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Kreditleihe

Wahrscheinlich ist es angebracht noch einmal genau zu spezifizieren, was es mit der Kreditleihe auf sich hat. Ausgangspunkt ist der Wechsel, welcher ein abstraktes Wertpapier ist, welches normalerweise aufgrund einer erbrachten Leistung ausgestellt wird. Im Grundmodell des Wechsels erfolgt die Leistung und das Zahlungsversprechen, d.h. die Ausstellung des Wechsels, zum gleichen Zeitpunkt. Derjenige, der den Wechsel als Zahlungsversprechen des Schuldners erhält hat also bereits geleistet, nur die durch den Wechsel verbriefte Forderung ist noch auszugleichen und zwar durch das Zahlungsmittel, welches im Wechsel vermerkt ist. Es handelt sich hierbei um ein Kassageschäft (d.h. eine sofort erbrachte Leistung) und ein Termingeschäft, welches die Zahlung einer in dem Wechsel aufgeführten Geldsumme zum Gegenstand hat.

Eine Variante des „normalen“ Wechsels kann nun darin bestehen, daß der zu einer realen Leistung Verpflichtete seine Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringt, so daß im Unterschied zum normalen Ablauf die Leistung, die dem Wechselschuldner zusteht, auf einen späteren Zeitpunkt gelegt wird. Das hat zur Folge, daß neben der Ausstellung des Wechsels noch ein weiterer Vertrag erforderlich wird, welcher den (ersten) Empfänger des Wechsels dazu verpflichtet, eine bestimmte Leistung zu erbringen. Wenn man so will handelt es sich hierbei um zwei Termingeschäfte, beim Wechsel um eine verzögerte Zahlung, bei der gestundeten Lieferung/Leistung um ein Warentermingeschäft. Man denke beispielsweise an eine Vorschußzahlung, mit deren Hilfe der zur realen Leistung Verpflichtete Material einkaufen und Mitarbeiter anheuern kann, um so ausgestattet die vertragliche Leistung erfüllen zu können.

Bei der Kreditleihe ist es nun so, daß dieses Warentermingeschäft auch aus einer verzögerten Zahlung besteht, die aber im Unterschied zum Wechsel nicht als selbständiges Wertpapier verbrieft ist. Wichtig dabei ist zu sehen, daß nicht der Wechsel das Zahlungsmittel ist, sondern das in dem Wechsel aufgeführte Zahlungsobjekt.

Damit geht das Geschäft folgendermaßen vor sich:

die Bank akzeptiert einen Wechsel, in dem sie sich verpflichtet z.B. zwei Goldtaler bei Fälligkeit des Wechsels zu zahlen, gleichzeitig verpflichtet sich der Wechselaussteller einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels zwei Goldtaler an die Bank zu zahlen. Die Bank verschafft dem Wechselaussteller durch ihr Akzept Zahlungsfähigkeit über 2 Goldtaler, die dadurch effektiv gemacht werden können, daß der Wechsel von einem Dritten anstatt einer unmittelbaren Zahlung angenommen wird. Dadurch, daß der Wechselaussteller den Wechsel an Zahlung statt weitergeben kann nutzt er die ihm von der Bank zur Verfügung gestellte Kreditwürdigkeit, um bei einem Dritten auf Kredit kaufen zu können. Die Bank verbürgt sich also Dritten gegenüber für die Zahlungsfähigkeit des Wechselausstellers.

Nun macht die Bank das nicht aus reinem Altruismus, sondern achtet peinlich genau darauf, ob die verbürgte Summe, die sie auf jeden Fall bei Vorlage des Wechsels zum Fälligkeitstermin zu zahlen hat, auch mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder zurückerstattet wird. Zudem werden natürlich auch kalkulatorische Kosten fällig, die der Wechselaussteller an die Bank zu zahlen hat. Geht alles wie vorgesehen, erscheint der Wechselaussteller einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels bei der Bank, um den Terminvertrag mit der Bank zu erfüllen, denn er schuldet der Bank ja bislang die 2 Goldtaler, für die sich die Bank in dem Wechsel verbürgt hat. Sind die 2 Goldtaler bei der Bank eingegangen kann nun, wenn am nächsten Tag der fällige Wechsel von dem aktuellen Wechselinhaber der Bank präsentiert wird, die Bank mit den 2 Goldtalern vom Vortag ihre heute fällige Schuld begleichen, womit das Leben des Wechsels ein Ende gefunden hat.

Die Kreditleihe besteht somit daraus, daß die Bank ihrem Kunden gewissermaßen ihre Bonität „leiht“, indem sie sich für die Zahlungsfähigkeit ihres Kunden gegenüber Dritten verbürgt. Geliehen wird also ein Kaufkraftvolumen von 2 Goldtalern, die der Kunde nutzen kann, ohne diese auch tatsächlich zu besitzen. Dieses auf i.d.R. 3 Monate begrenzte Arrangement wird am Ende durch die Zahlung der Bank von 2 Goldtalern an den Vorleger des Wechsels, sowie durch Zahlung von 2 Goldtalern des Kunden an die Bank abgeschlossen. Daher ist das ultimative Zahlungsmittel der Goldtaler und nicht das Wechselpapier, dieses fungiert lediglich als ein Forderungsrecht an 2 Goldtalern, wobei dieses Forderungsrecht die Eigenschaft hat, durch Einigung und Übergabe (mit oder ohne Indossament) weitergegeben werden zu können.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff „Banknote“ seinen Ursprung in dieser Konstruktion der Kreditleihe besitzt, denn eine Banknote war ursprünglich für die Bank eine Verbindlichkeit, der sie zu einer Zahlung in einem Standard, der NICHT die Banknote war, verpflichtete. Bis zu der Aufhebung des Goldstandards bedeutete die Aufschrift auf Banknoten: „Der Aussteller verpflichtet sich zur Zahlung von XXX an den Überbringer“, daß eine Banknote (im Prinzip) nur stellvertretend für eine forderbare Quantität an Gold etc. stand. Wichtig dabei ist es sich die Entstehung einer Banknote klarzumachen, denn die Ausstellung eines Wechsels geht einher mit der gleichzeitigen Verbuchung einer Verbindlichkeit, die nicht der Wechsel ist! Denn dem neu geschöpften Forderungspapier, welches auf die Zahlung von zwei Goldtalern lautet, steht eine Schuld von 2 Goldtalern gegenüber – und nicht die Banknote/Wechsel. Das heißt, daß die Emissionsbuchung:

