Monatsarchiv: Februar 2013

Irländische Lehren

Deutsche BankManchmal ereignen sich Umwälzungen, deren Tragweite sich nicht auf den ersten Blick erschließen. So oder ähnlich muß es dem wirtschaftspolitischen Beobachter erscheinen, der sich nur noch darüber wundern kann, mit welcher Gleichgültigkeit es hingenommen wird, daß das „heiligste“ Prinzip der europäischen Geldpolitik mit aller Seelenruhe ausgehebelt wird. Denn die irische Umschuldung ist der deutschen Presse kaum Aufmerksamkeit wert. Gerade so wie die EZB es formulierte wird dieses Ereignis „einstimmig zur Kenntnis genommen“. So als wäre nichts in den letzten Jahren hinsichtlich einer Konsolidierung von Staatsschulden passiert. Als ob es keinen Fiskalpakt mit Schuldenbremse gegeben hätte, genauso als würde es kein Verbot der Finanzierung von Staaten geben, welches stets und ständig als heiligstes Prinzip der Zentralbankpolitik gegolten hat. So zumindest die Position einer ökonomischen Orthodoxie, die ihr Credo eigentlich inzwischen nachhaltig mit Füßen getreten sehen müßte. Ein #Aufschrei scheint in diesem Fall nicht zu erfolgen.

Nun gibt es ja auch die andere Version der Behandlung nicht einbringlicher Schulden, die sich aus der Erkenntnis ergibt, daß auch vermeintlich unlösbare Probleme einer Lösung bedürfen. Auf nicht-staatlicher Ebene gibt es ja dafür seit langem die Institution der Insolvenz, ganz gleich ob in ihrer unternehmerischen oder der privaten Ausprägung. Nun ist zwar ein Staat kein privates Wirtschaftssubjekt, doch sind auch auf dieser Ebene Schuldenprobleme dann einer Lösung zuzuführen, wenn es sich erweist, daß die Behandlung eines Schuldproblems durch Maßnahmen, die auf eine Konsolidierung der fraglichen Schuldenstände mittels Austerität abzielen, nicht erzielt werden kann. Dieser Punkt war bei Irland erreicht. Die Lösung, die Irland für sich (witzigerweise) mit der Zustimmung der EZB gefunden hat, ist im Prinzip das Gleiche, was Japan, England und die USA auf eine etwas andere Weise ohnehin schon länger betreiben, nämlich die Finanzierung von Staatsschulden durch die Notenbank. Der Unterschied ist: dies findet erstmalig im EURO-Raum statt, was angesichts der bisherigen Dominanz deutscher Währungspolitik im EURO-Raum durchaus als Novum gesehen werden muß.

Was allerdings das eigentliche Novum ist, ist die Tatsache, daß damit ein Element der Vernunft in die europäische Geldpolitik eingekehrt ist, was der offiziellen Linie der EZB-Geldpolitik diametral widerspricht. Dennoch, es geht nun mal kein Weg daran vorbei: untragbare Staatsschulden können nicht durch eine noch so harte Politik der Austerität aufgefangen werden. Das ist so – sämtlichen mehr oder weniger einschlägigen Wirtschaftsgutachten und auch dem IWF zum Trotz (dieser Trotz ist jedoch erkenntnisgeleitet und nicht aus fundamentaloppositionellen Erwägungen motiviert). Das ist auch schon deswegen so, weil diese Schulden eine Konsequenz privater Fehlspekulation gewesen sind. Für diejenigen, die sich ein bißchen in der ökonomischen Diskussion hinsichtlich des Charakters von Staatsschulden auskennen: die gesamte Theorie der Staatsschulden hat sich nie damit beschäftigt, daß Staatsschulden aus Umschuldung privater Schulden entstehen. Und damit muß man auch nach den Entwicklungen der letzten Jahre nicht anfangen. Denn es gibt keinen Grund dafür, eine Argumentation zu entwickeln, daß private Schulden zu öffentlichen Schulden werden müssen. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß sich irgendwelche Trottel dieser Aufgabe widmen, was auch nur ein Ausdruck davon wäre, daß sich buchstäblich alles – bis hin zu der Ökonomie der Ehe – in irgendwelche scheinheiligen „ökonomischen“ Kriterien pressen ließe.

