Manchmal kann man sich schon wundern, was so alles aus der Not heraus geboren wird. Denn aus einer kleinen Notiz, die bei der „Welt“ erschienen ist, läßt sich herauslesen, daß die französische Regierung plant einen seit 1948 bestehenden Fonds (FDES, so etwas ähnliches wie die KfW) mit Staatsmitteln wieder aufleben zu lassen. Der Zweck dieses Vorhabens ist es die französischen Unternehmen, die bei den Banken offenbar keinen Kredit mehr bekommen, mit Hilfe dieser Einrichtung denjenigen Kredit zukommen zu lassen, der von den „normalen“ Banken verweigert wird.
Nun kann man sich lang und breit darüber unterhalten, daß dies doch (von der Wettbewerbsmafia verbotene) Staatsfinanzierung sei – nur diesmal anders herum. Da das Grummeln darüber aber die Spezialität einschlägig bekannter Gazetten ist, kann hier aus hygienischen Gründen darauf verzichtet werden. Nur soviel zur Erinnerung:
„Als Goldman Sachs in der Krise in eine Geschäftsbank umgewandelt wurde, hat man das Management gefragt, ob es auch ins Bankgeschäft einsteigen und Kredite vergeben möchte. Die Antwort von Bankchef Lloyd Blankfein lautete: „Too risky.“ Das schnelle Geld geht damit nicht.“
http://derstandard.at/1363711444890/Da-muss-irgendwann-eine-Blase-platzen
Dagegen ist ein anderer Aspekt interessant: wenn man sich die Klagen der EZB vor Augen führt, daß der Transmissionsmechanismus gestört ist, läßt sich diese Aktion dahingehend interpretieren, daß die französische Regierung den Versuch unternimmt dieses (Markt-) Versagen der französischen Banken mit der Brechstange zu korrigieren. Angesichts der Klagen über die Ansprüche, welche Banken stellen, wenn es um die Finanzierung von Unternehmen geht, ist eine derartige Idee noch nicht einmal so ganz verkehrt. Denn eine Grundregel der Bankwirtschaft geht dahin, daß die Verluste aus einer notwendig werdenden Abschreibung einer Kreditforderung durch die eingenommenen Zinszahlungen zu kompensieren sind. Dieser noblen Funktion können oder wollen sich die Banken derzeit nicht stellen.
Die Gründe dafür sind zweierlei: zum einen stecken die Banken in einer Bilanzrezession, wo sie vermeiden wollen neue Risiken einzugehen, auf der anderen Seite ist der Markt für Verbriefungen nicht groß genug, um die in den Bankbilanzen schlummernden Risiken effektiv aufzunehmen. Nimmt man noch dazu, daß durch die LTRO Aktionen der EZB die Liquiditätslage der Banken künstlich gestützt werden muß ist es unmittelbar einsichtig, daß die Banken keine besondere Lust haben sich auf vergleichsweise aufwendige Kreditvergaben einzulassen, von denen sie noch nicht einmal einen wesentlichen Konsolidierungsbeitrag hinsichtlich ihrer angeschlagenen Bilanzen erwarten können.
Diese Einsichten in die Motivationslage der (nicht nur) französischen Banken macht den Blick dafür frei, daß sich die Normen des Bankgeschäfts darauf verlagert haben vergleichsweise risikolose Engagements (Provisionen, Gebühren) auf ihre Bücher zu nehmen und alles was Arbeit und „Gottseibeiuns“ Risiko bedeutet, schlichtweg als unrentabel einzustufen. Das liegt im wesentlichen daran, daß den Bankleuten in ihrer „Ausbildung“ immer wieder eingebleut wurde, daß eine Bank die „Gelder“ der „Sparer“ aufnimmt und dann in möglichst wenig risikobehaftete Anlagen transformiert. Aus dieser Perspektive kann man als so verbildeter (um NICHT zu sagen: verblödeter) „Banker“ sogar noch einen moralischen Anspruch aus dieser Verweigerungshaltung ziehen.
Wenn man aber mal die unsinnigen standardökonomischen Sprüche, was das Wesen des Bankgeschäfts ausmacht, mal beiseite läßt (notabene: die Sparer => Investor Vorstellung, die vielleicht für Versicherungen und Sparkassen, aber nicht für Banken Sinn macht), kann man sich mal mit dem Umstand vertraut machen, daß Banken als Quasi-Versicherungsinstitutionen ihre Aufgabe darin haben, die Risiken des Unternehmerdaseins auch tatsächlich zu übernehmen, indem sie allen Kreditnehmern eine Risikoprämie aka Zins berechnen, mit der sie die notwendigerweise entstehenden Fehleinschätzungen kompensieren können.
