bedingungen, das Vermoegen in der Hand eines einzigen ist, dann reicht die Uebermittlung einer Adresse, um 100% des Vermoegens zu erfassen.
    Im ersten Fall ist die Entropie gross und die Redundanz klein, im zweiten Fall verhaelt es sich umgekehrt. Wenn man nun sagt, dass das Vorhandensein von Vermoegen ueberlebensnotwendig fuer das Gesamtsystem ist, dann muss im ersten Fall ein Risiko/Fressfeind oft und bei vielen Vermoegensinhabern zuschlagen, um einen signifikanten Anteil auszuloeschen. Im zweiten Fall muss ein Risiko nur einmal zuschlagen, um das gesamte Vermoegen auszuloeschen. Allerdings muss es im zweiten Fall sehr gezielt zuschlagen um „erfolgreich“ zu sein.
    Wenn sich nun die Verteilung der gemeinsamen Lebensgrundlage, im Beispiel Vermoegen genannt, ueber Zeit von Fall 1 hin zu Fall 2 veraendert, dann muessen sich logischerweise auch die Ueberlebensstrategien der Population in Bezug auf Risiken veraendern. Wenn dies nicht geschieht, dann geraet die Population alleine dadurch in Gefahr. Damit sind evtl. interne Probleme, die z.B. die Kohaesion dieser Population betreffen, noch garnicht angesprochen.
    Die Behauptung / Vermutung, dass das Rezept, was im Fall 1 erfolgreich war, auch im Fall 2 erfolgreich ist, erscheint mir merkwuerdig bis absurd. Die Wirtschaftspolitik (inkl. Geldpolitik), die in einer Aufbauphase erfolgreich war, muss nicht unbedingt erfolgreich sein, wenn bereits Strukturen und Hierachien aufgebaut sind.
    Viele Gruesse

  16. Hallo, man kann eine Monetative auch auf die Realitäten und Identitäten(Saldenmechanik) unserer Vorfinanzierungswirtschaft abstellen.
    Bekomme nur leider kaum qualifizierte Nachfragen zu dem Konzept, würde mich also über selbige freuen:
    http://www.global-change-2009.com/blog/ein-grundlegender-losungsansatz-fur-die-systemkrise-%E2%80%93-notenbanken-werden-zur-%E2%80%9Emonetative%E2%80%9C/2012/01/

    Grüße, Jörg Buschbeck

    • Hallo Herr Buschbeck,

      ich habe mir Ihren Artikel vom 30.01.2012 noch einmal angesehen und weiß auch wieder, warum ich es bisher vermieden habe, dazu zu kommentieren. Das liegt darin, daß eine Diskussion darüber grundlegende Auffassungsunterschiede zu Tage fördern würde, die bereits bei dem Thema beginnen, was der Unterschied von Geld und Kredit ist. Meines Erachtens verwischen Sie den Unterschied von Forderungen an Geschäftsbanken und Zentralbanken und damit die Tatsache, daß es sich bei den heutigen Geldsystemen um ein zweistufiges Konstrukt handelt. Das erlaubt es jedoch nicht beide Forderungen ohne weiteres gleichzusetzen, weil im einen Fall die Einlösbarkeit in Banknoten von dem Liquiditätsstatus der Bank abhängig ist, während eine Zentralbank sich dadurch auszeichnet, daß sie kein Liquiditätsproblem kennt – natürlich nur hinsichtlich derjenigen Währung, die sie auch selbst emittieren kann.

      Aus derartigen Gründen ist z.B. Ihre vorgetragene Formulierung „Geld ist kein Ding, sondern eine Forderung“ in Bezug auf Geschäftsbanken noch in etwa richtig, stimmt im Zusammenhang mit Zentralbanken jedoch nicht mehr. Denn die Forderung an eine Zentralbank lautet auf die Lieferung (!) von Banknoten (= Primärliquidität), so daß

      a) eine Banknote außerhalb der Zentralbank der Ausweis über die erfolgte Lieferung von Banknoten, d.h. der Ausweis der Erfüllung einer Forderung gegen die Zentralbank ist, die deswegen keine Forderung gegen die Zentralbank mehr sein kann,

      und

      b) Forderungen gegen die Zentralbank deswegen von den Geschäftsbanken als Zentralbankgeld im Sinne einer schuldbefreienden Zahlung akzeptiert werden, weil das tägliche ‚clearing‘ durch Barzahlungsprozesse zu umständlich und zu teuer wäre. (Und jetzt nicht das „Argument“, die Banken könnten sich ja die Salden gegenseitig kreditieren – weil genau das nicht mehr so wie „früher“ läuft mußte Draghi gerade seine LTRO-Tender auflegen, um dem „eingefrorenen“ Interbankenmarkt etwas entgegenzusetzen, nämlich Primärliquidität = Zentralbankgeld!)

      Vgl.:

      Verirrungen zwischen Geld und Forderungen

      Was die Monetative betrifft:
      http://www.monetative.de/?page_id=61
      die Sache mit der Geldschöpfung (Punkt 1) beruht m.A.n. auf der unzulässigen Gleichsetzung von Geld und Forderungen auf Geld, so daß Punkt 2 eine ‚contradicito in adjecto‘ ist, die gleichzeitig übersieht, aus welchem Grunde diese Konstruktion einen anreizkompatiblen Mechanismus zur Herstellung von allgemein akzeptierten Bonitätsnormen ist. Punkt 3 schließlich verkennt schlichtweg, daß die Integration von Geld über die Staatsausgaben ein Konzept der neoklassischen Ökonomie ist, der sich sinnbildlich in dem Abwurf von Geld aus dem Hubschrauber – nach M. Friedman – skizzieren läßt. Insofern bestätigt die Monetative die ideologischen Konzepte des Neoliberalismus und stellt sich damit statt in einen innovativen Rahmen letztlich in den Dienst der orthodoxen Knappheitstheorie des liberalen Marktes. Diese Panne bei der Formulierung „innovativer“ Ideen ist typisch für die Geldtheorie, die sich bisher von der übermächtig scheinenden Dominanz der Quantitätstheorie noch nicht emanzipieren konnte.

      Und Stützel:

      Gerade aus der Generalgleichung
      NGV = Kasse + (Geld-)Forderungen – (Geld-)Verbindlichkeiten
      ergibt sich doch, daß der Unterschied von Zahlungsmitteln (Banknoten) und Forderungen auf Banknoten einen Unterschied macht, der deswegen meistens eingeebnet wird, weil beide Größen die gleiche Einheit aufweisen, sachlich sich jedoch grundlegend unterscheiden. Stützel wußte, daß man das, was die Monetative einebnen will, grundsätzlich auseinanderhalten muß, um sich nicht sofort in Widersprüchen wiederzufinden. Insofern ist Stützel als Anwalt für die Ziele einer Monetative denkbar ungeeignet.

      Sie sehen: alleine die Einigung über den Inhalt von Begrifflichkeiten könnte schon zu einer langwierigen Angelegenheit werden. Die entsprechenden Probleme wurden ja von anderen Kommentatoren bereits angesprochen. Und mal abgesehen davon: hinter vielen Begrifflichkeiten steht noch die spezifische Interpretation im Lichte einer ökonomischen Theorie, welche man auch noch nebenbei im Kopf haben muß, um genau! – und nicht nur ungefähr – zu wissen, wovon gerade eigentlich geredet wird. Diesem Umstand entkommt man nicht, auch wenn Sie das früher (?) anders gesehen haben.

      • moneymind@gmx.de

        Hallo,

        Sie schreiben, daß Zentralbankgeld keine Forderung im eigentlichen Sinne darstelle:

        “Die Forderung an eine Zentralbank lautet auf die Lieferung (!) von Banknoten”.

        Das ist zwar formell richtig, aber eine verkürzte Betrachtung der Geschäfte, die die Zentralbank vornimmt.

        Der größte Teil des Zentralbankgeldes stammt aus Wertpapierpensionsgeschäften. Die Geschäftsbanken können (und müssen) die bei der ZB in Pension gegebenen Wertpapiere gegen Zentralbankgeld zurückkaufen.

        De facto stellt das in Pensionsverträgen geschaffene Zentralbankgeld damit eine Forderung auf die in Pension gegebenen Wertpapiere dar.

        Kauft die Zentralbank Wertpapiere definitiv an und hält diese bis zum Fälligkeitstermin, stellt das dabei geschaffene Geld einen Ansprch auf Vernichtung der angekauften Forderung dar.

        Kauft die Zentralbank aber forderungslose Vermögenswerte (z.B. Gold) definitiv an, dann kann sie frei bestimmen, wann sie diese Aktiva wieder verkaufen will. Das so geschaffene Geld stellt dann in der Tat keine “Forderung” gegen die Zentralbank dar.

        Würde die Zentralbank den größten Teil ihres Geldes auf diese Weise schaffen, wäre Ihre oben zitierte Aussage richtig. Da aber der größte Teil des Zentralbankgelds über Wertpapierpensionsgeschäfte entsteht, trifft ihre Aussage nur für einen kleinen Teil des Zentralbankgeldes zu, ist also überwiegend falsch.

        Die geldpolitische Funktion des “forderungslosen” Geldes zu betrachten, wäre dann der nächste Schritt, den ich hier aber ausklammere.

        Jedenfalls führt Ihre Betrachtungsweise, für Zentralbankgeld könne von der Zentralbank nichts gefordert werden als die Herausgabe anderer Noten, zur Verkennung der Realität und zu falschen theoretischen und praktischen (politischen) Konsequenzen.

