Aus der Not geboren: FDES die Zweite!

Rotes RathausManchmal kann man sich schon wundern, was so alles aus der Not heraus geboren wird. Denn aus einer kleinen Notiz, die bei der „Welt“ erschienen ist, läßt sich herauslesen, daß die französische Regierung plant einen seit 1948 bestehenden Fonds (FDES, so etwas ähnliches wie die KfW) mit Staatsmitteln wieder aufleben zu lassen. Der Zweck dieses Vorhabens ist es die französischen Unternehmen, die bei den Banken offenbar keinen Kredit mehr bekommen, mit Hilfe dieser Einrichtung denjenigen Kredit zukommen zu lassen, der von den „normalen“ Banken verweigert wird.

Nun kann man sich lang und breit darüber unterhalten, daß dies doch (von der Wettbewerbsmafia verbotene) Staatsfinanzierung sei – nur diesmal anders herum. Da das Grummeln darüber aber die Spezialität einschlägig bekannter Gazetten ist, kann hier aus hygienischen Gründen darauf verzichtet werden. Nur soviel zur Erinnerung:

„Als Goldman Sachs in der Krise in eine Geschäftsbank umgewandelt wurde, hat man das Management gefragt, ob es auch ins Bankgeschäft einsteigen und Kredite vergeben möchte. Die Antwort von Bankchef Lloyd Blankfein lautete: „Too risky.“ Das schnelle Geld geht damit nicht.“
http://derstandard.at/1363711444890/Da-muss-irgendwann-eine-Blase-platzen

Dagegen ist ein anderer Aspekt interessant: wenn man sich die Klagen der EZB vor Augen führt, daß der Transmissionsmechanismus gestört ist, läßt sich diese Aktion dahingehend interpretieren, daß die französische Regierung den Versuch unternimmt dieses (Markt-) Versagen der französischen Banken mit der Brechstange zu korrigieren. Angesichts der Klagen über die Ansprüche, welche Banken stellen, wenn es um die Finanzierung von Unternehmen geht, ist eine derartige Idee noch nicht einmal so ganz verkehrt. Denn eine Grundregel der Bankwirtschaft geht dahin, daß die Verluste aus einer notwendig werdenden Abschreibung einer Kreditforderung durch die eingenommenen Zinszahlungen zu kompensieren sind. Dieser noblen Funktion können oder wollen sich die Banken derzeit nicht stellen.

Die Gründe dafür sind zweierlei: zum einen stecken die Banken in einer Bilanzrezession, wo sie vermeiden wollen neue Risiken einzugehen, auf der anderen Seite ist der Markt für Verbriefungen nicht groß genug, um die in den Bankbilanzen schlummernden Risiken effektiv aufzunehmen. Nimmt man noch dazu, daß durch die LTRO Aktionen der EZB die Liquiditätslage der Banken künstlich gestützt werden muß ist es unmittelbar einsichtig, daß die Banken keine besondere Lust haben sich auf vergleichsweise aufwendige Kreditvergaben einzulassen, von denen sie noch nicht einmal einen wesentlichen Konsolidierungsbeitrag hinsichtlich ihrer angeschlagenen Bilanzen erwarten können.

Diese Einsichten in die Motivationslage der (nicht nur) französischen Banken macht den Blick dafür frei, daß sich die Normen des Bankgeschäfts darauf verlagert haben vergleichsweise risikolose Engagements (Provisionen, Gebühren) auf ihre Bücher zu nehmen und alles was Arbeit und „Gottseibeiuns“ Risiko bedeutet, schlichtweg als unrentabel einzustufen. Das liegt im wesentlichen daran, daß den Bankleuten in ihrer „Ausbildung“ immer wieder eingebleut wurde, daß eine Bank die „Gelder“ der „Sparer“ aufnimmt und dann in möglichst wenig risikobehaftete Anlagen transformiert. Aus dieser Perspektive kann man als so verbildeter (um NICHT zu sagen: verblödeter) „Banker“ sogar noch einen moralischen Anspruch aus dieser Verweigerungshaltung ziehen.

Wenn man aber mal die unsinnigen standardökonomischen Sprüche, was das Wesen des Bankgeschäfts ausmacht, mal beiseite läßt (notabene: die Sparer => Investor Vorstellung, die vielleicht für Versicherungen und Sparkassen, aber nicht für Banken Sinn macht), kann man sich mal mit dem Umstand vertraut machen, daß Banken als Quasi-Versicherungsinstitutionen ihre Aufgabe darin haben, die Risiken des Unternehmerdaseins auch tatsächlich zu übernehmen, indem sie allen Kreditnehmern eine Risikoprämie aka Zins berechnen, mit der sie die notwendigerweise entstehenden Fehleinschätzungen kompensieren können.

Und da schließt sich der Kreis zu dem FDES-Fonds: wenn die Banken ihre genuine Aufgabe der Risikoübernahme nicht mehr wahrnehmen wollen, ist es an der Zeit eine alternative Institution zu schaffen, welche genau diese Aufgabe übernimmt. Und insbesondere hat diese alternative Institutionalisierung der Kreditvergabe auch noch mit einem anderen Aspekt des Kreditgeldsystems zu tun, nämlich daß es keinen „Sparer“ braucht, damit eine Bank Kredite vergeben kann: erforderlich ist lediglich der Zugang zu dem Kredit der Zentralbank dann, wenn es zu einer positiven Nettokreditvergabe kommen soll, weil Investitionen stets mit einer Geldausgabe (Kruschwitz) beginnen. Das verweist auf den Umstand, daß eine Steigerung der Wirtschaftsaktivität stets und ständig mit einer Ausweitung der Basisgeldmenge verbunden ist, weil die Liquiditätserfordernisse bei einer Steigerung der wirtschaftlichen Aktivität ebenfalls steigen. Soweit man sich über die Gegebenheiten des Verhältnisses von Banken und Zentralbank im klaren ist wird unmittelbar ersichtlich, daß zusätzliche Wirtschaftsaktivität unmittelbar auch ein zusätzliches Basisgeldvolumen erfordert – nicht zuletzt findet sich dies in der „produktivitätspotentialorientierten Geldmengenregel“ des SVR wieder. Das ist ja auch nicht problematisch, wichtig ist nur, daß nicht mehr eintreibbare „Konsumkredite“ (egal wie toll die Hochglanzprospekte auch einstmals waren) wieder durch die allgemeine Versicherungsprämie „Zins“ aus der Gesamtheit der Kredidtnehmer eintreibbar bleiben.

Und darin besteht auch die Verteidigungslinie des FDES-Fonds! Wenn er seine Kreditkonditionen derart setzt, daß wie oben angemerkt, die erzielten Zinseinnahmen dafür ausreichen, die Kosten der Abschreibung von Krediten zu neutralisieren, gibt es keinen Grund ihm eine mangelnde Wirtschaftlichkeit zu unterstellen. Denn das ist der eigentliche ‚benchmark‘ für eine Bank: neben den eigenen Kosten die Risikoabdeckung der vergebenen Kredite zu übernehmen! Und bei einer Finanzierung durch die Zentralbank sind Dividendenzahlungen an Aktionäre duchaus entbehrlich, wobei diese in der Bankenbranche ohnehin nichts anderes tun, als die Versicherungsprämie „Zins“ in die Höhe zu drücken. Daß die Bankarbeiter auch was verdienen können steht sicherlich außer Frage, ob das allerdings mit Hilfen von prozentualen Anteilen, die sich dann in unsittlichen „Boni“ wiederspiegeln geschehen muß ist deswegen fraglich, weil alle noch so ausgearbeiteten Risikomodelle niemals eine Gewähr dafür bieten, daß die Welt sich auch danach richtet. Man muß es einfach so sehen: im Bankgeschäft weiß niemand, mit welchem Kredit sich der Griff ins Klo einstellt. Sicher ist nur, daß es dazu unvermeidbarerweise immer wieder kommt. Ob man dafür Millionen zahlen muß?

Wenn man also Banken nicht anders dazu bekommt ihre eigentliche Aufgabe wieder zu übernehmen muß man genau das machen: eine Konkurrenz etablieren, die einerseits genau diese Aufgabe übernimmt und an der andererseits die piekfeinen Kugelschreiberschubser nicht mehr vorbeikommen. Vielleicht hat man in Frankreich auch die Schnauze voll davon, sämtliche Appelle, die Banken mögen doch ihrer Aufgabe der Finanzierung der Realwirtschaft wieder nachkommen, im digitalen oder analogen Nirvana verschwinden zu sehen. Zeit wird es.

Die Wettbewerbskrakeeler darf man dann auch ruhig in den Skat drücken!

54 Kommentare

Eingeordnet unter Finanzmarkt, Geldtheorie, Ordnungspolitik, Wirtschaftspolitik

54 Antworten zu “Aus der Not geboren: FDES die Zweite!

  1. Rotes Rathaus und Herz auf grünem Rasen – und was ist das zentrale Gebäude?

    • Das Photo ist aus der Humboldt-Box aufgenommen, das Gebäude ist der Neue Marstall!

      • Sehr geehrter Herr Mendendez,

        Ich möchte meine Kritik an der „Keynes`schen Gewinngleichung“, die man ja auch „Kalecki`s Gewinngleichung“ nennen könnte, konkretisieren. Exakt formuliert, müsste sie (unter Vernachlässigung des Unternehmerkonsums) heissen:

        1) Unternehmer-Gewinn = (Bruttoinvestition + Lageraufbau) – Abschreibungen

        Um sich den Vorgang in voller Klarheit vor Augen zu führen, unterstellen wir zunächst, dass der Unternehmenssektor nur aus einem Gesamtunternehmen besteht, das Investitions- und Konsumgüter zugleich produziert. Da dies Unternehmen keine Güter mit anderen Unternehmen tauscht und nur Lager produziert, lautet die Gleichung:

        2) Unternehmer-Gewinn = Lageraufbau – Abschreibungen

        Die Investitionsgüter fallen im Gesamtunternehmen als Lager an, das dann intern zu weiteren Investitionen genutzt wird. Bevor also überhaupt eine neue Investitionsrunde beginnt, wird die alte, die zum Lageraufbau führte, abgeschlossen. Insofern ist es in makroökonomischer Perspektive grundfalsch die Investition auf die Zukunft zu deuten. Sie ist ein ex post-Vorgang, der sich in Lageraufbau an Investitionsgütern niederschlägt. Die Produktion von Investitionsgütern und der Lageraufbau sind für das Gesamtunternehmen das Gleiche: eine Bestandsgrössenveränderung, die zur Verlängerung der Aktivaseite und zum Unternehmer-Gewinn führt.

        Kehren wir nun zur disaggregierten Betrachtung des Unternehmenssektors zurück, dann wird dieses Lager über Ver- und Entschuldung zwischen den Unternehmen getauscht. Erst jetzt wird aus der Bestandsgrössenveränderung „Lageraufbau“ die Flussgrösse „Investitionsgüterkäufe“, die sich auf die Zukunft richtet. Was also die Ökonomen als Flussgrösse interpretieren, ist von seiner Entstehung her Bestandsgrössenveränderung, und was sie auf die Zukunft deuten, ist in Wahrheit Vergangenheit. Man könnte auch sagen sie sind Opfer einer einzelökonomischen Perspektive, sie phantasieren sich mit den investierenden Unternehmen in die Zukunft hinein.

        Das Gesamtunternehmen verdient exakt das, was es an Lager produziert, oder bei disaggregierter Betrachtung: verdienen die Unternehmen exakt die Bruttoinvestition (= geplanter Lageraufbau bzw. Kauf an Investitionsgütern) und den (ungeplanten) Lageraufbau minus der Abschreibung. Zwar kann in diesem Fall die Bruttoinvestition zur Flussgrösse umgedeutet werden, nicht aber der Lageraufbau. Die einzig sinnvolle Art diese Gleichung zu lesen, ist daher physischer Natur. Das heisst: Man stellt Vektoren auf.

        PS: Natürlich wird die „empiristische“ Perspektive einwenden, dass man auch den Lageraufbau messen kann. So flach sie im Verständnis der Investition ist, so stur, sobald es um die monetäre Perspektive geht. Man kann alles messen, nur muss man sich fragen, ob es auch sinnvoll ist. Denn schneller als man glaubt kann der Fall eintreten, dass man das Lager wertberichtigen muss und daher den Gewinn einer Periode zum Verlust der nächsten umdeutet. Wenn aber der Lageraufbau nicht monetär bestimmbar ist, sollte man die monetäre Formel gleich vergessen. Denn immerhin ist der (ungeplante) Lageraufbau der „Gleichgewichtsmechanismus“ der Formel.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • >Daß die ganze Sache inzwischen aus dem Ruder läuft>

        Ihren Humor möchte ich haben, Herr Menendez.-)

        Alfred Felsberger

  2. Sehr geehrter Herr Menendez,

    >Die Antwort von Bankchef Lloyd Blankfein lautete: “Too risky.”> Womit er recht hat! Und um noch eins d`rauf zu setzen: „I’m doing ‚God’s work“. Ja! So ist es! Es ist doch längst an der Zeit, dass wir einsehen, dass die Risiken, die mit der Finanzierung des kapitalistischen Prozesses („God`s work“) verbunden sind, ein Ausmass erreicht haben, wo jeder vernünftige Mensch wie Herr Blankfein nur mehr „Too risky!“ schreien kann. U.Beck hat für die Explosion nicht-kalkulierbarer Risiken seit den 70er-Jahren den Begriff „Risikogesellschaft“ geprägt: Wenn uns allen klar ist, dass die Zukunft in einem Ausmass unsicherer und unbekannter ist als jemals zuvor, weshalb sollte das im Bankgeschäft denn anders sein? Man kann`s auch so sagen: Gott stellt die Arbeit ein.-)

    Es nutzt nichts auf den Bankensektor einzuschlagen, das Problem liegt tiefer. Ob es durch Staatsfinanzierung, wie China sie betreibt, die USA über Umwegen sich anschickt zu betreiben und Frankreich seit jeher betreiben will, ist offen. Die Zukunft wird es weisen. Für`s erste scheint es der einzig gangbare Weg zu sein – Auf in den Staatsgeld-Kapitalismus! Unser Problem ist ja vielmehr, in Europa mit Kräften konfrontiert zu sein, die exakt das nicht wollen. Genauer: dass aus der Fehlkonstruktion des Euro-Systems eine Haltung erwächst, die sich für das Eintreten der Risiken anderer verweigert und damit den gangbaren Weg der Staatsfinanzierung blockiert. Man muss doch begreifen: Dass die Zukunft des Kapitalismus mit China begonnen hat, während wir abwegenden und ewig blockierenden Europäer von nun an der Friedhof der Geschichte sind. Doch genau das geht in das Hirn des Euro-Systems nicht hinein.