Die letzte Konsequenz aus der irischen Strategie nicht tragbare Staatsschulden zu behandeln ist darin zu sehen, daß es weder einen nachhaltigen ökonomischen noch einen politischen Erfolg versprechen kann, durch Austeritätsmaßnahmen zu Ergebnissen zu kommen, die eine nachhaltige Reduzierung des untragbaren Schuldenstandes gewährleisten würden. Wenn man so will, ist die irische Lösung eine Variante dessen, was üblicherweise unter dem Label „Schuldenschnitt“ propagiert wird. Denn durch die irische Lösung werden öffentliche Schulden, deren Bedienung politisch nicht tragbar erscheinen, in einen permanent zu prolongierenden Buchungsposten umgewandelt, dessen Existenz niemanden zu bekümmern braucht. Nicht mal die darauf zu zahlenden Zinsen sind einer Erwähnung wert, werden sie doch nach Zahlung an die Zentralbank als Zentralbankgewinn postwendend wieder an den staatlichen Zahler zurücküberwiesen. Was die Inflationsheulsusen angeht: hat sich irgend jemand mal darüber beschwert, daß Staatspapiere stets und ständig bei der Zentralbank zu Geld gemacht werden können? Nein? Dann scheint das „Argument“ auch nicht so wirklich stichhaltig zu sein – der Beweis dafür steht jedenfalls noch aus.

Was man inzwischen von Irland zwangsweise lernen muß ist, daß monetäre Probleme auch einer monetären Lösung bedürfen – und nicht eine vermeintliche „reale“ Lösung á la Austerität das Mittel der ersten Wahl ist, welche immer darauf abzielt vermeintlich „reale Gelder“ – Einkommen – für eine Tilgungsstrategie einzusetzen, die aus logischen Gründen ein monetäres Problem nicht lösen können. Das ist auch eine Einsicht in die Spielregeln von Globalisierung: die Einkommen aus Spekulationen, die Quasi-Renten aus (Bau-)Boomphasen sowie die Gewinne aus Scheinkosten bei öffentlichen – getürkten – Auftragsvergaben sind immer dann, wenn es zu einem ‚showdown’ der Abschreibungen kommt, stets schon auf den Cayman Islands, den Bermudas oder meinetwegen auf den Seychellen. Wozu also noch diejenigen behelligen, die – aus welchen Gründen auch immer – noch im Lande sind? Das Geld ist längst weg!

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Eingeordnet unter Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Wirtschaftspolitik

Logische Typenlehre III – Überschuß und Gewinn

Puppi02Die  Sozialisation von Ökonomen fängt wie bei den meisten Menschen mit einem Sparschwein an. Mit der Unterstützung diverser Spartage sowie einer Orientierung an eine zu planende Zukunft gerät der werdende Mensch in eine Interpretationsfalle, die ihn üblicherweise sein Leben lang verfolgt. Mit der Akzeptanz einer moralisch sanktionierten Erwartung, daß sich Geld auf der Bank durch Zinsen wie von selbst vermehrt wird die felsenfeste Vorstellung erzeugt, daß das erlernte Wissen – das vermeintlich Bestehende – auch das Natürliche sei, was sich dann auch postwendend im Bewußtsein als gesichertes Wissen festsetzt.

Die Frage ist jedoch: auf welchen Steintafeln steht eingemeißelt, daß nicht ausgegebenes Geld sich auch zu vermehren hätte? Nun immerhin wird diese Vorstellung auch durch eine Wirtschaftstheorie rationalisiert, die das Sparen zu einer ‚conditio sine qua non’ der Investition definiert so daß damit eventuelle kognitive Dissonanzen hinsichtlich des „Wertes“ des Sparens von vornherein neutralisiert werden.

