Wo ist die Kasse der Zentralbank?

Vielleicht sollte man mal ein paar grundsätzliche Dinge hinsichtlich der „Kasse“ bei Zentralbanken klarstellen. Die erste Unterscheidung, die man treffen muß ist die zwischen Finanzbuchhaltung und Bilanz. Eine Bilanz ist die Aufstellung von Aktiva und Passiva zu einem Zeitpunkt! Aus einer Bilanz werden dann per sog. Eröffnungsbuchungen die Anfangsbestände der Finanzbuchhaltung erzeugt. Weist also die Bilanz der SNB einen Vermögenswert „Internationale Zahlungsmittel“ 4.440,6 Mio. CHF (31.12.2018) auf, wird am 1.1.2019 in der Finanzbuchhaltung für diese Position genau dieser Zahlenwert als Startbestand eingetragen. Jede Änderung, die im Laufe des Jahres bezüglich dieser Position passiert, wird auf diesem Konto gebucht, bis am 31.12.2019 der Saldo dieses Kontos in die dann zu erstellende Bilanz eingetragen wird. So weit, so gut.

Dasselbe passiert auch mit der Position „Notenumlauf“ 82.238,8 Mio. CHF, so daß die Finanzbuchhaltung genau diesen Wert für den Notenumlauf als Anfangsbestand ausweist. Da der Notenumlauf ein sog. Passivkonto ist, wird die Eröffnungsbuchung im Haben vermerkt, denn Passivkonten erhöhen sich bei einer Buchung im Haben – rechts. (Aktivkonten erhöhen sich spiegelbildlich bei einer Buchung im Soll – links.)

Nun ist es so, daß die Finanzbuchhaltung auch durchaus Konten enthalten kann, die keinen Eingang in die Bilanz finden. Das ist dann der Fall, wenn der Abschlußsaldo eines Kontos den Betrag Null aufweist. Das heißt natürlich nicht, daß nicht auf diesem Konto erhebliche Umsätze stattgefunden haben können. Nun enthält jede Finanzbuchhaltung auch ein Konto „Kasse“, wobei – wie man leicht aus der Inspektion der SNB-Bilanz sehen kann – der Eröffnungsbestand dieses Kontos in der Finanzbuchhaltung „Null“ beträgt, denn in der Bilanz ist es ein Nullkonto und wird DESWEGEN nicht aufgeführt. (Das hat auch etwas mit der Funktion der Bilanz als Vermögensrechnung zu tun, wobei es sich erweist, daß für die Notenbank ein Bargeldbestand kein Vermögen darstellt und ein positiver Kassenbestand das Vermögen einer Zentralbank zu hoch ausweisen würde.)

Die Frage ist nun, wie jetzt Geld in die Kasse gelangt. Normale Unternehmen müssen etwas gegen Bargeld verkaufen, oder am Geldautomaten ihr Weisungsrecht gegenüber der Bank geltend machen und damit Bargeld anfordern. In beiden Fällen handelt es sich dabei um einen Aktivtausch – Ware gegen Bargeld oder eben Kontoguthaben gegen Bargeld.

Bei Zentralbanken kommt noch eine Möglichkeit dazu, wenn sie nämlich das ihnen exclusiv zugesprochene Recht nutzen, um Bargeld für den Umlauf vorzubereiten. (Art. 7 (1) WZG: „Die Nationalbank gibt nach den Bedürfnissen des Zahlungsverkehrs Banknoten aus.“) Dazu muß sie von den bei ihr im Keller liegenden frisch gedruckten Banknoten die gerade benötigte Menge herausholen, die dann durch eine Registrierungs- und Buchungsoperation zu gültigen (zum Zahlungsverkehr zugelassenen) Banknoten werden. Zum einen werden die Registriernummern der zu aktivierenden Banknoten in der Datenbank der in Umlauf befindlichen Banknoten gespeichert, zum anderen wird diese Aktivierung dieser Banknoten durch die Buchung


Kasse an Banknotenumlauf


in der Finanzbuchhaltung (und nicht in der Bilanz) dokumentiert. Wenn also die „Bedürfnisse des Zahlungsverkehrs“ in einer Anforderung von Banknoten durch eine Geschäftsbank bestehen, notiert die Zentralbank das ausgegebene Volumen als Notenumlauf, während die sich in der Kasse befindenden Banknoten kurz danach von einem Geldtransporter abgeholt und zu der anfordernden Bank verbracht werden. Die Abholung wird natürlich auch mit einer Buchung begleitet und zwar:


Giroverbindlichkeiten an Kasse


so daß bei der Zentralbank die Giroverbindlichkeiten abnehmen und der Kassenbestand wieder auf Null zurückspringt.

Hat eine Bank zuviel Bargeld angenommen kann sie dieses wieder zur Zentralbank zurückbringen und bekommt den eingelieferten Betrag gutgeschrieben:


Kasse an Giroverbindlichkeiten (aus Sicht der Zentralbank
– bei der Bank: Zentralbank-Guthaben an Kasse).


