Kredit in der realen Welt?

Fabian Lindner hat einen interessanten Artikel geschrieben, in dem er die Frage behandelt, ob „die Ersparnis die Investition finanziert“. Dies ist ein seit langem schwelender Disput zwischen Neoklassikern und (monetären) Keynesianern, der auch bereits als die „loanable funds“-Kontroverse wohlbekannt ist.

Wie ist dieser Disput zu entscheiden? Die von Ökonomen bestens bekannte Antwort ist: es kommt darauf an. Und zwar kommt es darauf an, in welcher Weise man über Ökonomie denkt. Wenn das aber so ist, kann die vordergründige Antwort nur lauten: Beide haben Recht – je nach dem zugrundeliegenden ökonomischen Modell. Denn auch wenn es in Deutschland mindestens genauso viele Ökonomen gibt wie Fußball-Nationaltrainer, die natürlich alle ganz genau wissen wie „Wirtschaft“ funktioniert, ist dennoch die Interpretation der Realität stets daran gebunden, welche Theorie eines verstorbenen Ökonomen bei der Interpretation der Realität Pate steht.

Die eine Fraktion ist die Neoklassik, deren Wirtschaftsmodell hier diskutiert wurde. Diese ist davon geprägt, daß sie versucht „hinter den Geldschleier“ zu sehen um damit alle ökonomischen Phänomene (die „Realität“) auf „reale“ Größen wie Grenzproduktivität, relative Preise oder reale Nutzenerwägungen zurückzuführen. Die Gegenposition nimmt – in Anlehnung an P. Spahn – die Theorie der Geldwirtschaft ein, die das umgekehrte Verständnis aufweist, daß die Ökonomie von der Verfügung über Geld gesteuert wird.

Fabian Lindner argumentiert aus der Perspektive einer Theorie der Geldwirtschaft (die auch mit dem Namen Keynes verbunden ist), indem er auf die monetären Beziehungen abstellt, welche damit hierarchisch gesehen, die realen Prozesse in der Ökonomie steuern. Daraus folgt, daß sein Sparbegriff sich monetär definiert und somit auf die Bildung von Nettogeldvermögen abstellt. Man sieht sofort, daß dieser Begriff von Ersparnis nichts mit dem neoklassischen Begriff zu tun hat, denn dort ist Ersparnis definiert als realer(!) Nichtkonsum. (So was taucht immer wieder in den Robinson-Geschichten auf.) Das hat was mit der Anlage des neoklassischen Modells zu tun, denn dort sind die Haushalte diejenigen, die darüber entscheiden, welche Produktionsmittel die Unternehmen zur Verfügung gestellt bekommen – auch bekannt als Erstausstattungsökonomie. (Hier liegt die Wurzel des ‚pursuit of happiness‘ der US-amerikanischen Verfassung!)

Fabian Lindner geht im Gegensatz dazu davon aus, daß auch Produktionsmittel, genauso wie Konsumgüter durch Arbeit entstehen, wobei Arbeit durch Geldzahlungen entlohnt wird. Warum das korrekt ist, ist eine komplizierte Geschichte, die aber in sich konsistent ist. (Ob sie wahr ist, ist dagegen eine Frage des Glaubens, nicht der Wissenschaft!) Wenn aber, wie es auch bei Schumpeter angelegt ist, Unternehmer Geld brauchen, um Produktion zu finanzieren, stellt sich die Frage: wo kommt denn das Geld her? Wie hier schon mehrfach besprochen kommt Geld von der Zentralbank – und sonst nirgendwoher anders!

Insofern ist es schlichtweg mißverständlich, wenn Fabian Lindner die Redewendung „Geldschöpfung aus dem Nichts“ verwendet, wenn er die Kreditvergabe von Geschäftsbanken anspricht. Das suggeriert eine falsche Vorstellung, denn Geschäftsbanken erzeugen Schuldverhältnisse, die auf ANSPRÜCHE von Geld lauten! Würde man sich mal mit den juristischen Gegebenheiten von Zahlungen beschäftigen, wird schon mal klar, daß selbst die „Definition“ einer „Geldmenge M1“ darauf hinausläuft, daß dabei inkommensurable Dinge zu einer Einheit zusammengefaßt werden. Denn eine Forderung auf Geld ist kein Geld, denn sonst würde die vielfach perhorreszierte Vorstellung eines ‚bank-run‘ unmöglich sein! Auch diese Fehleinschätzung ist Ausdruck der Tatsache, daß die herrschende Wirtschaftstheorie (die ihr REALmodell als ultimatives Instrument zur Erklärung gegenwärtiger Realität versteht) Geld nur als Appendix einer von realen Größen gesteuerten Welt ansieht.

Da aber Geschäftsbanken „nur“ Schuldverhältnisse erzeugen gilt auch, daß die damit geschaffenen Depositen (eigentlich: Sichtforderungen) ebenso „nur“ Ansprüche auf Geld, aber eben kein Geld darstellen – auch wenn es phänomenologisch gesehen so erscheinen mag. Das hat aber was mit der Frage zu tun, warum Banken „Depositen“ brauchen. Die Antwort ist, daß für eine Geschäftsbank der Zugang von Depositen gleichzeitig einen Zugang von Zentralbankgeld – oder zumindest die Forderung darauf – darstellt, den sie stets zur Abwicklung des laufenden Geschäftsverkehrs benötigen. Siehe: Was ist Clearing?

Wer von Bankwirtschaft was versteht weiß sofort, daß dies das allgemeine Liquiditätsproblem bei Banken darstellt – was daraus resultiert, daß mit einer Kreditvergabe i.d.R. ärgerlicherweise ein Liquiditätsverlust einhergeht. DAS ist das Problem einer Bank, wenn sie einen Kredit vergibt! Warum? Weil sie eben kein Geld „schöpfen“ kann! Insofern ist die Bezeichnung „Geldschöpfung aus dem Nichts“ einfach falsch – und Fabian Lindner weist auch selbst darauf hin.

Wenn das aber so ist, muß man auch mal die Konsequenzen daraus ziehen!

29 Kommentare

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29 Antworten zu “Kredit in der realen Welt?

  1. Ist es wirklich die Frage, ob es jenseits der Forderungen noch ein „richtiges Geld“ gibt? Ich würde dies bestreiten, und heutiges Zentralbankgeld nur als Derivat vorher bei einer Geschäftsbank eingegangener Schuldverhältnisse sehen. Aber ist diese Frage wirklich der Mühe wert?

    An jeder Ecke geht es um Schulden, um Schuldenprobleme.
    Schulden bilden eine Identität mit den Guthaben, die Staatsschulden bilden global eine Identität mit den Netto-Geldvermögen der Privaten. National sind die Exportsalden zu bereinigen.