        MfG
        moneymind

        • „De facto stellt das in Pensionsverträgen geschaffene Zentralbankgeld damit eine Forderung auf die in Pension gegebenen Wertpapiere dar.“

          Das muß man aber sehr weitläufig auslegen um das so zu sehen. Denn entweder es gibt eine Rückkaufverpflichtung für die Geschäftsbank, dann handelt es sich letzten Endes doch um eine konkrete Kreditlaufzeit, oder es gibt keine Rückkaufverpflichtung, wobei es dann passieren könnte, daß die Zentralbank beim freien Verkauf einen Verlust macht, der bilanziell über Nettozinseinnahmen (oder andere Einnahmen) neutralisiert wird. Ob man im ersten Fall sagen kann, daß das ZBG eine Forderung bedeutet, da die Verpflichtung ja bereits zu Anfang bestanden hatte, ist m.E. ziemlich weit hergeholt. Denn die Forderung hängt nicht am ZBG, sondern am ursprünglichen Vertrag.

          „Kauft die Zentralbank Wertpapiere definitiv an und hält diese bis zum Fälligkeitstermin, stellt das dabei geschaffene Geld einen Ansprch auf Vernichtung der angekauften Forderung dar.“

          Also für meine Begriffe hängt die Einlösbarkeit eines Wertpapiers an dessen Ausgestaltung hinsichtlich Zinshöhe, Coupon, Laufzeit etc. Da kann es wie gesagt Pannen geben. Und es muß auch nicht sein, daß der Einreicher des Wertpapiers auch der daraus Zahlungsverpflichtete sein muß. Man kann natürlich konstruieren, daß der Schuldner ein Recht hat seine Schulden zu begleichen, so daß es zwar qua Kreditvertrag ein Annahmezwang zum vereinbarten Tilgungszeitpunkt gibt. Einen Tag vorher kann der Gläubiger die Annahme des Geldes jedoch verweigern mit dem Hinweis, daß noch ein Zinstag abzuwarten sei (ggf. werden Vorfälligkeitszinsen erhoben). Der Besitz von ausreichend Geld zur Tilgung berechtigt ohne Einwilligung des Gläubigers also noch nicht mal eine vorzeitige Rückzahlung!

          Gold? Wenn Sie sagen, daß „dieses“ Geld keine Forderung gegen die Zentralbank darstellt, dann muß ich Sie mal ein bißchen piesackend fragen, woran man denn erkennen soll, welches Geld nun eine Forderung darstellt und welches nicht! Denn: ‚money is not earmarked‘! Und das ist auch so wie ein bißchen schwanger, denn ZBG hat eine Eigenschaft – oder eben nicht! Mal ja und mal nein? Nope.

          Die Generalfrage ist doch, wofür ZBG gebraucht wird. Allein rechtssystematisch gesehen ist das Eingehen von Verpflichtungen eine Angelegenheit des Schuldrechts. Dort wird zwar auch über einen Geldtransfer eine Vereinbarung geschlossen, die aber alleine mit der Verpflichtung noch nicht abgeschlossen ist, sondern noch der Erfüllung harrt. Die tatsächliche Verfügung ist dann aber eine Angelegenheit des Sachenrechts, wo das Geschuldete – nämlich das ZBG – übergeben werden muß, um den Vertrag zu erfüllen.

          Well, ich habe auch schon entgegengehalten bekommen, das sei ja juristisch gesehen richtig, aber ökonomisch falsch. Da kann man dann nichts machen… 🙂

          Gruß

      • Die oben stehenden Aussagen zu Banknoten und Zentralbankgeld stimmen zumindest mit den Aussagen von Stützel nicht überein. In dem Lehrbuch Grass/Stützel „Volkswirtschaftslehre“ wird auf Seite 10 bei den Ausführungen zum Geldvermögen wie folgt definiert:
        „Alles vollwertige Metallgeld etwa Goldmünzen wie die südafrikanischen Krüger-Rands, werde zum Sachvermögen gezählt, alle Banknoten als Schuldverschreibungen der emittierenden Notenbanken, alle unterwertigen Münzen als auf Metall geprägte Schuldverschreibungen des münzausgebenden Rechtsträgers. Dann ergibt sich aus der Betrachtung der Wirtschaftssubjekte in der Welt der folgende Truismus: Die Summe der Geldvermögen der Welt ist gleich Null.“

        Somit ist die Aussage „Geld ist kein Ding, sondern eine Forderung“ im Stützelschen Sinne korrekt.

        • Ohne jetzt groß in eine Exegese von Stützel einzutreten: er war sich selber nicht so sicher was denn nun bereits als „monetarisiert“ oder eben nicht zu gelten hat. (VSM S. 65) Und kurz danach schummelt er sich ein bißchen zu seiner zentralen Definition hin, in der er kurzerhand offenläßt, was als „monetisiert“ und damit zur Kasse (Zahlungsmittelbestand) zu rechnen ist und was nicht. In der „elementaren einzelwirtschaftlichen Grundbeziehung“ (S. 67) steht dann aber essentiell, daß Kasse alles das nicht(!) ist, was eine Forderung oder eine Verbindlichkeit darstellt. Und was bleibt dann noch übrig? Zahlungsmittel, sprich Bargeld bzw. Zentralbankgeld.

          Da er aber auf seinen Hauptsatz hinauswill, daß das gesamtgesellschaftliche Nettogeldvermögen gleich Null ist, bleibt ihm natürlich nichts anderes übrig, als den Banknotenumlauf unter die Verbindlichkeiten zu rechnen, denn einen Kassenbestand mit einem Minus-Vorzeichen gibt es schlichtweg nicht. Was hätte er sonst machen sollen?

          Vielleicht noch einen Gedanken hintenran: Stützel hatte seine prägende Schaffensperiode zu einer Zeit, als offiziell der Gold-Dollar-Standard das Weltwährungssystem darstellte. In einem Goldstandard, in dem es eine festgelegte Parität von Banknote zu Gold gibt, ist es durchaus legitim davon zu reden, daß eine Banknote eine Forderung an die Zentralbank darstellt, mithin der Banknotenumlauf eine Verbindlichkeit (oder Schuldverschreibung) der Zentralbank ist. Damit erklärt sich vielleicht die Leichtigkeit, mit der Stützel den Banknotenumlauf als Schuldverschreibung der Zentralbank formuliert, jedoch bei seiner Grunddefinitionsgleichung, welche die Basis seiner gesamten Ableitungen und Theoreme darstellt, den Kassenbestand explizit(!) von Geldforderungen und Geldverbindlichkeiten trennt!

          Denn das macht ja gerade die Modernität von Stützel aus, daß er die Zahlungsmitteleigenschaft (oder Schuldentilgungsmitteleigenschaft) betont und gerade nicht in einen Topf mit Geldforderungen rührt!

  17. Hallo Herr Menendez,

    danke für die umfassende Antwort. Und ja, die Begrifflichkeiten klären ist das Wichtigste überhaupt. Stützel hat hier n.m.E. großes geleistet, z.B. die richtig wichtigen Dinge (Zahlungsmittelvorgänge und Geldvermögensvorgänge) auseinander zu halten, was ich bei Interesse gern mit Ihnen diskutieren würde.

    In der Volkswirtschaftlichen Saldenmechanik (Stelle nicht im Kopf) bringt er natürlich den Hinweis, dass die partielle Nichtunterscheidungen in Forderungen gegen eine Geschäftsbank und gegen eine Zentralbank bestimmte Fragen der Bankenliquidität nicht betrachtet. Also weder ich noch Stützel bestreiten die Unterschiede zwischen Forderungen gegen die Zentralbank und die Geschäftsbank. Der Unterschied ist auch dafür relevant, dass es trotz zu viel großer privater Pläne zu Geldvermögensbildung noch einen Sparzins gibt. Einzelwirtschaftlich ist für eine Geschäftsbank ihr Bankenzahlungsmittel immer noch mit einer gewissen Knappheit.

    Stützel unterschiedet stringent in Geldvermögensänderung (realwirtschaftliche Kaufsalden) und Zahlungsmitteländerungen (Bezahlvorgänge)

    Mein Monetative Konzept stellt darauf ab, dass unsere Problem primär auf der realwirtschaftlichen Ebene der zu großen Neigung mehr zu verkaufen als zu kaufen wollen und nicht auf der Ebene der Zahlungsmittel(Forderungen gegen Banken) liegt.

    Mein Monetative Konzept(was mit dem huberschen außer dem Gedanken der 4.Gewalt nichts zu tun hat) will die Abschaffung des Sparzinses als Ergebnis der Abschaffung der einzelwirtschaftlichen Knappheit von Bankenzahlungsmitteln. Dies wirkt über dauerhafte Nullzinserwartungen aber auf die Neigung realwirtschaftliche Verkaufsüberschüsse bilden zu wollen.
    Bei Übernachfrage wird dann über eine Kreditsteuer zur Staatsschuldentilgung für staatliche Geldvermögensbildung gesorgt.