Da aber nun eine Zentralbank nicht weiß, was sie mit den in der Kasse herumliegenden Banknoten anfangen soll, kann sie diese wieder aus dem Umlauf entfernen, indem sie die Registriernummern aus der Datenbank löscht und mit der Neutralisierungsbuchung


Notenumlauf an Kasse


diesen Vorgang (erfolgsneutrale Bilanzverkürzung) in der Finanzbuchhaltung dokumentiert.

Genau diese Operation der Ausbuchung von etwa noch in der Kasse befindlichen Banknoten passiert auch dann, wenn die Finanzbuchhaltung zum Zweck der Bilanzerstellung abgeschlossen wird. Sollte also zum Kassenschluß noch Bargeld in der Kasse sein (was deswegen ausgerechnet kurz vor Jahresschluß der Fall ist, weil die Banken die aus den bar eingenommenen Weihnachtsumsätzen der Unternehmen angeschwollenen Kassenstände als Einzahlung bekommen und selber loswerden wollen), wird, bevor das Konto „Kasse“ abgeschlossen wird, wie oben noch eine Buchung eingefügt:


Notenumlauf an Kasse(nbestand)


womit der Kassenbestand zu Null wird, damit der Abschlußsaldo des Kassenkontos Null ist und auf eine Übernahme des Nullsaldos bzw. des Kontos „Kasse“ in die Bilanz verzichtet werden kann. Diese Ausbuchung nicht benötigter Kassenbestände ist übrigens nicht erfolgswirksam, weil hierbei lediglich zwei Bestandskonten verändert werden, was dann zu einer Bilanzverkürzung führt. Genausowenig wie eine Bilanzverlängerung aufgrund einer Aktivierungsbuchung von Bargeld zu einem Gewinn führt, führt eine Neutralisierungsbuchung, also die Verminderung des Notenumlaufs einhergehend mit einer Außerkraftsetzung der Gültigkeit der zu „vernichtenden“ Banknoten zu einem Verlust. Diese Operation steht im Einklang mit Art. 7 (2) WZG, wobei die Ausbuchung zur Bilanzerstellung vermutlich deswegen nicht so publik ist, weil nach Art. 29 NBG die SNB keine Geldflussrechnung (sic.) erstellen muß, in der solche Operationen dann aufgeführt werden müßten.

Das ist alles keine Hexerei, man muß nur links und rechts auseinanderhalten und vor allem nicht Bargeld auf der Passivseite einer Zentralbankbilanz suchen wollen. Wenn überhaupt befindet sich Bargeld als „Kasse“ in der Finanzbuchhaltung und dort auch auf der Seite, wo es hingehört – ins Soll nach… links! In der Bilanz einer Zentralbank dagegen hat das (eigene) Bargeld überhaupt nichts verloren – weder links noch rechts…

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23 Kommentare

Eingeordnet unter Geldtheorie

23 Antworten zu “Wo ist die Kasse der Zentralbank?

  1. Wenn ich Ihnen „soffi“ Dr. Menendez die Frage :
    Wo bleibt die Kasse der Zentralbank?
    richtig beantworte lautet das so:

    Im Idealfall läuft das Zentralbandgeld in den Bilanzen der Wirtschaftsteilnehmer um, es sei denn, es konzentriert sich bei den Banken oder ihren Anteilseignern

    Die Konsequenz daraus bleibt, seit Einführung dieses Systems, diesen Stillstand durch Konzentration vom Gesetzgeber zu beenden, da es diese Kassenhalter nicht selbst tun.

  2. Hagen

    Ich habe alle Beiträge Ihres lehrreichen Blogs mit großen Vergnügen gelesen, manche mehrfach. Ihre Argumentation leuchtete mir ein, nur eine Grundannahme fand ich ästhetisch unbefriedigend.
    Ein Aktivum, dachte ich, ist, was in einer Bilanz links steht, und was nicht links steht, ist folglich kein Aktivum. Mit dem Beitrag über die Kasse der SNB haben Sie nun auch diesen Schatten ausgeleuchtet. Ich bedanke mich in der Hoffnung, noch viele Texte von Ihnen zu lesen.

    • Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie meinen, denn die Geschichte, daß die Dinge, die bei einer Bilanz links stehen mit Aktiva bezeichnet werden und rechts mit Passiva, ist eher eine sprachliche Konvention denn eine Annahme. Diese Konvention wird ja auch durch den Blogbeitrag nicht in Frage gestellt, denn hinsichtlich des Bargeldes ist es ja gerade nicht so, daß es sich auf der passiven Bilanzseite befinden würde. Der Bargeldumlauf auf der Passivseite ist kein Posten, der einen Kassenbestand anzeigt (wie bei Nichtzentralbanken auf der Aktivseite üblich), sondern ein Informationsposten über (in der Vergangenheit) ausgegebene Banknoten, die sich demzufolge außerhalb der Zentralbank befinden. (Daß der Bargeldumlauf einen eigenkapitalähnlichen Status hat, sei hier nur am Rande erwähnt!)