    Mit freundlichem Gruss
    Alfred Felsberger

    • Hallo Herr Felsberger,

      den Staatsgeld-Kapitalismus gibt es ja nun schon länger, denn aus Konkurrenzgründen muß irgendjemand dafür sorgen, daß die Banken eines Zahlungsverbundes a) Zugang zu Liquidität haben und b) diese Liquiditätsbereitstellung nicht durch eine Geschäftsbank erfolgt. Aus gutem Grunde ist ja die Zentralbank in das Geschäft der Kreditvergabe an Nichtbanken nicht eingebunden. (Vgl. auch: Geld als Liquiditätausgleichstandard!)

      Der springende Punkt liegt woanders, nämlich in der Beantwortung der Frage, woher die Banken das Geld bekommen, welches sie per Kredit zur Verfügung stellen können. Die konventionelle Antwort lautet: der Sparer stellt ein Teil seines Einkommens als Ersparnis zur weiteren investiven Verwendung zur Verfügung, so daß die Banken als eine Art Transformationsmaschine gesehen werden, welche das Geschäft der Risiko-, Fristen- und Losgrößentransformation übernehmen. (Daß diese Version vom ‚mainstream‘ favorisiert wird liegt nicht daran, daß sie stimmt, – obwohl: mikroökonomisch stimmt alles – sondern an dem Umstand, daß diese Version nicht mit dem zugrundeliegenden marktwirtschaftlichen Modell in Konflikte kommt – die Neutralität des Geldes kann dadurch bewahrt werden.)

      Nun weiß man aber, daß wie der Name schon sagt Zentralbankgeld von der Zentralbank kommt und daher dessen Emission keine Wohlfahrtsänderungen impliziert. Alles was man damit machen kann ist einen Unternehmer in die Lage zu versetzen Produktionsfaktoren kaufen zu können, was wiederum eine Einkommensbildung bedeutet, aus der dann auch monetär gespart werden kann. Dennoch kommt Geld von der Zentralbank und nicht vom Sparer.

      Das hat eine erhebliche Bedeutung für die Zinstheorie, denn die Sparertheorie erfordert die Liquiditätsprämie, die ein persönlich-instinsisches Konzept ist, während die Zentralbanktheorie etwas derartiges nicht aufweisen kann, weil für die Zentralbank Zentralbankgeld keinen Wert hat. Eine Begründung für den Zins kann man dahingehend formulieren, wie es in dem Post über die Zinsen als Gemeinschaftskonzept formuliert worden ist.

      Das heißt, daß es mit der Aufwertung des FDES eventuell zu einem Bruch kommt, wo die Frage der Kreditversorgung der Unternehmen nicht mehr dem Eigentümerinteresse von (Bank-) Aktionären untergeordnet wird. Man darf gespannt sein!

      • Sehr geehrter Herr Menendez

        „den Staatsgeld-Kapitalismus gibt es ja nun schon länger“. Ja, Sie haben recht: ich hätte mich genauer ausdrücken soll. Was ich unter „Staatsgeldkapitalismus“ verstehe, ist nicht die Existenz einer NB, sondern deren Bereitschaft zur „selbstreferentiellen“ Staatsfinanzierung: Staatsanleihe und Zentralbankengeld werden simultan eingebucht, die Frage der Finanzierungskosten des Staates entfällt. Also genau jenes Verfahren, das wir nun weltweit beobachten dürfen mit Ausnahme Europas. Dieses Verfahren, dem ich völlig wertfrei gegenüberstehe und das erstmals von den USA im 2.WK eingesetzt wurde (wonach wir nun in einem „Kriegszustand“ leben!), eröffnet die Möglichkeit die Staatsschuld über ihre Zinsgrenze hinweg auszudehnen und damit dem deflationären Druck im System entgegenzuwirken. Das gleiche Ergebnis, noch effizienter, kann man über Staatsbanken erreichen, die durch die NB versorgt werden. So in etwa arbeitet das chinesische Modell.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Das neue „Staatsgeld“ ist also definiert durch die Gleichsetzung: Staatsschuld und Zentralbankengeld. Man erhebt die Staatsschuld zum Zentralbankengeld und beugt solcherart der Staats-Finanzierungskrise vor. Das „alte System“ kennt nur den Begriff des Zentralbankengeldes. Indem man die Distribution der Staatschuld unter die Privaten unterlässt, wird das Staatsgeld gegen Krisen immunisiert. Der einzig denkbare Effekt ist die Abwertung des Geldes nach aussen, die jedoch dadurch neutralisiert wird, dass alle Staaten zu dieser Massnahme greifen. Staatsgeld-Kapitalismus ist nach Marx die höchste Form der Illusion („fiktives Geld“), und fusst im Grunde darauf von seiten des Staates zwei „Zetteln“ zu emittieren: Auf dem einen steht „Geld“ und auf dem anderen steht: Ich, der Staat, schulde Dir Geld, sprich: einen „Zettel“ (= Staatsanleihe).

        Alfred Felsberger

  3. Sehr geehrter Herr Menendez,

    Alles, was ich in Europa so vernehme, was von den Fachmännern ausgebrütet wird und dann über Umwegen den einfachen Bürger erreicht, ob es „Bankenabwicklungsgesetz“ oder „Schuldenbremse“ heisst, zielt doch darauf hinaus die Bilanzrezession zu verschärfen. Und der Ort, von dem es aus formuliert wird, sind die Überschuss-Staaten des Euro-Systems, die sich um ihre Früchte geprellt sehen. Was für Borniertheit! Die Häuser der Import-Bürger brennen und der Export-Bürger schreit: „Damit habe ich nichts zu schaffen! Lasst uns den Weg weiter gehen!“. Das ist absolut mühselig und keinesfalls nur mehr in der Kategorie von „Externalität“ zu fassen. Hier ist der Bürger am Werk, der dekatente, um seinen Wohlstand fürchtende Bildungsbürger, der das nicht kalkulierbare Risiko der Investition scheut, der sich nicht zu einem „Wir“ durchringen kann, sondern beim „Ich“ verbleibt. Gut, wenn es so ist: Weshalb dann ein vereintes Europa? Entweder zurück in ein getrenntes Europa oder nach vorne in einen Staatsgeld-Kapitalismus, aber dort, wo wir jetzt sind, können wir nicht verweilen.

    Mit freundlichem Gruss
    Alfred Felsberger

  4. Wenn man sich die selbstgefälligen Diskussion der deutschen, niederländischen und österreichischen Wohlstandsbürger anhört, die allesamt sich um Enthaltsamkeit („Sparen“) drehen, kann es einem nur mehr gruselig werden. Hier ist ein deutsch-österreichisches-niederländisches Zentrum, das den Aufstieg Chinas immer nur auf seine Art zur Kenntnis nehmen kann: als Exportmarkt, und in keiner Weise dahinter eine Transformation des Kapitalismus sieht, der den Weg in die Zukunft weist. Wir zahlen nun den Preis dafür mehr theoretisch als praktisch, mehr Denkende als der Handelnde zu sein. Schon Adam Smith hat das einmal sarkastisch zum Ausdruck gebracht: „Der Markt schafft Reichtum, die Begründung dafür überlassen wir den Deutschen“. Während sich alle Nationen auf die eine oder andere Art anpassen, führen wir einen Spar-Diskurs, der die Anpassung gar nicht zulassen wird. Was soll man da noch dazu sagen?

    Alfred Felsberger

  5. Schweigen …
    Schulen sind keine Schuldenpositionen;
    Sparkassen vor Ort haben durch weniger Investmentbanking bessere „Werte“ bei Chancen vs. Risiko Performances.
    Höre noch Fitschen im Interview fürs Investmentbanking eintreten :
    Luftblasenbubblegummer halt .
    Vollkostenzertifikate für nicht marktgängige Gesellschaftsmodelle als Geldschöpfung – rütteln am Mythos privater Geldschöpfungsvorherrschaft.
    Beste Kruschwitze transit(äre) Grüße

  6. Michael Gunczy

    @Staatskapitalismus: Vielleicht sollte man überlegen, was passieren würde, würde man ankündigen die Zentralbanken zu schließen und deren Aufgabe wieder an private Clearinghäuser zu delegieren.

    • Sehr gehrter Herr Gunczy,

      Was passieren würde, wenn man die Notenbanken abschaffte? Ich betrachte das als eine rhetorische Frage: Die Zinsen würden nach oben gehen, der Interbankenmarkt stocken, die Konkurse der mit Fremdkapital überladenen Unternehmen sich häufen, die Ausgaben der Unternehmen würden nach unten geschraubt werden, die Einnahmen der Haushalte synchron fallen bis alles Kreditgeld, oder ein grosser Teil davon, vernichtet ist. Man muss verstehen: Der „Lender of Last Resort“ ist der Einzige, der dieses Gebäude zusammenhält.

      Mit freundlichem Gruss
      Alfred Felsberger

    • Die Besonderheit des Staatsgeld-Kapitalismus, der vor unseren Augen entsteht, liegt ja gerade darin, dass alleine die Notenbank definiert, was Wert hat und was keinen Wert hat. Wenn die Notenbank sagt: „Die Schuldpapiere von Fannie Mae haben Wert“, dann haben sie Wert. Wenn sie sagt: „Die Papiere sind wertlos, dann sind sie wertlos.“ In einer Lage allgemeiner Überschuldung, in der wir uns befinden, führt dies dazu, dass die Menschen „hysterisch“ den durch die Notenbank gesetzten „Werten“ hinterherlaufen. Es kommt zu einem Absinken des Zinsniveaus, wo unter Marktbedingungen Zinsen steigen würden. Bildlich gesprochen: Die Notenbank rennt mit einem Stempel durch die Gegend mit dem Aufdruck „Wert“, den sie so vielen Papieren wie möglich verpassen möchte. Und die Menschen rennen hinterher („Never bet against the FED“!) und saugen diese Papiere auf bis der Zinssatz sich Null nähert. Da die Notenbank aber unmöglich allen Schuldpapieren den Wertstempel aufdrucken kann, kommt es zusätzlich zu einer Flucht in Sachwerte und zu einer Vermeidung „risikobehafteter“ Schuldpapiere. Der Preis, den unsere Gesellschaft für diese Transformation bezahlen wird, ist also nicht: „Inflation“, sondern, wie in jeder sozialistischen Formation: Absinken des Zinsniveaus, Vermeidung des Risikos, Absinken der Nettoinvestition – Siechtum! Die Gesellschaft stirbt den Tod der tausend Leiden, sie krepiert an Sklerose.

      Alfred Felsberger

  7. Michael Gunczy

    Sehr geehrter Herr Felsberger,

    meine Frage war natürlich nur rhetorisch gemeint.
    Mein Gedankenexperiment ginge eher in die Richtung anzukündigen in der Zukunft die ZB abzuschaffen um einen Gegendruck zum derzeitigen ‚moral hazard‘ der Banken zu schaffen.
    Ihre Antworten haben mich diesbezüglich allerdings schon ausreichend desillusioniert.
    Sie schreiben einerseits: „Man muss verstehen: Der “Lender of Last Resort” ist der Einzige, der dieses Gebäude zusammenhält.“
    und anderseits:
    „Der Preis, den unsere Gesellschaft für diese Transformation bezahlen wird, ist also nicht: “Inflation”, sondern, wie in jeder sozialistischen Formation: Absinken des Zinsniveaus, Vermeidung des Risikos, Absinken der Nettoinvestition – Siechtum! Die Gesellschaft stirbt den Tod der tausend Leiden, sie krepiert an Sklerose.“
    Das hätte jetzt schon das Potential mir die Laune zu verderben, hätte ich nicht einen unerschütterlichen Glauben an die Evolutionskräfte der Gesellschaft.
    Die nächste Frage, die ich sich mir stellt: müssen wir irgendwann die Individuen in der Möglichkeit Schulden zu schaffen beschränken?