    Näheres auch zu Stützels Begriffswelt habe ich hier erläutert, freue mich über Nachfragen:

    http://www.global-change-2009.com/blog/die-kollektive-bildungslucke-%E2%80%93-die-zwei-naturgesetze-der-geldwirtschaft/2012/02/

    herzliche Grüße, Jörg Buschbeck

  18. Hallo, ich zitiere mal den Anfang des Textes:
    „Zunächst mal: das Vollgeldkriterium ist eine Mindestreserve von 100%. Das heißt auf gut Deutsch, daß jede Bank für die Genehmigung eines Kredits die Zustimmung der Zentralbank braucht, damit sie die für die Erteilung des Kredits notwendige Zentralbankgeldmenge zugeteilt bekommt.“
    Dies ist meines Wissens leider völlig falsch. In einem Vollgeldsystem gibt es überhaupt keine Mindestreserve mehr. Natürlich brauchen die Banken auch keine Genehmigung für jede einzelne Kreditvergabe. Sie müssen sich bloss Geld von der Zentralbank leihen, wenn sie keins zur Kreditvergabe zur Verfügung haben. Dabei würde dann aber auch nicht ein konkreter Kundenkredit geprüft, sondern die Sicherheiten der Geschäftsbank gegenüber der Zentralbank.
    Naja, ich selbst bin nicht uneingeschränkt Vollgeldfan, und kann ansonsten nur die Monetative von Jörg Buschbeck empfehlen.
    freundliche Grüsse
    Tobias Tulinius

    • „…sondern die Sicherheiten der Geschäftsbank gegenüber der Zentralbank.“

      Mahtematiker sind immer sehr vorsichtig, wenn es um „All“-Aussagen geht, weil die Konsequenzen eben nicht so leicht zu überblicken sind. Sie liefern dafür ein schönes Beispiel, weil in einem Vollgeldsystem ein Kredit zu 100% mit Zentralbankgeld „hinterlegt“ sein soll. Die Konsequenz davon ist aber, daß es im Grunde genommen keine „freien“ Aktiva der Geschäftsbanken mehr gibt, die abgetreten werden könnten, mithin auch keine „Sicherheiten“ mehr zur Verfügung stehen – da sie ja alle schon abgetreten sind! Die Folge ist, daß eben doch jeder Kredit neu bei der Zentralbank beantragt, bzw. von ihr genehmigt werden muß – damit der Kredit als Sicherheit eingereicht werden darf. Sie sehen, die Monetativler kommen aus ihrer selbstgebastelten Falle nicht mehr heraus, es sei denn, man verwässert das ganze Konzept dann bis zur Unkenntlichkeit – und kommt dann bei Basel xyz heraus.

      Ich bestreite ja nicht, daß man sich nicht kreative Gedanken zum Geldsystem machen sollte – dieser Ansatz gehört m.E. jedoch nicht auf eine sinnvolle Agenda. Mal abgesehen davon, daß dabei auch noch Geld und Kredit vorurteils- und kenntnisfrei in einen Topf geworfen werden. Erkenntnis sieht anders aus!

      Beste Grüße

      • Hallo nochmal,
        … also in einem Vollgeldsystem ist alles Geld Zentralbankgeld. Es wird jegliches Giralgeld einfach zu Zentralbankgeld erklärt (bei Einführung).
        Was soll da noch mit Zentralbankgeld hinterlegt werden ???
        Herr Huber, der ja ein Verfechter des Vollgeldsystems ist, weist jedenfalls explizit darauf hin, dass ein Vollgeldsystem NICHT mit einer 100% Mindestreserve verwechselt werden sollte.
        Es müssten schon deshalb nicht alle Kredite bei der Zentralbank beantragt werden, weil in einem Vollgeldsystem tatsächlich festgelegte Einlagen weiterverliehen werden könnten. Es wird doch von den Verfechtern immer wieder betont, dass Geld sich dann verhielte, wie jetzt schon die meisten Menschen annehmen:
        – Die Banken müssen das Geld, welches sie verleihen tatsächlich haben.
        – Das Geld würde durch Kreditrückzahlung nicht mehr vernichtet.
        – Festgelegte Einlagen könnten tatsächlich verliehen werden.
        Warum Geschäftsbanken gegenüber der Zentralbank keine Sicherheiten (wie z.B. Goldbestände) mehr haben könnten, erschliesst sich mir überhaupt nicht.
        Ich will das Vollgeldsystem gar nicht weiter verteidigen, ich hoffe nur es ist klar geworden, dass in Ihrem Artikel von einer falschen Prämisse ausgegangen wird.
        beste Grüsse
        Tobias Tulinius

        • Ich weiß ja nicht was H. Creutz damit gemeint hat, als er schrieb:

          http://www.sozialoekonomie-online.de/ZfSO-168-169_Creutz.pdf (Heftseite 31, pdf-Seite 9)

          „Auf welche Weise diese von Huber & Robertson vorgeschlagene Verlagerung geldtechnisch durchgeführt werden soll, wird leider nicht näher beschrieben. Das trifft nicht nur auf die technischen Abwicklungen der täglichen Überweisungen zu, sondern vor allem auch auf die bisherigen Möglichkeiten der Banken, diese Sockelbestände der Sichtguthaben für Kreditvergaben zu nutzen.“

          Vielleicht hat er ja Unrecht, sollte es so sein, haben Sie sicherlich die ultimativen technischen Details, wie das Ganze tatsächlich funktionieren soll. (Da ich zu derartigen Fragen auch nichts gefunden habe, wäre ich und wohl viele Andere auch dankbar, wenn Sie die Begründungen für Ihre Überzeugung darlegen könnten.)

          Wie gesagt: Allaussagen haben immer einen häßlichen Pferdefuß!

          Ach so: wie man mit einer „Erklärung“ wie Sie schreiben eine bilanzielle Passivposition (Giralgeld) zu einer Aktivposition (Zentralbankgeld) machen kann, hätte ich auch noch gerne gewußt!

          Beste Grüße

  19. Hallo,

    ich kenne auch nur (teilweise) Joseph Huber Erklärungen aus Vorträgen, die man auf Youtube finden kann.
    Soweit ich das verstanden habe, soll tatsächlich alles Giralgeld einfach als Zentralbankgeld deklariert werden UND dann aber auch neu finanziert werden… Dies soll den Staaten dann einen hohen anfänglichen Seignoragegewinn bringen. Hier frage ich mich: Wer soll das bezahlen?
    Im Endeffekt natürlich wir alle und das dürfte teuer werden. Dies wäre erstmal mein erster Kritikpunkt daran.
    Hier das neueste Video mit Joseph Huber, das ich finden konnte:

    Vielleicht hilft auch dieser Artikel weiter:

    Die Vollgeldreform


    Zitat:
    „Die Umstellung auf Vollgeld selbst, hätte neben einer geringeren laufenden, auch eine nennenswerte einmalige Extra-Seigniorage zur Folge, wodurch ein großer Teil der heutigen Staatsschulden aus den Büchern getilgt werden würde.“

    Wie das Ganze technisch funktionieren soll, kann ich nicht wirklich beurteilen. Ich glaube aber, dass für die Verwendung von Vollgeld die jetzige Bilanzierung nicht taugt, da in dieser Zahlungsmittel durch Kredittilgung tatsächlich vernichtet bzw. ausgebucht wird.

    beste Grüsse

    • Ich weiß nicht, ich glaube es lohnt sich nicht weiter auf die Geschichtchen von den Monetativlern einzugehen und wenn ich Sie recht verstanden habe, ist Ihre Lust auf eine derartige Diskussion auch begrenzt.

      Mich würde viel mehr interessieren, welche Auffassung sie angesichts der hier gerade laufenden Diskussion zu den geldtheoretischen Fragen haben, denn Sie hatten ja vor einiger Zeit auch auf bohemien einen Artikel mitverfasst, der sich ebenso mit diesen Aspekten auseinandergesetzt hatte. Wie Sie sicherlich wissen, interpretiere ich das, was Sie Schöpfung von Giralgeld nennen, als einen Vorgang, der letztlich ein Schuldverhältnis etabliert, bei dem ein Vertrag geschlossen wird, der über die Verfügung(!) von (Zentralbank-)Geld lautet. Und zwar dergestalt, daß die Bank dem Kreditkunden zunächst Zentralbankgeld (im Extremfall auch in bar) zur Verfügung stellt und damit erst mal haben muß, während nachdem diese Verfügung seitens des Kreditnehmers erfolgt ist, die Rückabwicklung des vereinbarten Schuldverhältnisses sukzessive erfolgt.

      Giralgeld und Zentralbankgeld ist somit doch etwas anderes? Oder wie sehen Sie das?

      • Nun, die Geschäftsbank muss nicht in jedem Fall das Zentralbankgeld für ihren Kunden vorher schon haben, u.a. weil es nicht in jedem Fall wirklich zur Verfügung gestellt wird.

        – Bei einer Überweisung auf Dispokredit zu einer anderen GSBank braucht die GSBank kein ZBGeld für den Kunden (nur die 1% Mindestreserve in ZBGeld muss der anderen GSBank überwiesen werden).

        – Hebt ein Kunde auf Dispokredit ZBGeld am Automaten ab, muss die Geschäftsbank das ZBGeld natürlich bereits haben (es muss sich bereits im Automaten befinden).

        – Bei anderen Krediten braucht die GSBank wohl vor allem Erfahrungswerte, ob und wieviel Buchgeld tatsächlich in Bar abgehoben werden wird oder nicht. Wenn Jemand einen grossen Kredit für ein Haus bewilligt bekommt, wird die Bank wohl davon ausgehen, das ein Teil des Geldes bar abgehoben wird. Sie braucht das nötige ZBGeld aber auch dann nicht unbedingt im Moment des Kreditvertragsabschlusses zu haben, sondern kündigt einfach eine Lieferzeit an.