      • Hagen

        Meine Bemerkung zielte tatsächlich nur auf die sprachliche Konvention. Aber kann man alles heißen lassen, wie man will? Sollte man einen „einmalig schlagenden Beweis“ wie Goggelmoggel eine „Glocke“ nennen? Wenn die Bankenaufsicht „einfach ausgedrückt“ Eigenkapital definiert als „das Geld, das eine Bank von ihren Anteilseignern und anderen Anlegern erhalten hat“, dann finde ich diese Definition nicht „einfach“, sondern einfach nur verwirrend. Wenn Eigenkapital eine Teilmenge von „Geld“ wäre, wie könnte dann ein Unternehmen über Eigenkapital verfügen, ohne einen Cent zu besitzen? Wieso können Schwindler mit Geld um sich werfen, obwohl sie ohne Eigenkapital dastehen?
        Wenn ich dagegen lese, Geld sei niemals ein Passivum, findet das sofort meinen Beifall, weil Sachverhalt und sprachlicher Ausdruck in Einklang stehen. Denn ein „Bargeldumlauf“ ist natürlich genausowenig Bargeld, wie ein Planet seine Umlaufbahn. Logisch.
        Folglich stolpere ich dummerweise über die Aussage, dass Geld immer ein Aktivum ist, da es dann aus Gründen sprachlicher Klarheit auch in der Bilanz einer Zentralbank eine Kasse geben müsste, die ich aber nirgends fand. Ich erinnere mich nicht mehr an Ihre ursprüngliche, eher nebenbei fallengelassene Erklärung (darin kamen Lastwagen vor, die beladen werden), aber sie hatte mich nicht überzeugt. Deswegen bezweifelte ich nicht den Sachverhalt. Selbst eine Zentralbank mit ihrer fantastischen Möglichkeiten wird ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Vermieter oder den eigenen Angestellten letzlich nicht mit Verbindlichkeiten gegenüber Dritten oder ihren Eigentümern bezahlen können. Es wäre natürlich auch Unfug, in der Bilanz als Vermögenswert aufzuführen, was für eine Zentralbank kein Vermögen ist. (Zu welch gedanklicher Verwirrung es führt, wenn dies aus Gründen interner Verrechnung doch einmal geschieht, sieht man an der unseligen Diskussion um die Intra-Eurosystemsalden!). Dennoch blieb mir die Frage: wo ist die verdammte Kasse? Diese Frage haben Sie mir erfreulicherweise ausführlich beantwortet. Mit meinem Kommentar wollte ich Sie darin bestärken, solch technische Details aus dem Innenleben der Geldmaschine öfter zu erklären, denn diese Informationen sind schwer zu finden. Ich hatte jedenfalls vergeblich im Internet nach einer Erläuterung gesucht, wie die Zentralbank die Geldscheine im Tresor verbucht.

        • Es ist tatsächlich nicht so einfach, für derart konkrete Fragen kompetente Antworten zu finden. Man muß schon lange suchen, bis man z.B. folgende Perle findet:

          https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=28222

          Der „Teufel im Detail“ ist leider nicht explizit darauf eingegangen, daß sich diese Buchungen ausschließlich in der Finanzbuchhaltung wiederfinden, aber mit der Bestätigung durch Prof. Gehrig bekommt man hier den Nachweis über Verfahrensüblichkeiten, die in der einschlägigen Literatur nicht zu finden sind. Die Frage ist: warum nicht? Es ist zunächst einmal verwunderlich, daß die Zentralbank Bargeld – das einzige existierende Zahlungsmittel – so einfach per Buchungssatz als gültig erzeugen kann, ohne daß dabei eine weitere Kontraktpartei benötigt würde. Geschäftspartner werden aber dann benötigt, wenn das Bargeld auch in Umlauf kommen soll. Sobald man diesen Unterschied einmal erkannt hat, gibt es kein Vertun mehr… (…und die ganze Mystik rund um die sagenumwobene „Geldschöpfung“ geht den Bach runter!).

  3. felsberger2012

    Ich empfehle Ihnen O.Spengler „Der Untergang des Abendlandes/ Das Geld/ Kap.4“ zu lesen:

    http://www.zeno.org/Philosophie/M/Spengler,+Oswald/Der+Untergang+des+Abendlandes/Zweiter+Band%3A+Welthistorische+Perspektiven/5.+Kapitel%3A+Die+Formenwelt+des+Wirtschaftslebens/1.+Das+Geld/4.

    Ich denke, dass hier sehr überzeugend dargelegt ist, dass die Abendländer erst dann zum Wesen ihres Geldes – Spengler nannte es „faustisch“ – vordringen werden, wenn alle römischen Reste des Geldes als Sache beseitigt sind. Erst wenn Münze und Bargeld abgeschafft sind und aus dem Gedächtnis der Menschen verflogen, werden sich die Abendländer auch von dem unsäglichen römischen Erbe trennen: eine Sache als Geld zu sehen. „Faustisches Geld“ hat mit Materie nichts zu schaffen, sondern fußt auf Kraftbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner. Der eine hat das Recht zu fordern, der andere muß liefern, um sich zu entschulden. Was sollte in dieser dynamischen Beziehung eine Sache bedeuten?

    LG
    A.F.