    • Sehr geehrter Herr Gunczy,

      Die „sittliche Gefährdung“, die in aller Munde ist, ist reine Einbildung. Was die Banken auf ihre Aktivaseite stellen, sind Schuldpapiere (Unternehmensanleihen, Staatsanleihen, Hypothekarpapiere) und Kredite an Unternehmen und Private, was sie auf die Passivaseite stellen: Buchgeld, hauseigene Bankanleihen und EK, also auch: Schuld. Das Bankensystem ist eine blosse „Verrechnungsdrehscheibe“, durch die langfristige Schulden von Unternehmen, Staaten und Haushalten in kurzfristig verfügbares Buchgeld übersetzt wird. dies Buchgeld wird wertlos, wenn auf der Passiveseite die Schuld sich als unerfüllbar erweist. Was die Gesellschaft als „sittliche Gefährdung“ erblickt, ist bloss die Qualität ihrer eigenen Schuld. Man kann`s auch sagen: Die Irren führen einen Schattenkampf mit sich selbst.-)

      Mit freundlichem Gruss
      Alfred Felsberger

    • Sehr geehrter Herr Gunczy,

      Es ist nicht leicht im Moment optimistisch zu sein, und es hat gewiss weniger mit dem Geld, der Qualität der Schuld, das immer nur ein Spiegel des allgemeinen Wohlstands ist, als mit der Umgewichtung des Weltsystems zugunsten Asiens zu tun: Europa gerät an den Rand der Entwicklung, die atlantische Achse wird durch die pazifische ersetzt. In dieser Lage, die historisch nichts Aussergewöhnliches und nur für Europa aussergewöhnlich ist, mit Schuldzuweisungen zu agieren, heisst nur: in Extreme zu verfallen. Insofern ist auch meine Position, den Niedergang der „Dekadenz“ der Europäer zuzuschreiben, völlig verfehlt. Es ist nur Ausdruck der Ohnmacht, in der wir alle stecken, die Entscheidungsträger genauso wie das einfache Volk. Es gibt kein Rezept wie mit der Umpolung des Weltsystems umzugehen sei, das Einzige, was man sagen kann, ist: dass es langfristig und schmerzhaft sein wird. Sich illusionäre Hoffnungen zu machen der Form: „Wir werden da schon mitschwimmen, so schlimm wird`s nicht werden“, verkennt völlig die Dynamik kapitalistischer Prozesse, die niemals nur Reichtum, sondern immer auch Macht bedeuten, die, wenn es so weit ist, auch eingesetzt wird. Waren es nicht wir Europäer, die mit einer Handvoll Kanonen einst in China einfielen? Und bauen wir nicht heute Mauern um uns von der Armut fernzuhalten? Das ist, was man Macht nennt, und nur ein Narr glaubt: dass diese eines Tages verschwinden wird, nur weil der Machtlose dann Europa heisst. Also was tun in dieser Lage? Im Moment ist es wohl das Beste sich an den Pragmatismus der Amerikaner zu halten, die immerhin genauso betroffen sind wie wir, nur seit jeher eine Spur mehr Machtbewusstsein haben. Deshalb mein Plädoyer für einen Staatsgeld-Kapitalismus, der in den USA gerade zur Vollendung gerät.

      Mit freundlichem Gruss
      Alfred Felsberger

      • „Es gibt kein Rezept…“

        Hallo Herr Felsberger,

        Sie kennen doch bestimmt das 9-Punkte Problem, wo man mit einem Stift ohne abzusetzen in 4 geraden Strichen alle Punkte miteinander verbinden soll. Die Lösung wird für die meisten Menschen dadurch verunmöglicht, weil sie für die Lösung zusätzlich einschränkende Bedingungen vorgeben, obwohl diese nicht Teil der Aufgabenstellung sind. Gerade diese verstellen aber gerade den Blick auf die tatsächlich existierende Lösung.

        Ich habe bei Ihnen den Eindruck, daß Ihre Vorstellung sehr von der materialistischen Ökonomieauffassung geprägt ist, deren Natur es ist, sich mit den monetären Bedingungen nur insoweit zu beschäftigen, als es die realen Beziehungen nicht tangiert. Das ist so wie bei der Neoklassik, die ständig von Grenzproduktivität redet und dabei tatsächlich den physischen Überschuß bezeichnet. Aufgrund dieser Grundanlage der Theorie wird dann das Problem, was es denn nun mit dem Geld auf sich hat, dahingehend interpretiert, daß Geld genau die Eigenschaften aufweist, die nicht mit dem Realmodell in Konflikt geraten können. Vermutlich wird deswegen die Geldtheorie auch immer damit begonnen, was Geld für Eigenschaften aufweist und kaum mal thematisiert, was Geld für eine Funktion besitzt. Sicherlich wird auch mal die Funktion „Zahlungsmittel“ angesprochen, ohne daß damit die Eigenschaft des Geldes Tauschmittel zu sein jemals relativiert würde.

        Insofern ist es vermutlich richtig anzunehmen, daß Sie mit dem Gewinnbegriff, der sich lediglich aus Zahlungsmittelumschichtungen heraus einstellt, nichts anfangen können, weil dieser keine „handfesten“ Grundlagen aufweist. Und insbesondere ein kontinuierlicher Gewinnstrom in einer nicht wachsenden Wirtschaft muß Ihnen von Grund auf zuwider sein. Man könnte es aber auch anders sehen, indem man sich vergegenwärtigt, daß das, was das Spiegelbild des realen Prozesses ist, eben diesen Prozeß nicht auch noch duplizieren muß. Sie können das als Projektion eines dreidimensionalen Körpers auf eine zweidimensionale Ebene betrachten. Bei derartigen Projektionen entsteht immer ein Informationsverlust, obwohl sich die Konturen zweifelsfrei abbilden. Sieht man also das Geldsystem als Spiegelbild des realen Produktionssystems ist es auch denkbar, daß das Geldsystem die reale Gewinnentstehung nicht zu 100% korrekt abbildet, dennoch aber die Simplifizierung der Weltauffassung dazu führt, daß das Geld zum Maß aller Dinge wird, obwohl es doch eigentlich nur einen Blick auf das Eigentliche erlauben sollte.

        Daß die ganze Sache inzwischen aus dem Ruder läuft muß jedoch nicht bedeuten, daß der Hexenmeister nicht doch irgendwann wieder auftaucht, um der Verselbständigung des Spiegelbildes Einhalt zu bieten. Ich wäre da nicht so pessimistisch…

        (Ich sehe gerade, daß dieser Kommentar mehr eine Collage von Gedankenfetzen ist, Sie können sicherlich damit umgehen.) 🙂

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Wenn mich einer fragen würde, was die Neuzeit ausmacht, würde ich ohne Umschweife sagen: Ihre Produktivkraftentfaltung. Wo man auch die vergangenen fünf Jahrhunderte hinblickt, auf das Kriegswesen, die Landwirtschaft, die Produktion und selbst die Organisation des Staates, entdeckt man das immergleiche Prinzip die Produktivkraft der Arbeitskraft zu steigern. Die Mittel, die dazu eingesetzt werden, sind ein immer Mehr an Investitionsgüter, die man mit der Arbeitskraft zu kombinieren weiss, Wissenschaft und Organisation. Insofern hat Marx seinen Nachfahren ein grossartiges Angebot gemacht: nämlich mit der Dominanz der Produktivkraftentfaltung auch die ökonomische Theorie in das Zentrum des Nachdenkprozesses zu stellen, sie aus einer Randposition, die sie noch zu Zeiten A.Smith`s innehatte, in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Die Kleingeister wussten damit nichts anzufangen und haben sich stattdessen in das Schneckenhaus der Mathematik zurückgezogen. Insofern ist ihre „Klage“, lieber Herr Menendez, völlig unangebracht: Wir haben es mit einer ökonomischen Theorie zu tun, die eben nicht „materiell“ ist, sondern – ganz im Gegenteil – das wesentliche Strukturmerkmal des Kapitalismus, die Produktivkraftentfaltung, seit jeher negiert und bestenfalls als Steigerung der Arbeitsproduktivität zu fassen weiss. Diese Theorie ist „nicht-materiell“ bis in die Knochen und verteidigt ihr selbst geschaffenes Schneckenhaus mit formalistischen Argumenten.

        Die moderne Geldtheorie hat diesen „nicht-materiellen“ Kern der ökonomischen Wissenschaft übernommen und präsentiert sich als platte Schuldentheorie. Der Gedanke, dass die ewig steigenden Schuldenberge auf die Produktivkraftentfaltung des Systems zurückführen sei, ist er völlig fremd. Sie ist Zeuge der grössten Brachlegung von Arbeitskraft der Geschichte und weiss damit nichts anzufangen. In den entwickelten Staaten, wie zum Beispiel in Österreich, türmen sich die privat und staatlicherseits Brachgelegten zur absoluten Mehrheit (2,3 Millionen Pensionisten, ca. 0,5 Millionen Arbeitslose, ebensoviele Beamte und in Ausbildung stehende). Die Produktivkraftentfaltung des Systems pervertiert sich zu einer von Armut bedrohten Paralellgesellschaft, für die der Stand der Technologie keine Verwendung mehr hat. Der Widerspruch zwischen „Produktionsverhältnisse und Produktivkraftentfaltung“ (K.Marx) schreit zum Himmel und kann sich nur mehr in einer Auftürmung von Schuld, die man auf die nächste Generation abzuwälzen hofft, entladen. Und anstatt in diesen Widerspruch hineinzustossen, fabuliert die moderne Geldtheorie von aus „Zahlungsmittelumschichtungen“ entstandenen Gewinnen. Das ist mindestens genauso pervers wie das Herumreiten der Ökonomen auf Grenzproduktivitäten. Aber gut: Man kann von keiner Theorie verlangen, was sie niemals zu leisten beabsichtigt.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

        • Hallo Herr Felsberger,

          ich habe ein bißchen den Eindruck, daß es hier um ein Tauziehen geht, bei dem Ihre Seite etwa so charakterisiert werden kann:

          „Entscheidend am Marxschen Ansatz ist also der ständige Rückbezug auf die Ebene des physischen Produktionsprozesses und die Aufgabenstellung, zu erforschen, wie produktionstechnische Daten sich unter konkreten gesellschaftlichen Bedingungen über mikroökonomische Entscheidungskalküle und deren makroökonomische Koppelung und Rückkoppelung in bestimmte Wertrelationen übersetzen und welche voraussichtlichen Rückwirkungen dies auf die physische Struktur des Produktionsprozesses und des Endverbrauchs sowie auf die Lebensverhältnisse der Wirtschaftsteilnehmer hat.“ S. Wagenknecht

          Das scheint für Sie diejenige Ebene darzustellen, die alleine es sich lohnt zu analysieren. Von dieser Ebene habe sich die Theorie auf einen „nicht-materiellen“ Kern gestürzt, wobei nicht so ganz ersichtlich wird, was Sie damit meinen. Denn auch wenn Sie von Gewinngleichung schreiben, interpretieren Sie diese in einer Weise, die nur den Schluß zuläßt, daß damit reale Güter gemeint sind. Das ist insofern auch folgerichtig, als es die Normen der Theoriebildung der klassischen Schule der Ökonomie reflektiert. Diese formuliert auf dieser Basis eine mehr oder weniger konsistente Werttheorie in dem Sinne, daß Grundlage des ökonomischen Entscheidungskriteriums eine reale Gütermenge zu sein hat, wobei es vergleichsweise unerheblich ist, ob es sich dabei um die Grenznutzentheorie bzw. Grenzproduktivitätstheorie der Neoklassik, oder die Arbeitswerttheorie der Klassik handelt. Immerhin kann letzterer zugutegehalten werden, daß sie wenigstens den Versuch macht Güterquanten auf einen einheitlichen Vergleichsmaßstab zurückzuführen, um den Schwierigkeiten zu entgehen, die bei der Neoklassik dann zur Kapitalkontroverse bzw. Cambridge-Kontroverse geführt haben. Nichtsdestoweniger harrt das Transformationsproblem immer noch einer Lösung, auch wenn Sie in dieser Hinsicht Ihren Optimismus bekundet haben.

          Man kann die Arbeitswerttheorie gewissermaßen als erste Abstraktionsstufe von einer Gütermengentheorie ansehen, auch wenn noch nicht ersichtlich ist, wie dieser Vergleichsmaßstab „Arbeitswert“ operationell gemacht werden kann. Denn eine theoretische Figur, die nicht mit vertretbarem Aufwand handhabbar ist, kann keine Grundlage für die gesellschaftliche Organisation von Produktion darstellen. Soweit ich das sehe stellen Marxisten sich dieser Frage nicht. Vielleicht haben Sie ja den Schlüssel in der Hand.

          Und dann kommt eine, wie Sie sagen, „platte Schuldentheorie“ um die Ecke. Dieser werfen Sie vor die Verbindung zu den Produktionsverhältnissen verloren zu haben, was dazu führe, daß die Produktivkraftentfaltung durch diese Art der Geldtheorie nicht mehr adressiert wird. Das mag sein und es mag auch sein, daß dadurch, daß damit Geld als relatives Maß der Produktion gesehen wird, dessen Kriterium die Verwertung auf dem Markt zur Erwirtschaftung von Schuldendeckungsmitteln ist, der Zusammenhang von Gebrauchswert und Tauschwert zerrissen wird. Daß sich dann dieses „gesellschaftliche Verhältnis“ verdinglicht ist wohl der mangelnden Auffassungsgabe des Menschen geschuldet, der sich bei der Verwendung von Geld nicht ständig die gesellschaftlichen Dimensionen seiner Ausgabe vergegenwärtigen möchte. Und auch wenn es einem völlig zuwider ist, dieses Abstraktum als Inbegriff der „wahren Ökonomie“ zu sehen, bleibt es dennoch – und sei es auch nur als Fetisch – geeignet, ein Handeln der Menschen in kooperativer Weise zu ermöglichen. Der Grund ist ganz simpel: dieses Abrechnungssystem ist einigermaßen handhabbar, sowohl was die Kalkulation angeht, als auch was die Möglichkeit angeht, nicht mehr über intersubjektiven Wert nachdenken zu müssen.