    Aus den Identitäten selbst lässt sich aber noch keine Ursache herleiten, erst wenn man Sie mit den Marktspannungen kombiniert sind Aussagen zu den Kausalitäten möglich. Hat man Käufermärkte (Angebotsüberschuss) oder Verkäufermärkte (Angebotsmangel)?

    Der Käufermarkt ist das Hauptargument für den Kapitalismus / Marktwirtschaft, wie es auch Stützel in „Marktpreis und Menschenwürde“ betont. Warum gibt es dann aber noch Angebotstheorie für nichtsozialistische Wirtschaftsformen?

    In Käufermärkten gilt logischerweise, die Bildung privater Geldvermögen ist URSACHE von Staatsverschuldung, weil der „Geldvermögensbilder“ ja nicht durch Angebotsknappheit zum Nachfrageverzicht gebracht wurde.

    In Verkäufermärkten ( die ich aus der DDR persönlich gut kenne) kauft der Staat tatsächlich dem Bürger die Ware weg. Dort könnten die Angebotstheoretiker ihr „crowding out“ postulieren.

    • „Ist es wirklich die Frage, ob es jenseits der Forderungen noch ein “richtiges Geld” gibt? Ich würde dies bestreiten…“

      Sehen Sie, wenn Sie das bestreiten, haben Sie keine Antwort mehr auf die Frage, auf was dann die Sichtforderungen lauten. Ich bin mir ziemlich sicher, daß eine etwaige Antwort dahingehend, daß Sichtforderungen eine Forderung auf Forderungen gegen die Notenbank sind, nicht den Kern dessen widerspiegeln, was sich zwischen Geschäfts- und Notenbank abspielt. Denn was ist denn die Forderung einer Geschäftsbank gegen die Notenbank? Eben das: eine Forderung, deren Erfüllung(!) darin besteht, daß die Notenbank Banknoten liefert. (Ist kabarettreif, spiegelt jedoch die Verhältnisse richtig wider!) Der Passiveintrag der Notenbank spiegelt nur wider, wieviel sie – aus dem unendlichen! Geldspeicher – an Banknoten entnommen und an die Geschäftsbanken GELIEFERT hat. Und zwar buchstabengetreu, weil in diesem Fall der Geldtransporter vorfährt!

      Was macht den Unterschied aus? Beispielsweise, daß man zu kurz greift, wenn man meint, daß mit einem „Buchungssatz eine nationale Notenbank (Monetative) … den griechischen Staat zinslos finanzieren“ könne. Man kann damit nicht einfach ignorieren, daß derjenige, welcher einen Kredit per Buchungssatz einräumt (das kann jeder geschäftsfähige Bürger) erst einmal ZAHLEN muß – und zwar in einem Zahlungsmittelstandard, den er selbst nicht schaffen kann – Zentralbankgeld halt. Heißt: nach dem Kredit kommt die ZAHLUNG, womit auf einmal das Liquiditätsproblem auftaucht, welches nur für eine Notenbank keines darstellt. Buchhaltung alleine bringts nicht!

      Die von Ihnen angesprochene Heinsohn/ Steiger Geschichte mit der Verpfändung ist zwar ganz witzig, trägt jedoch nichts zum Thema bei, was die Funktionsprinzipien eines Geldsystems angeht. Denn die damit einhergehende Vorstellung, daß ja das Geld irgendwie „gedeckt“ sei ist genau der Fehler, den die ökonomische Theorie seit 200 Jahren hegt und pflegt, weil sie propagiert, daß sie die „Integration von Wert- und Geldtheorie“ als Krönung ihrer Forschungsbemühungen definiert (hatte). Nichts könnte falscher sein: schon aus der Perspektive der modernen Systemtheorie wird klar, daß Geld ein stabiles wohldefiniertes Funktionssystem darstellt, „welches die Funktionselemente aus sich selbst heraus produziert und reproduziert“. Die wohldefinierte Systemgrenze wird durch Zahlungen markiert, wobei Zahlungen durch die Übergabe von Zentralbankgeld definiert sind. Siehe: „Was ist ‚clearing‘?“ (Es gibt übrigends kein anderes Sozialsystem was als ähnlich erfolgreich eingeschätzt werden kann, wie das Geldsystem, was damit zu tun hat, daß die Systemgrenze – die Zahlung – eindeutig zwischen ‚haves‘ und ‚have nots‘ differenziert. Damit das so bleibt, ist Zentralbankgeld wesentlich schwerer zu fälschen, als Schickeria-Accessoires.)

      Käufermärkte, ja sicherlich. Kaufen kann aber nur derjenige, welcher über Zentralbankgeld verfügen kann, direkt als Bargeld oder indirekt durch einen Auftrag an die kontoführende Geschäftsbank den Zentralbankgeldtransfer an Stelle des Zahlers zu übernehmen. Es ist nach dem vorgenannten vielleicht nicht überraschend sich klarzumachen, daß eine bargeldlose Überweisung eines Kaupthing-Bank-Kunden seinerzeit von einem Verkäufer schlichtweg nicht akzeptiert wurde. Warum? Weil der Transfer von Zentralbankgeld nicht sicher gegeben war. Da fragen Sie jetzt, welchen Unterschied es macht? Eben den!

      • Zitat:
        “Denn was ist denn die Forderung einer Geschäftsbank gegen die Notenbank? Eben das: eine Forderung, deren Erfüllung(!) darin besteht, daß die Notenbank Banknoten liefert. (Ist kabarettreif, spiegelt jedoch die Verhältnisse richtig wider!) Der Passiveintrag der Notenbank spiegelt nur wider, wieviel sie – aus dem unendlichen! Geldspeicher – an Banknoten entnommen und an die Geschäftsbanken GELIEFERT hat. Und zwar buchstabengetreu, weil in diesem Fall der Geldtransporter vorfährt!”
        Zitatende.

        Die Forderung der Geschäftsbank besteht
        1. auf Rückgabe der entsprechenden Aktiven, im Falle von Geldbeschaffung durch Vermögenswerte (z.B. Repos), und
        2. auf Tilgung des Kredits im Falle von solchem.

        Die Aussage “(Ist kabarettreif, spiegelt jedoch die Verhältnisse richtig wider!)” geht somit in die Leere, denn die ZB-Bilanz besteht nicht bloss aus Passiven. Klar benötigen die GB immer gesetzliche Zahlungsmittel, sodass sie immer irgendwelche Forderungen auf Aktiven der ZB besitzen müssen (hinüberrollen), weshalb meine Aussage in dieser Hinsicht relativierbar ist, allerdings trifft sie den Kern der Sache aus realen und logischen Gesichtspunkten und Ihre Theorie ist daher zu verwerfen.