Wechsel an (umlaufende) Wechselverbindlichkeiten

eine Denomination von 2 Goldtalern aufweist und somit die Bezeichnungen Mark, Franken, Pfund, Dollar – oder was auch immer den „Wert“ eines Wechsels bzw. einer Banknote deklarierte – auf eine reale Metallquanität verweisen. Man kann nun auch die Emissionsbuchung mit dem (damaligen) Synonym „Banknote“ aufschreiben, womit sich:

Banknoten an (umlaufende) Banknotenverbindlichkeiten

ergibt und so die Entwicklung zur heutigen Emissionsbuchung deutlicher wird. Im Unterschied zu heutigen Banknoten – die eigentlich besser nur noch als „Geldscheine“ zu bezeichnen sind – besitzt das heutige Bargeld keinen Forderungsinhalt mehr, weil durch die Aufhebung der Goldeinlösepflicht das ehemalige Forderungspapier zu einem „gesetzlichen Zahlungsmittel“ verändert wurde. Gesetzliches Zahlungsmittel bedeutet in diesem Zusammenhang, daß eine Geldschuld damit schuldbefreiend getilgt werden kann und gleichzeitig der Gläubiger gegen eine Forderungsbegleichung mit diesem keine (reale) Forderung mehr beinhaltenden Geld keine Einwendungen erheben kann.

Und nun erscheint auf einmal die Verbindung zu dem heutigen Kreditarrangement, wobei nicht mehr das in dem Wechsel verbriefte (reale) Zahlungsmittel zur Tilgung der Schuld zu refundieren ist, sondern das emittierte Papier selbst. Die Verbindung liegt darin, daß auch früher schon die Rückgabe des Wechsels, wenn dieser wieder zufällig in den Besitz des Wechselausstellers gekommen sein sollte, die Tilgung der Wechselschuld ermöglicht hat. Dazu mußte lediglich der Wechsel am Tag vor seiner Fälligkeit bei der Bank zum Diskont eingereicht werden, um – abzüglich der Diskontspesen – die Rückzahlung der vereinbarten 2 Goldtaler zu tätigen und am nächsten Tag nur noch die Ausbuchung des Wechsels erfolgte, weil seine Forderungswirkung durch die Rückkehr zum ursprünglichen Schuldner verschwunden ist. (Letzteres begründet auch den Umstand, daß für eine Zentralbank als Emittent der gesetzlichen Zahlungsmittel, d.h. der Banknoten (ohne Erfüllungsgegenstand), ein Banknotenbestand keine Vermögensposition darstellt, weil diese sofort gegen die Emissionsbuchungsposition neutralisiert werden müssen.)

Letzteres hat eine entscheidende Konsequenz für den Emissionsvorgang, denn was heutzutage mit der Emissionsbuchung:

Kasse (Banknoten) an Banknotenumlauf

oder besser:

Kasse (Geldscheine) an (umlaufendes) Geldscheinvolumen

dokumentiert wird ist nicht mehr wie früher die Einbuchung eines Forderungspapiers, sondern die Einbuchung von gesetzlichen Zahlungsmitteln, die keinen Forderungsinhalt aufweisen, womit die korrespondierende Passivbuchung auch keine Verbindlichkeit mehr darstellen kann. Das wird auch noch dadurch unterstrichen, daß „Banknoten“ (=Geldscheine) nach aktueller Rechtsprechung den Inhaberpapieren zwar gleichgestellt sind, ohne jedoch den Status als Inhaberpapier aufzuweisen (was die ursprünglichen Banknoten tatsächlich waren), denn ein Inhaberpapier verweist auf einen Forderungsinhalt, der nicht das Inhaberpapier ist. Daß sich diese simple Tatsache noch nicht herumgesprochen hat liegt wahrscheinlich daran, daß die psychische Disposition, Geld unbedingt als „Wert“ ansehen zu wollen den nüchternen Blick auf schnöde Buchhaltungstatsachen (fast) unmöglich macht.