          Aus diesen Gründen dürfte es recht aussichtsreich sein, die werttheoretisch fundierten analytischen Konzepte der Klassik sowie der Neoklassik aufzugeben und zwar zugunsten einer Kommunikationstheorie, die sich nicht mehr darum kümmert, ob damit irgendwelchen intrinsischen objektiven oder subjektiven „Wertfaktoren“ adressiert sind oder nicht. Denn dies macht eine Kommunikationstheorie aus, nämlich daß sie zu dem Objekt über das sie kommuniziert auf einer Meta-Ebene operiert und deswegen die werttheoretischen Aspekte von realen Gütern schlichtweg ignorieren kann. Sie mögen ja reklamieren, daß dadurch der Gehalt von Ökonomie verlogen ginge – dann ist es eben so, daß der werttheoretische Ansatz halt seinem Anspruch seit 200 Jahren nicht gerecht geworden ist, die Integration von Geld und Wert oder ‚principles and money‘ theoretisch zu vollenden. Denn sowohl die klassische als auch die neoklassische Auffassung von Geld ist nicht anders zu bezeichnen als mit dem Ausdruck „Desaster“. Insofern ist eine Kritik der verschiedensten Strömungen der Geldtheorie aus einer werttheoretischen Perspektive auch nichts anderes als am Thema vorbei. Würde sich aus der Werttheorie eine Geldtheorie die den Namen verdient entwickeln lassen, wäre das wohl schon irgendwann mal passiert. Daß das nicht passiert ist, muß man einfach zur Kenntnis nehmen, ein Auftrag an die Klassik oder Neoklassik, diese Entwicklungen zu kritisieren, läßt sich daraus jedoch nicht ableiten.

          Das Ganze betrifft auch elementare Fragen der Kausalität, denn für meine Begriffe ist nicht das Wachstum der Realaktiva der Grund für Verschuldung, sondern Verschuldung der Grund für die Bildung von Realvermögen. Das läßt sich sogar mit Marx so begründen, daß erst das soziale bzw. kooperative Verhältnis der Produktionsfaktoren (d.h. Geld bzw. Schuld) im Ergebnis der Bemühungen diejenigen Investitionsgüter erzeugt, mit denen dann weiter produziert werden kann – wenn sich jemand dafür findet, der diese Güter über die Ingangsetzung eines Produktionsprozesses mittels eines Investitionskredites auch tatsächlich ökonomisiert.

          Damit ist aber die Einschätzung über die Vermögensbestands- und die Vermögensertragssicherheit der Schuldenmotor, (den Sie in den realen Dingen der Aktivseite verorten wollen). Damit ist auch nicht der Sparer die letztliche Entscheidungsinstanz, die über Investition oder Nicht-Investition entscheidet, sondern die Bank, welche mit der Kreditvergabe ermöglicht, neue Prozesse in Gang zu setzen. Und damit ist auch der Zins kein Überschuß der Produktionsergebnisses über das Einsatzvolumen mehr, sondern nur noch ein Informationspartikel, welches lediglich als Fiktion existiert. Daß sich derartige Fiktionen verselbständigen können, versteht sich von selbst und die Hypertrophie des Finanzsystems spricht damit für sich. Man muß diese Entwicklungen ja nicht gutheißen, aber eines zeigen sie auf jeden Fall: daß der Kreditgeldkapitalismus äußerst lebendig ist, auch dann wenn dies aus einer werttheoretischen Perspektive nicht erklärbar ist.

    • >Die nächste Frage, die ich sich mir stellt: müssen wir irgendwann die Individuen in der Möglichkeit Schulden zu schaffen beschränken?>

      Man darf sich nicht vor Schuldenberge fürchten, dies alleine ist Ausdruck von Dekadenz! Schuldenberge sind Reichtumsberge, die, wie es dem Kapitalismus nun mal entspricht, etwas unglücklich verteilt sind. Fürchtet sich etwa in China jemand vor Schuldenberge, die sich tagtäglich höher stapeln? Ganz im Gegenteil! Sie werden als Reichtum begriffen, den es zu vermehren gilt. Letztendlich kommt es nur darauf an, dass die Schuldenberge den Stempel der Notenbank (oder des Staates) bekommen, damit sie als Reichtum akzeptiert werden.Das mitteleuropäische Wesen ist an der Flachheit des Landes („schwäbische Hausfrau“) erkrankt, es vereint den protestantischen Glauben an Sparsamkeit mit der alten Furcht vor Europa. Das ist unser Unglück!

      Alfred Felsberger

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Ich denke, dass man zwei Fragen unterscheiden muss: Das eine ist: nach welchen Gesetzen alle Gesellschaften produzieren und auch produzieren müssen, das andere: wie der Steuerungsmechanismus in einer konkreten Gesellschaft aussieht. Diese duale Denkweise nach „Naturgesetzen“ einerseits, nach konkreten Bedingungen andererseits zu fragen, ist das grosse Erbe Marxens. Und es ist wahrscheinlich auch das Einzige, was die moderne Ökonomie von ihm übernommen hat, wenn auch in einer pervertierten Weise, indem sie allgemeine Gesetze (wie I=S) mit konkreten verwechselt und so tut als ob der Kapitalismus selbst ein „Naturgesetz“ wäre. Insofern muss man etwas nachsichtig mit der ökonomischen Theorie sein, wenn sie ihre Gesetze auf physischer Basis entwickelt: Sie macht nur das, zu dem Marx anhielt: die Suche nach allgemeinen ökonomischen Gesetzmässigkeiten, nur leider ohne Verständnis dafür, was er eigentlich meinte. Dass der Steuerungsmechanismus selbst sich gegen diese allgemeinen Gesetze nicht stemmen kann ohne zu zerschellen, ist, wie Marx sagte, „self-evident“. Insofern ist seine Art zu denken viel fruchtbarer als man glaubt, zumal wir uns heute einer Situation nähern, wo das Geld „Naturgesetze“ zu unterlaufen hofft. Der Kapitalismus als das „Allmächtigste“, was der Mensch jemals schuf, schickt sich an sich von der „Physik“ zu verabschieden.

        Ich glaube, dass Sie diesen Dualismus des Denkens nicht ausreichend würdigen, wenn Sie den Vertretern dieser Schule mangelndes Geldverständnis vorwerfen. Niemand bezweifelt, und am wenigsten Marx, dass Geld den Kapitalismus steuert. Doch die Frage, ob dies in den Bahnen der „Physik“ verläuft, hat für eine kritische Theorie elementare Bedeutung. Immerhin verweist der Widerspruch zwischen „Produktionsverhältnis und Produktivkraft“ auf das Vorhandensein einer starken physikalischen Komponente: die Technologie, auch wenn sie bei Marx weit darüber hinaus gefasst ist. Man wird also den Kapitalismus permanent an seinen „natürlichen“ Grenze denken lernen müssen, um ihn authentisch zu kritisieren. Schnurstracks-Marxisten, wie die von Ihnen angesprochene Frau Wagenknecht, werden die Kritik immer an der gesellschaftlichen Linie („Klassenkampf“) und niemals an der technologischen, an der Frage der Machbarkeit, führen. Man kann Hass nur aktivieren, wenn man verschüttete gesellschaftliche Muster anspricht, wenn man an die „Allmächtigkeit“ der Unterdrückten selbst appelliert. Doch wie sollte Technologie oder die Frage nach der Machbarkeit Hass produzieren? Es ist ein zutiefst humanes Denken, das auf die Notwendigkeit von Veränderung im Hegel`schen Sinne verweist: Dass die Menschheit weiterschreiten wird müssen, wenn sie die Bahn der Vernunft nicht verlassen will.

        In einem Punkt allerdings möchte ich Ihnen recht geben: Sie sind der Zeit um Jahrzehnte voraus und der Kapitalismus schickt sich tatsächlich an die Frage der Schuld vor der des Vermögens zu stellen. Die nahende Verstaatlichung von Banken, das Entstehen von Staatsbanken, von vorgelagerten Konstruktionen wie den ESM, all das deutet darauf hin: dass in Zukunft die Frage der Sicherheiten tatsächlich relativiert oder sogar verdrängt werden soll. Immerhin: Das ist nun mal das Merkmal des „Sozialismus“, dass er über das private Eigentum hinwegblickt und auch keinen Anreiz verspürt es als Sicherheit zu betrachten. Wir leben in einer Transformation, die in die Marx`sche Richtung weist, die jedoch kaum jemand wahrnehmen will. Wenn es so kommt, dass rücksichtslose Staasbanken das System mit Kredit fluten, dann werden auch die monetären Einkommen explodieren und das System kann sich neue Bahnen suchen. Diese Welt wird aber mit Eigentum, so wie wir es verstehen, nicht mehr viel am Hut haben. Es wird eine Art „Spontan-Eigentum“ sein wie man es heute in China bereits beobachten kann: Eine Welt von „Glücksrittern“ ohne dauerhafte Zukunft. Alle Zurechnungskriterien werden zerbrochen sein: Gewinne und Verluste entstehen nach nicht nachvollziehbaren Kriterien. Und es wird eine bürokratische Schicht geben, die das Ganze kontrolliert: Staatsgeld-Kapitalismus eben.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

        • „Dass der Steuerungsmechanismus selbst sich gegen diese allgemeinen Gesetze nicht stemmen kann ohne zu zerschellen, ist, wie Marx sagte, “self-evident”.“

          Das ist sozusagen ‚in a nutshell‘ der Kern der unterschiedlichen Auffassungen über Ökonomie. Man könnte es idealtypisch folgendermaßen charakterisieren:

          a) Die Neoklassik verneint für Geld schlichtweg jegliche Steuerungsfähigkeit und setzt dafür die Grenzproduktivität sowie den Grenznutzen als Steuerungsgrößen der Ökonomie. Das führt dann zu solchen idiotischen Vorstellungen wie der Quantitätstheorie.

          b) Die Klassik sieht die Notwendigkeit eines Steuerungsmechanismus, löst sich jedoch noch nicht ganz von der Wertvorstellung, indem der Arbeitswert (und damit der Mehrwert) zum Steuerungsfaktor von Ökonomie wird. Marx hat gegen die „Arbeitsstundenzettel“ gewettert wie ein Rohrspatz, weil diese sich von der postulierten Wertgrundlage gelöst hätten.

          c) Die „platte Schuldentheorie“ löst sich völlig von der Wertvorstellung und setzt gewissermaßen als Axiom, daß wirtschaftlicher Erfolg an dem abstrakten Kriterium „Gewinn“ gemessen wird. Der Umstand, daß Geld lediglich als Projektion mit den realen Produktionsbedingungen zu tun hat bedeutet, daß das Steuerungssystem auch nicht das Überschußpostulat (produktive Koeffizientenmatrix) des realen Produktionssystems abbilden muß und Gewinn deswegen nichts mit „Mehr-Geld“ zu tun hat.

          Man kann es auch so persiflieren: die Neoklassik denkt, daß ein Computer ohne Software funktionieren kann, indem sie alle möglichen zukünftigen Umweltzustände bereits vordefiniert. Die Klassik sucht die Software in den Dioden und Prozessoren der Hardware, weiß aber, daß es die Steuerung geben muß. Und dann gibt es noch diejenigen, die davon ausgehen, daß Software in sich konsistent (autopoietisch) sein muß, damit das Zusammenspiel mit der Hardware klappt.

  8. @ Soffi
    War im Nachbargebäude des Staatsrates und konnte die Kubazigarren von Gerhard Schröder bestaunen.

    Große geldliche Anekdote
    😉

    • Ich würde trotz der Überlegenheit der bundesrepublikanischen Überlegenheit in wirtschaftlichen Fragen dennoch nicht ganz aus dem Auge verlieren, daß die DDR in der Hitliste der ökonomisch erfolgreichen Staaten seinerzeit immerhin so etwa auf dem 10ten Platz der Weltrangliste stand.

      Das ist keine Kleinigkeit gewesen auch hinsichtlich der Tatsache, daß der „große Bruder“ die Geschichte mit den „Reparationen“ bis zum Schluß! tatsächlich wörtlich genommen hat!

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Ihr Relativierung meines Arguments mit dem Verweis auf die „Besicherungsfolklore“ lässt in mir den Verdacht hochkommen, dass ich den Finger in eine Wunde gelegt habe. Eine Schuldentheorie, die von sich behauptet, den Steuerungsmechanismus des Kapitalismus anzusprechen, wird auch akzeptieren müssen, dass davor ein anderer Selektionsmechanismus existiert, der da heisst: Kreditgewährung. Und eben dieser Mechanismus verweist auf eine Bedeutung der Realaktiva, die eben diese Schuldentheorie zugunsten nebulöser Rentabilitätskriterien herunterspielen will. Dabei sind wir, was das Bankengeschäft betrifft, sicher einer Meinung: Mit einer herbeiphantasierten Rentabilität, mit hochgezogenen Gewinnkurven, werden sie dort sicher niemanden locken. Deren Geschäft ist eine Spur handfester als das des Unternehmers.

        Von da weg ist es natürlich schwer, ihr eigentliches Argument vorzutragen, das da, so vermute ich, lautet: dass monetär ERST die Investition da sein muß, damit DANN die Ersparnis erfolgt. Wie Sie wissen, ist das eine Frage wie man Investition definiert: im Marx`schen oder im „bürgerlichen“ Sinne. Interessanterweise – und das rechne ich der Schuldentheorie hoch an – geht dieses Gebilde den Marx`schen Weg: Es definiert Investition als 1)Lohnzahlung, 2)Gewinnausschüttung, 3)Investitionsgüterkauf. Was die beiden ersteren betrifft, steht völlig ausser Frage, dass sie durch Kredit vorfinanziert und dann über Konsum eingetrieben werden. Aber der durch Kredit getätigte Investitionsgüterkauf des Unternehmens x ist die Gewinnrealisierung des Investitionsgüterunternehmens y, das heisst: die (partielle) Rückzahlung seines Kredits.