        • Hallo Herr Stöcker,

          aus irgendeinem Grund ist dieser Kommentar im Spam-Ordner gelandet, wo er selbstverständlich nicht hingehört.

          Wie ich sehe versuchen Sie immer noch gegen die Mauern von Fundamentalismus anzugehen, und das sogar gegen Behauptungen, die völlig offensichtlich sogar den elementaren Rechtsgrundsätzen einer Geldwirtschaft widersprechen. Für meine Begriffe ist es völlig müßig sich damit abzugeben, es sei denn, man benutzt sowas dazu, um seine eigene Argumentation zu schärfen. Daß man dabei sich immer wieder die Austrian-Mantras anhören muß, die in endloser Weise rezitiert werden hat wohl was damit zu tun, daß diese Autoren eine fürchterliche Angst davor haben, daß die „guten alten Zeiten“ für immer verloren sind. Aber das sind sie.

          Natürlich werde ich auf sowas nicht antworten, weil das übelste Zeitverschwendung ist, immerhin kann ich sowas als abschreckendes Beispiel stehen lassen. So hat sogar das noch einen Nutzen. 🙂

  2. Eh ich im Detail drauf eingehe, erst mal eine andere Geschichte. Wir haben am Rande des G20 2009 in London unseren Film uraufgeführt, der vor allem eine Idee transportieren sollte:

    Wenn es einen Bankenrun gibt (der im Spät-Herbst 2008 ja tatsächlich anlief und durch die Merkel Garantie gestoppt wurde), nutzt dies als Vorwand zur Bargeldabschaffung“ Dann könnte man Negativzinsen auf den Konten erheben und so die Pläne zur Geldvermögensbildung auf den Kreditbedarf solventer Schuldner begrenzen.

    Mal ganz unabhängig davon, dass wir diese Idee nicht mehr vertreten, da sie die menschen wütend macht. Wie würden Sie denn mit der besonderen Bedeutung des Bargeldes argumentieren, wenn man auf uns gehört und es abgeschafft hätte? 🙂

    • Was die Sache mit dem ‚bank-run‘ angeht, das ist eine Horrorvision, die sich aus einer defizitären Regulierungsvorschrift im Verein mit einer defizitären Geldtheorie ergibt. Meine Ansichten über das kolossale Versagen der Merkbrück-Erklärung hinsichtlich der Sicherheit der „Spareinlagen“ steht hier:

      Lieber Bank-Run statt Einlagensicherung?

      Ob Bargeld oder nicht Bargeld ist doch völlig unerheblich. Würden die Bankkunden normalerweise 90% ihrer Sichtforderungen in Bargeld halten wollen, wäre das auch kein Problem – nur die Banken würden wegen der Bargeldkosten meckern, aber dafür sind sie ja eigentlich da (wissen Sie aber heutzutage nicht mehr)!

      Die niedrigere Rendite auf Realvermögen (was aber eigentlich auch eine Geldanlage ist) ist ja richtig, das kann man aber eleganterweise darüber hinbekommen, daß man propagiert, daß die Rendite auf „eigenes“ Geld höher sein muß, als die Zinsen auf „Fremdkapital“.

      Wenn man wirklich was machen will wäre es angebracht die Tatsache hervorzuheben, daß Zinsen keine Kosten und damit auch nicht steuerlich absetzbar sind, so daß automatisch Real-Investitionen wieder mit eigenem Geld attraktiv werden. Das müßte Ihrer Theorie vom realen Sparen entgegenkommen. Maßnahme: steuerliche Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital! Und das steht immerhin schon im gegenwärtigen Koalitionsvertrag! Man kann sich die Sache auch „einfach“ machen! (Allerdings hat man dann die gesamte Gilde der Finanzheinis gegen sich, die davon leben, den Leuten Träume zu verkaufen, ohne – Achtung Globalsatz, nicht Partialsatz – jemals etwas etwas zu leisten!)

  3. Zu dem „Geforderten“ bei allen Geldforderungen habe ich sehr wohl eine Meinung. Dass man als Geschäftsbank seine giralen Forderung gegen die Zentralbank in eine auf Baumwollpapier dokumentierte Forderung umtauschen kann, ändert ja nichts daran, dass man von der Zentralbank heute gar nichts reales(also kein Metall) forden kann.

    Natürlich kann die Geschäftsbank diesen Umtausch „fordern“, aber das Papier ist nicht „das Geforderte“ beim Zahlungsmittel. Der Wert des Geldes und damit das „Geforderte“ ist durch die Schulden bei den Geschäftsbanken definiert. Da schulden Menschen wegen der vertraglichen Kredittilgungen(und natürlich auch der zinsen) reale Leistungen oder der Staat die Besteuerung der realen Leistungserbringung, was Mehrleistung erzwingt. Das Zentralbankgeld ist nur eine Veredelung dieser Forderungen als Bankenzahlungsmittel. Was natürlich wie oben beschreiben genauso bzw. besser funktioniert, wenn man Nichtbanken das Bankenzahlungsmittel gar nicht mehr in die Hand gibt und das Zentralbankgeld nur noch giral existiert.

    zu meinem Buchungssatz und der zinslosen Staatsfinanzierung:

    Forderungen an Steuerzahler(Aktivseite ZB-Bilanz)
    an
    Sichtguthaben (Passivseite ZB-Bilanz)

    Es bucht ihn die Notenbank und sie bucht damit Zentralbank-Sichtguthaben(Forderungen gegen die ZB = Bankenzahlungsmittel) herbei.

    Es entsteht also echtes Zentralbankgeld bei dieser Buchung, Damit Sie so glaubhaft buchen kann, braucht es natürlich wie vorgeschlagen eine Steuergewalt bei der Notenbank.

    • „Der Wert des Geldes und damit das “Geforderte” ist durch die Schulden bei den Geschäftsbanken definiert. Da schulden Menschen wegen der vertraglichen Kredittilgungen(und natürlich auch der zinsen) reale Leistungen oder der Staat die Besteuerung der realen Leistungserbringung, was Mehrleistung erzwingt.“

      Sehen Sie, Sie hängen immer noch der „Werttheorie des Geldes“ an. Das beruht auf einer sehr bekannten und sehr menschlichen kognitiven Dissonanz, daß das Geld doch etwas „wert“ sein muß. Oder daß es durch irgendwas „gedeckt“ sein muß.

      Das ist alles Mythologie, die sich zwar aus dem Scheinbaren (Phänomenologischen) ableiten läßt, aber nicht mit den Funktionsbedingungen des Kreditgeldes übereinstimmt. Wenn man wirklich erkennen will was es damit auf sich hat, muß man sich von der „Werthypnose“ des Geldes lösen, weil genau diese verhindert zu sehen, warum die Zahlungsfähigkeit einer Einheit Geld genau eine Einheit Geld ist – und nichts anderes. Müßten Sie als Unternehmer doch wissen, daß Sie kalkulierte Geldeinheiten (aka Waren) verkaufen und keine Werte. Warum übersehen Sie die Modernität von Marx?