Dazu kommt noch, daß die Ableitung des Zinses aus einer Produktivität, wie es bei Ricardo angelegt ist wieder mal die Ebenen vermischt, die zwischen der monetären und der realen Ebene zu verorten sind. Die Identifikation von realen Überschüssen und monetären Gewinnen macht eines der größten Probleme der Wirtschaftstheorie aus. Denn das was zu zeigen wäre ist, daß das Prinzip der Erzielung eines Überschusses das gültige Prinzip der monetären Ebene abbildet. Das genau ist jedoch bisher nicht passiert. Auch deswegen nicht, weil die Existenz eines monetären Profites an einer spezifischen Institutionalisierung hängt, die sich mit der volkswirtschaftlichen Finanzierungsrechnung hinreichend bezeichnen läßt. Letztere besitzt als Grundprinzip die gesamtwirtschaftliche Identität von Forderungen und Verbindlichkeiten, welche nicht mit der Bildung realer Überschüsse kommensurabel ist. Zumindest ist dieser Nachweis bisher nicht erfolgt.

Aus einer systemtheoretischen Perspektive liegt ein derartiger Schluß auch nicht nahe, weil die Geldsphäre das kommunikationstheoretische Pendant (das Dual) der Erwirtschaftung realer Überschüsse darstellt, welches aber nur eine indirekte Abbildung darstellen kann, weil das zugrundeliegende Prinzip völlig andere Grundlagen besitzt. [Warum das Geldsystem mit der Postulierung eines Gewinnes quasi einer Phantasie hinterherjagt, ist ein weitaus schwierigeres Problem als die Einsicht in die theoretische Unvereinbarkeit von Überschuß und Gewinn.] Die Frage wie gesamtwirtschaftlich ein Gewinn – und damit ein Zins – entstehen kann, läßt sich nicht mit einem Verweis auf einen realen Kornüberschuß erklären. Da hilft auch kein Hinweis auf die Mehrergiebigkeit der Produktionsumwege, wie es von einschlägigen Schulen postuliert wird. Das monetäre Simulationsmodell, welches diesen Nachweis führen kann ist davon geprägt, Gewinn als temporäre Differenz monetärer Geldvermögensumschichtungen zu definieren. Dieses kann man jedem Buchhalter erklären – ob das auch bei Ökonomen funktioniert ist zumindest zweifelhaft.

Das liegt daran, daß die gesamtwirtschaftliche Identität von Forderungen und Verbindlichkeiten sich als beschränkende Klammer temporärer Geldvermögensüberschüsse erweist. Daß ein bilanzieller Gewinnausweis darüberhinaus durch die Bewertung von Realvermögen scheinbar eine Abweichung von diesem Prinzip ermöglicht ist jedoch ein Irrtum, weil – ausschüttungsfähige – Gewinne an Liquidität und nicht an Bewertungsdifferenzen gekoppelt sind. Die müssen gezahlt (!) werden und nicht nur in einer bilanziellen Position sich „ausweisen“!

Vgl.: http://dr-menendez.de

Die logische Differenz zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem gilt auch hier. Denn eine Erklärung für Kornüberschüsse ist das eine – die Erklärung eines monetären Gewinnes bzw. Zinses ist das andere. Im Gegensatz zu dem Konzept eines Überschusses auf der realen Ebene ist der Gewinn auf der monetären Ebene angesiedelt, deren Grundformel aus der permanent gültigen Identität von Forderungen und Verbindlichkeiten besteht, was die Konzeption eines Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben eigentlich nicht nahelegt. Anders gesagt ist ein Gewinn im Sinne eines positiven Nettogeldvermögens nur dann möglich, wenn an einer anderen Stelle des Kreditgeldsytems ein negativer Nettogeldvermögenssaldo existiert. Insofern wie Schuldsalden im Zeitablauf einer Tilgung unterliegen sind Gewinne prinzipiell gesehen von diesen negativen Vermögensbeständen abhängig. Dieser Dualismus wird stets dann ignoriert wenn Schulden als das zentrale Problem einer Krise interpretiert werden. Denn die Umwandlung einer Nettoakkumulation von Schulden in Einkommen ist genau das was von der empirischen Wirtschaftsforschung als Wachstum gemessen wird. Aus diesem Grund ist es auch fehlerhaft zu argumentieren, daß die Steigerung von Produktivität zu einer Gewinnsteigerung im volkswirtschaftlichen Sinne führen muß. Dieses ist deswegen nicht der Fall, weil die Entstehung von Gewinn an monetären Geldvermögensbeständen hängt und nicht an reale Mengen gekoppelt ist. Das Ignorieren dieser Differenz führt dann auch postwendend zu den falschen Therapien einer Krise, die immer wieder die Steigerung von Produktivität als Lösung der Krise anzubieten versuchen.