Dazu kommt noch, daß offenbar verbreitet die Meinung vorherrscht, Geld müsse doch in der Bilanz einer Zentralbank auffindbar sein, so daß ausgerechnet diejenige Position, welche das Volumen der sich gerade NICHT in der Zentralbank befindenden Geldscheine dokumentiert, zu „Geld“ erklärt wird, womit gleichzeitig dem Fehlschluß, Geld als Verbindlichkeit der Zentralbank zu interpretieren, der rote Teppich ausgerollt wird. Dabei hat Geld in der Bilanz einer Zentralbank nichts verloren, denn wie bei einem (eigenen) Wechsel, dem eine Wechselverbindlichkeit gegenübersteht und der bei den Vorbereitungen zu Bilanzerstellung schlichtweg ausgebucht wird, werden jegliche eventuellen Bargeldbestände, die sich in der – in der Finanzbuchhaltung (sic!) geführten – Kasse befinden, zum Zweck der Bilanzerstellung durch die Neutralisierungsbuchung

„Banknoten“/Geldscheinumlauf an Kasse(nbestand) (ohne Münzbestand!)

ganz schnöde ausgebucht. Die Folge ist, daß der Kassenbestand zum Bilanzzeitpunkt Null ist (was den Banknotenbestand angeht, allerdings nicht die angekauften Münzen betrifft) und deswegen auf eine Einstellung einer Position „Geldschein Kassenbestand“ in die Bilanz verzichtet werden kann.

Wenn man sich den Effekt dieses „Kreditleihe“-Arrangements ansieht, sieht man (fast) sofort, daß es sich hierbei um eine Technologie handelt, die dazu geeignet ist, „sparsam“ mit dem ultimativen Zahlungsmittel (=Gold) umzugehen. Denn soweit alles nach Plan verläuft ist für eine verbriefte Forderung, deren Übergabe geeignet ist, Zahlungsverpflichtungen (vorläufig = bis zur endgültigen Einlösung des Wechsels aber danach final) zu erfüllen, lediglich für einen Tag das ultimative Zahlungsmittel Gold erforderlich. Zum einen muß der erste Wechselbegünstigte seine Zahlungsverpflichtung aus dem Kreditleihe-Vertrag erfüllen, indem er einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels die im Vertrag festgelegte Zahlung zu erbringen hat, während auf der anderen Seite am Folgetag – dem Fälligkeitstermin des Wechsels – genau diese Zahlung dazu verwendet wird, die Forderung desjenigen zu erfüllen, der den Wechsel zur Zahlung vorlegt. Wenn man so will wurde durch den Kreditleihe-Vertrag für 3 Monate Zahlungsfähigkeit geschaffen, ohne daß dazu – abgesehen von dem letzten Tag vor Fälligkeit – die Verwendung des eigentlichen Zahlungsmittels erforderlich gewesen wäre. Gleichzeitig werden durch die vorgesehene bzw. erfolgte Erfüllung der Wechselforderung alle damit in Zusammenhang stehenden Schuldverhältnisse finalisiert in dem Sinne, daß für alle Indossanten die Gefahr eines möglichen Wechselprotestes sich erledigt.

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Geld war noch nie ein Passivum!

Es gibt Irrtümer, die lassen sich anscheinend nicht ausrotten, weil sie entweder dem Anschein nach plausibel sind, oder für irgendwelchen windigen Polit-Aktivismus benötigt werden. Konkret geht es hier um die Frage, ob von der Zentralbank emittierte Banknoten nun für diese ein Aktivum sind oder nicht. Diese Frage ist deswegen so komplett mit Fallstricken gepflastert, weil das ‚corpus delicti‘, also die Banknoten oder Bargeld in der Jahresbilanz einer Zentralbank nicht auftaucht und damit das Feld der Spekulationen und Mutmaßungen aufs beste vorbereitet ist. Nun habe ich ja in dem Post

felix qui potuit rerum cognoscere causas

ausgeführt, daß Bargeld auch für die Zentralbank ein Aktivum ist, weil sie nur durch die Übergabe eines Aktivums die üblicherweise von den Geschäftsbanken gestellten Bargeldanforderungen begleichen kann. Daß Bargeld überhaupt in der Bilanzbuchhaltung auftauchen kann wird dadurch erreicht, indem von dem exklusiven Vorrecht einer Zentralbank Gebrauch gemacht wird, Banknoten emittieren bzw. in Umlauf bringen zu können. Daß dieser (zur Auslieferung bestimmte) Bargeldbestand es nicht bis in die Jahresabschlußbilanz schafft liegt schlichtweg daran, daß sobald die „Ausgangskasse“ gefüllt wird, postwendend irgendein Bargeldtransporter vorfährt und den Kassenbestand wieder auftragsgemäß leerräumt. Das ist (fast) so wie beim Geldautomaten: dem Abgang bei der Kasse steht ein Abgang bei den Verbindlichkeiten gegenüber, womit im Grunde genommen sämtliche Fragen hinsichtlich der Eigenschaft von Bargeld ein Aktivum zu sein als geklärt angesehen werden können.