      Oder glauben Sie noch an das Märchen, daß der Profit wegen der Produktion existiert? Da sind die ‚masters of desaster‘ schon viel weiter! Denn die wissen: es geht auch ohne Produktion – so einfach ist das!

  4. Die Geschäftsbank veredelt bei der sog. Geldschöpfung i.d.R. pfandbesicherte Forderungen gegen eine Nichtbank(also kein Nichts!!!) zu bei Nichtbanken anerkanntem Zahlungsmittel.

    Der Vorgang bei der Zentralbank ist identisch, hier werden diese Forderungen(vorzugsweise die gegen die Nichtbank Staat) als Pfand für die weitere Veredelung zum Bankenzahlungsmittel.

    Beide Vorgänge sind identisch dem Wechselquerschreiben eines solventen Dritten. Aus einer beim Nutzerkreis nicht allgemein anerkannten Schuld wird eine beim Nutzerkreis allgemein anerkannte Schuld – es entstehen Zahlungsmittel aus Schulden.

  5. Es gibt also keine „Geldschöpfung aus dem Nichts“ sondern nur eine „Schuldenveredelung durch Zusatzbesicherung“ zum beim Nutzerkreis definierten Zahlungsmittel. Dass bei der Geschäftsbankengeldschöpfung kein Zentralbankgeld entsteht ist auch Konsens.

    Nur ist es eben auch so, dass bei synchroner Geldschöpfung der Geschäftsbanken sich deren Bedarf an Zentralbankgeld beim Clearing
    SALDIERT. Natürlich muss jede Überweisung von Zentralbankgeld begleitet werden, aber Sie übersehen wohl die Saldierung.

    Stützel hat dazu auch etwas zur Klärung beigetragen:

    Wolfgang Stützel erklärt die unendliche Diskussion zwischen orthodoxer und moderner Kredittheorie in der Volkswirtschaftlichen Saldenmechanik auf Seite 214. Es geht also um die Frage, ob denn erst die Einlagen sind und dann der Kredit oder umgekehrt. Grundlage der Mißverständnisse ist einfach die fehlende klare Festlegungen bezüglich des Diskussionsrahmens. Spricht man vom Partialsatz(einzelne Bank) oder vom Globalsatz (Summe aller Banken incl. Zentralbank)?

    Partialsatz:
    Bei jeder einzelnen Bank ist es möglich, dass erst die Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken(Bankeinlagen,Pfandbriefumlauf, Umlauf eigener Akzepte außerhalb des bankensystems, Umlauf eigener Banknoten außerhalb des Bankensystems) zunehmen
    ehe die Ausleihungen an Nichtbanken zunehmen.

    Anmerkung von mir:
    Meint, es wird zuerst eingezahlt und damit eine Einlage erzeugt und dann Kredit vergeben. Und dieses Vorgehen wird zum Erhalten der Liquidität einer kleinen Bank auch sehr sinnvoll sein. Aber auch nach der zeitlich vorlaufenden Einlage wird ja bei der Kreditvergabe eine Zahlungsmittelschöpfung betrieben. Es existiert ja dann die Einlage des Einzahlers und die Einlage, welche der Buchungssatz „Forderungen an Sichtguthaben“ geschaffen hat. Weswegen für die Summe aller Banken gilt:

    Globalsatz: Bei der Gesamtheit aller Banken steigt die Summe aller Einlagen(einschließlich
    Umlauf eigener Pfandbriefe, Akzepte, Banknoten) stets genau in gleichem Maße wie die Summe aller Ausleihungen.

    Die orthodoxe Kredittheorie betrifft also den Partialsatz, die moderne Kredittheorie den Globalsatz.

    • Och Herr Buschbeck,

      ich nehme mal an, daß Sie die Tatsache, daß es ein tägliches ‚clearing‘ bei den Banken gibt für eventuelle Mitleser angemerkt haben. Ich hoffe doch, daß Sie mir nicht unterstellen, daß mir das mit der Saldierung beim täglichen ‚clearing‘ unbekannt wäre!

      Ich finde es ja auch vernünftig, wenn man versucht mit Stützel zu argumentieren, nur: Sie argumentieren mit einem Partialsatz, der durch den Globalsatz verunmöglicht wird, weil das, was für einen einzelne Bank gilt (erst Zentralbankgeldzufluß, dann Kreditvergabe) für die Gesamtheit der Banken nicht gilt.

      Denn:
      „Aber auch nach der zeitlich vorlaufenden Einlage wird ja bei der Kreditvergabe eine Zahlungsmittelschöpfung betrieben.“

      heißt ja nur, daß die (Partial-)Bank Zentralbankgeld vorrätig hat, das sie für den Liquiditätsabfluß aufgrund eines Kredites verwenden will. Damit vergrößert sie aber gerade ihr Liquiditätsproblem. Durch Zahlungsmittelumschichtungen innerhalb der Banken entsteht aber kein(!) zusätzliches Zahlungsmittelvolumen! Das schreiben Sie doch selber!

      Sie haben ja Recht, wenn Sie sagen, daß die orthodoxe Kredittheorie mit Partialsätzen arbeitet. Warum ziehen Sie aber nicht die Konsequenzen daraus?

  6. Und was Sie bisher wohl auch übersehen, Sie akzeptieren Bargeld als Schuldtilgungsmittel. Es hat aber keine Nichtbank (auch die EU Staaten nicht) Schulden bei der Zentralbank sondern nur bei den Geschäftsbanken.

    Nicht mal mein Finanzamt nimmt den de jure Status des Bargeldes ernst und selbiges praktisch an. De facto haben alle Nichtbanken Schulden bei den Geschäftsbanken und die Forderungen gegen die Geschäftsbanken sind das de facto Schuldtilgungsmittel. Bargeld ist für Nichtbanken deshalb nur noch eine Forderung auf reales Schuldtilgungsmittel, weshalb man es eben für Nichtbanken auch abschaffen könnte, wenn dies gesellschaftliche Akzeptanz hätte. In Schweden, Spanien und Italien ist man ja auch schon in diese Richtung unterwegs.

    • „Nicht mal mein Finanzamt nimmt den de jure Status des Bargeldes ernst und selbiges praktisch an.“

      Nun lassen Sie sich mal nicht durch optische Täuschungen aufs Glatteis führen, denn auch der Staatssektor ist eine Nichtbank! Sie mögen ja mit der Phänomenologie (! Ausrufezeichen) des ‚de facto‘ ja Recht haben, aber mit dem ‚de jure‘ funktioniert das nicht. Und einen Satz später schreiben Sie ja auch:

      „Bargeld ist für Nichtbanken deshalb nur noch eine Forderung auf reales Schuldtilgungsmittel…“

      und beweisen mir, daß Sie es ja auch verstanden haben, daß Sichtforderungen kein Geld sind!