    • Herrn felsberger2012
      Der historische Verlauf ist sehr tiefgehend, trotzdem möchte ich mit auf einen Abgleich zum aktuellen Geldbegriff, wie er hier zusammengetragen ist, hinweisen

      Klicke, um auf AP-2-Enghofer-Knospe-formatiert.pdf zuzugreifen

      weil ich dem Faust, ich möchte sagen glücklicherweise, literarisch nicht begegnen brauchte, aber auch nicht als modern oder global erachte.
      Letztlich erfüllt die Schatztruhe des Kämmerers dieselbe Funktion wie die Forderungs- und Verbindlichkeitensalden oder der Geldbetrag diese auszutragen.
      Was inhaltlich damit verbunden ist bleibt der freien Verwendung des Bürgers zugestanden.
      Diese steht somit Ihrerseits wohl zur Diskussion der Kultur/Zivilisation?

      • felsberger2012

        Sehr geehrter Herr Ruby,

        Es ist der Staat selbst, der das geerbte Sachenrecht in Frage stellt. Denn er akzeptiert schon lange die Bezahlung der Steuer durch Forderungen (=Geschäftsbankengeld), was er niemals dürfte, wenn er seine eigenes Recht ernst nehmen würde, ja schreitet sogar zur Kriminalisierung der Sache, wenn man es trotzdem wagen sollte die Steuer mit Bargeld zu bezahlen, und drängt seit kurzem sogar auf dessen vollständige Abschaffung. Wozu daher noch an den überlieferten Kategorien festhalten? Es bedarf – wie Spengler zurecht gefordert hat – Menschen, die in die Zukunft blicken, nicht zurück in das römische Recht….

        LG
        F.

        • Hagen Pau

          Ja, das wäre schön, wenn man seine Schulden beim Finanzamt statt mit Steuerzahlung mit dem Versprechen auf spätere Steuerzahlung (Geschäftsbankengeld) begleichen könnte. Das geht natürlich nicht. Die Geschäftsbank zahlt auf Weisung des Steuerschuldners mit ihren dem Bargeld rechtlich gleichgestellten Zentralbankreserven. Dabei hüpft kein Geld vom Girokonto des Bankkunden auf ein Zentralbankkonto, auch wenn es für den Steuerschuldner so aussehen mag, da sein Konto belastet wird und das Finanzamt daraufhin Ruhe gibt.
          P.S.: Wohin ist eigentlich mein letzter Kommentar verschwunden?

        • Bei mir werden 3 Kommentare angezeigt. Fehlt da noch einer?

        • Hagen

          Kein Problem und auch kein großer Verlust, fürchte ich. Ist wohl beim Hochladen verloren gegangen, belassen wir es dabei. Vielleicht nur der Hinweis, dass in den Bilanzen der Nationalen Zentralbanken des Eurosstems die Verbindlichkeit „Banknotenumlauf“ den dem Kapitalschlüssel entsprechenden Anteil der jeweiligen NZB am gesamten Umlauf von Euro-Banknoten angibt, nicht aber den Nominalwert der tatsächlich von dieser NZB in Umlauf gegebenen Banknoten. Um diesen zu ermitteln, muss man zu der Position Notenumlauf die „Verbindlichkeiten aus der Verteilung des Banknotenumlaufes“ addieren, beziehungsweise die Forderungen aus der Verteilung des Umlaufs abziehen. Das führt für physisches Geld auf einigen buchungstechnischen Nebenwegen zum selben Ergebnis wie die vieldiskutierten Targetsalden. Und so soll es ja auch sein.

          @felsenberger2012: man kann seine Steuerschuld straflos durch Bareinzahlung an einem Schalter der Bundesbank in Frankfurt begleichen. Sie dem örtlichen Amtmann in Packparpier eingewickelt unauffällig zuzustecken, ist allerdings tatsächlich verboten.

        • Ich habe das noch nicht nachgerechnet, aber für meine Begriffe sind TARGET-Salden lediglich unterlassene Bargeldzahlungen. Das liegt daran, daß Zentralbanken nur mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel auch tatsächlich zahlen können. Weil aber Bargeld für Zentralbanken kein Wertgegenstand ist, kann auf einen Bargeldausgleich auch komplett verzichtet werden. Wenn man wollte, könnte man diese „Verbindlichkeiten aus der Verteilung des Banknotenumlaufs“ gegen die TARGET-Salden verrechnen. Dazu hatte ich jüngst einen Kommentar bei Stelter gepostet:

          https://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/target-2-auf-dem-weg-zur-billion-sollten-wir-es-wie-pascal-halten/#comment-154145

          Wenn Sie dafür eine Rechnung aufmachten, könnte das ausgesprochen interessant sein. Logisch ist es ohnehin, aber das mit Zahlen zu belegen wäre schon was!