        Wenn Sie bei einer Geschäftsbank ihr Konto auflösen und/oder ihr Geld in Bar haben wollen, wird die Bank je nach Summe auch eine Lieferzeit brauchen.

        GSGiralgeld und ZBGeld sind auf jeden Fall zwei verschiedene „Dinge“.

        • „GSGiralgeld und ZBGeld sind auf jeden Fall zwei verschiedene “Dinge”.“

          So weit, so gut. Wenn man aber beide Dinge auseinanderhält müßte es auch einleuchtend sein, daß Veränderungen der einen Größe nicht automatisch zu Änderungen der anderen Größe führen. Praktisch gesagt, bedeutet das, daß die Ausweitung von Schuldbeziehungen (Kreditvergabe) nicht direkt mit einer Emission von Zentralbankgeld zusammenhängt. Konsensfähig dürfte somit auch sein, daß das Ausmaß, in dem die Geschäftsbank zusätzliches Zentralbankgeld braucht, von der Art und der Richtung der Verfügung des Kunden über seinen Forderungsanspruch abhängt. Fordert der Kunde Barauszahlung, braucht sie zusätzlich 100% ZBG um die Forderung bedienen zu können, verfügt der Kunde per Überweisung zu einem Kontoinhaber, der bei derselben Bank geführt wird, benötigt sie für die Transaktion 0% zusätzliches ZBG.

          Aber:

          „Bei einer Überweisung auf Dispokredit zu einer anderen GSBank braucht die GSBank kein ZBGeld für den Kunden (nur die 1% Mindestreserve in ZBGeld muss der anderen GSBank überwiesen werden).“

          An dieser Darstellung ist eins nicht klar: setzen Sie einfach voraus, daß sich die Liquiditätsströme zwischen den Banken quasi „automatisch“ ausgleichen? In diesem Fall könnte man voraussetzen, daß ZBG-Übertragungen unterbleiben. Ich denke, da unterstellen Sie stillschweigend die Stabilität einer Gleichgewichtssituation, deren Vorhandensein keineswegs selbstverständlich ist. Prototypisch steht dafür der reibungslose Ausgleich der Leistungsbilanzdefizite der „Südländer“, wobei der notwendige Kapitalimport von den „Nordbanken“ gewährt wurde. (Kapitalimport = Erhöhung der Nettoauslandsverbindlichkeiten) Solange also der Faktor Bonität als vertrauenswürdig angesehen wurde, konnte jede Zahlungsverpflichtung „finanziert“ werden. Und auf einmal wurde plötzlich 2007 die Frage virulent: „Wer kann denn eigentlich überhaupt noch ZAHLEN?“ …und auf einmal ist die Übertragung von ZBG dann doch ein Problem – da wird dann garnichts mehr kreditiert! Und dabei spielt die Mindestreserve die allergeringste Rolle.

          Setzen Sie also
          a) gleiche Bonitäten voraus, womit die Refinanzierungskosten aller Geschäftsbanken identisch sind
          und
          b) stets (im Durchschnitt) sich ausgleichende Überweisungsvolumina, so daß der Liquiditätsstatus jeder Geschäftsbank über die Zeit hinweg als konstant angesehen werden muß?

          Sollte es so sein, dann gehen Sie von einer Interbanken-Welt aus, in der eines der wesentlichsten Probleme des Bankwesens – das Liquiditätsmanagement – schlichtweg nicht existiert – Lieferzeit hin oder her. In diesem Fall wäre aber Ihre Darstellung, daß Überweisungen zwischen Banken keine ZBG-Bewegungen erzeugen würden, schlecht begründet.

  20. … was die Refinanzierung des Giralgelds angeht, hatte ich das wohl falsch verstanden (Punkt 5 im verlinkten Artikel):
    http://vollgeld.ch/faq/was-bezweckt-die-vollgeldreform/

    • Antwort auf soffisticated
      11. Dezember 2012 um 21:02

      Hallo,

      Ich denke sie liegen richtig. Ich hatte aber eigentlich nur stillschweigend vorrausgesetzt, dass natürlich auch das Giralgeld überwiesen wird. Soweit ich weiss, muss das auch ZBGeldkonto bis zum Abend nach einer Überweisung bedient worden sein. Es findet insofern immer ein Zahlungsverkehr statt. Weiter hatte ich nicht gedacht.
      Mit Bonitäten der GSBanken habe ich mich noch nicht beschätigt, aber es gibt mittlerweile einige Institute, die nicht so gut dastehen.
      Ausgeglichene Überweisungsvolumina zwischen den GSBanken würde ich wenn eher national vermuten.

      freundliche Grüsse

      • „…dass natürlich auch das Giralgeld überwiesen wird.“

        Das „Giralgeld“, also die Sichtforderungen werden ja auch an die Empfängerbank weitergereicht. Soweit stimmt es ja. Aber nun frage ich Sie: übernehmen Sie von jemand anderes eine Herausgabeverpflichtung (Schulden), ohne gleichzeitig zu fordern, daß Ihnen von demjenigen, von dem Sie die Herausgabeverpflichtung übernehmen, auch das Herauszugebende ausgehändigt wird?

        Immer dran denken: es gibt – bis auf die Umbuchung im eigenen Hause – zwar eine bargeldlose, aber keine zentralbankgeldlose Überweisung.

      • … mit Bedienung des ZBGeldKontos ist die Überweisung der zur Giralbuchung gehörenden Mindestreserve gemeint.

  21. @Georg Trappe
    >>>>Aus der Sicht eines Ingenieurs, der fuer sich in Anspruch nimmt die Grundlagen der Regelungstechnik einigermassen verstanden zu haben, und der durch diese Brille auf das Problem schaut, stellt sich dann die Frage was ist denn die Fuehrungsgroesse? Was will / soll die Zentralbank denn steuern? Die Geldmenge? Die Inflationsrate? Den Zins? Die Bonitaetsstandards?

    genau, dies muss doch die erste frage sein,dazu:

    Ein wirtschaftliches Gleichgewicht (oder zumindest monetäre Neutralität) besteht in einer Periode, wenn die Pläne, Geldvermögen aufzubauen, mit den Plänen, Geldvermögen abzubauen, übereinstimmen.

    Daraus ergibt sich nun wieder folgende Ableitung für wirtschaftliches Gleichgewicht:

    Geldsparpläne + private Kredittilgungen = finanzierbare* Verschuldungspläne

    *Besicherbarkeit, absehbare Rückzahlbarkeit,

    Da ich es recht klar definieren kann, kann ich auch das Gerät dazu konstruieren:
    http://www.global-change-2009.com/blog/ein-grundlegender-losungsansatz-fur-die-systemkrise-%E2%80%93-notenbanken-werden-zur-%E2%80%9Emonetative%E2%80%9C/2012/01/

    Bin übrigens auch gelernter Regelungstechniker 🙂

  22. @soffisticated
    da Sie beim Forderungsgeld nicht weiter lesen wollten, mal eine wichtige Stelle von weiter hinten:

    „Aber Keynes hat uns doch immer nur steigende Staatsschulden gebracht?“

    Auf dieses „Rätsel der Volkswirtschaftslehre“ möchte ich noch kurz eingehen. Warum kann heute die Staatsverschuldung aus Konjunkturprogrammen auch in „guten Zeiten“ nicht getilgt werden? Ganz einfach – weil schon länger auch in guten Konjunkturzeiten die privaten Geldsparpläne und Kredittilgungen über den privaten Neuverschuldungsplänen liegen. Indem wir die Geldsparpläne mithilfe der dauerhaften Nullsparzinserwartungen direkt deutlich reduzieren, haben wir dieses Problem gelöst.

    • Sie beschreiben öfter mal eine gegebene Situation lediglich mit anderen Worten. Denn Ihre Formel bringt ja nichts anderes zum Ausdruck, als das, was jeder „Keynesianer“ sagen würde: „Es wird zuviel gespart!“ Sie sagen weder etwas über Kausalitäten noch über Opportunitätskosten der gewählten Entscheidungsalternative der Sparer, so daß der Gehalt derartiger Formeln lediglich in einer Sprachübersetzung besteht. Wozu also?

      Und auf der anderen Seite behaupten Sie einfach, daß „Geldsparpläne“ mit Hilfe der „Nullsparzinserwartungen“ sich erledigen würden? Könnte es sein, daß auch das eine sich nicht erfüllende Ökonomenprophezeiung ist? Daß das Vorsorgedenken sich um selbst inflationsbereinigt gesehen negative Zinsen nicht mal schert? Und: wer soll das durchsetzen, muß das erzwungen werden oder ist das ein Marktergebnis, was, wenn die Marktsituation sich wieder dreht und positive Zinsen existieren? Weiter verbieten? Den Steuerberatern Millionen zuschustern, indem die sich wieder irgendwelche „Nullzinsumgehungsmodelle“ ausdenken? Fragen über Fragen…

  23. >>>Denn Ihre Formel bringt ja nichts anderes zum Ausdruck, als das, was jeder “Keynesianer” sagen würde: “Es wird zuviel gespart!”