      Ich kann ja verstehen, daß Sie, nachdem Sie immerhin seit einigen Jahren vorgetragen haben, daß es kein „Geld-Ding“ gibt, nunmehr für die Tatsache, daß es einen Schuldentilgungsstandard gibt, kein offenes Ohr mehr haben. Das Witzige ist dabei, daß selbst wenn man das Bargeld für Nichtbanken abschaffen würde, es trotzdem noch das Zentralbankgeld geben würde, weil die Banken den Zahlungsmittelstandard für ihr ‚clearing‘ benötigen. (Das ist die eigentliche Aufgabe von Geld, weil an der Frage wie liquide die Korrespondenzbank ist letztlich bankenintern die Bonitäten – und damit die Interbanken-Zinssätze gemessen werden!) Wenn Sie das auch abstreiten, landen Sie bei den Ösis mit der Geldkonkurrenz! Das hat leider die Folge, daß das ‚clearing‘ im Interbankenmarkt zu einer verdammt teuren Angelegenheit wird, weil sich dann selbst z.B. in Deutschland deutschlandinterne „Devisenmärkte“ entwickeln müßten – was aus gutem Grund eine vergangene Phase des Bankendaseins ist!

      Es geht kein Weg daran vorbei, daß Sichtforderungen Schulden der Banken sind, während Geld (= Banknoten) bei Banken eine Position der Aktivseite sind. Diesen Unterschied kann man nicht wegdiskutieren.

  7. >>>Ich kann ja verstehen, daß Sie, nachdem Sie immerhin seit einigen Jahren vorgetragen haben, daß es kein “Geld-Ding” gibt, nunmehr für die Tatsache, daß es einen Schuldentilgungsstandard gibt, kein offenes Ohr mehr haben.

    Dies mal zuerst, ich habe kein Problem neue Dinge begreifen zu wollen, wenn Sie mich davon mit guten Argumenten überzeugen. Wenn Sie den Film von 2009 sich mal genau ansehen, dann werden Sie große Unterschiede zu meinen heutigen Aussagen feststellen. Ich bin zwar recht rechthaberisch, solange ich glaube recht zu haben, aber der Zweifel ist mir auch nicht fremd und ständiges dazulernen Pflicht.

    Mir gefällt übrigens der Anspruch Ihres Blogs. An nichts leidet die ökonomische Debatte so wie an emotional und aus einzelwirtschaftlichem erleben geprägten Wertungen. An der Bewertung von Guthaben = (einzelwirtschaftlich) gut und Schulden = (einzelwirtschaftlich) schlecht, wird dies besonders deutlich.

    Ich finde die zwingenden Argumente „pro Geldding“ nur noch nicht bei Ihnen bzw. ist mir der Dissens noch gar nicht genau klar. Ich kritisiere das „Gelddingdenken“ ja vor allem, weil es von Guthaben = Schulden ablenkt oder zu wiederlegen versucht.Dort haben wir aber wohl gar keinen Dissens?

    Nun sagen Sie Bargeld ist etwas besonderes, dem würde ich zustimmen weil es verbrieftes relativ knappes Zentralbankgeld(forderungen gegen die ZB) ist, was die Geschäftsbanken ja nicht selbst schaffen können. Wie man jenseits der „naiven“(Zitat Stützel) Quantitätstherorie darauf eine Werttheorie aufbauen will, ist mir noch nicht klar.

    Nur ist es doch so, dass Bargeld nur im Tausch gegen girale Forderungen der Geschäftsbanken an selbige kommt. es also nur eine andere Dokumentationsform von Forderungen gegen die ZB ist. Die ZB bucht ja den Banknotenumlauf auch passiv als Verbindlichkeit, alles kongruent.

    Völlig unlogisch erscheint mir die Aussage, dass Banken Bargeld halten würden, wenn dieses von Nichtbanken gar nicht mehr im tausch gegen ihre Forderungen an die Geschäftsbank angefordert werden kann.

    Ich setze aber hier einfach noch einen drauf und unser Gedankenexperiment bekommt auch noch die Regel, dass auch die Geschäftsbanken ihr Zahlungsmittel, also ihre Forderungen gegen die ZB (Guthabenkonto der GB bei der ZB) nicht mehr auf Baumwollpapier verbrieft anfordern dürfen.

    Und nun?

    • Es ist eigentlich ziemlich egal, wofür Sie Zentralbankgeld halten, solange Sie es nicht in einen Topf mit Schuldverhältnissen der Geschäftsbanken verrühren.

      Der fatale Fehler in einem zweistufigen Banksystem ist, die beiden Ebenen der Kreditvergabe miteinander zu identifizieren. Das passiert ja letztlich wegen der Sandkastenvorstellung, daß Geld hauptsächlich ein Tauschmittel sei und man deswegen nicht zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken unterscheiden müsse.

      Und ja, Zentralbankgeld ist etwas anderes als Sichtforderungen gegen Geschäftsbanken – auch das sieht man immer erst dann, wenn es auf einmal klemmt (Kaupthing-Bank). Da gibt es eigentlich kein Vertun, man muß nur sich vergegenwärtigen, daß das vermeintlich Normale auf einmal überhaupt nicht mehr normal sein kann. Gerade die letzten Jahre sind ein Musterbeispiel dafür, daß „Normalitäten“ gelegentlich die Eigenschaft haben nicht mehr „normal“ zu sein. Genau dann sieht man die Differenz.

      Was die Sache mit dem „Geld-Ding“ angeht, bin ich gerade dabei ein Papier von mir zu überarbeiten, was ich wohl Ende der Woche an Richard Werner schicken will. Das muß noch etwas warten. Vielleicht inzwischen hier mal reinsehen:

      1/2/3-stufige Geldsysteme

  8. >>>>Wenn man wirklich erkennen will was es damit auf sich hat, muß man sich von der “Werthypnose” des Geldes lösen, weil genau diese verhindert zu sehen, warum die Zahlungsfähigkeit einer Einheit Geld genau eine Einheit Geld ist – und nichts anderes. Müßten Sie als Unternehmer doch wissen, daß Sie kalkulierte Geldeinheiten (aka Waren) verkaufen und keine Werte. Warum übersehen Sie die Modernität von Marx?

    Natürlich gibt es noch etwas anderes als die Forderung, die Werteinheit Euro, auf die die Forderung lautet. Die klebt aber nicht am Baumwollpapier sondern wird final durch die Unternehmer und ihre Erwartungen, aber indirekt auch durch die Preisvorstellungen der unselbständigen Leistungserbringer bestimmt.