        Ganz offensichtlich hat jemand, nämlich das Investitionsgüterunternehmen y, „gespart“, „gelagert“, oder wie man es auch immer nennen will, damit nun x seinen Schuldenzyklus beginnen darf. Das heisst: Die von den Schuldentheoretikern so oft vorgetragenen These der Dominanz der Investition bezieht sich bei genauem Hinblicken nur auf die Lohnzahlung und die Gewinnausschüttung, keinesfalls aber auf den Investitionsgüterkauf. Denn wie sollte das Unternehmen x denn kaufen, wenn das Produkt nicht schon als Ersparnis gelagert wäre? Das Unternehmen kann Kredit vorschiessen, was es will, wenn das Produkt nicht da, ist es nicht da. Somit ist das so oft vorgetragene Argument der Schuldentheorie, dass die Ersparnis ein Nachlaufphänomen ist, schlichtweg nicht schlüssig (es sei denn man konzipiert den Kapitalismus als ein Ordersystem ohne Lager).

        Was Ihre Charakterisierung der ökonomischen Theorie betrifft, kann ich mich voll anschliessen. Sie haben das exzellent beschrieben. Hingegen ist ihre Bemerkung, „daß das Steuerungssystem auch nicht das Überschußpostulat (produktive Koeffizientenmatrix) des realen Produktionssystems abbilden muß“ ein schlechter Witz, es sei denn sie wollen damit sagen: dass eine Schuldenökonomie auch mit allgemeiner Verarmung leben kann. Denn, wenn ich als Gesellschaft weniger an Output produziere, was ich physisch als Input bereitstelle, kann`s nur so enden wie im Sozialismus. Das ist eben genau das, was Marx immer betont hat: Keine Gesellschaft kann sich aus der „Natur“ wegzaubern, auch die nicht, die es sich einbildet. Aber wahrscheinlich werden wir beide den Prüfstand dafür nicht mehr erleben.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

        • Hallo Herr Felsberger,

          nein, die Geschichte mit der Besicherungsfolklore ist eher eine Bemerkung, die aus einer anderen Diskussion hier hereingespielt hat, wo es dort darum ging, daß doch Banknoten eine Forderung gegen die Zentralbank darstellen, wo als letzter Rettungsanker ultimativ behauptet wird, daß man ja damit die Befreiung des bei der Krediteinräumung gegebenen Pfandes „fordern“ könne. Solche Marotten resultieren aus der verständlichen Tatsache, daß sich die menschliche Emotion sehr schwer von einstmals errungenen Erkenntnissen löst und diese bis zur Absurdität verteidigt. Im Endeffekt ist es wohl so, daß es ein ungeschriebenes Gesetz zu sein scheint, daß auch dann, wenn versucht wird eine angemessene Geldtheorie zu entwickeln, die alten Konditionierungen doch noch zum Vorschein kommen, die dann dazu führen, daß dem Geld in irgendeiner Weise ein wenn schon nicht realer, so doch dann ein „Besicherungswert“ angehängt wird. Und das alles nur deshalb, weil die Vorstellung von Geld als Wert und nicht wie es eigentlich richtig wäre als interpersonelles (gesellschaftliches) Verhältnis als zu sperrig erscheint, um damit die ökonomische Welt erklären zu können.

          Die Geschichte mit dem Investitionsgüterunternehmen, welches ja dann doch real „gespart“ haben muß ist meines Erachtens ein rekursiver Irrgarten der dann zur Sackgasse wird, wenn man versucht dort die richtige d.h. reale Ersparnis zu finden. Bei diesem Punkt kann ich den Altmeister zu meinen Gunsten anführen, weil das Arbeitsprodukt des Investitionsgüterunternehmens auch nur aus vorgetaner Arbeit besteht. Dazu hatte ich mich an dieser Stelle schon ausführlich geäußert:

          Die Realillusion von Investition

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Letztendlich krankt alles ökonomische Denken daran keine Theorie der Investitionsausgabe zu besitzen. Es ist völlig lachhhaft, den Gewinn zum Schlüssel der Investitionsausgabe zu machen, zumal der Gewinn eine für die Unternehmen unbekannte Grösse ist, die sich erst ex-post einstellt. Noch lachhafter ist es, dieser Unbekannten noch eine draufzusetzen, inem man vom erwarteten Gewinn oder Rentabilitätserwartungen spricht. Wirklich absurd wird es dann, wenn man mit dem Begriff „Nachfrage“ operiert, der ja eine Kenntnis der Unternehmen über das Ganze voraussetzt. Das Einzige, was man über die Investitionsausgaben sagen kann, ist: dass sie 1) einer auffälligen Routine folgen und 2) ein gewisses Mass an Produktivitätsgewinnen einplanen. Das scheint das Prinzip zu sein, von dem alle Unternehmen ausgehen, so ausgefeilt ihre Marktstudien auch immer sein mögen. In dieser Lage sind wir gezwungen sehr bescheiden zu sein, das heisst: entweder die Generalisierung überhaupt nicht zu wagen, oder sie auf den allgemeinsten Nenner zu bringen, der da hiesse: Produktivkraftentfaltung als Routine (d.h. als kaum schwankende oder nur leicht wachsende Zahl).

        Mit freundlichen Grüssen
        Alfred Felsberger

        • Hallo Herr Felsberger,

          es mag schon sein, daß es keine umfassende Theorie der Investition gibt, was jedoch nicht heißt, daß es ohne Theorie keine Investition geben könne. Das ist dann halt eine Unternehmung in ein unbekanntes Terrain, eine Handlung, der ja Schumpeter ein schönes Denkmal gesetzt hat. Sicherlich spielt dabei die Bewältigung von Zukunftsunsicherheit eine Rolle, die ja auch schon vor Keynes durchaus als Problem erkannt worden ist.

          Da ist es auch nicht hilfreich die Orientierung an selbst noch so abstrakten Erfolgskriterien wie es der monetäre Gewinn ist als lachhaft hinzustellen, denn aus irgendwelchen Gründen werden derartige Entscheidungen dann doch getroffen oder nicht. Daß Unternehmer nicht darauf Rücksicht nehmen, was ihre Entscheidungen so alles für Rückwirkungen auslösen ist nachvollziehbar, denn sonst würden sie an dem gordischen Knoten der letztendlichen Gewißheit scheitern. Das Schwert ist gewissermaßen Sinnbild für die Abkürzung der Abwägung gegen eine Überzeugung, die zwar scheitern kann, aber immerhin eine Gewinnchance verspricht. Da mögen auch Erfahrungswerte und Produktivitätserfolge mit eine Rolle spielen – ersetzen können diese Motivationen die letztliche Entscheidung auch nicht. Und daß eine Investitionsentscheidung im Hinblick auf einen Erfolg getroffen wird, dürfte dann doch unstrittig sein, ob man nun den Erfolg Gewinn oder anders nennt, ist dabei ziemlich nebensächlich.

          Nun kann man durchaus über eine Welt diskutieren, die einen mengenmäßigen Erfolg durchaus honoriert, so daß die Existenz von Lagerbeständen bereits die Erfüllung des Erfolgskriteriums ausmacht. In einer solchen Realökonomie werden die Probleme der Verwendung von Lagerbeständen schlichtweg ausgeklammert. In dieser Welt kann man diese auch als Gewinn definieren, nur entspricht dies nicht so wirklich der aktuellen Institutionalisierung, den monetären Erfolg als Kriterium wirtschaftlichen Erfolgs anzusehen. Das kann man natürlich alles tun. Ich halte jedoch diese Art der Erfolgsermittlung für ein informationstechnisches Monstrum, wofür die Probleme der material-technischen Versorgung in den real existiert habenden Planwirtschaftsländern stehen, deren Vorgaben letztlich nur eine ungefähre Richtung weisen konnten und deren Ineffizienzen legendär wurden. Man kann sich mit einer derartigen Welt befassen, muß es aber nicht.

          Inwieweit die Reproduktionsschemata eine Lösung für dieses Problem erbringen überblicke ich nicht, auch nicht hinsichtlich der Logik der darin involvierten Handlungsstruktur. Das mögen andere besser beurteilen als ich. Soweit diese sich durch Sraffa-Gleichungssysteme abbilden lassen, die eine produktive Koeffizientenmatrix aufweisen sollen, lassen sich sicherlich interessante Input-Output Erwägungen anstellen, die Verwaltungen, die darauf eine vermutlich kompetente Antwort hätten geben können gibt es jedoch nicht mehr. Und hinsichtlich meiner Erfahrungen mit der einschlägigen Diskussion muß man feststellen, daß sich die Diskussion um Sraffa schlicht und einfach totgelaufen hat, wobei nicht wahrscheinlich ist, daß sich dort noch ein Revival einstellen wird.

          Man mag diese Panne in Bezug auf die Potentiale einer bewußten Produktion für einen Rückschlag der Geschichte halten, solange sich die Schwächen nicht überzeugend beseitigen lassen, wird die Welt auch weiterhin mit einem unvollkommenen Erfolgskriterium weiterexistieren. Das mag ’second-best‘ sein, aber es ist immerhin eine Tat!

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Es ist ja interessant, dass die „österreichische Schule“ zum Beispiel in Gestalt eines Jesús Huerta de Soto, so idiotisch sie ist, zumindest in einem Punkt den Finger in die Wunde des Kapitalismus legt: Die Zunahme des Konsums im Verhältnis zur Nettoinvestition. Sie tut das auf ihre typisch moralisierende Art, indem sie dem Kapitalismus eine Art „protestantisches Gewissen“ im Sinne „wahren Sparens“ andichten will. Genauso wie Marx errichtet sie ein hypothetisches Gegenüber, eine Parallelwelt der Phantasie – hier der Sozialismus, dort der „sparsame Kapitalist“ – an dem sich die Wirklichkeit des „Bruchgeld-“ oder „Schulden“-Kapitalismus zu messsen hat. Und dieses Spiel der Phantasie wird dann bis zu dem Punkt getrieben, wo das konstruierte Bild sich aufplustert und der Wirklichkeit ins Gesicht spuckt. Doch lässt man diese Verdrehungen, mit der diese Welt zu leben hat, ausser Acht, dann bleibt bei den „Österreichern“ wie bei Marx der erschütternde Befund über den Zustand aller Kapitalisten-Nationen, der da heisst: „Nach mir die Sintflut!“. Es wird konsumiert auf Teufel komm`raus, während die Nettoinvestition versiegt. Oder wie man es mit Marx sagen könnte: Die naturnotwendige Verteilung der Arbeitskraft auf die entsprechenden Sektoren, wie sie jedes Volk zu leisten hat, wird in diesen Nationen ab einem gewissen Reifegrad Richtung Konsum verschoben.

        Nun ist die Ausweitung des Konsums, ganz anders wie die Österreicher vermuten, ja an sich nichts Schlimmes, er wird nur schlimm dadurch, wenn man sich zugleich dem Gewinn und der Verschuldung verschreibt. Es heisst nämlich bei einer stagnierenden Aktivaseite des Unternehmenssektors steigende Gewinne UND steigende Verschuldung zu verlangen, ein Anliegen, das mathematisch leider nicht möglich ist. Vor die Entscheidung gestellt: Gewinn oder Verschuldung, wählt diese Gesellschaft die von der modernen Geldtheorie genährte Illusion: Beides! Dafür werden, wie de Soto richtig erfasst, Bilanzregeln verdreht (IAS-Standard), die es erlauben sollen die Aktivaseite durch marktgerechte Bewertung der Finanztitel zu strecken. Es wird also noch eins draufgegossen auf den ohnehin verlorenen Prozess, indem man die durch Verschuldung angetriebenen Finanzmärkte mit den Bilanzen rückkoppelt: Umso mehr die Märkte steigen, desto länger die Aktivaseite des Unternehmenssektors und umso mehr steigen wiederum die Märkte. Viel Spass!, kann man da aus dem Blickfeld einer physikalischen Perspektive nur sagen. Und im Hintergrund organisiert brav der Staat mit seiner Notenbank im Schlepptau den Übergang zum Staatsgeld-Kapitalismus, indem er die ausbleibende Verschuldung der Unternehmen über Staatsanleihen ins System speist.

        Den „Österreichern“ wie de Soto fällt dazu bezeichnenderweise nichts anderes ein als den sofortigen Tod zu fordern, wie es nun einmal all jenen entspricht, die ihr „Ideal“ über die Wirklichkeit stellen, indem man den „Bruchgeld“-Kapitalismus abschafft und das System deflationär kollabieren lässt. Die „Doppel-Denker“ sind, wie man seit Erich Fromm weiss, die wahren Verehrer des Todes. Marx war genauso „einfallsreich“, nur noch eine Spur radikaler, indem er die Heerschar der Toten ins Gefecht schicken wollte, um das Gehasste zu besiegen. Viel realistischer ist der Niedergang, die Verehrung des Toten, wie wir es heute erleben. Eine gesamte Gesellschaft sonnt sich im Prozess des Niedergangs und entwickelt Denkmuster, die den ganzen Prozess auch noch legitimieren. Es ist ja bezeichnend, dass die moderne Geldtheorie eine Frage gewiss nicht beantworten will und auch immer ganz aufgebracht reagiert, wenn sie von den marktliberalen Ökonomen gestellt wird: Warum das ewige Hineinschütten von Schuld zu keinem Wachstum der Nettoinvestition führt. Sich dieser Frage zu stellen, hiesse nämlich: sich von der Illusion zu verabschieden, dass man mit dem Schuldenmechanismus einen Steuerungsmechanismus gefunden hat. Was man erkannt hat, ist nur: das Abbild des eigenen Niedergangs.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Wenn man die Anfänge des Bruchteil-, oder wie man besser sagen sollte: Bruchgeldsystems, im 15.Jhdt. mit der Entstehung der Aktiengesellschaft im 19.Jhdt. kontrastiert, versteht man sofort, was Kapitalismus ausmacht: Die unerschöpfliche Gier die Erträge der Zukunft in die Gegenwart zu schieben. Es waren die genuesischen Kaufleute, die sich gegen bestehendes Recht durchsetzten – ein gutes Beispiel für Transformation, denn was bedeutet es, wenn alteingesessenes römisches Recht auf einmal nicht mehr gilt? – und auf die bei ihnen getätigten Metall-Einlagen Bezugsscheine in darüber hinausgehender Höhe ausstellten. Nicht umsonst wettert de Soto gegen den „Rechtsbruch“, weil der liberale Ökonom im Grunde ein Verächter des Kapitalismus ist und „redliche Sparsamkeit“ gegen den Exzess setzt. Dieses Bruchgeldsystem hat das Prinzip der Ausschlachtung der Zukunft schon in sich, denn wenn die Bezugsscheine sich als nicht einlösbar erweisen, dann müssen eben unentgeltliche Goldschürfer ran oder die erbrachte Arbeitsleistung der Bezugsschein-Besitzer wird wertlos. Die zukünftige Exploitation des Metalls wird in die Gegenwart verlagert genauso wie wir es heute auf der Ebene der Notenbank erleben, nur mit dem feinen Unterschied, dass sich Zentralbankengeld leichter schürfen lässt als Metall. Man weiss von den Tagebüchern des Kolumbus, dass sein Kopf voller Gedanken an zukünftiges Gold war. Was sich aber er nur als Hirngespinst ausmalen konnte, hatten die Genueser längst geschaffen.