Nun ist es ja nicht so, daß auch angesichts dieser Kenntnisse nicht der eine oder andere trotzdem wieder aus dem Mustopf kommen würde und die naiv-infantile Behauptung in die Welt setzte, daß das Bargeld ja doch ein Passivum der Zentralbank darstellen würde, weil – man sieht ja – der Bargeldumlauf in der Jahresbilanz auf der Passivseite aufgeführt sei. Zur Bekräftigung des „Arguments“ wird dann sogleich – natürlich nur zur „Vereinfachung“ – der wesentliche Bezeichnungsteil (also: -umlauf) elegant weggelassen, womit dann „bewiesen“ wäre, daß Bargeld ja doch eigentlich eine Schuld der Zentralbank darstellen würde. Es soll Leute geben, die sich durch derart windige „Beweisführungen“ hinter die Fichte führen lassen und fortan glauben, sie besäßen mit einer Banknote im Portemonnaie eine „Forderung“ an die Zentralbank. Nun ist auch dem letzten Verunsicherten klar, daß man damit bei der Zentralbank nichts fordern kann (obwohl es verbohrte Zeitgenossen gibt, die genau das glauben), so daß ersatzweise die „Forderung“, die bei der Zentralbank nicht einlösbar wird dann wenigstens doch eine Forderung auf das BIP (oder sonstige gesamtwirtschaftliche Güterhaufen) sei und somit letztlich doch eine „Schuld“ damit eintreibbar geworden sei. Die Charakterisierung als „naiv-infantil“ ist übrigens deswegen so, weil man als Kind auch erst mal lernen muß, daß man mit dem Lutschen an dem auf dem Display von Papis Smartphone dargestellten Eisbecher nicht wirklich die erwartete Befriedigung hinsichtlich eines sensationellen Geschmackserlebnisses erreichen kann. So auch hier: es wird Bargeld (ohne -umlauf) gelesen und sofort entsteht die Vorstellung eines monströsen Dagobert Duck Geldspeichers, was nichts anderes heißt, als daß die eigentliche Sache mit dem Verweis auf die Sache identifiziert wird. Bei Erwachsenen ist das allerdings dann eine Form der (kognitiven) Schizophrenie…

Nun gibt es ja noch die historisch argumentierenden Zeitgenossen, welche keine Gelegenheit auslassen zu erklären, daß „füher“ eine Banknote ja schließlich eine Forderung an/ Verbindlichkeit der Zentralbank gewesen sei, weil ja auf jeder Banknote vermerkt war, zu welchem Umtauschsatz sie bei der Zentralbank in eine (mikroskopische) Quantität an Gold oder ähnlichen Klumperklitzchen eingelöst werden konnte. Nun weiß man ja, daß derartige Zusagen nur solange Bestand haben, wie nicht „zu viele“ derjenigen, die solche Forderungspapiere in Händen halten, auf die kolossal geniale Idee kommen, ihr Einlösungsrecht gleichzeitig wahrnehmen zu wollen. Tritt dieser Fall ein, heißt es logischerweise „April, April“ und fortan wird das von der Einlösbarkeit befreite Papiergeld zu genau dem ultimativen Geldschuld-Erfüllungsstandard, welches es bis heute ist.

Was man bei dieser Metamorphose allerdings nicht mit in Verbindung bringen sollte ist die Vorstellung, daß „früher“ die Banknoten, die ja tatsächlich eine Schuld der Zentralbank darstellten, schon deswegen, weil sie für dessen Besitzer eine Forderung auf Gold o.ä. darstellten, auf der Passivseite der Zentralbankbilanz zu finden wären. Das liegt nämlich daran, daß „früher“ die Banknoten den Charakter eines (Inhaber-)Schuldscheins hatten. Dazu sollte man sich vergegenwärtigen, daß ein Inhaberschuldschein was damit zu tun hat, daß in ihm eine Forderung enthalten ist, wobei die Urkunde selbst die Legitimation darstellt, diese Forderung auch fällig stellen zu können. Letzteres führt dazu, daß „frühere“ Banknoten sog. Inhaberpapiere darstellten, wobei ein Inhaberpapier dadurch gekennzeichnet ist, daß schon der Besitz dieses Wertpapieres den jeweiligen Inhaber dazu berechtigt, die in dem Papier enthaltene Forderung geltend machen zu können. (Heutzutage äußert sich diese Eigenschaft von Inhaberpapieren u.a. darin, daß auch der nichtberechtigte Besitzer über dieses Papier rechtmäßig verfügen kann, sprich: auch mit geklautem Geld kann rechtswirksam bezahlt werden. Allerdings sind heutige Banknoten den Inhaberpapieren „nur“ gleichgestellt, heißt: sie sind keine Inhaberpapiere mehr!)

Schaut man sich diese Geschichte jetzt genauer an wird klar, daß eine (Zentral-)Bank, die eine Forderung auf sich verbrieft, mit der Erstellung dieses Papiers ein Aktivum erzeugt, welches zunächst erst mal eine Forderung auf sie selbst darstellt. Eine Forderung (auch diejenige, die auf einen selbst ausgestellt ist) ist aber auf jeden Fall ein Aktivum, welche aufgrund der doppelten Buchhaltungsregeln auf der Passivseite ebenfalls verbucht werden muß, so daß buchhalterisch gesehen eine (interne) Buchung vorgenommen wird, bei der quasi eine Forderung auf sich selbst einer Verbindlichkeit auf sich selbst gegenübersteht. Der Unterschied zwischen den Buchungen ist, daß sich die Passivbuchung auf das Existieren eines Wertpapiers (jetzt – noch – auf der Aktivseite) bezieht, während die Aktivbuchung das tatsächliche(!) Vorhandensein dieses Wertpapieres in der (Dokumenten-)Kasse anzeigt. Wird nun von der (Zentral-)Bank diese „Eigenforderung“ dazu verwendet ein Aktivum (z.B. Gold) zu erwerben, dann vollzieht die Bank damit einen „Aktivtausch“, indem es zu einer gegenseitigen Übergabe von Inhaberschuldschein(en) gegen z.B. die vereinbarte Goldmenge kommt. Diese verbrieften „Forderungen“ des bzw. nun gegen den Emittenten sind in der Hand des Erwerbers aber auf einmal zu „Geld“ geworden, welches von nun an fröhlich durch die Welt zirkulieren kann und seine segenspendende Wirkung zur „Erleichterung des Tauschverkehrs“ spielen kann. (Wo ist der Ironie-Tag…?)