    Wo sagen die denn dies? im Hinterzimmer? wo waren die alle, als man Schuldenbremsen mit 2/3 Mehrheit ins Grundgesetz gezimmert hat?
    Das dies jeder Keynesianer eigentlich wissen müsste, ist gar keine Frage. Die Sache mit den Kredittilgungen als aus Vorperioden fixierte Geldvermögenserhöhungen in Höhe von aktuell etwa 12% BIP haben aber wohl die wenigsten auf dem Schirm. Die Buba hat zu den Kredittilgungen auch keinerlei Statistik. Die meisten Ökonomen haben nach meiner Beobachtung auch größte Schwierigkeiten mit sauberen Definitionen im Geldbereich, verwechseln z.B. Sparen mit Geldvermögensbildung, Investieren mit Geldvermögensabbau und ordnen Verschuldung der Kreditaufnahme zu statt dem Kaufüberschuss.

    >>>Und: wer soll das durchsetzen, muß das erzwungen werden oder ist das ein Marktergebnis, was, wenn die Marktsituation sich wieder dreht und positive Zinsen existieren?

    Dies ist ja der Punkt, die in meinem Monetive Konzept vorgeschlagene Möglichkeit der Geschäftsbank, ihre Verbindlichkeiten in Zentralbankverbindlichkeiten umzutauschen, beseitigt jede Knappheit von Zentralbankgeld und damit auch den Knappheitspreis, den Sparzins.

    Und dauerhafte Nullzinserwartungen sind etwas völlig anderes als Nullzins in einer Krise. Diese fehlende Knappheit existiert auch bei monetär bedingter Übernachfrage. Nur wird dann die Kreditsteuer von der Notenbank erhöht. Gerade weil mit der Kreditsteuer ein Steuerelement für monetär bedingte Übernachfrage jenseits des Sparzins existiert, besteht ja die Nullzinserwartung.

    Im übrigen geht es ja nicht darum, die Wertaufbewahrungsfunktion völlig zu zerstören. Dann landen wir auch mit kleinsten Geldmengen in einer Hyperinflation. Vielmehr würde mit Nullzins n.m.E. das kurzfristige und unkritische „Sparen auf Irgendwas“ schon in Geldhaltung erfolgen, das langfristige „Sparen auf Irgendwann“ aber eher in die Selbstinvestition mit ihren Transaktionskosten bei Kauf und Verkauf gehen.

    Und falls es zeitweise doch nicht ohne Staatsschulden geht, ist dies bei Nullzins dafür auch egal. Ich will mit der Staatsschuldentilgung eigentlich vor allem die Staatsschuldenphobiker locken. Ein echt fitter keynesiansicher Professor hat mir aber kürzlich gesagt, dass ihm das Konzept deshalb nicht gefällt, Staatsschuldentilgung wäre Teufelszeug, er wäre schließlich Keynesianer. 🙂

    Gesell wollte ja übrigens seine Geldreform deshalb mit einer Bodenreform verbinden, weil der abdiskontierte Bodenwert bei Nullzins und Pacht-Erträgen > 0 wegen der fehlenden Abschreibung auf Boden rechnerisch auf unendlich geht. Diese Rechnerei zeigt zumindest das Potential der Sachwerte als Wertaufbewahrungsmittel, soweit es eben Eigenkapital ist. Es gibt keine „Eigenkapitalblasen“, zumindest keine mit vergesellschafteten Verlusten.

    Die Frage, wie man den Kapitalismus auch mit kleinen Sachwertrenditen stabil hält, halte ich für kausal für den Frieden(meine Motivation überhaupt). Da bin ich ansonsten auch bei Marxens hässlichem Gesicht des Kapitalismus.

    • rubycon

      Oder als Frage formuliert :
      Woher wollen der Olaf Scholz (BM Hamburg), die Hafencityimmobilienerbauer (EK-Anleger) und die finanzierenden privaten GSBanken ihre zukünftig ertragsbringenden Studioso-, Stadtmieter u.a. herbekommen bei Preisen von 495.000€ für 90qm?
      Selbst sein zuständiges Bezirksamt kann sich einen Umzug dorthin nicht leisten…und dann noch die verfassungsrechtliche Schuldenbremse.
      Krise als programmierter Dauerzustand – wohl kaum politisch haltbar.
      Realwirtschaftlich nicht praktizierbar.

      • Worauf genau bezieht sich Ihre Frage?

        Von Berlin weiß ich, daß es noch nicht mal mehr möglich ist, die Gebäudekomplexe, welche vor der Bezirksreform klaglos als Bezirksamt finanzierbar waren, inzwischen aufgegeben werden müssen, weil – angeblich nicht finanzierbar.

        Da fragt man sich doch, was in einem angeblich so reichen Land wie Deutschland los ist, daß sogar noch nicht mal die Kosten für Spielplätze eingeplant werden können. Da fragt man sich instinktiv: wo bleibt die Souveränität der Politik, deren Aufgabe es ist genau diejenigen öffentlichen Aufgaben zu erledigen, für die sie eigentlich da wäre?

        Wir werden es noch erleben, daß die Aufzüge, die ja aufgrund der von der Politik selbsterklärten Barrierefreiheit eigentlich funktionieren müßten, in öffentlichen Gebäuden stillgelegt werden – weil kein Geld da ist.

        Und warum? Weil die „Märkte“ es so wollen? Die Politik müßte irgenwann mal kapieren, daß die „Märkte“ von ihr abhängig sind – nicht umgekehrt!

    • „…Möglichkeit der Geschäftsbank, ihre Verbindlichkeiten in Zentralbankverbindlichkeiten umzutauschen…“

      Das ist ja gerade das, was ein Huber auch nicht erklären will und wahrscheinlich auch nicht kann. Aber vielleicht können Sie das – dann aber bitte so, daß es buchhaltungstechnisch sauber darstellbar ist.

      Außerdem beißt sich m.E. Ihre Kreditnehmerknappheit mit der von Ihnen vorgeschlagenen Entknappung hinsichtlich von Zentralbankgeld. Denn die Liquiditätslage der Banken ist ja durch Bazooka bzw. LTRO mehr als ausreichend. Und trotzdem fehlen die erwarteten Investitionen, die natürlich mit Verschuldungsprozessen korrespondieren. Irgendwie haut der Zusammenhang nicht hin. Ich sage Ihnen auch wieso: weil die Preistheorie aktuelle Preis-Mengen-Relationen analysiert, diese aber aufgrund der offenen Vermögensbestandssicherheit bei Krediten nicht anwendbar ist. Denn höhere Zinsgebote auf dem „Kreditmarkt“ führen irgendwann zur Kreditverweigerung – und nicht zu noch mehr Kreditangebot! (Stiglitz-Weiss!) Man kann den Unterschied zwischen stocks und flows halt nun mal nicht ignorieren!

      Was ich schon immer wissen wollte: was ist eigentlich monetär bedingte Übernachfrage? Die Investitionsnachfrage kann es nicht sein, denn diese würde ja postwendend den lange ersehnten Konjunkturaufschwung beflügeln. Die Übernachfrage auf den Konsummärkten kann es eigentlich auch nicht sein, weil sich dann die Ertragserwartungen der Unternehmer verbessern und ebenso positive Effekte auf die Konjunktur zu erwarten wären.

      „Dann landen wir auch mit kleinsten Geldmengen in einer Hyperinflation.“

      Dieses Argument verstehe ich überhaupt nicht, denn wenn Sie schon mit Stützel argumentieren wollen, sollte Ihnen bekannt sein, daß die „Umlaufgeschwindigkeit“ nichts anderes ist als eine zweifelhafte statistische Größe, bei der noch nicht mal die Frage der Dimensionalität abschließend geklärt ist. Vielleicht meinen Sie ja etwas Richtiges, das läßt sich allerdings so nicht erschließen!

      Die Sache mit den Nullzinserwartungen ist analytisch auch noch nicht klar!

      Ihr Anliegen, den Kapitalismus auf „kleine Sachwertrenditen“ zu beschränken mag ja wichtig und auch richtig sein, dann darf man sich aber erst recht keine Uneindeutigkeiten bei der Argumentation erlauben – sonst wird das nichts!

      • rubycon

        Die Frage bezieht sich darauf, dass private Investoren Kapital (EK + FK) in reale Gebäude gesteckt haben die nicht die versprochenen/erwarteten Renditen erzielen werden können, weil die Nachfrager nicht entsprechend zahlen werden können.
        http://www.bild.de/geld/immobilien/wohnen/wohnen-immer-teurer-27633280.bild.html
        Warum handeln die freien Marktakteure trotzdem so (unvernünftig) bei ihrern Anlagen?
        Zur Zinsdiskussion :
        http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1948945/
        Versuche die Zusammenhänge zu verstehen – bin nur ein beschränkter Denker.

        • „Warum handeln die freien Marktakteure trotzdem so (unvernünftig) bei ihrern Anlagen?“

          Ich hatte hier kürzlich das angesprochene Problem behandelt.

          Wird aus Geld „Mehr-Geld“?

          In aller Kürze gesagt steht da, daß es einen sektoralen Erfolg von Finanzanlagen nur dann gibt, wenn der globale Wachstumsprozeß ausreichend neue Nettoverbindlichkeiten erzeugt, daß andere Sektoren die entsprechenden Nettoforderungen realisieren können. (Immer daran denken, daß das gesellschaftliche Nettogeldvermögen gleich Null ist!)

          Heißt: die Akteure können noch so tolle Hochglanzprospekte haben – wenn sich niemand netto verschulden will, kommt auch netto kein Ertrag heraus. Insofern ist ihr Handeln auf eine Unmöglichkeit gerichtet – daß es immer wieder versucht wird muß wohl damit zusammenhängen, daß nur die Erfolge kommuniziert werden, die Fehlschläge in ihrer Mehrzahl jedoch unbeachtet bleiben. Typisch Hollywood – man präsentiert nur den Glanz…

  24. >>>>“…Möglichkeit der Geschäftsbank, ihre Verbindlichkeiten in Zentralbankverbindlichkeiten umzutauschen…”

    >>>Das ist ja gerade das, was ein Huber auch nicht erklären will und wahrscheinlich auch nicht kann. Aber vielleicht können Sie das – dann aber bitte so, daß es buchhaltungstechnisch sauber darstellbar ist.