        Niemals jedoch hätte dieses Bruchgeldsystem zur vollen Blüte gelangen können ohne dass sich nicht auch die Unternehmensform transformiert hätte. Mit der Abspaltung des Eigentümers vom Unternehmen, mit der Entstehung der Aktiengesellschaft, war die Grundlage gelegt, die langfristigen Erträge in unmittelbar verfügbares Fremdkapital zu verwandeln, das über das Bruchgeldsystem in Geldansprüche übersetzt wurde. Mit anderen Worten: Die Eigentümer der Unternehmen, die Kapitalisten selbst, konnten die Stunde der Gunst nicht mehr erwarten und haben ihre zukünftigen Erträge in die Gegenwart gebucht. So wuchs das Fremdkapital der Aktiengesellschaften auf der einen und das Geldvermögen der Kapitalisten auf der anderen Seite. Eine blosse Mähr`ist es daher in diesem Prozess nur eine Anfeuerung der Produktivkräfte zu sehen, mindestens genauso ging es darum das verhasste „protestantische Ideal“ los zu werden und ganz im Gegenteil: die eigene Zukunft zu konsumieren. Da sich aber diese Geldansprüche nicht in Konsum übersetzen liessen ohne sich sofort zu entwerten, tarierte sich das System über gegenseitige Beteiligungen zum heutigen aus. An die Stelle des Metalls trat das Zentralbankengeld und an die Stelle der Ansprüche auf zukünftiges Metall: das Buchgeld. Das Fremdkapital der Unternehmen gewinnt aus dieser Perspektive einen ganz anderen Bedeutungsinhalt: Es ist ein Mahnmal der Zukunftsgier, das uns verdeutlichen soll, dass sich die Täter nun selbst zum Opfer machen.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Ich betrachte es als eine grossartige Rehabilitierung Marxens, dass seine Werttheorie mit der modernen Geldtheorie zusammenfällt. Genauso wie der Wert durch Aufaddierung der auf den einzelnen Produktionsstufen geleisteten Arbeitsmengen berechnet wird, ergibt sich der Geldwert durch Aufaddierung der auf den einzelnen Produktionsstufen geleisteten Finanzierungen zur Mobilisierung eben dieser Arbeitsmengen. Beide Theorien führen damit den Investitionsprozess auf seinen Kern zurück: die Mobilisierung von Arbeitskraft, fassen ihn jedoch in zwei unterschiedlichen Messeinheiten, einmal als homogene Arbeits-, das andere mal als homogene Geldeinheiten. Dass Marx diesen Berechnungsmodus wieder belebt hat, zeigt wie praxisnah seine Theorie ist. Seit langem weiss man, dass die Reproduktionsschemata als makroökonomische Darstellung des Wertes sehr nahe am ökonomischen Prozess stehen – Kalecki zum Beispiel hat hauptsächlich mit den Reproduktionsschemata gearbeitet – , dass sie jedoch selbst die Ver- und Entschuldungsprozesse korrekt abzubilden mögen, ist nun doch eine kleine Sensation. Es zeigt, dass die modernen Geldverhältnisse schon zu Marxens Zeiten so weit gereift waren, dass sie „unbewusst“ in sein Denken einflossen. Mehr sollte man daraus nicht ableiten, aber die Reproduktionsschemata auf ein sozialistisches Planungsinstrumment reduzieren zu wollen, ist nun doch, lieber Herr Menendez, eine haarsträubende Interpretation. Sie haben mit Sozialismus gar nichts zu tun und sind ein Instrument zur Analyse des Kapitalismus. Wann endlich wird man Marx von diesem Koloss „Sozialismus“ trennen lernen? Wohl nie, weil die Berteitschaft der Ökonomen dafür einfach nicht gegeben ist.

        PS: Es gibt keine Handlungslogik in den Reproduktionsschemata genauso wenig wie in Ihren Modellen. Man nimmt Geld- (und Arbeitsströme) und zeigt lediglich, dass die Reproduktion funktionieren kann. Man sollte auch nicht von den Reproduktionsschemata sprechen, sondern nur von dem Modell der einfachen Reproduktion, weil nach meinem Darfürhalten nur dieses korrekt arbeitet.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Ich glaube auch, dass man das Modell der einfachen Reproduktion nicht mit Sraffa`s Produktionskoeffizienten „füllen“ sollte. Es ist nur eine kleine Genugtuung für all die Schmach, die Marx angetan wurde, wenn man auf dieser Grundlage zeigt, dass das Preissystem Sraffa`s unter den Bedingungen eines Kreditgeldsystems inkonsistent ist, und dass – ganz im Gegenteil – die Marx`sche Preisberechnung korrekt wäre. Damit anfangen kann man freilich nichts, weil die Produktionskoeffizienten-Matrix als vorgegebener Datensatz ein monströses Gebilde ist, das sich niemals empirisch füllen lässt. Hingegen zeigt das Modell der einfachen Reproduktion sehr gut, dass Entschuldung der Unternehmen nur dann zustandekommt, wenn man eine Konsumquote von 1 unterstellt. Und insofern ist sie das Werkzeug der Kritik an Modellen, die mit einer Konsumquote kleiner 1 arbeiten – wie zum Beispiel ihr Modell. Was Sie hier beschreiben, ist – nach der Logik der Reproduktionsschemata – ein Abdriften in immer mehr Verschuldung des Unternehmenssektors. Wenn man die Konsumquote über alle Ewigkeit auf 0,8 laufen lässt, türmt sich auf der Ebene der Haushalte das Geldvermögen und auf der Ebene der Unternehmen das Fremdkapital. Das ist nun mal die Besonderheit des Modells der einfachen Reproduktion, dass Kapitalismus im Gleichgewicht eine Konsumquote von 1 erfordert, und dass jeder andere Zustand ein blosses Abdriften ins Verschuldungs-Chaos ist. Mit anderen Worten, wird der von den Ökonomen so selbstverständlich dargestellte Verschuldungsprozess der Unternehmen (was noch als „optimale Finanzierung“ bezeichnet und mit Nobelpreisen honoriert wird) im Marx`schen Denken zum Krisenprozess an sich.

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Ein Letztes: Sie sehen hier übrigens gut wie das Marx`sche Denken in Widersprüchen, die sich lösen müssen und zu neuen Widersprüchen führen, arbeitet. Ein Kapitalismus mit einer Konsumquote von 0,8 driftet hoffnungslos in Verschuldung der Unternehmen ab, erfordert daher ab einem gewissen Punkt die Einspeisung neuer Schuld über ein Aussen: was zunächst heisst den Staat. Dies freilich kann nur solange arbeiten bis der Staat an seine Verschuldungsgrenze stösst, was neue Wege über den Aussenhandel oder die Notenbank eröffnen muss. Da Ersteres keine Lösung für alle ist, wird die Lösung für alle aktiviert: Die Notenbank. Und so weiter, und so weiter. Dieses Denken entlang der „Grenze“ ist äusserst fruchtvoll, weil es den kapitalistischen Prozess als Krisenprozess zu beschreiben vermag. Dafür Verwendung werden freilich immer nur jene finden, die das auch wünschen.-)

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Es ist ja interessant wie die moderne Geldtheorie versucht, ganz wie ihre apologetischen Vorläufer, dem Krisenprozess auch noch einen Sinn zu geben, indem sie die Identität aufstellt: noch abzuschreibende Aktiva des Unternehmenssektors = FK (plus EK) des Unternehmenssektors, also suggerieren will: dass die aufgetürmten Geldvermögen der Haushalte der Aktivaseite des Unternehmenssektors entsprechen. Woher denn? Jeder Idiot begreift, dass die Aktivaseite des Unternehmenssektors schon längst zu einem Kunstgebilde verstümmelt wurde, das nur mehr darauf wartet zu implodieren. Aber solange der Staat und seine Notenbank brav Schuld hineinschütten, passiert`s halt nicht. Die Apologeten verwechseln also den Ausgangspunkt der Krise mit seiner Krisenlösung, und das ist auch der Grund: warum mir „ein österreichischer Ökonom“ hundert mal lieber ist als diese Keynesianischen Vollidioten.-)

        Alfred Felsberger

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Die ganze Verwirrung um das „klassische“ Q = I = S und das „Keynesch`sche“ Q = I – S kommt nur dadurch zustande, weil die ökonomische Theorie nicht ausreichend zwischen Sachwert-Sparen (S(Sa)) und Geld-Sparen (S(Ge)) unterscheidet. Beide Gleichungen fussen auf monetären Grössen, jedoch auf unterschiedlichen Spar-Begriffen, das eine Mal auf Sachwert-Sparen, das andere mal auf Geld-Sparen. Berücksichtigt man die beiden verschiedenen „Spar-Welten“, dann heisst die „klassische“ Formel:

        1) Q = I = (S(Sa))

        und die Keynes`sche:

        2) Q = I – (S(Ge))

        Der Zusammenhang ist äusserst banal: der Unternehmensgewinn Q entspricht der Nettoinvestition I und damit dem Sachwert-Sparen (S(Sa)) und wird reduziert durch das Geldsparen der Haushalte (S(Ge)). Man kann also vereinfacht schreiben:

        3) Q = (S(Sa)) – (S(Ge))

        Damit ist klipp und klar auf den Punkt gebracht, dass Geld-Sparen der Haushalte ein Krisenmodus ist, der die Gewinne der Unternehmen reduziert. Umso höher das Geld-Sparen der Haushalte, desto geringer die Gewinne Q und die Netto-Investitionen der Unternehmen. Das Sachwert-Sparen (S(Sa)) schrumpft mit dem Geld-Sparen.

        PS: Der klassischen Theorie den Vorwurf zu machen, dass sie von Sachwert-Sparen spricht und nicht von Geld-Sparen, heisst nur: dass man selbst nicht hinreichend klar gemacht hat, von welchem Sparen man eigentlich spricht. Auch das Sachwert-Sparen ist eine monetäre Grösse!

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

        • Hallo Herr Felsberger,

          Ihre Gleichung (3) ist ein non sequitur, denn Sie unterschlagen, daß bei (1) und (2) das „Q“ geschrieben werden muß als Q(Sa) bzw. Q(Ge) (und ebenso bei „I“). Damit verbietet es sich jedoch beide Gleichungen miteinander in Beziehung zu setzen, weil sie unterschiedliche Sachverhalte adressieren.

          Die klassische Theorie kann sich noch 1000 Jahre über Sachwerte Gedanken machen und sich mit den einschlägigen Problemen dieser Konzeption herumschlagen. Solange es dafür keine Lösung gibt, ist es müßig sich darüber Gedanken zu machen. Wie vielleicht bereits aus meine vorangegangenen Kommentaren ersichtlich geworden ist, halte ich diesen Ansatz für eine Sackgasse. Vielleicht finden Sie ja den Schlüssel zu den „erweiterten Reproduktionschemata“. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben! 🙂

  9. „Durch den Beschluss des Nationalen Verteidigungsrates am 19. März 1980 wurden Festlegungen zur Abschöpfung des sich in einem Verteidigungszustand ausweitenden Bargeldumlaufes getroffen. Im Falle einer Besetzung von Westberlin und/oder der Bundesrepublik durch die DDR (Operation Bordsteinkante 86) sollte eine Reserve von 20 Mrd. Mark angelegt werden. Aus Kostengründen wurden unter anderem auch Banknoten zu 200 und 500 Mark vorgesehen. Auch deshalb, weil die Bürger der Bundesrepublik Deutschland solche hohen Nominale gewohnt waren und um den Wechsel von DM auf M leichter zu machen.

    Die Staatsbank der DDR sollte daraufhin je 50 Millionen Banknoten zu 200 und 500 Mark mit der Jahreszahl 1985 herstellen. Gleichzeitig wurde geprüft, inwieweit es volkswirtschaftlich zweckmäßig und währungspolitisch vertretbar ist, die Banknote zu 200 Mark eventuell in einem begrenzten Umfang in Umlauf zu geben. Auf Parteibeschluss wurden diese jedoch nie ausgegeben, da die SED befürchtete, dass dies als Anzeichen einer Inflation gewertet werden könnte. Andererseits brauchte der Handel solche hohen Scheine bei bestimmten Waren.