Was man sich bei der ganzen Geschichte auf jeden Fall klar machen sollte ist die Tatsache, daß selbst in den Zeiten, als „Geld“ aus der Perspektive des Publikums noch eine Forderung gegen die (bzw. eine Schuld der) Zentralbank war, aufgrund der Tatsache, daß diese Forderung in verbriefter Form vorlag, es sich dabei um ein Aktivum gehandelt hat, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich dieses Aktivum noch in der Hand des Emittenten befindet oder in der Hand eines Erwerbers. Vielleicht kennt der eine oder andere noch das Konstrukt des sog. Solawechsels, welches dem Inhalt nach letztlich ein verbrieftes Zahlungsversprechen des Ausstellers darstellt. Sobald ein solches Wertpapier erstellt ist, muß dessen (aktive) Existenz bereits als Passivum verbucht werden, selbst wenn noch keine Verfügung darüber getätigt wurde. Wenn man so will dokumentiert die Passivposition die Existenz des sich auf der Aktivseite befindlichen Wertpapiers, die auch solange als Passivposition erhalten bleibt, wie dieses Wertpapier existiert bzw. sich „in Umlauf“ befindet. Die Ausbuchung dieser Position erfolgt mithin auch nicht schon dann, wenn dieses Wertpapier zur Zahlung vorgelegt und der Betrag beglichen wurde, denn das verbriefte abstrakte Zahlungsversprechen existiert ja nach wie vor. Eine Löschung erfolgt erst dann, wenn das bezeichnete (da ist sie, die Referenz) Wertpapier vernichtet wird, womit die Berechtigung der Existenz der betreffenden Passivposition unmittelbar hinfällig wird.

Der wesenserhebliche Unterschied zur heutigen Banknote liegt lediglich darin, daß der Forderungsinhalt weggefallen ist, so daß seitens des Gesetzgebers es wohl für nötig gehalten wurde die damals neuen Banknoten mit einem Annahmezwang auszustatten. Man kann durchaus vermuten, daß diese Vorschrift für eine Übergangszeit sinnvoll war, wo Banknoten mit „Forderungsinhalt“ und „amputierte“ Banknoten gleichzeitig kursierten. Witzigerweise ist diese Vorschrift noch heute in Kraft und wird als wesentliche Eigenschaft des Geldes gehandelt, obwohl es eigentlich durch Zeitablauf und Währungsreform überflüssig geworden ist, dem Geld diese besondere Eigenschaft anzudichten. Denn sobald ein Gläubiger die vertraglich vereinbarte Leistung nicht annimmt, kommt er in Annahmeverzug, gleichgültig ob es sich dabei um das „gesetzliche Zahlungsmittel“ handelt oder nicht. Und ist die Gegenleistung nicht das gesetzliche Zahlungsmittel, so kann der Schuldner höchstens mit Hilfe juristischer Winkelzüge seine Leistung in Geld „ummünzen“. (Die Geschichte vom „Kaufmann von Venedig“ ist ein illustres Beispiel dafür.) Wie hier von mir schon mehrfach angemerkt wurde ist das Interesse der Unternehmen, reale Leistungen für ein stoffwertloses Geld verkaufen zu wollen darin begründet, daß – normalerweise – die Unternehmen Nettoschuldner sind und deswegen zur Leistung des Kapitaldienstes dazu gezwungen sind, die als Kosten ausgegebenen Geldscheinchen durch den Verkauf der Waren wieder zurückzuerhalten. Das legt den Finger auf die Frage, auf welche Weise Geld in das Wirtschaftsgeschehen integriert werden sollte, wobei sich m.E. gezeigt hat, daß eine auf Kreditbasis erfolgende Integration von Geld zu genau den Effekten führt, die in den entwickelten Ländern beobachtet werden können: Käufermärkte und eine an Paranoia grenzende Institutionalisierung hinsichtlich der Durchsetzung von Geldforderungen. Aber das nur nebenbei…

Die eigentliche Kuriosität an dieser Betrachtung liegt aber an einer ganz anderen Stelle. Wenn man sich den Werdegang einer Banknote zu den Zeiten der Goldwährung ansieht, erkennt man auf einmal, daß das, was heutzutage vielfach die Gemüter erhitzt, bereits „zu Kaisers Zeiten“ längst gang und gäbe war: denn auch damals schon wurde das Medium, welches als Zahlungsmittel in der Wirtschaft zirkulierte AUS DEM NICHTS erzeugt. Denn ein Eigen- oder Solawechsel (als konkrete Ausformung eines auf einen selbst ausgestellten Schuldscheins) ist genau dann, wenn er sich noch im Besitz des Ausstellers befindet nichts weiter als eine verbriefte „Schuld“ an sich selbst, die deswegen, weil sie als (Forderungs-)Dokument vorliegt eine rechtlich eigenständige aktive Rolle einnimmt. Denn als rechtlich abstraktes Inhaberpapier erlangt dieses Dokument eine gekürte Selbständigkeit (ähnlich wie eine Kapitalgesellschaft zu einer rechtlich selbständigen – juristischen – Person wird), die es erforderlich macht sie als Aktivum zu bilanzieren, wobei das notwendigerweise existierende zugehörige Passivum lediglich die Existenz dieses (aktiven) Forderungspapiers dokumentiert. Sobald das Forderungspapier das Haus des Ausstellers verläßt, mutiert es für ihn zu einer Verbindlichkeit, ohne daß jedoch die Eigenschaft eine Forderung und damit ein Aktivum zu sein dem Papier verloren gehen würde. Mit einer solchen Konstruktion ist dann die Verfügung über diese Urkunde eine einfache Angelegenheit des Vertragsrechts, denn eine solcher – nunmehr – sog. fungibler Schuldschein kann gegen eine andere Sache getauscht/ verkauft werden und man kann sogar die zeitweilige Nutzung dieser Urkunden gewähren, was dann zur Erzielung eines Zinsgewinns führt. Und auf einmal ist man ohne große Winkelzüge machen zu müssen bei der Kreditvergabe eines aus dem Nichts entstandenen Inhaberschuldscheins angelangt – die Verbriefung macht es möglich.