        • Hagen

          Targetsalden kann man gerne als unterlassene Bargeldzahlung bezeichnen, Reserven übrigens auch. Bargeldzahlung wird in beiden Fällen unterlassen, weil eine Zentralbank eine Zahlungsverpflichtung in eigenem Geld immer und unter allen Umständen erfüllen kann und wird, weshalb man den spitzfindigen Unterschied physischen und digitalem Zentralbankgeld m.E. in aller Regel vernachlässigen kann. Jedenfalls muss, wenn ein deutscher Tourist in Mailand einen Maßanzug kauft, die Verbuchung dieser Transaktion in allen betroffenen Zentralbankbilanzen letztlich zum gleichen Ergebnis führen, unabhängig davon, ob er die Rechnung per Kreditkarte oder bar begleicht.
          Der Euro ist eine Gemeinschaftswährung, die auf der Grundlage gleicher, für alle geltender gemeinsame Regeln dezentral von den einzelnen Nationalbanken geschöpft wird. Die Gewinne, die in den Zahlungsströmen der Aktiva bestehen, die als Ausgleich für das Geld von den Geschäftsbanken in Pension genommen werden, fließen den einzelnen NZBs zu, gehören aber dem Eurosystem insgesamt, also der Gemeinschaft aller 19 NZBs. Interne Verrechnungssalden halten fest, welche NZB was an Geld schöpft, und wohin dieses Geld wandert. Am Jahresende wird abgerechnet, die Gewinne werden nach einem bestimmten Schlüssel verteilt, die Bundesbank erhält knapp 25%. Nun richtet sich der Geldbedarf in einer Region nach keinem Schlüssel, sondern nach der Nachfrage der Geschäftsbanken. Diese weicht häufig vom Anteil der jeweiligen NZB ab, die Bundesbank beispielsweise bringt mehr als doppelt soviel Banknoten in Umlauf, wie es ihrem Anteil entspricht, in Italien dagegen werden überproportional viele Reserven geschöpft. Dadurch fließen diesen NZBs mehr Geldschöpfungsgewinne zu (einmal aus digitalem, das andere mal aus physischen Zentralbankgeld), als ihnen anteilig zusteht. Damit sich unterjährig nicht allzu hohe Forderungen aufbauen, werden die Verrechnungssalden verzinst, und zwar zu jenem Satz, der auch die Geldschöpfungsgewinne bestimmt: dem Hauptrefinanzierungssatz.
          Die Schöpfung und Migration von digitalem ZB-Geld wird in Echtzeit erfasst, dagegen weiß man bei Banknoten nie, wo sie gerade herumliegen, weshalb die Datenerfassung und Verbuchung schwieriger ist, paradoxerweise das Prinzip aber klarer hervortritt:
          Der Anteil der Bundesbank am gesamten Banknotenumlauf betrug im vergangenen Geschäftsjahr 313 Mrd. Euro. Dieser Betrag – also der rechnerische Anteil und nicht die tatsächlich geschöpften Banknoten! – wird als unverzinste Verbindlichkeit aus dem Banknotenumlauf verbucht. Wenn eine NZB weniger als ihren Anteil herstellt, bekommt sie als Ausgleich eine Forderung aus der „Verteilung des Banknotenumlaufs“ gutgeschrieben. Diese ist verzinst und ersetzt den bei der Notenschöpfung entgangenen Gewinn. Die Bundesbank gibt mehr Banknoten aus, und hielt deshalb Verbindlichkeiten aus der Verteilung des Banknotenumlaufs von 435 Mrd.
          Die Begrenzung dieser Salden würde bedeuten, dass die Buba die Geschäftsbanken nicht ausreichend mit Banknoten versorgen kann, die diese ihren Kunden zu liefern verpflichtet sind, und auf die die Geschäftsbanken ein Anrecht haben, wenn sie die vereinbarten gemeinsamen Anforderungen (z.B. an die zu hinterlegenden Sicherheiten) erfüllen. Für digitales ZB-Geld und die „Targetsalden“ gilt spiegelbildlich das selbe. Draghi hat völlig Recht wenn er sagt:
          „The system works very well. The people who want to cap it, collateralize, limit … I mean the truth is, they dont like the euro. They dont like the monetary union. Because the only way a monetary union can work is that they have an efficient payment system, which is what Target2 is.“

        • Hagen

          Für das, was ich verbal zu illustrieren versucht habe, finden Sie die korrekte mathematische Formel hier: Martin Hellwig, Target-Falle oder Empörungsfalle?, in Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2018; 19(4), S. 360f. (https://www.degruyter.com/view/journals/pwp/19/4/article-p345.xml).
          Die Formel zeigt, dass die Geldschöpfungsgewinne des ESZB wie auch die Gewinnausschüttung an die NZBs unabhängig von den Salden aus innereuropäischen, grenzüberschreitenden Überweisungen (Targetsalden) und der Verteilung des Banknotenumlaufes sind. Daraus folgt, dass man durch einen Ausgleich der „überschüssigen“, über den Normumlauf hinausgehende Schöpfung von Banknoten (beispielsweise durch die Bundesbank), oder die überproportionale Schöpfung von Reserven (beispielsweise durch die Banca d´Italia) keine Zinsersparnisse erzielen kann. Tatsächlich hätte eine solche „Neutralisierung“ nicht nur keinen Nutzen, sondern sie würde erhebliche Störungen des Zahlungsverkehrs bewirken.
          Völlig Recht haben Sie natürlich mit Ihrer Feststellung „es existiert kein Entwertungsrisiko“.