    Die Existenz der Banknoten wurde erst zur Wende bekannt. Als Wasserzeichen wird die Friedenstaube dargestellt.“

    aus
    http://de.wikipedia.org/wiki/Mark_der_DDR

    Geldmengensteuerungsplanung pur !
    FED bitte übernehmen …

    • Sehr geehrter Herr Menendez,

      Nichts für ungut: Manchmal kann man nur das sehen, was man sehen will. Oder was man als Ökonom gelernt hat. Sie scheinen, wenn sie I = S lesen sofort zu unterstellen, es handle sich um reale Grössen. Deshalb in aller Deutlichkeit: ALLE Grössen in ALLEN Gleichungen sind monetär. Ich fass`den Sachverhalt anders zusammen:

      Man denkt sich den aggregierten Unternehmenssektor mit Aktiva und Passiva (EK,FK). Das Sachwert-Sparen spielt sich auf der Aktivseite des Unternehmenssektor ab und wird dort monetär gemessen, das Geld-Sparen der Haushalte auf der Passivseite. Sachwert-Sparen der Unternehmen heisst:

      1) Bruttoinvestition – Abschreibungen = Nettoinvestition = Netto-Sachwert-Sparen

      Das ungeplante Lager (L) ist der Gleichgewichtsmechanismus, der Nettoinvestition und Netto-Sachwert-Sparen in Übereinstimmung bringt.

      2) Nettoinvestition + ungeplantes Lager = Netto-Sachwert-Sparen

      Im Gleichgewicht ist das ungeplante Lager (L) = 0. Kapitalstock-Wachstum bedeutet, dass sich die Aktivseite des Unternehmenssektors Jahr um Jahr um die Nettoinvestition (plus ungeplantes Lager) nach oben schraubt.

      Alle Verschuldung der Unternehmen im Zuge ihrer Investitionsgüterkäufe hebt sich bei konsolidierter Betrachtung auf, weil die Verschuldung des einen die Forderung des anderen ist. Dahinter steht das Postulat, dass eine Gesamtheit sich nicht in sich selbst verschulden kann, was in dem obigen Modell heisst: Verschuldung des aggregierten Unternehmenssektors kann es nur den Haushalten gegenüber geben. Damit entspricht das FK des Unternehmenssektors der Geldersparnis (GE) der Haushalte:

      3) FK = Geldersparnis der Haushalte

      Die Unternehmen verschulden sich um Investitionsgüter und Arbeitskraft zu kaufen und um Gewinne auszuschütten. Die Verschuldung zum Zwecke des Investitionsgüterkaufs kompensiert sich im Aggregat sofort, die Verschuldung in Folge der Ausschüttung an die Haushalte (Löhne, ausgeschüttete Gewinne) bleibt zunächst bestehen. Es ist nun das Geld-Spar-Verhalten der Haushalte, das darüber entscheidet wie stark die Gelder zum Unternehmenssektor zurückfliessen und dort Entschuldung bewirken. Wenn die Geld-Sparquote Null ist, fliesst alles zurück und das FK verschwindet. In diesem Fall gilt das klassische Modell:

      4) Thesaurierter Unternehmensgewinn = Nettoinvestition

      Wenn die Geld-Sparquote positiv wird, wächst im Zeitablauf das FK des Unternehmenssektors, was aber die Gewinne in einer Periode schmälert (Keynes`sches Modell):

      5) Thesaurierter Unternehmensgewinn = Nettoinvestition minus Geld-Sparen der Haushalte

      Stimmen Netto-Investition und Geld-Sparen der Haushalte überein, dann ist das System im Gleichgewicht. Allerdings in einem höchst merkwürdigen, weil ja das EK des Unternehmenssektors konstant bleibt, das heisst: der thesaurierte Gewinn Null ist. Nettoinvestition und FK wachsen im Gleichschritt. Man begreift aber sofort, dass dieses Gleichschritt-Wachstum mit dem Wachstum der Bilanzsumme auf Grenzen stösst: Die EK/FK-Quote schrumpft zusammen.

      Mit freundlichem Gruss
      Alfred Felsberger

      • Hallo Herr Felsberger,

        Ihre Einschätzung ist insofern nicht korrekt, als ich mir sehr wohl darüber klar bin, daß die I=S Geschichte sowohl real interpretiert werden kann, als auch monetär. Das kommt auf den theoretischen Hintergrund an, den man dabei zugrundelegt. Dieser üblicherweise reale Hintergrund ändert sich auch nicht, wenn man sagt, daß die relativen! Preise mit einem Etikett „Geldpreis“ versehen werden. Durch eine bloße Umetikettierung wird eine reale Theorie nicht zu einer Theorie der Geldwirtschaft. So wird die Lösung des Modells der allgemeinen Gleichgewichtstheorie nicht deswegen zu einer monetären Lösung, weil man den ‚accounting prices‘ mit Hilfe der Quantitätstheorie einen absoluten Geldpreis anhängen will. Nun gibt es ja genügend Ökonomen, die eine derartig vulgäre Nummer für eine valide Geldtheorie halten, das Kriterium, daß für eine Geldtheorie die Existenz von Geld einen Einfluß auf die Gleichgewichtslösung haben muß, wird durch solche Simpelkonstruktionen natürlich bei weitem nicht erfüllt.

        Ihre Argumentation krankt daran, daß Sie versuchen, ein reales Modell monetär interpretieren zu wollen, zumindest ist Ihr Rekurs auf die Reproduktionsschemata so deutbar. Ich weiß ja durchaus, daß diese Idee sehr naheliegt, weil man glaubt, damit gleichzeitig eine Lösung für die Begründung von Geld gefunden zu haben, was ja die in diesem Zusammenhang geführten Diskussionen auch immer wieder nahelegen wollten. Worum sich die Diskutanten immer wieder gedrückt haben ist der Umstand zu zeigen, ob die durch die reale Lösung gegebenen „Geldwerte“ auch mit solchen schnöden Dingen wie der volkswirtschaftlichen Finanzierungsrechnung zusammenpassen, mal abgesehen davon, daß die Funktionsbedingungen des monetären Systems den Überschußgedanken, welcher der realen „produktiven Matrix“ zugrundeliegt, in keiner Weise mittragen. Man könnte es auch plakativ so ausdrücken: Es gibt kein Mehr-Geld! (Thermodynamiker würden vielleicht sogar sagen, daß es auch kein Mehr-Produkt gibt, aber das können wir hier mal ausklammern.)

        Letzteres zeigt sich auch immer wieder daran, daß Sie unterstellen müssen, daß die Unternehmen ihre Gewinne, die sie ausschütten nicht am Markt verdienen, sondern als Kredit aufnehmen. Diese Merkwürdigkeit ist darin begründet, daß Sie in einem statischen Modell den Nachweis für Gewinn führen wollen. Sie können es mir ruhig glauben: das was in einem statischen Kontext zu unauflösbaren Widersprüchen führt, löst sich in einem Mehrperioden-Kontext in Wohlgefallen auf. Eine statische Analyse ist für derartige Fragen wie Gewinn und Zins schlichtweg als Analyseinstrument nicht angemessen. Versuchen Sie doch mal diese Erwägungen in ein Simulationsmodell einzubinden, Sie werden sofort feststellen, welche (angeblich simplen) Zwänge damit verbunden sind.

        (Bei Ventana Systems gibt es eine kostenlose Experimentieredition: „Vensim PLE“, die sich für solche Zwecke durchaus eignet.)

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Es ist unbestritten, dass eine Ökonomie, die eine Vielzahl von Investitionen mit langer Amortisationszeit laufen hat, ein bestimmtes Mass an Verschuldung benötigt. Insofern werden sie leicht den Nachweis führen können, dass aus diesem Verschuldungs- und Geldpegel, der sich aus noch zu tätigenden Abschreibungen speist, jederzeit Gewinne realisiert werden können. Natürlich! Wer in einem Meer schwimmt, wird auch immer Wasser finden! Ich sehe hier keinen prinzipiellen Unterschied zu einer logisch-statischen Analyse, die auf den riesigen Posten eines noch abzuschreibenden Kapitalstocks verweisen würde. Interessanter ist schon Ihre Frage, warum denn die Gewinnausschüttung eine Vorfinanzierung sein sollte. Wann immer, lieber Herr Menendez, ein Unternehmen Kassa abbaut, ist es Vorfinanzierung. Das ist der Vorteil der logisch-statischen Analyse.-)

        Doch Spass beiseite: Ich weiss natürlich, was Sie meinen. Sie reiten auf einen Begriff von Gewinn herum, der völlig unhaltbar ist. Sie wollen partout einen Gewinn ohne der Aktivseite sehen. Und da hört sich bei mir der Spass auf. Wir verstehen uns ja sonst ganz gut, und Sie sind auch sehr geduldig mit mir.-), aber wenn sie im Ernst meinen, dass ich einen Gewinnbegriff ohne Sachvermögensaufbau schlucken soll, dann kann ich nur sagen: NEIN! Wo soll uns denn das hinführen? Unternehmen, die keine Nettoinvestitionen mehr tätigen und nur mehr Gewinne ausschütten? Na bravo! Willkommen auf der Titanik! Aber vielleicht haben sie ja recht und haben intuitiv das Gesetz der Zukunft erkannt: mit unserem Schiff geht´s bergab.-) Ich hör`schon die Geiger spielen.-)

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Und noch etwas: Man muss nicht mehr länger auf der „neoklassischen Gleichgewichstheorie“ herumreiten, am besten: man radiert sie aus und verbannt sie aus dem Gedächtnis. Ich für meinen Teil habe den Vorteil von dieser Theorie niemals infiziert worden zu sein. Mit dem Ausdruck „Grenzproduktivität des Kapitals“ habe ich mich genau eine Minute beschäftigt bis ich d`raufkam, dass ich nicht verstehe, was „Kapital“ meint. Damit war für mich die Sache erledigt. Die armen Ökonomen, die diesen Mist noch mit sich herumschleppen! Deshalb lese ich I = S auch ganz anders wie es die Ökonomen tun, nämlich entweder monetär oder als physischer Vektor. Für einen Ökonomen natürlich ist es schwer so zu denken. Er sieht immer die Ein-Produkt-Ökonomie vor sich und quält sich darin mit all den verrückten Begriffen. Es ist eine schwere Erbschaft, die man hier anzutreten hat und sie steht einem im Wege um z.B. Marx zu verstehen. Im Grunde hat sich die Menschheit, dem Internet sei Dank, die letzten 10 Jahre zu einer neuen ökonomischen Theorie aufgeschwungen, die auch tatsächlich gemeinschaftlich und nicht mehr durch professionelle Würden organisiert ist. Man hat die Professoren endlich ihrer Schwachsinnigkeit entlarvt, also genau das getan: was Nietzsche immer forderte. Und jetzt heisst`s weitergehen!

        Alfred Felsberger

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        Ein System, das alle Gewinne realisiert hat, lautet (netto):

        1) Investition = Unternehmensgewinn

        Ein System, das nur partiell Gewinne realisiert hat:

        2) Investition + ungeplantes Lager = Unternehmensgewinn

        Und ein System, in dem die Gewinnrealisierung völlig misslingt:

        3) Ungeplantes Lager = Unternehmensgewinn

        In allen Fällen ist es das Lager, aus dem sich die Gewinnrealisierung speist. Wann immer die Realisation gelingt, wird Lager reduziert. Wenn Sie nun sagen, „daß die Funktionsbedingungen des monetären Systems den Überschußgedanken, welcher der realen „produktiven Matrix“ zugrundeliegt, in keiner Weise mittragen“, dann behaupten sie nichts anderes, als dass:

        4) Das Lager – über die gesamte Ökonomie betrachtet – keinen mengenmässigen Überschuss darstellt

        woraus aber – wegen Umsatz = Menge X Preis – folgt, dass Sie entweder einen schrumpfenden Umsatz oder steigende Preise zwischen Produktionsbeginn und Ende unterstellen müssen.

        Ich glaube, lieber Herr Menendez, sie sind in manchen Punkten „Opfer“ der Wirklichkeit. Sie sehen einen Kapitalismus, der problemlos Gewinne realisiert und dessen Lager immer leichter werden, und schliessen daraus, dass die statisch-logische Ableitung der Gewinnrealisation und des mengenmässigen Überschusses falsch ist. Das erinnert mich an Ikarus, der gegen die Sonne flog.-)

        Mit freundlichem Gruss
        Alfred Felsberger

      • Wenn Sie sagen, dass die statische Preistheorie für das Verständnis des Kapitalismus wertlos ist, dann unterstreiche ich das. Ja, sie haben recht! Kapitalismus ist ein Bereinigungssystem des Lagers: Es geht nicht darum den Preis zu berechnen, wo das Lager theoretisch geräumt sein könnte, sondern die Preise so einzusetzen, dass das Lager auch tatsächlich geräumt wird. Was in der Praxis heisst: das Lager einer Auktion zu unterwerfen. Preise haben somit keine Bedeutung per se, sondern sind ein Mittel für einen höheren Sinn, der sich in der Verwandlung von Lager in Investitionsgüter darstellt. Man kann es auch so sagen: Solange das Investitionsgut im Lager liegt ist es nur Lager, eine Raupe, die auf Verwandlung hofft. Gelingt der „salto mortale“ und wird es verkauft, wird es von der Gesellschaft zum Investitionsgut erklärt.