Fazit: zirkulierendes Bargeld war noch NIE ein Passivum in der (Zentral-)Bankbilanz und wurde als eine vom Aussteller gegen sich selbst ausgestellte Forderung auch schon immer aus dem Nichts geschöpft. Wer sich heutzutage darüber echauffiert, daß die Geldschöpfung aus dem Nichts zu einer Pervertierung der „guten alten Zeit“ geführt habe, wo noch alles nicht nur Hand und Fuß sondern sogar noch eine „Deckung“ hatte, kann sich nun einfach sagen lassen, daß der einzige Unterschied zwischen dem „früheren“ und dem „heutigen“ Geld darin besteht, daß der Forderungsinhalt des ehemaligen Forderungspapiers verloren gegangen ist – und damit auch der Forderungscharakter des Bargeldes. Daß der Erfolg der Emission eines stoffwert- und forderungswertlosen Geldes durch eine Institutionalisierung möglich wurde, welche die Integration von Geld in die „Wirtschaft“ vorwiegend über eine Kreditvergabe organisiert, mußte auch erst in langen Phasen von Versuch und Irrtum herausgefunden werden. Das Ergebnis ist: es geht auch ganz gut ohne Gold, was allerdings vor anderen Übertreibungen seit der „Liberalisierung der Finanzmärkte“ nicht – mehr – schützt. Da müßte man sich mal was Intelligentes einfallen lassen…

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Und was ist nun auf dem Konto?

Jeder kennt doch den Spruch, wenn jemand sagt: „Ich habe noch Geld auf dem Konto!“ Mit einer derartigen Äußerung soll dargestellt werden, daß für einen bestimmten Betrag Zahlungsfähigkeit vorliegt. Normalerweise ist eine solche Aussage einigermaßen korrekt, wenn es sich bei dem kontoführenden Institut um ein zahlungsfähiges Unternehmen handelt. Aber vergleichen Sie mal dieselbe Aussage im Fall der Kaupthing-Bank, wo es auch eine Vielzahl von Kunden gab, die bei dieser Bank irgendwo „Geld auf dem Konto“ hatten. Da gab es nun diese blöde Situation, wo diesen Kunden aufgefallen ist, daß das Geld, was sie angeblich auf dem „Konto hatten“ weder für Auszahlungen noch für Überweisungszwecke verwendet werden konnte. Was könnte nun der Grund sein, daß das „Geld was auf dem Konto ist“ von der betreffenden Bank nicht einfach „überwiesen“ werden konnte?

Die Antwort ist so einfach wie simpel: auf einem Konto ist NIE Geld!

Der Grund dafür ist nicht wirklich schwer einzusehen: das liegt daran, daß eine Bank zwar Ihr Konto führt und im besten Fall bei Ihnen verschuldet ist (=Ihr Konto ist im ‚Haben‘, was bedeutet, daß die Bank in dieser Höhe bei Ihnen Verbindlichkeiten hat – und Sie das Geld gerade NICHT haben), aber das ‚Haben‘ auf dem Konto (was die Sicht der Bank markiert, denn die hat(te) das von Ihnen beanspruchte Geld) bedeutet ja gerade, daß auf Ihrer eigenen „Bilanz“ das Konto-Soll bedeutet: sollten (oder könnten) Sie haben im Sinne von besitzen, womit es sich in Ihrem Eigentum befinden würde. Auch wenn die vorstehende Version eine üble Verkalauerung der buchhalterischen Gegebenheiten darstellt, sollte jedem Kontoinhaber bei eingehender Betrachtung der Sachlage dann doch irgendwann dämmern, daß die Geschichte mit dem „Geld auf dem Konto“ nicht mehr ist, als ein Beruhigungs-Placebo, was die Banken in die angenehme Lage versetzt nicht erklären zu müssen, warum sie, wie eine landläufige Formulierung – Die Banken arbeiten mit dem Geld! – punktgenau ausdrückt, das durch Einzahlung oder Überweisung eingegangene Geld für irgendwelche anderen Zahlungsverpflichtungen verwenden. (Was sie jedenfalls nicht tun ist für den Zahlungseingang des Kunden eine kleine Schatulle anzulegen, in der sie das eingegangene Geld „einlegen“ um es dann beschriftet mit dem Namen des Kunden in den großen Geldspeicher zu tun.)