Man kann sich natürlich Gedanken darüber machen an welcher Stelle diejenigen Schulden gemacht werden, die ein nachhaltiges Wachstum begründen. Im Allgemeinen läßt sich Schuldenwachstum dann als volkswirtschaftlich gesund bezeichnen, wenn dadurch vermehrt Güter und Dienstleistungen auf dem Markt angeboten werden, weil damit eine gesellschaftliche Wohlfahrtsteigerung einhergeht. Dies steht bei Staatsschulden sowie Krediten für die Spekulation auf den Finanzmärkten zumindest in Frage.

Im Hinblick auf die Eingangsfrage läßt sich jedoch zweifelsfrei feststellen, daß die unbesehene Übernahme der Vorstellung der natürlichen Vermehrung biologischer Sachverhalte auf die Ebene monetärer Gewinne zu eben den Fehlschlüssen führt, wie sie in wirtschaftstheoretischen Abhandlungen immer wieder vorkommen. Die Akzeptanz der Tatsache, daß Gewinne eine monetäre Grundlage besitzen führt dazu für die Zukunft der Wirtschaftstheorie zu postulieren, zu einer konsistenten „monetären Theorie des Gewinnes“ resp. des Zinses zu kommen. Leider ist das in einem ökonomischen Umfeld alles andere als selbstverständlich.

Der Fehlschluß der Ökonomie, biologische Reproduktionsbedingungen unbesehen auf die ökonomische Ebene zu transponieren läßt sich auch hinsichtlich des physikalischen Energieerhaltungssatzes als nicht sachgerecht qualifizieren. Denn letztlich ist auch ein Kornüberschuß in einem weiteren Kontext nur unter Ignoranz gegenüber ökologischen Grundkonstanten als „Überschuß“ darstellbar. (Die positive Sonnenenergiebilanz ist ja wenigstens ein Hinweis darauf, daß es auch in biologischen Reproduktionszusammenhängen eines „Netto-Inputs“ bedarf, damit die Vorstellung eines Netto-Überschusses wenigstens phänomenologisch darstellbar wird.) Unter diesem Aspekt gesehen sollte es nicht verwundern, daß die Übertragung einer isolierten phänomenologischen Betrachtung auf die Ökonomie zu den gleichen intellektuellen Kurzschlüssen führen muß, die bereits in der Ausgangskonstellation enthalten sind. Die einschlägige logische Grundformel dafür lautet: ‚ex falso quodlibet’!

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Eingeordnet unter Geldtheorie, Wirtschaftstheorie

Logische Typenlehre II – das Basisgeld

MagnolieGeld ist eine Entität der Schuldkommunikation aber selbst keine Schuld.

Die Theorie, daß Geld eine Forderung an die Zentralbank sei ist einer zu oberflächlichen Betrachtungsweise geschuldet. Denn die Ebenen des Geldsystems sind hierarchisch gesehen derart gestrickt, daß die Forderungen der übergeordneten Ebene gerade keine Forderungen für die nachgeordnete Ebene darstellen. Deswegen ist auch eine Vorstellung, daß Geld eine Forderung gegen die Zentralbank sei nichts weiter als gegenstandslos.

Das gleiche Ergebnis gilt aber auch auf der Ebene der Vermittlung aka „Emission“ von Zentralbankgeld. Denn die Forderung einer Bank gegen die Zentralbank ist gerade eine Forderung auf – Zentralbankgeld. Damit ergibt sich eine logische Differenz, die sich darin manifestiert, daß Geld ein Objekt der Schuldkommunikation ist – und nicht das Subjekt!