  4. Den Buchstabensalat, den Hellwig da produziert muß man sich eigentlich garnicht ansehen, denn aus saldenmechanischen Gründen ist die Gesamtsumme der Erträge aus den T2-Salden (plus und minus) ohnehin gleich Null, soweit für Forderungen und Verbindlichkeiten der gleiche Zinssatz gilt. Die zugeteilten Bargeldquoten sind demgegenüber die Ausgleichsposten, welche die tatsächliche Bargeldausgabe nach Maßgabe des Kapitalanteils bereinigen.

    Das sieht man am einfachsten so:
    B = B1 + B2 + … + B19 tatsächliche Banknotenausgabe
    ZB = k1*B + k2*B + … + k19*B Zugeteilte Banknotenausgabe, wobei K = k1 + k2 + … + k19 = 1 Kapitalschlüssel
    =>
    F/V = (B1-k1*B) + (B2-k2*B) + … + (B19-k19*B) Summe des Forderung/Verbindlichkeitssaldos
    was aber nichts anderes ist als:
    F/V = B – ZB = 0

    Man kann da auch 100% Zinsen zugrunde legen und es bleibt dennoch bei 0€ Nettoeffekt auf die gemeinsamen Einkünfte. Soweit stimmt das alles. Hellwig drückt das so aus, daß „die Summe der Normwerte für den Bargeldumlauf gleich dem tatsächlichen Bargeldumlauf ist.“ (ZB = B)

    Was demgegenüber nicht klar ist, ist die Verteilung. Denn daß sich auf der globalen Ebene Forderungen und Verbindlichkeiten aufheben ist in jedem Buchungssystem der Fall, welches auf der doppelten Buchführung basiert. Die Nachfrage nach Banknoten ist aber eine nachfragegesteuerte Größe, die von der jeweiligen NZB nicht beeinflußt werden kann und ebenso die Höhe der durch T2 verursachten Schöpfung von Reserven. Für die einzelne NZB ist letztlich relevant, wie hoch ihre Netto-Quote an den – von ihr zu zahlenden – „gemeinsamen Einkünften“ im Verhältnis zu ihrem Kapitalschlüssel-Anteil ist. Aber ob sich diese Quoten gegenseitig neutralisieren ist überhaupt nicht klar. Und daß es an diesem Punkt erhebliche Kontroversen gibt sieht man z.B. daran, daß selbst solche (relativen) Kleinigkeiten wie die Verfahren zur Erfassung von vernichteten Banknoten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf die Abführungspflicht von Erträgen (die ja auch nur aus Buchungsposten bestehen) ernsthafte Kontroversen erzeugen, die dann in diversen Beschlüssen des EZB-Rates niedergelegt wurden. Als wenn nichts wichtigeres zu tun wäre…

    Haben Sie eigentlich eine Erklärung für die steile These von Hellwig, daß „die betreffenden Salden keine Ansprüche auf oder Verpflichtungen zu Zahlungen begründen.“? Für eine Position, die zum Auslandsvermögen gerechnet wird, ist eine derartige Aussage mehr als begründungsbedürftig. Nun ist ja eine Forderung auf Bargeld für eine NZB kein Vermögenswert, weil Banknoten in der Vermögensrechnung von Zentralbanken (Bilanz) nicht existieren, weswegen keine NZB bei einer anderen NZB Banknoten anfordern muß. Dabei führt jedoch das Bestreiten der Forderungseigenschaft für T2-Salden bei der von ihm selbst propagierten „ökonomischen“ Wertermittlung dazu, daß dann der Vermögenswert der T2-Salden sage und schreibe 0 € betragen würde. Für ein „Auslandsvermögen“ kein guter Wertansatz…