Diese Tatsache wird üblicherweise in der verklausulierten Weise zugegeben, daß das Zahlungskonto als sog. Verrechnungskonto geführt wird, auf dem die laufenden Zahlungsein- und -ausgänge miteinander verrechnet und als SALDO AUSGEWIESEN werden! Das heißt, daß die Mitteilung eines Kontostandes nicht etwa etwas mit einer Art Pegelstand zu tun hat, bei dem dasjenige, was gemessen wird, im Überfluß oder als Mangelvolumen tatsächlich (oder auch nicht) VORHANDEN ist – ein Pegelstand über einem historischen Höchststand hat was damit zu tun, daß das, was gemessen wird, in einem (üblicherweise unerwünschtem) Ausmaß tatsächlich vorhanden ist. Diese Vorstellung von „prall gefüllt“ ist jedoch im Falle eines Bankkontos zwar ganz angenehm, trifft aber in keiner Weise die tatsächlichen Verhältnisse, denn wie vielfach kolportiert wird, steht dem (monströsen) Volumen von Geldforderungen ein üblicherweise vergleichsweise geringer Zahlungsmittelbestand (Basisgeld) gegenüber. Alleine dieser Umstand, welcher unmittelbar an den sagenumwobenen Geldmultiplikator erinnert, sollte einem Bankkunden schon mal zu denken geben, denn der „Multiplikator“ heißt nicht deswegen so, weil er aus den eigenen paar Kröten ein (mikroskopisches) bißchen mehr macht, sondern weil – statistisch gesehen – gemessen an dem gesamten Verbindlichkeitsvolumen lediglich ein Bruchteil an Liquidität  für Auszahlungs- oder Überweisungszwecke der Kunden zur Verfügung steht. Statt also brav auf dem Konto zu hocken und darauf zu warten, daß der erlösende Gang zum Geldautomat der Langeweile ein Ende bereitet, jetten die Geldscheinchen (bzw. ihr virtuelles Pendant aka „Reserven“ – auch wenn das „nur“ eine Referenz auf Geldscheinchen ist) in 1000 anderen Missionen um die Welt – während der Kunde (fast) alleine zu Hause sitzt mit seinen – ja was eigentlich?

Dazu muß man sich nur mal ansehen, was man so mit einem im Haben befindlichen Kontostand inhaltlich verbinden kann, sprich: was kann man denn mit einem Guthaben auf dem Konto eigentlich anfangen? Die einfachste Sache ist zum Geldautomaten zu gehen, dort der Bank eine Forderung auf Bargeld mitzuteilen, um nach wenigen Sekunden die Forderung erfüllt zu bekommen. Nun kann man aber mit einem Kontoguthaben noch eine andere Sache anstellen, nämlich eine Weisung an die Bank erteilen, daß diese dafür sorgen möge, daß eine bestimmte Person eine Kontogutschrift erhält. Dieser Vorgang – Gutschriftsweisung wäre eigentlich angemessener als Überweisung – ist aber sachlich etwas anderes, als die Mitteilung über die Auszahlung von Bargeld, weil hier die Eigenschaft des Zahlungsdienstleisters erscheint, welcher das Ergebnis eines Zahlungsvorgangs bewirken soll, welchen der Weisungsgeber nicht selbst ausführen möchte oder kann. (Das vom Zahlungsdienstleister geschuldete Ergebnis ist, den Kunden von seiner Verbindlichkeit zu befreien!) Dann kann man auch noch seine Verfügungsrechte selber beschränken, indem man sich verpflichtet von seinen Verfügungsrechten für eine Weile keinen Gebrauch zu machen, was immerhin zu einem mikroskopischen Zinsgewinn von wenigen EURO führen kann – die Jahrespizza ist damit schon mal gesichert…

Wenn also der Bankkunde zu Hause auf seinen Haben-Kontostand schaut, dann schaut ein Kaleidoskop von Verfügungsrechten zurück, die ihm zurufen: „Nutze mich, Nutze mich!“. Der Verfügungsrechteinhaber muß sich nun entscheiden, ob er diesem Gequengel folgt oder nicht und wenn ja, welche der verschiedenen Optionen nun ausgeübt werden soll. Wie das bei der Ausübung von Optionen nun mal so ist, wird erst dann, sobald eine Entscheidung getroffen ist, das entsprechende Procedere in Gang gesetzt, was die Bank dazu veranlaßt ggf. Geld in Bewegung zu setzen, womit zumindest bei Aktivierung einer dieser Optionen dasjenige eintritt, was von einer Bank zu erwarten ist: daß sie (zu Lasten der Referenz auf Geld, sprich Kontoguthaben) eine Transaktion vornimmt, die tatsächlich etwas mit Geld zu tun hat. Das ist insbesondere hinsichtlich der Nutzung des Verfügungsrechts „Weisung an die Bank zur Erzeugung einer Kontogutschrift zugunsten eines Verfügungsrechteempfängers“ interessant, weil immer noch die Vorstellung herumgeistert, daß es möglich wäre „von dem Konto eine Überweisung“ vorzunehmen, womit suggeriert wird, daß irgendeine virtuelle Geldfee das eigene Konto von einer virtuellen „Geldsache“ leerräumt und ein anderes Konto damit füllt. Die schnöde Wahrheit ist, daß die Bank in ihrer Eigenschaft als Zahlungsdienstleister die ihr zur Verfügung stehenden Verfügungsrechte (i.d.R. gegenüber der Zentralbank) nutzt, um das gewünschte Ergebnis zugunsten des Verfügungsrechteempfängers zu erzielen. Und soweit die Bank des Empfängers die ihr zufließenden Verfügungsrechte (aka „Reserven“) auch tatsächlich in Empfang nimmt (und nicht längst schon wieder anderweitig verdisponiert hat), geht mit dem „Reserve“-Eingang die Erteilung der Gutschrift einher.