Der Unterschied zwischen Bezeichnung und Bezeichnendem ist gerade dabei von außerordentlicher Bedeutung, weil inzwischen die Zuschreibung an Geld, ein ‚asset‘ zu sein, die Diskussion beherrscht. Genau das ist jedoch nicht der Fall. Denn ein Schuldvertrag beinhaltet eine Leistung, die auf eine Sachübertragung gerichtet ist. Aus diesem Grunde kann Geld nicht eine Forderung oder eine Verbindlichkeit sein, weil die logische Differenz von Schuld und geschuldetem Sachgegenstand nicht übersprungen werden kann. Mit der Vorstellung von Geld als Schuld wird eine logische Grenze überschritten, die einen groben Verstoß gegen die Grundsätze der logischen Differenz von Element und Klasse darstellen. Das klassische Problem der Mengenlehre besteht ja gerade daraus, daß die Klasse aller(!) Klassen sich selbst nicht als Element enthalten kann. Umformuliert: die Klasse aller Kredite kann sich selbst nicht als Element enthalten, d.h. übersetzt, daß die verbindende Klammer, welche Kredite operationsfähig machen kann, nicht selbst ein Element der Klasse der Kredite sein kann. Damit wird aber das Objekt der Schuldbeziehungen zwischen Banken und Zentralbank auf einmal zu einem Subjekt der Schuldbeziehungen von Banken zu Nicht-Banken. Heißt auf gut Deutsch: Zentralbankgeld ist im Zentralbankverkehr die Handelsware, die durch Schuldbeziehungen erschaffen oder vernichtet wird, Zentralbankgeld ist im Geschäftsverkehr demgegenüber das ultimative Schuldentilgungsmittel, welches die derivativen Schuldbeziehungen von Banken und Nicht-Banken entweder etabliert oder eben neutralisiert.

Damit verliert aber Zentralbankgeld seine üblicherweise kolportierte Eigenschaft ein Mittel zur Erleichterung von Tauschbeziehungen zu sein. Und dennoch: mit einer für eine Wissenschaft beispiellosen methodologischen Inkonsequenz versucht die Ökonomie dieser Kalamität seit 200 Jahren dadurch zu entkommen, daß sie vermeintlicherweise über den realen und „richtigen“ ökonomischen Kern der Tauschwirtschaaft einen Schleier der monetären Undurchsichtigkeit stülpt, obwohl es gerade dieser „Schleier“ wäre, der es möglich machte, dem Geheimnis des Geldes auf die Schliche zu kommen.

Mit dieser Präformierung klebt sich die Ökonomie auf eine systemtheoretische (Prä-) Ebene fest, die sie außerhalb der sich als systemtheoretisch verstehenden Wissenschaften stellt, so daß ihre Stellung innerhalb des Wissenschaftsbetriebes als äußerst prekär einzuschätzen ist. Diese Ignoranz gegenüber den eigenen methodologischen Grundlagen kann dann auch durch eine noch so intensive statistische Ausrichtung nicht aufgefangen werden. Denn wie man weiß, wird durch statistische Methoden nur das erkennbar, was bereits als Konzeption gedanklich vorliegt – durch statistische oder ökonometrische Untersuchungen können, im Gegensatz zu einem weitverbreiteten Missverständnis (Friedman), keine originären Erkenntnise gewonnen werden.

Dagegen führt die methodologische Differenz von Element und Klasse zu der Erkenntnis, daß Geld als Erfüllungsmedium von Schuldverhältnissen selbst kein Schuldverhältnis sein kann. Die klassische Allegorie für diese Verwechslung von Bezeichnung und Bezeichnetem ist der Schizophrene, der nach dem Studium der Speisekarte völlig überzeugt von der Richtigkeit seines Tuns herzhaft in die Speisekarte beißt. Mit dieser fehlerhaften Identifikation von Geld und Kredit wird zu allem Überfluß von der Ökonomie völlig unbekümmert die Definition der Geldmenge zu einer Vermengung inkommensurabler Entitäten hochstilisiert. Damit wird der Blick dafür verstellt, daß Geld seine Funktion darin findet Schuldverhältnisse zu etablieren oder auszugleichen, die damit wieder aus dem gesellschaftlichen Beziehungsgeflecht entfernt werden können. So ist letztlich auch der Irrglaube zu erklären, daß die Ausweitung der Geldmenge M0 zu einer Lösung des Problems einer mangelhaften Rentabilität beitragen könnte. Das ist denn aber auch nicht der Fall. So sind z.B. die LTRO Aktionen der EZB überhaupt nicht geeignet das Problem der mangelnden Rentabilität der Realwirtschaft zu lösen, da sie lediglich dazu beitragen können das Liquiditätsproblem (aber eben nicht das Rentabilitätsproblem) von Unternehmen und damit auch der Banken zu konsolidieren. Gewinne entstehen dadurch nicht!