    • Hagen

      Der Umverteilungsmechanismus über die Verrechnungssalden hat die jährliche Schlussabrechnung des ESZB noch nie überflüssig gemacht, schon gar nicht heutzutage, wo der Hauptrefinanzierungssatz bei 0% liegt und die Hauptquelle von Geldschöpfungsgewinnen sich auf der Passivseite befindet (die Negativverzinsung der Überschussreserven). In jedem Dezember werden daher alle Gewinne in den ephemeren Intra-Eurosystemsalden aus dem sich „bei Zusammenlegung und Umverteilung der monetären Einkünfte ergebenden Differenzbetrag“ gebucht, die mit der Verrechnung der Gewinne am letzten Werktag im Januar aufgelöst werden (Leitlinien der EZB, Anhang IV). Es findet also jährlich ein Ausgleich statt, aber nur bei den Gewinnen, nicht bei den diesen zu Grunde liegenden internen Verrechnungssalden.
      Hier besteht meines Erachtens Klärungsbedarf.
      Wenn Geld kein Vermögenswert für eine ZB ist, dann können Targetsalden auch keiner sein, denn sie sind nichts anderes als eine Forderung auf Lieferung von Geld (und nicht auf Gold oder Immobilien). Steht es nicht ähnlich auch auf soffisticated? Hellwig kommt mit buchhalterischen Argumenten zum selben Ergebnis. Die Verbuchung der Reserven und des Bargeldumlaufes als Verbindlichkeiten seien historisch, aber nicht sachlich begründet. Würde man die außerhalb der Banken üblichen Bilanzierungsmethoden anwenden, müsste ihr Zeitwert mit Null angesetzt werden.
      Beides ist für sich schlüssig… scheint aber im Widerspruch zu Gewinnen, die ebenfalls im Kleide von Geldforderungen anfallen, und die von den NZBs freudig einkassiert werden. Zahlung in Form von Tilgung soll wertlos sein, eine Zahlung in Form von Zins nicht? Ist Geld nicht Geld?
      Tatsächlich wird, wer nach dem Unterschied im Wesen des Geldes sucht, nicht fündig werden. Dazu muss man Verträge und Gesetze lesen. Für jede ZB ist Geld wertlos, egal aus welcher Quelle es stammt. Letztlich ist sie ja selbst die Quelle jeder Geldschöpfung. Sie könnte ihrer Regierung jederzeit jede beliebigen Geldsumme liefern. Aber sie darf es nicht! Es ist verboten! Gewinne aus der Geldschöpfung dagegen darf sie der Regierung auszahlen, und für diese ist das Geld alles andere als wertlos.
      So einfach und so wenig mysteriös. Das ist der Unterschied zwischen Geld und Geld. Er gründet auf Recht und nicht auf der Natur des Geldes. Vereinbarungen unter Menschen machen ihn aus. Nichts sonst. (Fortsetzung folgt)

      • Hagen

        Habe ich denn Ihren Blog völlig missverstanden? Aus der Logik Ihrer Argumentation schien mir zwingend zu folgen, dass Sie auf einem anderen Weg zum selben Ergebnis wie Hellwig kommen müssten. Etwa so: Geld ist niemals eine Verbindlichkeit, auch nicht bei einer Zentralbank, sondern im Gegenteil immer ein Schuldentilgungsmittel. Geldforderungen werden rechts- und endgültig beglichen durch die Übergabe der geschuldeten Sache, was bei monetären Verbindlichkeiten das gesetzliche Zahlungsmittel, also Bargeld ist. Targetsalden sind eine Forderung auf Banknoten in eigener Währung. Diese haben für eine ZB keinen Wert, da sie bei Erhalt ausgebucht werden. Da die Erfüllung einer Forderung keinen Wert hat, hat die Forderung selbst auch keinen Wert. Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich Sie falsch interpretiere.
        Da könnte man natürlich beim Stichwort „Auslandsvermögen“ auf eine Idee kommen, wie die Bundesbank die für sie wertlosen Banknoten verwenden könnte, um „Deutschland“ und seinen Bürgern „sein“ Auslandsvermögen zukommen zu lassen: die T2-Forderung gegen für sie selbst wertlose Banknoten tauschen und diese vom Helikopter über dem Land niederregnen lassen. Leider nicht zulässig. Denn Geld vom Helikopter abwerfen ist zweifelsohne Geldpolitik, und die ist bei einer Gemeinschaftswährung ein gemeinschaftlicher Akt, für den im ESZB allein die EZB verantwortlich zeichnet. Die NZBs sind weisungsgebunden und müssen die Geldpolitik der EZB umsetzen, nationale Alleingänge einzelner NZBs sind unzulässig, von wenigen Ausnahmen begrenzten Umfangs (ELA, ANFA) abgesehen.
        Ich würde daher Hellwigs Aussage ergänzen. Eine NZB hat nicht nur keinen Anspruch auf oder eine Verpflichtung zur Zahlung der Intraeurosystemsalden, sie darf nicht einmal die „Wertpapiere für geldpolitische Zwecke“ ohne Genehmigung der EZB verkaufen, schon gar nicht, um beispielsweise lieber in Gold zu investieren. Und das, obwohl diese auf Risiko der jeweiligen NZB gehalten werden und vorwiegend aus Staatsanleihen der eigenen Regierung bestehen. Verkaufen darf eine NBZ aus eigenem Antrieb natürlich schon gar nicht die „Forderungen in Euro aus geldpolitischen Operationen an Kreditinstitute im Euro-Währungsraum“. Das ist Gemeinschaftsbesitzt. Gemeinschaftswährung ist Gemeinschaftssache, da darf nicht jede NZB nach Belieben in den Honigtopf greifen.
        „Auslandsvermögen“ ist ja sowieso nur ein statistisches Artefakt mit begrenztem heuristischen Nutzen. Es gibt kein „wir“, das dieses Vermögen besitzt. „Deutschland“ hat kein Vermögen im Ausland, sondern nur natürliche oder juristische Personen, die in Deutschland ansässig sind. Ich zum Beispiel habe Auslandsvermögen in Form eines Ferienhauses. Ohne meine Einladung darf „Deutschland“ dieses nicht betreten, andererseits wird weder „Deutschland“ noch (außer mir selbst) einer seiner Bürger ärmer, wenn das Auslandsvermögen sinkt, weil mein Haus abbrennt. So auch bei den T2-Salden. Ob sie nun eine Billionen wert sind oder nix, macht keinen deutschen Bürger ärmer oder reicher. Es macht nicht einmal die Bundesbank reicher oder ärmer, und schon gar nichts ändert es an dem einzigen Teil des Vermögens der Bundesbank, auf den Begehr zu richten sich lohnt: der, den sie als Gewinn ausschütten darf.