        Ich denke, dass damit auch klar ist, dass Gewinnausschüttung an die Haushalte mit dem ganzen Prozess der Gewinnrealisierung überhaupt nichts zu tun hat. Das ist ein reines Verschuldungsspiel, das sich eine reich gewordene Gesellschaft leistet. Ist sie jung und hungrig, wird der Gewinn thesauriert, d.h. das Lager in Investitionsgut verwandelt. Wird sie alt und lahm, verschuldet sie sich um Dividenden und Gewinne zu zahlen, in der Hoffnung, dass diese auch wieder an die Unternehmen zurückfliessen. Man weiss, dass das schon lange nicht mehr der Fall ist, weshalb das FK der Unternehmen wächst und wächst über die innere Grenze der Abschreibungen hinaus. Es ist fatal, diese beiden Gewinnformen, von denen eine für Wachstum steht, und die andere für Dekadenz, ineinander zu werfen. Aber das einem Ökonomen zu erklären, ist wahrscheinlich ein Ding der Unmöglichkeit.-)

        Alfred Felsberger

    • Sehr geehrter Herr Menendez,

      Ich hab`das jetzt nur einfach so hingeschrieben, weil ich mir den Beitrag von Herrn F. zu I = S noch einmal durchgelassen habe. Leider habe ich nur zu berichten, dass dieser Mann Überhaupt NICHTS (in Worten: NICHTS) versteht. Er glaubt zum Beispiel, dass I = S ein gewinnloses Gleichgewicht sei. Mein lieber Schwan! Die Netto-investition IST der Unternehmens-Gewinn. Patsch, da fält man tot um.-)

      Alfred Felsberger

    • Wenn man I = S = Q als monetäre Gleichung anzweifelt und stattdessen und Q = I – S hinschreibt, dann sollte man hinzufügen: dass das eine Modell mit einer Geld-Spar-Quote der Haushalte von Null arbeitet und das andere mit einer postiven Geld-Spar-Quote. Man kann die Dummheit der keynesianischen Ökonomen, die darin gipfelt nicht zwischen den zwei Grundarten von Sparen unterscheiden zu können (Sparen als Nettoinvestition und Sparen als Geld-Sparen) nicht mehr ertragen. Diese Leute sind unfähig Sparen zu definieren. Ende mit diesem Wahnsinn!

      Alfred Felsberger

    • Man kann`s humorvoll auch so sagen: Die klassische Theorie inklusive Marx haben den Vorteil die beiden Grundarten des Sparens nicht verwechseln zu können, weil sie das Geld-Sparen gar nicht kannten.-)

      Alfred Felsberger

    • Sehr geehrter Herr Menendez

      Ich könnte jetzt noch bösartiger sein.) Während sich viele Leute schon längst Gedanken machen welche Kräfte der Gleichgewichtspunkt:

      1) noch abzuschreibende Aktiva = FK des Unternehmenssektors

      oder alternativ:

      2) Nettoinvestition = Geldersparnis-Zuwachs der Haushalte

      entfaltet, wenn er von den Geld-Sparern überschritten wird, ist die ökonomische Theorie noch immer damit beschäftigt zu verstehen, dass

      3) Nettoinvestition eine Sparform ist, nämlich :

      4) I = Sachwert-Ersparnis-Zuwachs

      Wie soll nun die ökonomische Theorie jemals das Gleichgewicht, das sich aus zwei Spargrössen formt, verstehen? Nämlich:

      4) Sachwert-Ersparnis-Zuwachs = Geldersparnis-Zuwachs

      Man kann nur mehr lachen! Während viele Menschen längst in diese Richtung denken, haben sich die Ökonomen noch nicht einmal auf den Doppelaspekt des Sparens geeinigt! Die werden lange suchen müssen bis sie das Gleichgewicht entdecken.-)

      Mit freundlichem Gruss
      Alfred Felsberger

  10. @ Georg Trappe
    Tolle Worte, Beispiele, Charts und Bilder.
    Menschen erkennen und ändern.
    Tiefsten Respekt Ihnen.

    • Sehr geehrter Herr Menendez,

      >Das Ganze betrifft auch elementare Fragen der Kausalität, denn für meine Begriffe ist nicht das Wachstum der Realaktiva der Grund für Verschuldung, sondern Verschuldung der Grund für die Bildung von Realvermögen>. Sie sprechen einen entscheidenden Punkt an, nämlich die Vermittlung von Realvermögen und Kredit. Was die Praxis der Banken betrifft, ist sie meines Erachtens unbestritten: Ohne Eigenkapital, was heisst: Vermögen > Schuld, geht gar nichts. So gut können die Ertragserwartungen gar nicht sein, um einen Kredit für ein Unternehmen zu rechtfertigen, das nur ungenügend besichert ist. Auch unbestritten ist, dass die Banken hier ziemlich hart vorgehen und „Luftbuchungen“ und Wertberichtigungen genauestens unter die Lupe nehmen. Das erklärt meines Erachtens auch ihre „Frustration“ hinsichtlich der Praxis der Kreditvergabe, dass nämlich die Banken sich viel zugeknöpfter geben als es ihre eigene Theorie vermuten lässt. Wenn eine Bank in der Kreditvergabe vor die Frage: „Sicherheit oder Chance?“ gestellt ist, entscheidet sie sich immer für das Erstere, und zwar aus dem simplen Grund: weil sie von der Chance nichts hat.

      Nicht viel besser steht es für Ihre Theorie, wenn man sich der Kreditvergabe auf den Märkten zuwendet. Im Gegenteil: Der Anleihenmarkt ist der effizienteste und brutalste Markt der Welt – im krassen Gegensatz zu dem „Spielzeug“ Aktien. Das ist auch der Grund, warum „Start-Ups“ sich Null Chancen am Anleihemarkt ausrechnen und von Beginn an den Weg zur Neuemission suchen. Macht man einen Blick auf den Anleihemarkt, sieht man sofort wie die Dinge laufen: Eine ausreichende und gute Finanzierung bekommen nur die grossen Unternehmen, während die mittleren nur ein geringes Volumen zu sagenhaften Zinsen anbieten können. Der Anleihenmarkt ist risikoavers, was nichts anderes heisst: als dass die Sicherheiten über alles gehen. Sie sehen also: Es steht nicht gut um ihre Theorie der Finanzierung, wonach das Wachstum der Schuld die Aktivaseite dominieren sollte. Und wenn sie die Kreditvergabe an die Haushalte ins Feld führen möchten? Da steht`s um keinen Deut besser. Man wird sich von der Aktivaseite nicht verabschieden können, selbst dann nicht, wenn wir es wollen. Denn was ist das EK schon anderes als eine Differentialgrösse zwischen Vermögen und Schuld! Wie sollte die Schuld, also das, was abgezogen wird, da dominieren?

      Mit freundlichem Gruss
      Alfred Felsberger

      • Hallo Herr Felsberger,

        Sie wissen doch, daß man mit Argumenten aus der „Realität“ immer ein bißchen vorsichtig umgehen muß, aber vielleicht habe ich auch den eigentlichen Punkt nicht deutlich genug gemacht.

        Bei dieser Kausalitätsfrage geht es nicht um die Besicherungsfolklore, sondern um die theoretische Validität der Aussage, daß ERST die Ersparnis da sein muß, damit DANN die Investition erfolgt. Die Sache ist die: in Realmodellen ist die Reihenfolge so richtig, weil bei diesen Nichtkonsum und Investition automatisch gleich sind. Das betrifft aber die Kreditgeldwirtschaft nicht, weil deren Anfang der Kredit ist, der die existierenden Produktionsfaktoren überhaupt erst ökonomisiert, sprich: diese erst in Funktion setzt. Denn allein die Existenz von Produktionsfaktoren bedeutet ja noch nicht, daß diese auch im Sinne des ökonomischen Effizienzkriteriums Geld auch zum Einsatz kommen. Im Gegenteil, das eigentliche Problem lautet ja: ist mit diesen Produktionsfaktoren ein Warenangebot realisierbar, dessen Verwendung auf dem Markt für Schuldendeckungsmittel einen ausreichenden Rückfluß eben dieses Schuldendeckungsmittels wahrscheinlich macht.

        Man macht es sich dann doch zu leicht, wenn man von existierenden Produktionsmitteln schon unmittelbar auf entstehende Produktionsprozesse schließt. Das kann man zwar für einen ’steady state‘ á la Solow voraussetzen, läßt dabei jedoch witzigerweise ausgerechnet die Probleme, die in einer liberalen Ökonomie gelöst werden müssen, schlichtweg außer Acht. Nicht umsonst ist die Wachstumstheorie eine der üblen Sackgassen der (neo-)klassischen Ökonomie geworden.

        Der Punkt ist also: die (Neo-)Klassik schließt von der (realen) Ersparnis auf die (reale) Investition, die Geldtheorie (in dem hier vertretenen Sinne) von der (Kruschwitz-)Investition auf die (monetäre) Ersparnis. Das hat nichts mit Besicherung zu tun, sondern damit, wie man Ökonomie analysieren möchte!

  11. Lange hat man geglaubt, die gesellschaftsweite Brachlegung der Arbeistkraft mit einem Wachstum der „Diener“ begegnen zu können. Man hat von der „Dienstleistungsgesellschaft“ geträumt, von Ich-AG`s, Eigenverantwortung und sonstigen Hirngespinsten, ohne sehen zu wollen, dass blosses Dienen – wie jede konsumtive Aktivität – kein Wachstum der Aktivaseite nach sich zieht. Ein Volk mag sich den ganzen Tag Reisen organisieren, die Haare schneiden und Meditationskurse geben und wird doch keinen Milimeter vermögender dadurch. Man hat mit anderen Worten das simpelste Marx`sche Gesetz nicht begriffen, dass nur Akkumulation von Investitionsgütern Reichtum schafft. Stattdessen hat man „Luftbuchungen“ zugelassen, die es auch einem Reisebürounternehmen erlaubt, Aktiva auszuweisen, wo gar keine sind. So hat eine ganze Gesellschaft gegen ein ökonomisches Gesetz verstossen, das da lautet: dass ohne Wachstum der Aktivaseite auch kein Schuldenwachstum des Unternehmenssektors möglich ist. Man kommt in der Schuldenmacherei ins Straucheln, wenn man auf der Aktivaseite nichts oder nur mehr „Löcher“ einzutragen hat. Wenn aber der Unternehmenssektor als Schuldenmotor ausfällt, eben weil seine Aktivaseite zu langsam wächst, dann trocknet das Geld der Haushalte aus: Es ist als ob man auf einem Berg von Geld sitzt und doch kein Neues mehr bekommt. Das Bild vom Geld verdreht sich im Hirn der Betroffenen zum Bild der Schuld: Man fühlt sich nun schuldig im Angesicht der jahrzehntelang betriebenen Geldanhäuferei. Nur meine Herren! So einfach ist das Spiel nicht! Niemand gestattet den Haushalten ihren Geldberg abzubauen ohne den gesamten kapitalistischen Prozess zu gefährden. Man macht den Kapitalismus nicht gesünder dadurch, dass man Haushalte verarmt. Oder habt ihr schon mal Verarmende als grossartige Geldausgeber gesehen? Ein Haushalt gibt nur aus dem Vollen aus, solange sein Geldvermögen wächst. Also hat man den Staat zum „Big Spender“ erklären müssen, mit einem schlechten Gefühl im Magen, weil jeder Bürger instinktiv begreift, dass der Staat nichts taugt. Man hat das einige Jahrzehnte betrieben und mit dem Namen grosser Ökonomen gerechtfertigt bis man begriffen hat, dass der Staat selbst dieses Spiel gar nicht spielen kann. Nur seine Notenbank kann`s und das ist auch der Grund, warum sie nun in die Schlacht geworfen wird. So werden noch viele Runden der durch die Notenbank verordneten Schuldenmacherei vergehen, ohne dass man irgendetwas bewirkt und ohne dass man begreift, worin wirklich das Übel liegt: im Schrumpfen der Nettoinvestition, das heisst: des Kapitalismus selbst. In seiner unerschöpflichen Gier die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, bis er auf einen „weissen Zwerg“ von Beschäftigten zusammenschrumpft. Die „Überflüssigen“ werden sich stauen und umso mehr sie sich stauen, desto mehr wir man sie zum „Dienen“ auffordern und Schuld ins System werfen ohne irgendetwas zu bewirken. Ein Volk, das nicht mehr begreift, was Reichtum ist, kann auch keinen Reichtum mehr produzieren. Oder wie Marx es lapidar sagte: „Die wahre Schranke des Kapitals ist das Kapital selbst“.

    Alfred Felsberger

    • Das einzige Mittel gegen die Produktivkraftentfaltung des Systems, das ja auch Jahrhunderte lang angewandt wurde, heisst: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Jedoch hat das System diesen Lösungsweg vor mehr als 30 Jahren verlassen. Jeder, der heute noch Arbeitszeitverkürzung verlangt oder von ihr träumt, ist höhnischem Gelächter ausgesetzt. Man muss sich also fragen: Was geht im Kopf der Beteiligten vor, dass sie sich gegen die einzig denkbare Antwort auf das Problem der Produktivkraftentfaltung sperren? Der Verweis auf die einzelwirtschaftliche Borniertheit der Beteiligten greift zu kurz, hier ist eine grössere Kraft am Werk, die den alten Modus der Arbeitszeitverkürzung sprengt. Sie heisst: Internationalisierung. Umso globaler die Konkurrenz, desto unmöglicher die Effekte einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich im nationalen Rahmen einzufangen. Das ist so ähnlich wie bei Ausgabeprogramme des Staates, deren Wirkung sich dann in Übersee wiederfinden. Wenn heute eine deutsche Industrie die Arbeitszeit ihrer inländischen Beschäftigung bei vollen Löhnen verkürzt, wird sie nichts anderes ernten als Nachteile im globalen Konkurrenzkampf. Es ist also der „Niedergang“ der nationalen Ökonomie selbst, der hinter dem Verzicht auf die einstigen Korrektive steckt.

      Alfred Felsberger

  12. Nun sollen Sie machen. Je mehr „Konkurrenz“angebote durch Staaten umso schneller geht es mit den Staaten den Bach runter. Ein sehr erfreulicher Ansatz.

    Eins ist bei diesen „Konkurrenzangeboten“ sicher, der Steuerzahler darf für die Ausfälle aufkommen. Das ist eben „soziale“ Gerechtigkeit.

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