Das methodische Desaster der Vermengung von Element und Klasse wird nur noch dadurch übertroffen, daß das Postulat einer (quasi) theorielosen und von statistischen Spitzfindigkeiten überfrachteten Ökonometrie zu Erkenntnis führen soll. Natürlich sind statistische Untersuchungen per se nicht falsch nur kann nur dann eine Erkenntnis daraus gezogen werden, wenn damit auch eine Vorstellung verbunden ist, welche das Ergebnis der Analyse der Daten auch in einen sinnvollen Zusammenhang stellen kann. So wie es derzeit aussieht wird es allerdings nicht mehr dazu kommen, daß die Ökonomie sich auf eine andere Formulierung ihrer angestammten Vorurteile einlassen wird.

Damit vergibt sie sich der Möglichkeit zu einer Wissenschaft zu werden welche die methodischen Grundlagen der logischen Typenlehre ernst nehmen kann und will.
Diese Art von Konzeption ist der Grund dafür, warum es für die Ökonomie so schwer ist zu einer akzeptierten Wissenschaft zu werden. Die permanente Ignoranz gegenüber den methodischen Prinzipien der ’scientific community‘ macht es fast unmöglich zu einer allgemein akzeptierten Definition des eigenen Erkenntnisobjektes zu kommen, die den Normen der allgemein akzeptierten Wissenschaft entspricht.

Man kann diese Prinzipienlosigkeit der Ökonomie als ein ‚feature‘ interpretieren aber eigentlich ist es ein Versagen davor, die Objekte, welche die eigene Erkenntnis darstellen sollten auf eine Weise zu ordnen, welche eine Anspruch erheben kann, eine saubere methodologische Grundlage zu haben. Es ist zwar nicht wirklich so, daß allein die Grundlagen der logischen Typenlehre zu einer akzeptablen ökonomischen Theorie führen können, welche das ökonomische Problem lösen könnte, wie die Frage von Knappheit gelöst werden kann. Dennoch ist das Zentralproblem der Ökonomie ohne die substanzielle Unterscheidung von Bezeichnung und Bezeichnetem nicht auf eine saubere wissenschaftstheoretische Art zu bewältigen, indem man sich den eignen Grundlagen gegenüber ignorant zeigt.

Damit wird wieder die Ausgangsfrage angesprochen, warum das Insistieren auf der vermeintlichen Eigenschaft von Geld als Kredit immer noch dergestalt die Sinne vernebelt, daß diese Gleichsetzung weitere Fehlschlüsse generiert, die sich darin zeigen, daß monetäre Problemlagen immer noch mit einem Konzept analysiert werden, welches selbsterklärterweise auf einer Tauschphilosophie (Hirsch und Biber – A. Smith) aufbaut, und gleichzeitig die strukturellen Differenzen – allein innerhalb des Geldwesens – mit einer präpotenten Ignoranzattitüde aus dem ökonomischen Sachzusammenhang wegdefiniert werden.

Man kann das ja alles machen und auch vertreten, man darf sich dann nur nicht wundern, warum ökonomische Prognosen aus grundsätzlichen Gründen (derzeit) lediglich beliebig sind. Die grausame Konsequenz daraus ist, daß dann, wenn irgendein „Ökonom“ mal einen Zufallstreffer gelandet hat, der (wiederum) logische Grundsatz gilt: ‚ex falso quodlibet‘!

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Eingeordnet unter Geldtheorie, Wirtschaftstheorie, wonkish