    Die Zentralbank kauft die Forderung gegen die Nichtbank auf Anforderung der GB an, und zwar unbegrenzt, da diese Forderungen nach ihren Vorgaben besichert wurden.

    Aktiv bucht die Zentralbank also die angekaufte Forderung gegen die Nichtbank, passiv ihre Verbindlichkeit, welche das zusätzliche Zentralbankguthaben der Geschäftsbank ist.

    Im Prinzip nichts anderes wie wie ZB-Geldschöpfung heute, es sind nur eben alle Aktiva der Geschäftsbank zentralbankfähig und damit unbegrenzt in Bankenliquidität umsetzbar.

    >>>>Außerdem beißt sich m.E. Ihre Kreditnehmerknappheit mit der von Ihnen vorgeschlagenen Entknappung hinsichtlich von Zentralbankgeld. Denn die Liquiditätslage der Banken ist ja durch Bazooka bzw. LTRO mehr als ausreichend. Und trotzdem fehlen die erwarteten Investitionen, die natürlich mit Verschuldungsprozessen korrespondieren.

    richtig, die Kreditnehmerknappheit ist durch unbegrenztes Zentralbankgeld nicht behebbar. Darum geht es doch auch gar nicht, ich mag ja die Kredite durch stärkere Restriktionen( z.B. nur Inlandsgeschäft, Kreditsteuer) sogar reduzieren. Es geht nur um die dauerhafte Abschaffung des Sparzinses durch Abschaffung der Knappheit des ZBG und die entsprechenden Erwartungen.

    Ich will ja nicht die Verschuldungspläne hoch bringen, sondern die Geldsparpläne zugunsten der Selbstinvestition runter.

    Sie haben aber auch recht, dass dies allein eventuell nicht reicht, die Präferenzen von Geldhaltung gegenüber Selbstinvestition zu verschieben.Warum halte ich auch bei Nullzins lieber Geld als Sachwerte als Sparform?

    z:B:
    Erwartung später steigender Zinsen…nur diesen Punkt haben wir abgehakt.

    unsichere Erwartungen zu drohenden deflationärer Preisentwicklung bei Sachwerten, wie z.B, Immomarkt PIIGS gerade.

    so ähnlich….Risiken von starken Ertrags-Verlusten aus großem Konjunktureinbruch…

    diese Punkte behebt das Gesamtkonzept der verlässlichen Globalsteuerung mit den beschriebenen Werkzeugen durch die von der Legislative unabhängigen 4.Gewalt.

    A. Variable Kreditsteuer als variabler Zusatzzins auf alle Geschäftsbankenkredite
    B. Optionale monatliche Steuergutschrift an jeden Bürger, auch als negative Einkommensteuer – oder als Grundeinkommenszuschlag
    C. Optionale monatlich anpassbare Einkommensteuerzuschläge („Währungssoli“)
    D. Neue Regulierungen der Kreditvergabe der Geschäftsbanken und Versicherungen
    E. Optionale und variable Ausfuhrumsatzsteuer

    Der nächste Punkt der Bevorzugung der Geldhaltung liegt in der Liquidität. Fehlende Liquidität der Sachwerte, in diese Richtung geht mein Vorschlag des „Wertgeldes“ = nicht kreditgehebelte Fonds…welche eben dann auch liquide sind und ausreichend konservativ bezüglich der Wertschwankungen.

    • „Die Zentralbank kauft die Forderung gegen die Nichtbank auf Anforderung der GB an, und zwar unbegrenzt, da diese Forderungen nach ihren Vorgaben besichert wurden.“

      Ah ja, das ist wohl das Prinzip, was in EURO-Land gerade so fürchterlich gut klappt? 🙂 Na gut, mal jenseits der Frage, wozu dann noch Geschäftsbanken gebraucht werden: darf die Zentralbank gelegentlich eine andere Meinung haben als die Geschäftsbank, oder muß sie dann die Aktiva der Geschäftsbanken „auf Anforderung“ zwangsweise ankaufen? Hmm, die Banken haben dann sagen wir 10mal soviel Zentralbankgeld, was sie überhaupt nicht benötigen, aber auch nicht weiterverwenden können, da bei einem weiteren Ankauf von Aktiva diese wieder von der Zentralbank monetarisiert werden? Hat das was mit Effizienz zu tun?

      Noch was: die Zentralbank hält somit alle Aktiva, hat also auch den korrespondierenden Zinsanspruch. Die Konsolidierung ausfallender Kredite übernimmt sie dann auch, oder? Kann es sein, daß hier eine ‚moral-hazard‘-Bombe gepflanzt wird, weil die Kontrollkapazität einer Zentralbank bei weitem nicht hinreicht, um die anzukaufenden Aktiva einer Bonitätsprüfung zu unterziehen? Oder unterstellen Sie stillschweigend, daß es bei ordentlicher „Besicherung“ zu keinen Kreditausfällen mehr kommt? Oder muß sich dann die Zentralbank zu allem Überfluß auch um den Zustand der Sicherungsdinge kümmern, so vielleicht mal abschätzen, ob der Wert eines Hauses/ Grundstücks den Kredit rechtfertigt, oder ob nicht doch irgendwo im Dachgebälk ein Schimmelpilz versteckt ist?

      Also irgendwie fehlt mir da so was wie der Sinn des Ganzen! Ich sehe darin eine Verdoppelung der Kreditwürdigkeitsprüfung, sowie eine Überfrachtung der Zentralbank mit Aufgaben, für die sie garnicht da ist.

      Zu den Punkten A – E: ich habe ein bißchen den Eindruck, daß sie die Steuerungsfragen einer Volkswirtschaft ein bißchen mit den Augen des Technikers sehen, der Zu- und Abflüsse am Skizzenboard entwirft, installiert und möglichst so geplant hat, daß es dann auch noch funktioniert. Gut bei Technikern sollte das auch so laufen! Ich hätte aber ernsthafte Zweifel, ob die Individuen, mit diesen Maßnahmen konfrontiert, nicht doch wieder einen Umweg finden, der es Ihnen erlaubt Geschäfte zu machen, die den durch A – E angestrebten Effekten zuwiderläuft. Sehen Sie, Ökonomie ist nicht umsonst auch eine Theorie der Entscheidungen unter Einkommensrestriktionen und sich verändernden Preissignalen. Ob man dagegen einfach durch Vorschriften die angestrebten wirtschaftspolitischen Ziele erreichen kann, erweist sich ja insbesondere im Finanzbereich immer mehr als Illusion (Basel III) – und nicht zuletzt auch aufgrund der Merkwürdigkeiten, die sich bei der Erhebung von Steuern bzw. der Steuerfahndung regelmäßig abspielen. Die ‚compliance‘ mit Vorschriften, welche dem ökonomischen Interesse zuwiderlaufen, darf als äußerst gering eingeschätzt werden. Was spricht also dafür, daß dieses Konzept eine Erfolgchance hat? Der gute Wille allein reicht leider nicht!

      • herzlich Danke für Ihre Nachfragen, Sie sind übrigens fast der erste Volkswirt, der sich dazu hinreisen lässt. 😦

        >>>>Hat das was mit Effizienz zu tun?

        Es beseitigt den Knappheitspreis von ZAHLUNGSMITTELN, dessen bloße Existenz und Erwartung dem volkswirtschaftlich negativem Bedarf (wegen fehlender solventer Schuldner) an GELDVERMÖGENsbildung entgegenläuft.

        >>>Kann es sein, daß hier eine ‘moral-hazard’-Bombe gepflanzt wird, weil die Kontrollkapazität einer Zentralbank bei weitem nicht hinreicht, um die anzukaufenden Aktiva einer Bonitätsprüfung zu unterziehen?

        Da muss sich gar nichts gegenüber der „Bafin Qualität“ der inländischen Kreditvergabe ändern. Da gibt es doch auch heute schon kaum Probleme, welche das Bankeneigenkapital nicht stemmen kann. Die Probleme liegen doch bei Derivaten und Forderungen gegen das Ausland, die will ich mit der Begründung der de facto Steuerzahlergarantie grad verbieten.

        Da entsteht aber nicht mehr Regulieraufwand, sondern weniger. Wenn die banken nur noch Kredite im Inland vergeben dürfen, dann ist die Sache einfach und übersichtlich. Die Zentralbank prüft keineswegs jeden einzelnen Kredit, legt nur eben eine Beleihungsgrenze der Sachwerte fest. Verluste trägt das Eigenkapital der Geschäftsbank.

        „Wettbewerblicher Pfändermonetisierer“ bleibt die Geschäftsbank, eben nicht wie bei Huber die Abschaffung deren privaten Geldschöpfung sondern nur ihre sinnvolle Globalsteuerung, zur Vermeidung der Vergesellschaftung eigentlich privater Verluste.
        De facto wird auch WENIGER Zentralbankgeld angefordert, dass man es unbegrenzt und kostenlos anforden KÖNNTE, reicht völlig zur Sparzinsabschaffung.