    Eine monetär bedingte Übernachfrage =
    geldsparpläne plus Kredittilgungen < finanzierbare Verschuldungspläne
    wirkt dabei preistreibend auf die Kalkulation.

    Nur hängen die Finanzierbarkeit der Verschuldungspläne heute nicht mehr an der Verfügbarkeit des Zentralbankgeldes sondern an der Verfügbarkeit solventer Schuldner – diese sind die große Knappheit. Weshalb auch die extreme Ausweitung der Zentralbankgeldmengen nur den gegenseitigen Vertrauensverlust der Geschäftsbanken kompensiert und nicht inflationär wirkt.

    • „… – diese sind die große Knappheit.“

      Ich glaube, Sie übersehen ein bißchen den Erfolgsdruck, dem die Traumverkäufer ausgesetzt sind, denn „anderer Leute Geld Gassi führen“ heißt sie mit der versprochenen Rendite zufriedenzustellen. 2005 hat Bernanke die ’savings glut‘ ausgerufen, was schlichtweg heißt, daß es eine Knappheit an Anlagemöglichkeiten gibt. Was macht man als Vermögensverwalter dann? Man springt auf jeden Zug, der Phantasierenditen verspricht, was dadurch quasi erzwungen wird, weil ja ständig das nächste Quartalsende droht. Und wenn es schiefgeht, kann man ja zum nächsten Vermögensverwalter wechseln – wo der Blödsinn von vorne losgeht. Hauptsache keine persönliche Verantwortung.

      Man muß es den Amis lassen: die Hollywood-Traumverbriefungen waren eine erfolgreiche Antwort auf die „Anlagenotstände“ vieler „Vermögensvernichter“ – auf so einen Blödsinn muß man erst mal kommen! Besonders idiotisch sind diejenigen, die diesen Schwachsinn auch noch für „komplex“ halten!

      „Weshalb auch die extreme Ausweitung der Zentralbankgeldmengen nur den gegenseitigen Vertrauensverlust der Geschäftsbanken kompensiert und nicht inflationär wirkt.“

      Ja sicher, weil der Interbankenmarkt eingefroren ist, d.h. das ‚clearing‘ kaum noch erfolgt und deswegen die Bevorratung mit Zentralbankgeld den Interbanken-Liquiditätsbeistand ersetzt. Wer geglaubt hat, daß damit neue Kreditvergaben einhergehen, war sowieso schief gewickelt, denn im Gegenteil ging es dabei darum, das Nicht-mehr-Kredit-vergeben zwischen den Banken zu kompensieren. Sonst nichts.

  9. >>>was daraus resultiert, daß mit einer Kreditvergabe i.d.R. ärgerlicherweise ein Liquiditätsverlust einhergeht.

    >>>>Ich hoffe doch, daß Sie mir nicht unterstellen, daß mir das mit der Saldierung beim täglichen ‘clearing’ unbekannt wäre!

    wie passen diese zwei Aussagen zusammen?

    • „…wie passen die zwei Aussagen zusammen?“

      Schauen Sie sich doch mal die Zinskonvergenz in EURO-Land vor 2007 an. Da war der Bonitätsspread so gut wie nicht vorhanden, obwohl das auch schon zu dieser Zeit nicht das gewesen ist, was die Statistik ausgesagt hat. Da hat ‚clearing‘ bedeutet, daß „Nord“-Banken den „Süd“-Banken per Saldo Kredit gegeben haben, obwohl die Leistungsbilanzsalden angezeigt haben, daß sich dort ein Gefahrenherd für die Bestandssicherheit der Geldforderungen auftut. Das vermeintliche Bestandsgleichgewicht (ausgeglichene TARGET-Salden) ging mit einem Leistungsbilanzungleichgewicht einher – welches solange nicht virulent wird, wie die Vermögensbestandssicherheit als gewährleistet GEGLAUBT wird.

      Irgendwann wurde klar, daß die Vermögensbestandssicherheit nicht mehr gegeben ist, so daß sich dann die Geldströme umgekehrt haben. Und weil sich dadurch die Leistungsbilanzsalden nicht auch umgekehrt haben, sind die monströsen TARGET-Salden entstanden – natürlich auch mit Hilfe der „Rettungspolitik“ sowie der unseriösen Geldemissionspraxis der diversen „Süd“-Zentralbanken (ELA etc.).

      Solange also das Interbanken-‚clearing‘ von der Voraussetzung gleicher Bonitäten ausgeht erscheint es so, als wäre alles in Ordnung. Sobald es das nicht mehr ist, besteht jede Bank auf ZAHLUNG und zwar in dem geltenden Schuldentilgungsmittel EURO. Heißt: man kann sich nicht darauf verlassen, daß der Liquiditätsausgleich immer(!) so weitergeht, weil das Liquiditätsproblem JEDE Bank betrifft.

      Der Irrtum beim ‚clearing‘ besteht darin zu glauben, daß sich die Zahlungsströme immer „automatisch“ ausgleichen. Daß das nicht selbstverständlich ist sieht man immer erst dann, wenn das Kind schon längst im Brunnen liegt! Erfahrene Bankchefs wissen das noch, die heutigen Quartals-Trottel können nur noch blöken: „Wer hätte das gewußt!“.

  10. Und zum eigentlichen Beitragsthema der Bedeutung des Geld-Sparens noch ein schöner Globalsatz vom Meister Stützel
    Volkswirtschaftliche Saldenmechanik Seite 82:

    Größenmechanik:
    „Der Netto-Kreditbedarf der Unternehmer zur Aufrechterhaltung der Liquiditätskonstanz ist in jeder empirischen Wirtschaft stets genau gleich den Einnahmeüberschüssen der Nichtunternehmer.“

    Das Geldsparen(Einnahmeüberschüsse) der Nichtunternehmer hat also durchaus einen volkswirtschaftlichen Sinn, dass wir Ausbeuter nicht alles Vermögen für uns alleine haben. Das Problem ist nur, dass wir uns heute per Saldo aus unseren Abschreibungen bzw. Kredittilgungen finanzieren. Dann verschuldet die zusätzlichen Einnahmeüberschüsse der Nichtunternehmer entweder den Staat oder es gibt eine deflationäre Depression mit Insolvenz des Finanzsystems.

    Stützel korrigiert übrigens seinen Lehrer Lautenbach, der noch davon ausging, dass Sparen und Investieren durch den Zinsmechanismus zusammengebracht werden.

    Sparen und Investieren ist aber auch schon ex ante die gleiche Sache, Einkommen wird nicht für Konsum ausgegeben. Was ex ante auseinander fällt, sind die Pläne für Einnahmeüberschüsse(Geldvermögensbildung) und Ausgabeüberschüsse(Verschuldung).