Und da schließt sich der Kreis zu dem FDES-Fonds: wenn die Banken ihre genuine Aufgabe der Risikoübernahme nicht mehr wahrnehmen wollen, ist es an der Zeit eine alternative Institution zu schaffen, welche genau diese Aufgabe übernimmt. Und insbesondere hat diese alternative Institutionalisierung der Kreditvergabe auch noch mit einem anderen Aspekt des Kreditgeldsystems zu tun, nämlich daß es keinen „Sparer“ braucht, damit eine Bank Kredite vergeben kann: erforderlich ist lediglich der Zugang zu dem Kredit der Zentralbank dann, wenn es zu einer positiven Nettokreditvergabe kommen soll, weil Investitionen stets mit einer Geldausgabe (Kruschwitz) beginnen. Das verweist auf den Umstand, daß eine Steigerung der Wirtschaftsaktivität stets und ständig mit einer Ausweitung der Basisgeldmenge verbunden ist, weil die Liquiditätserfordernisse bei einer Steigerung der wirtschaftlichen Aktivität ebenfalls steigen. Soweit man sich über die Gegebenheiten des Verhältnisses von Banken und Zentralbank im klaren ist wird unmittelbar ersichtlich, daß zusätzliche Wirtschaftsaktivität unmittelbar auch ein zusätzliches Basisgeldvolumen erfordert – nicht zuletzt findet sich dies in der „produktivitätspotentialorientierten Geldmengenregel“ des SVR wieder. Das ist ja auch nicht problematisch, wichtig ist nur, daß nicht mehr eintreibbare „Konsumkredite“ (egal wie toll die Hochglanzprospekte auch einstmals waren) wieder durch die allgemeine Versicherungsprämie „Zins“ aus der Gesamtheit der Kredidtnehmer eintreibbar bleiben.
Und darin besteht auch die Verteidigungslinie des FDES-Fonds! Wenn er seine Kreditkonditionen derart setzt, daß wie oben angemerkt, die erzielten Zinseinnahmen dafür ausreichen, die Kosten der Abschreibung von Krediten zu neutralisieren, gibt es keinen Grund ihm eine mangelnde Wirtschaftlichkeit zu unterstellen. Denn das ist der eigentliche ‚benchmark‘ für eine Bank: neben den eigenen Kosten die Risikoabdeckung der vergebenen Kredite zu übernehmen! Und bei einer Finanzierung durch die Zentralbank sind Dividendenzahlungen an Aktionäre duchaus entbehrlich, wobei diese in der Bankenbranche ohnehin nichts anderes tun, als die Versicherungsprämie „Zins“ in die Höhe zu drücken. Daß die Bankarbeiter auch was verdienen können steht sicherlich außer Frage, ob das allerdings mit Hilfen von prozentualen Anteilen, die sich dann in unsittlichen „Boni“ wiederspiegeln geschehen muß ist deswegen fraglich, weil alle noch so ausgearbeiteten Risikomodelle niemals eine Gewähr dafür bieten, daß die Welt sich auch danach richtet. Man muß es einfach so sehen: im Bankgeschäft weiß niemand, mit welchem Kredit sich der Griff ins Klo einstellt. Sicher ist nur, daß es dazu unvermeidbarerweise immer wieder kommt. Ob man dafür Millionen zahlen muß?
Wenn man also Banken nicht anders dazu bekommt ihre eigentliche Aufgabe wieder zu übernehmen muß man genau das machen: eine Konkurrenz etablieren, die einerseits genau diese Aufgabe übernimmt und an der andererseits die piekfeinen Kugelschreiberschubser nicht mehr vorbeikommen. Vielleicht hat man in Frankreich auch die Schnauze voll davon, sämtliche Appelle, die Banken mögen doch ihrer Aufgabe der Finanzierung der Realwirtschaft wieder nachkommen, im digitalen oder analogen Nirvana verschwinden zu sehen. Zeit wird es.
Die Wettbewerbskrakeeler darf man dann auch ruhig in den Skat drücken!