        Eine Kreditbehörde wäre mir als Unternehmer ein echter Horror. Die Geschäftsbank hat Gewinnaussichten und auch ein Rest-Risiko aus Pfänderverschlechterung(Ihr Schimmel im Dach). Ein Kreditbeamter würde nur noch die Risiken sehen.

        Im übrigen setzt das Konzept ansonsten nur auf Preissignale und nicht auf Vorschriften. Die Kreditsteuer wird auch nicht hinterzogen, solche Kredite sind nämlich nicht durch den Staat vollstreckbar und damit ein Geschenk der Bank. 🙂

        Zu beachten ist aber, dass der Zins eben ein einzelwirtschaftliches Zahlungsmittel-Knappheitsphänomen ist, die volkswirtschaftliche Geldvermögens- und damit Schuldenproblematik kann der Markt-Zins gar nicht regeln.

        Aus der Abwesenheit eines natürlichen Marktmechanismus für Geldvermögensentwicklungen ergibt sich der Bedarf einer staatlichen Behörde, welche aber möglichst bezüglich der Einzelwirtschaften wettbewerbsneutral agiert:

        Kreditzins = wettbewerbliche Bankmarge + Kreditsteuer

        Zumindest meine Idee der national verschiedenen Privat-Kreditsteuer und Abschaffung der Staatsschuldzinsen ist doch nun wirklich das Gebot der Stunde in Europa. Eine Möglichkeit zur nationalen Geldpolitik ohne den Euro und unsere großen Forderungen gegen das Ausland unter gigantischen Kollateralschäden zu zerstören.

        • „Zu beachten ist aber, dass der Zins eben ein einzelwirtschaftliches Zahlungsmittel-Knappheitsphänomen ist…“

          Ja, das ist die übliche Vorstellung, die ja schon Kinder als unterschwellige Moralvorstellung eingebläut bekommen. Da werden dann die Vorstellungen von der „Vermehrung des Geldes“ an Weltspartagen auf die nächste Generation transportiert, indem dann das Sparschwein geschlachtet wird und der Kassierer bei der Sparkasse (so es überhaupt noch einen gibt) die Augen verdreht, weil die Hartgeldsortierungsmaschine gerade kaputt ist.

          Vor 90 Jahren hat man in Deutschland noch gewußt, daß Zinsen hauptsächlich ein Risikoausgleich sind und nur zu einem geringen Anteil Nettoeinkommen. Mit dem Aufkommen der „Korntheorie des Zinses“ bzw. der „Grenzproduktivität des Realkapitals“ standen auf einmal der „Lohn des Wartens“ und die Rechtfertigung des „Kapitaleinkommens“ im Vordergrund. Und die Tauschmitteltheorie des Geldes tat ein übriges, um dem Zahlungsmittelstandard(!) noch einen Preis zuzuordnen. Von diesem intellektuellen Spagat hat sich die VWL bis heute nicht erholt.

          Salopp gesagt: der Zins ist makroökonomisch gesehen eine von allen Kreditnehmern zu zahlende Versicherungsprämie, die für die Banken die Abschreibungen auf nicht mehr einbringliche Kreditengagements finanziert. Denn Bruttozinseinnahmen werden erst nach Verrechnung mit Abschreibungsverlusten zu Nettozinseinkommen – was auch schon mal negativ werden kann. Dieser Mechanismus ist auch sehr effizient, was die „volkswirtschaftliche Geldvermögens- und damit Schuldenproblematik“ angeht. Das Meta-Problem ist jedoch, daß das politisch nicht akzeptabel zu sein scheint – oder die Politik vor der Drohung der Banken, keine Staatsanleihen mehr zu kaufen schlichtweg kuscht. Da hilft dann auch VWL nicht…

      • Nachtrag
        >>>>Hat das was mit Effizienz zu tun?

        Wenn die Kreditsteuer den Sparzins als monetäres Steuerelement ersetzt, sinken die Staatsschulden, weil die Sparzinsen ja bisher die privaten Netto – Geldvermögen und damit deren Identität der Staatsschulden erhöhen, die Kreditsteuer diese Staatsschulden aber tilgt.

        Staatsschulden wirklich zu senken oder zumindest zu stabilisieren, statt mit Austerität Europa in die Pleite zu treiben, finde ich höchst effizient.

  25. >>>Was ich schon immer wissen wollte: was ist eigentlich monetär bedingte Übernachfrage?

    Pläne für Geldvermögenserhöhungen (inkl. vertragliche Kredittilgungen!!!) < Pläne für Geldvermögensabbau.

    (dies ist keineswegs, S ex ante < I ex ante, S und I sind auch ex ante eine Identität – gibt es eigentlich in der VWL Buchstaben für Einnahmeüberschüsse und Ausgabeüberschüsse?)

    Dies führt dazu, dass Wirtschafter mehr einnehmen als geplant, und in der Folgeperiode tendenziell mehr ausgeben, für Konsum aber auch teilweise gehebelt durch zusätzliche Investitionsausgaben.

    Die Ausgabepläne für die Folgeperiode steigen, dass ist alles…

    Da diese Investitionen in den Folgeperioden auch oft zu einer Angebotsausweitung führen und dann später eher deflationär sind, zeigt die relativ geringe Gefahr von Übernachfrage wohl aber einer Überinvestition.

    Wirklich stark inflationäre Übernachfrage in den heutigen Käufermärkten zu erreichen, dürfte eher schwierig sein. Ich mag nur eben auch die Staatsschuldenphobiker und Inflationsneurotiker ins Boot holen. NULLSPARZINS und NULLSCHULDZINS für den Staat, da hört man doch schon das typisch deutsche Angst-Geschrei.

    passend zur Formel oben noch Stützels Konjunkturtheorie aus "Paradoxa der Geld- und Konkurrenzwirtschaft":

    1) In der Gesamtwirtschaft sind Gesamteinnahmen = Gesamtausgaben

    2) Wo Käufermärkte existieren, entscheiden die Ausgabepläne über die Gesamthöhe der Einnahmen, entscheiden die Pläne für Konsum- und Netto-Investitionsausgaben über die Höhe des monetären Volkseinkommens.

    3) Stationarität des Kreislaufs herrscht dann, wenn jeder etwaige Rückgang der Ausgaben für Konsum (gegenüber früher) durch eine Vermehrung der Ausgaben für Investition (gegenüber früher) kompensiert oder auch umgekehrt jeder Rückgang der Ausgaben für Investition durch eine Vermehrung der Ausgaben für Konsum kompensiert wird.

    4) Entspricht der Zunahme der Investitionsausgaben gegenüber früher kein gleichgroßer Rückgang der Konsumausgaben, dann wächst die Kaufstromstärke(Beschäftigungszunahme bzw.Inflation), entspricht dem Rückgang der Investitionsausgaben gegenüber früher keine gleichgroße Vermehrung der Konsumausgaben(gegenüber früher), dann schrumpft die Kaufstromstärke (Beschäftigungsrückgang bzw. Deflation).

    5) Bleiben die Investitionsausgaben konstant und verhalten sich die Konsumenten so, dass sie nach Überschreiten eines bestimmten Einkommens ihre Konsumkäufe gegenüber früher einschränken, nach Unterschreiten dieses bestimmten Einkommens aber Konsumkäufe gegenüber ausdehnen, dann wird im Laufe der Zeit dieses „bestimmte Einkommen“ erreicht und auch dann beibehalten werden, wenn bei dieser Gesamtstromstärke das Produktionspotential nicht voll ausgenützt wird.

    länger ist dies nicht, alles über die Pläne für Geldvermögensänderung hinausgehenden angeblichen monetären Einflussfaktoren( z.B. Geldmengen) zerlegt Stützel in dem Buch mit saldenmechanischer Logik.

  26. >>>>Die Sache mit den Nullzinserwartungen ist analytisch auch noch nicht klar!

    >>>Ihr Anliegen, den Kapitalismus auf “kleine Sachwertrenditen” zu beschränken mag ja wichtig und auch richtig sein, dann darf man sich aber erst recht keine Uneindeutigkeiten bei der Argumentation erlauben – sonst wird das nichts!

    Ich bitte darum, meine Gedanken in eigene Überlegungen einfließen zu lassen und eindeutiger auszuformulieren, ist auch alles ohne Rechte meinerseits. Ich habe ja auch keinen Titel und bin nur interessierter Laie, Mir kauft das neue Weltfinanzsystem eh keiner ab. 🙂 Die Wahrnehmung der und die Neuauflage der Volkswirtschaftlichen Saldenmechanik habe ich aber schon gut vorwärts gebracht, dies muss eigentlich als persönlicher Beitrag für den „Weltfrieden durch Geldfrieden“ reichen.

  27. Klaus Karwat hat das Buch 100% Money von Irving Fisher ins Deutsche übersetzt und versucht im Interview mit Nicolas Hofer (beide im Verein Monetative, N.H. ist wohl später ausgetreten), das Vollgeldkonzept zu erklären. Aber es hakt m.E. z.B. daran, dass eine Überweisung als zentralbankgeldlos angesehen wird. Der Hinweis, dass die Buchhaltervereinigung sich über die Nichtbeachtung des Unterschiedes zw. Geld und Forderung auf Geld mokiert, ist interessant. Viele Sprachregelungen sind aber schief, wie „Banken schöpfen Geld“ oder „Geld muss gedeckt sein“. (Ich poste das Video, weil hier mal alle, mehr oder weniger „schiefen“ Arten über Geld zu reden, in einem Video (4 Teile) zusammengefasst sind).