    Da aber die meisten Ökonomen Sparen = Geldsparen/Einnahmeüberschüsse, und Investieren = verschuldung/Ausgabeüberschüsse setzen, wird der kern der Dinge wegen Nichtanwendung der stützelschen Terminologie nicht verstanden.

    Meine Zusammenfassung der Saldenmechanik und der Paradoxa der Geld und Konkurrenzwirtschaft im Bezug auf die Relevanz des Geldsystems gilt deshalb wie folgt:

    Ein wirtschaftliches Gleichgewicht besteht in einer Periode, wenn die Pläne, Geldvermögen aufzubauen, mit den Plänen, Geldvermögen abzubauen, übereinstimmen.

    Daraus ergibt sich nun wieder folgende Ableitung für tendenzielles wirtschaftliches Gleichgewicht:

    Geldsparpläne + private Kredittilgungen = finanzierbare Verschuldungspläne

    Wobei es eben nur um tendenzielles Gleichgewicht bzw. relative Neutralität der monetären Faktoren geht.

  11. Im übrigen kann ich fast alles unterschreiben, was Sie hier zuletzt ausgeführt haben, wende mich jetzt mal dem oben verlinkten Artikel zu den mehrstufigen Geldsystemen zu.

  12. fali

    Schön, dass du den Artikel gesehen hast – mehr gibt es im verlinkten Working Paper. Drei Dinge zur Klärung:

    1. Sparen ist natürlich nicht nur Aufbau von Nettogeldvermögen, sondern auch von Sachvermögen. Sparen ist also ganz allgemein Erhöhung von Reinvermögen. Aufbau von Nettogeldvermögen geht aber in der Gesamtwirtschaft nicht, weil es ja im Aggregat notwendig gleich null ist. Ergo: Sparen gibt es im Aggregate nur in Form von Sachvermögen.

    2. Zum Geld: Alles nicht falsch, aber auch ein bisschen Wortklauberei. Reden wir anstelle von Geld lieber über Zahlungsmittel. Und ja, die Bank kann die aus dem Nichts schaffen – die Zahlungsmittel, die wir Haushalte normalerweise als solche akzeptieren, aber natürlich nicht die, die die Banken untereinander aktzeptieren, also Zentralbankgeld. Mit dem Wort „Geld“ ist es wie mit dem Wort „Kapital“, man sollte immer genau sagen, was man meint. Giralgeld und Zentralbankgeld sind, glaube ich, ganz gute Mittel der Unterscheidung.

    3. Was man glauben oder nicht glauben kann: Wenn die Neoklassik fomuliert, „Sparen finanziert Investieren“, dann ist das falsch, zumdindest wenn man unter „finanzieren“ Geld meint. Im Aggregat wäre das ja wegen 1.: Investieren finanziert Investieren oder: Sachvermögensbildung finanziert Sachvermögensbildung. Das ist absurd. Ganz anders natürlich die Aussage, alles Sparen sei Sachvermögensaufbau. Das kann die Neoklassik sagen, und zwar auch mit Produktion und nicht nur bei Begrenzung auf die Erstausstattungen, und zwar deshalb, weil sie Ökonomien analysiert, in denen gar kein Geld sondern Waren verliehen werden, die dann konsumiert UND investiert werden können. Siehe Ramsey-Modell, Solow-Modell und Diamond Overlapping Generations.

    Grüße, fali

    • „Sparen ist natürlich nicht nur Aufbau von Nettogeldvermögen…“

      Ja sicherlich enthält der Begriff „Sparen“ auch die Sachvermögensbildung – wenn man es so auslegt. Es war aber glaube ich im Artikel nicht Deine Intention über Sachvermögen und dessen Bewertung (Abschätzung des Barwerts der mit dem Sachvermögen erzielbaren Zahlungsreihe) zu philosophieren, sondern die vieldiskutierte Frage zu erörtern: Müssen die Leute erst Geld sparen, damit die Unternehmer das gesparte Geld investieren können? Daß es nur um Geld ging legt auch das ‚Financial saving is a zero-sum game‘ nahe. Insofern verstehe ich den Verweis auf die Sachvermögensbildung nicht so ganz.

      „Reden wir anstelle von Geld lieber über Zahlungsmittel. Und ja, die Bank kann die aus dem Nichts schaffen – die Zahlungsmittel, die wir Haushalte normalerweise als solche akzeptieren…“

      Ok, dann ist Deine Verwendung des Begriffs Zahlungsmittel identisch mit Sichtforderungen, während ich unter Zahlungsmittel Zentralbankgeld verstehe. Sollte kein Problem sein. Und Giralgeld – solange man weiß, daß das Sichtforderungen sind, gibt es auch kein Problem…

      „Wenn die Neoklassik fomuliert, “Sparen finanziert Investieren”, dann ist das falsch, zumdindest wenn man unter “finanzieren” Geld meint.“

      Das ist es ja gerade: wenn die Neoklassiker S -> I sagen, dann meinen sie die Übergabe von Ressourcen von den Haushalten an die Unternehmen zum Zwecke der Produktion. Heißt: der Investitionsbegriff der Neoklassik ist real definiert – und damit sind sie im Rahmen ihres Modells in ihrer Argumentation konsistent. Das kann man nicht abstreiten. Man kann sagen, daß die Übertragung dieser S -> I Beziehung auf monetäre Bedingungen nicht zulässig ist, weil dieser Schluß durch das Modell nicht gedeckt wird, oder daß die Theorie nicht die relevanten Mechanismen der Ökonomie behandelt, das muß man aber erst mal durch eine alternative und ebenso konsistente Theorie darlegen. Das ist nicht so einfach! Natürlich ist das alles absurd, aber mit einem „Man sieht doch…“ kommt man doch keiner eingeführten Theorie bei. Und da Du die Wachstumsmodelle ansprichst: nicht mal 50 Jahre fehlgeschlagene Entwicklungstheorie und unzählige Entwicklungskatastrophen, welche solche realen Wachstumstheorien zum Hintergrund hatten, haben ein Umdenken bewirkt! Warum? Weil die Alternative fehlt! Es gibt viel zu tun…

  13. >>>Es gibt viel zu tun…

    Ja, die Herren Ökonomen könnten es endlich mal schaffen,

    Einnahmeüberschüsse(Symbol?) und Sparen (S)
    sowie
    Ausgabeüberschüsse(Symbol?) und Investieren (I)

    auseinander zu halten. Da fehlen wohl ein paar Symbole für Formeln?

    Dann wäre es möglich, den monetären Einfluss auf die Wirtschaft einfachst zu definieren. Es ist die ex ante Differenz für Geldvermögensänderungen (Einnahmeüberschüsse, Ausgabeüberschüsse) die man aber bitte nicht mit Einzahlungs- und Auszahlungsüberschüssen verwechselt.