        • Eine klärende Antwort hat Prof. H-W Sinn bereits mit historischem Zustandekommen gegeben
          https://www.degruyter.com/view/journals/pwp/20/3/article-p170.xml

        • Hagen

          Wenn ein Zentralbankverbund eine gemeinsame Währung für den gemeinsamen Binnenmarkt schöpft und dabei alle Kosten, Risiken und Gewinne teilt, dann sind die internen Verechnungssalden nichts als Merkposten über Geldmigration, aber keine Vermögenspositionen. Dies ergibt sich schon (aber nicht nur!) aus dem simplen Umstand, dass es keinen gedanklichen Nährwert hat, von einem „Schuldverhältnis“ zu sprechen, wenn dieses durch die Übergabe einer sowohl für den Schuldner als den Gläubiger völlig wertlosen geschuldeten Sache, Geld in eigener Währung, beendet würde. Näheres dazu in dem empfehlenswerten Blog „soffisticated“.
          Auch HW Sinn weiss, dass es nicht reicht, das gemeinsame Geld begrifflich in „Binnengeld“ und „Außengeld“ zu spalten. Das mag eine gewisse suggestive Wirkung haben, sagt aber zunächst nur aus, dass Geld an anderen Orten ausgegeben wird als hergestellt, was nicht strittig ist. Für die Begründung eines „Schuldverhältnissen“ reicht dies nicht. Damit seine Hypothese von den durch Geldüberweisung automatisch generierten „Targetkrediten“ nicht völlig ins Leere schießt, muss HW Sinn daher behaupten, die Geldschöpfung des ESZB wäre keine gemeinsame. Dies tut er mit diesen Worten: „Eine nationale Notenbank, die einer anderen einen Zahlungsauftrag erteilt, bleibt Eigentümerin der Geldschöpfungsaktiva, die durch die Hergabe von Zentralbankgeld in ihren Besitz kamen. Die Notenbanken gewähren einander also (sic!) unbesicherte Kredite.“
          Auf diesem aus Sand gebauten Fundament lastet das gesamte Konstrukt der „Targetkredite“. Nur wenn die Behauptung zuträfe, hätten die hinkenden Beispiele HW Sinns irgendeine Aussagekraft. Und was hat er nicht alles angeführt! Kontokorrentkredite, goldgedeckten Währungen, Überziehungskredite, SZR, den Bancor, Saldenausgleich mit den WKM II-Ländern und überhaupt Devisen, ganz zu schweigen von den, mit Verlaub, wirklich lächerlichen populären Beispielen von Bierdeckeln oder seinem Freund, der für ihn eine Werkstattrechnung begleicht.
          Aber der Satz ist völlig falsch. Zwar betreiben die NZBs auch eigene Geschäfte, aber die Geldschöpfung gehört nicht dazu. Die einzelnen NZBs sind folglich nicht Eigentümer der Aktiva aus Geldschöpfung (die sie auf Weisung der EZB ausführen), sie sind nur deren Besitzer. Denn wenn einzelne dieser Aktiva ausfallen sollten, dann trüge nicht die NZB, in deren Bilanz die betreffenden Aktiva geführt werden, den Verlust, sondern der tatsächliche Eigentümer, das Eurosystem als Ganzes, und zwar nach dem Kapitalschlüssel, unabhängig vom „Kontostand“ auf den internen Verrechnungssalden. (Es gibt allerdings einige Ausnahmen von diesem Grundsatz wie die Wertpapiere aus dem PSPP, deren Risiko tatsächlich die jeweilige NZB trägt, weshalb diese Position wiederum gesondert bilanziert wird).
          Die Bundesbank hat das unter anderem in Ihrem Gutachten vor dem Bundestag klargestellt. Es steht auch in den EU-Verträgen. Es steht in den Leitlinien der EZB. Es ergibt sich aus jedem Jahresabschluss jeder NZB des Eurosystems, wo genau aus diesem Grund die Aktiva aus Geldschöpfung getrennt von den anderen Aktiva einer NZB aufgeführt werden.
          Damit fällt die gesamte Argumentation von Sinn in sich zusammen.

          Hiermit beende ich diese meine Ausnahme von meinem Grundsatz, mich nicht an Diskussionen um die Thesen von HW Sinn zu beteiligen, da ich sie nicht fruchtbar finde. Wenn ich auf bto lese, die Diskussion sei beendet, Sinn habe gewonnen, dann kann ich gerne den Verfassern ihren Siegestaumel gönnen. Dass das ESZB oder nur eine einzige NZB die Geldpolitik an den Thesen Sinns ausrichtet, steht mit Sicherheit nicht zu befürchten, auch wenn Sinn gelegentlich zu Unrecht Jens Weidmann als Zeugen benennt.

    • Hagen

      Hallo,meine Kommentare werden nicht gepostet. Wie kommt´s?Mit freundlichen GrüßenHagen

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