    „Was gibt es sonst noch zu der “Vollgeld”-Szene zu sagen? Ach ja, natürlich verwechseln diese “Protagonisten” wie üblich Schulden mit Geld, denn daß Zentralbankgeld und Sichtforderungen zwei verschiedene Dinge sind, kann man als “Vollgeldler” nicht akzeptieren, weil sonst das ganze Konzept in sich zusammenfällt.“

    Diese Unterscheidung wird im Interview, zumindest im Ansatz, erkannt. (Ich rechne Karwat einfach mal zur Vollgeld-Szene). Vielleicht bricht ja auch die Voll-Geld-Szene sanft in sich zusammen und erklimmt die nächste Erkenntnishürde 😀 Dass sich die Vollgeldler neuen Erkenntnissen verweigern würden, nehme ich, zumindest im diesem Video, nicht wahr. Es ist wohl eher noch ein Suchprozess, der im Moment als Monetative-Verein seinen Ausdruck findet.

    Prof. Huber wird später ebenfalls noch von Nicolas Hofer interviewt, im gleichen Interview-Stil.

    • moneymind

      Heiner Flaßbeck bezeichnet die Vollgeld-Idee als „Supermonetarismus“:
      http://www.flassbeck-economics.de/abo-preview-unser-geldsystem-xiii-vollgeld-das-moderne-gold/

      Das scheint mir eine in verschiedener Hinsicht recht treffende Einordnung zu sein, da Huber mit dem Monetarismus nicht nur die Fixierung auf die „Geldmenge“ (samt quantitätstheoretischer Fundierung) teilt, sondern auch einen völlig verkürzten Blick auf die Staatsschulden, die Huber isoliert und gerade nicht im Kontext der Finanzierungssalden der gesamten Volkswirtschaft betrachtet.

      Es leuchtet auch in keiner Weise ein, warum die Fixierung auf EIN geldpolitisches Instrument und dessen extreme Nutzung (Mindestreservepolitik) nun die Lösung aller wesentlichen Probleme darstellen soll.

      • Mit dem von Flassbeck selbst gewählten Vergangenheitsaspekt könnte man den Vollgeldisten eher das Attribut Paläo-Monetaristen zuerkennen, denn eine Weiterentwicklung, die „über den Monetarismus hinaus“ führen würde und damit die Qualifizierung „super“ rechtfertigen würde, ist bei den Vollgeldisten nicht zu erkennen. Aber seis drum.

        Viel erschütternder ist folgender Umstand: der Huber wurde nach einer Präsentation gefragt, wie das denn sei, wenn die privaten Unternehmen wieder auf Wechsel ausweichen würden. Nach ein bißchen stottern preßte der Huber gerade noch heraus, daß man diese Finanzinstrumente verbieten müßte und zwar mit der Begründung, daß dadurch ja die Ziele des Vollgelds unterlaufen würden! Das sollten sich alle Vollgeld-Jünger mal auf der Zunge zergehen lassen. Für meine Begriffe jedenfalls ist dann, wenn die Umsetzung einer Reform mit der Beschränkung der privaten Vertragsfreiheit dergestalt einhergeht, daß es noch nicht einmal erlaubt sein soll private Schuldverhältnisse einzugehen, die Grenze des Zumutbaren deutlich überschritten.

        • moneymind

          „Viel erschütternder ist folgender Umstand: der Huber wurde nach einer Präsentation gefragt, wie das denn sei, wenn die privaten Unternehmen wieder auf Wechsel ausweichen würden. Nach ein bißchen stottern preßte der Huber gerade noch heraus, daß man diese Finanzinstrumente verbieten müßte und zwar mit der Begründung, daß dadurch ja die Ziele des Vollgelds unterlaufen würden!“

          Ja, die Erfahrung habe ich mit anderen Vollgeldbefürwortern auch schon gemacht. Die Vollgeldler unterscheiden zwischen credit und currency und wollen die Wi-Subjekte zwingen, ausschließlich „currency“ zur Erfüllung von Geldfunktionen zu verwenden.

          Sinnvoller ist, Kreditwirtschaft mit antizyklischen kreditären Mitteln (Fiskalpolitik, Geldpolitik insgesamt – Mindestreservepolitik inclusive) in sinnvolle Bahnen zu lenken; und ordnungspolitisch generell dafür zu sorgen, daß der Fokus der Kreditvergabe auf realwirtschaftlichen Investitionen liegt (Finanzmarktregulierung, internationales Währungssystem etc.).

          Staatsschulden baut man dadurch ab, daß man für die Unternehmen Verschuldung wieder interessant macht (siehe die Finanzierungssalden der 50er/60er Jahre). Das geht u.a. nur mit einer unter der Wachstumsrate liegenden Zinsrate. Bei einem netto sparenden Unternehmenssektor und einem netto sparenden Sektor der privaten Haushalte muß man sich ja nicht wirklich wundern, wenn dann Staat und Ausland die dem gegenüberstehenden Schulden haben, wenn man 1-1=0 ausrechnen kann.

          Doch solche VGR-Basics kommen in Hubers „Monetärer Modernisierung“ genausowenig vor wie in Frau Merkels Vodoo-Ökonomie. Flaßbecks „Super-Monetarismus“ war wohl recht treffend als „Extrem-Monetarismus“ gemeint. Paläo-Makroökonomie wäre aber auch ein schöner Name.

          Mal ganz abgesehen davon, wie sich der Herr Huber denn eigentlich erklärt, daß die „überschießende Kreditvergabe der Geschäftsbanken“ mit „inflationären Konsequenzen“ das ist, was die EZB derzeit versucht, mit allen Mitteln anzuregen, ohne großen Erfolg.

          Immer nett, wenn eine Zentralbank den Turbo einlegt und gleichzeitig durch die angezogene Handbremse des Fiskalpakts mit qualmenden Reifen auf der Stelle kleben bleibt. Zur Lösung dieses Problems dann Vollgeld einzuführen, entspräche in etwa dem Versuch, dem auf der Stelle durchdrehenden Rennfahrzeug dadurch Beine machen zu wollen, daß man den Scheibenwaschwassertank bis zum Rand (100%) auffüllt – oder so ähnlich.

      • Vollgeldler sind letztlich Ultra-Monetaristen. Kann mich den Meinungen nur anschließen, die Idee ist so verquer, als dass man nirgendwo mehr „Anschreiben“ dürfte.

        • moneymind

          So ist es. Dasselbe kann man Österreichern unter die Nase reiben, die mit Hayek in free-banking-Phantasien „voll gedeckten Privatgeldes“ schwelgen (Huerta DeSoto beispielsweise). Natürlich hilft eine vollig fernab jeglicher Realität liegende Werttheorie diesen Herren ebenfalls nicht dabei, die entscheidenden Basics monetärer Kreditvergabe auch nur ansatzweise zu erfassen.

  28. Mir scheint, dass der wesentliche Gegensatz zwischen dem „jungen“ Warengeld-Kapitalismus der Neuzeit und dem „gesättigten“ Kredit-Kapitalismus der Gegenwart im Versicherungsprinzip liegt. Während das Warengeld nur unversicherte Schuldverhältnisse der Form: „Schuldner <= Gläubiger" zulässt und damit das Risiko dem Gläubiger zuordnet, erlaubt das Kreditgeld durch das EK der Intermediäre (=Geschäftsbanken) versicherte Schuldverhältnisse der Form: Schuldner <= GB <= Gläubiger. Das Versicherungsprinzip hat für den Gläubiger den Vorteil der (partiellen) Haftung durch das EK der GB`s und der Risikostreuung, es hat aber auch den "Nachteil": dass durch das neu enstandene "Sicherheits-Empfinden" der Intermediäre und Gläubiger Schuldverhältnisse im Übermass angeregt werden.

    Man denke sich Kolumbus, der seine Entdeckungsfahrt antritt: Unter Warengeld-Bedingungen ist er dem Gläubiger direkt verantwortlich, der Zinssatz (oder: die Gewinnbeteiligung), den er zahlen wird müssen, wird sehr hoch sein. Heute würde Kolumbus (z.B. irgendein Internet-Unternehmen mit sagenhaften Zukunftsaussichten) den Kredit viel leichter bekommen und zu einem wesentlich günstigeren Zinssatz. Kreditgeld regt an, was Warengeld noch verhindert: reichlich sprudelnde Schuldverhältnisse. Das ist ein mächtiger Antrieb für die Netto-Investition, solange sie tatsächlich wachsen kann. Versiegt sie aber trotzdem, dann wird das Sprudeln der Kreditverhältnisse zur Belastung für das System – weil das Einzige, was noch sprudelt, die Staatschuld ist. Die GB`s verlegen sich mehr und mehr auf das "Versichern" der Staatsschuld.

    Kurzum: Kreditgeld ist eine temporäre Form der Expansion und wiederlegt sich an dem Tag, wo die Netto-Investition versiegt. Wenn Kolumbus (aus Gründen, die keiner weiss) nicht mehr reisen will, das Versicherungs- und Intermediärsystem aber hoch entwickelt ist, dann wird es zum Selbstzweck werden. Man erfindet Schuldverhältnisse des Versicherungsprinzips wegen und nicht mehr der Entdeckung der Neuen Welt. Dieses Erfinden von Schuldverhältnissen des Versicherungsprinzips wegen ist: die Staatsschuld.

    Alfred Felsberger

  29. Pingback: Vollgeld ist voll daneben - Iromeisters Abenteuerreise

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