    Aber Herr Linder kämpft sich ja jetzt durch die Stützel-Bibel, wie in diesem Video berichtet wird, da kann er es ja dann anschieben.

    Die „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik“ und die „Paradoxa der Geld und Konkurrenzwirtschaft“ wurden wohl auch nie ins Englische übersetzt? Deswegen wird sie von den MMTlern gerade zumindest partiell neu erfunden? Da könnten deutsche Ökonomen mit gutem Englisch doch mal richtig punkten?

  14. fali

    Liebe Guthabenkrise,

    Ihre Meinung würde mich schon interessieren, weil ich versucht habe, wenigstens einige Elemente von Stützel ins Englische zu übertragen: http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_wp_100_2012.pdf

    Stützelianische Grüße, fali

  15. fali

    „Das kann man nicht abstreiten. Man kann sagen, daß die Übertragung dieser S -> I Beziehung auf monetäre Bedingungen nicht zulässig ist, weil dieser Schluß durch das Modell nicht gedeckt wird, oder daß die Theorie nicht die relevanten Mechanismen der Ökonomie behandelt, das muß man aber erst mal durch eine alternative und ebenso konsistente Theorie darlegen. Das ist nicht so einfach!“

    Genau, in einer reinen Produktionsökonomie mit Vollbeschäftigung gelten viele neoklassische Dinge: in der Realität entspricht dem etwa eine agrarische Gesellschaft, die Ökonomien unter Vollbeschäftigun im 2. WK und der Kommunismus (Geld spielt kaum eine wichtige Rolle, Konkurrenz geht direkt um knappe Produktionsressourcen).

    Was die Alternativen angeht: Es gibt sie doch längst. Wir müssen ja nicht so tun, als hätte Lautenbach, Stützel, Keynes, Kalecki, Minsky etc. nichts geschrieben, was man nicht gebrauchen könnte und was man alles neu erfinden müsste.

    Au contraire, ich finde, man kann schon viel Relevantes von denen lernen, was ich auf die echte Ökonomie anwenden kann. Ist vielleicht nicht so „exakt“ wie die Neoklassiker, weil eben mit Sprache und nicht so viel mit Mathe. Aber so ist das eben in der Sozialwissenschaft.

    Ich finde, Stützels Saldenmechanik ist ein guter Anfangspunkt für eine rigorose Alternative. Wenn man schon mal den Unterschied zwischen Sachvermögen und Nettogeldvermögen verstanden hat, und den Unterschied zwischen Einnahme/Ausgabesalden und Krediten ist man schon mal weiter.

    Besonders Minsky passt da auch prima rein, der scheint mir seine Sachen ordentlich und saldenmechanisch korrekt und darüber hinaus auch noch relevant aufgeschrieben zu haben.

    Nur weil die Neoklassiker mit ihrer komischen Vollbeschäftigungsproduktionsökonomie überall sitzten und ihren Quark verbreiten, heißt das ja noch nicht, dass sie nicht schon 1000 Mal widerlegt oder als irrelevant hingestellt worden sind (siehe Kapitalkontroversen, Rolle des Geldes etc.)

  16. @fali
    Erstmal herzlich Danke, dass Sie mit Übersetzungen von Stützels trivialer Logik in die englische Sprache beginnen. Mein Englisch (habe nur POS DDR) reicht leider nicht, dazu etwas zu sagen. Gibt es auch einen Urtext auf deutsch?

    Ich versuche immer wieder, Stützel in die deutsche Sprache zu übersetzen. 🙂
    Stützels Terminologie ist zwar 100% logisch und damit auch korrekt sowie in ihrer Abgrenzungen zur Modellierung der Realität unbedingt notwendig, nur versteht sie wohl keiner.

    Am Nichtverstehen von folgendem Satz scheitert n.m.E. gerade Europa:

    Stützel-Größenmechanik VSM Seite74:
    Es besteht keinerlei Korrelation zwischen Sparen im Sinne eines Ausgaberückgangs und Sparen im Sinne eines Einnahmeüberschusses. Vielmehr führt ein Ausgaberückgang einer Gruppe nur dann zu einem Einnahmeüberschuss, wenn die Komplementärgruppe einen Ausgabeüberschuss vor- oder hinnimmt. Andererseits kommt es bei jeder Gruppe auch ohne Ausgaberückgang stets zu einem Einnahmeüberschuss, wenn die Komplementärgruppe einen solchen Ausgabeüberschuss vornimmt.

    von mir:
    Das bedeutet: Die Staaten können nur entschulden, wenn die Privaten per Saldo Geldvermögen abbauen. Die Staaten werden aber auch automatisch – ohne depressionsauslösende und kontraproduktive „Sparprogramme“ – entschuldet, wenn die Privaten dies tun!

    zum Widerlegen der Suizidalökonomie (Angebotstheorie) 🙂

    Es muss doch so einfach sein, dass man es breit kommunizieren kann, dass es eventuell dann noch komplexere Formeln und Erläuterungen braucht, sei unbestritten.

    Wir haben eine arbeitsteilige Ökonomie, die (Neo)Klassiker haben schlicht vergessen, dass hier zur Wertschöpfung viel ZEIT vergeht. Man hat ein Modell entwickelt, wo Geld und Ware vom Himmel gefallen ist und man dann fröhlich Tauschhandel betreibt. Dieses Modell wäre also nur für Subsistenzwirtschaft zu gebrauchen, damit kann man den Quatsch doch mit 2 Sätzen zerlegen:

    Ihr habt DIE ZEIT VERGESSEN… *

    (*da hat Dr. Paul C.Martin Recht, ansonsten hat er via Problemverschlingungen auch viel Unfug geschrieben)

    Wenn man davon ausgeht, dass wegen des Vorfinanzierungsbedarfs arbeitsteiligen Wirtschaftes logischerweise ZUERST der Kredit ist und dann SPÄTER das Geldsparen als Blockieren der Kredittilgungen, entsteht n.m.E. sehr einfach ein logisches und in sich schlüssiges Modell.

    Ausgehend vom Zeitbedarf des arbeitsteiligen Wirtschaftens gibt es hier von mir eine Robinsonade(3 teile) , welche auch hilft Stützels Konjunkturtheorie zu begreifen:

    http://guthabenkrise.wordpress.com/2011/07/23/grundkurs-zur-monetaren-alphabetisierung____________________________-teil2-der-grose-irrtum-tauschwirtschaft/

    Ist übrigens alles rechtefrei zu verwenden und weiter zu entwickeln.
    Da mein Blog gerade umzieht, muss ich leider erst noch viele Links zwischen den Beiträgen erneuern.

  17. Pingback: Zombinomics oder die Pfählung der Loanable Funds Theorie | Zinsfehler

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