Schon diese kursorische Ventilierung der genannten möglichen Optionen ein Kontoguthaben zu verwenden macht klar, daß die übliche Charakterisierung eines Kontoguthabens als „Forderung auf Geld“ bei weitem zu kurz greift. Denn erst die Möglichkeit der Bank die Weisung (= einseitige empfangsbedürftige Erklärung) erteilen zu können einer bezeichneten Person ein bestimmtes Volumen an Verfügungsrechten zukommen zu lassen, macht ein Konto zum bequemen Instrument der „Zahlungsabwicklung“. Das Interessante dabei ist, daß diese Abwicklung ohne Geld funktioniert, welches sich im Eigentum des Auftraggebers befinden muß, denn die Bank verwendet das ihr zur Verfügung stehende (= sich in ihrem Eigentum befindliche) Dispositions-Volumen an Zentralbankgeld, um den Auftrag des Kunden zu erfüllen – und nicht das Geld des Kunden. Die Nutzung eines Zahlungsdienstleisters funktioniert also erst dann, wenn gerade KEIN Geld auf dem Konto ist, sondern ein Konto „nur“ eine Referenz auf (gelddenominierte) Verfügungsrechte darstellt. Klingt abstrakt, ist es auch, aber so funktioniert die Operationsweise von Banken: den Kunden stehen „lediglich“ die Verfügungsrechte als Referenz (bzw. Dispositionsrecht) über ein bestimmtes Geldvolumen zur Verfügung, die Banken nutzen die Referenz auf Bargeld (= „Reserven“), um die eigentlich zu übertragende Sache (Bargeld) nicht anfassen zu müssen, was nur deswegen geht, weil bei „Reserven“ kein „counterpart“-Risiko existiert, denn „Reserven“ können jederzeit vollumfänglich in Bargeld umgewandelt werden – weswegen diese sinnlose Übung auch (meist) unterbleibt.

Wem es bei den vielen „Referenzen auf“ etwas schwindlig geworden ist, hier noch mal schnell die Kurzversion: ein Kontoguthaben ist ein Verfügungsrechtebündel, welches bei Ausübung einer der verfügbaren Optionen zu Aktionen des Zahlungsdienstleisters führt. Eine Forderungsstellung führt zur Auszahlung des Geschuldeten, welches damit (wieder) in das Eigentum des Forderungsberechtigten gelangt. Bei einer Gutschriftweisung wird vom Zahlungsdienstleister das Ergebnis geschuldet, daß dem Empfänger ein bezeichnetes Verfügungsrechtevolumen gutgeschrieben wird. Möglich wird das Ganze dadurch, daß auf dem Konto sich gerade KEIN Geld befindet, sondern nur eine Referenz auf ein Volumen von Weisungsrechten…

Für die eingangs gestellte Frage gibt es damit auch eine – vielleicht nicht ganz so angenehme – Antwort. Denn im Grunde ist die Frage „Was ist AUF dem Konto?“ schlichtweg falsch gestellt, weil – das macht das Wesen der Passivseite aus – dort lediglich Verweise darauf existieren, woher etwas gekommen/ wohin etwas gegangen ist. Daß die Umgangssprache das so bezeichnet darf analytisch nicht dazu führen zu glauben, daß auf der Passivseite vorhandene Mengen zu verorten wären. Nochmal: dort stehen Referenzen/ Verweise – sonst nichts und erst recht kein Geld! Korrekt wird es dann, wenn gefragt wird: welche Rechtsfolgen kann ich mit den dort ausgewiesenen Verfügungsrechten bewirken? Das klingt zwar nicht so sexy wie die Vorstellung von einem bis zum platzen gefüllten Geldspeicher, aber vielleicht ist es ja auch mal an der Zeit, die Sozialisationsdefekte, die ganze Generationen mit Dagobert Duck eingesogen haben, durch ein wenig Sachlichkeit ein bißchen zu korrigieren. Über die „Sparschwein“-Theorie des Bankkontos könnte dann vielleicht doch irgendwann der gnädige Mantel des Vergessens ausgebreitet werden…

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Kommt die „Draghi-Volte“ über Oberammergau…

Neuerdings findet auch die Debatte um die TARGET2-Salden wieder Eingang in die Diskussionsforen. Aus der letzten Auseinandersetzung wurde eine „Friedensformel“ gefunden, die in etwa lautet, daß die TARGET2-Salden zwar ein gefährliches Ungleichgewicht darstellen, aber solange wie die EURO-Zone intakt bliebe, seien ja die drohenden Verluste nicht zu befürchten. Erst dann, wenn es zu einem Ausscheiden eines EURO-Mitgliedes käme, müßten die dann entstehenden Verluste auf die übrig bleibenden Zentralbanken und von dort auf die jeweiligen öffentlichen Hände verteilt werden, womit dann der oft kolportierte Tatbestand erfüllt wäre, daß der Steuerzahler dafür zur Kasse gebeten werden müßte.

Eine diesbezügliche Diskussion fand unlängst auch bei BTO statt, wo in den Kommentaren ein guter Vortrag über das Aktivvermögen der Banca d´Italia gehalten wurde der mich dazu motivierte zur Klärung der Angelegenheit einige einfache Fragen aufzuwerfen:

„1. Die Banca Italia weist in ihrer Bilanz eine Passivposition gegenüber der EZB aus. Was ist der Inhalt dieser Passivposition bzw. auf was lautet die korrespondierende Aktivposition? Salopp ausgedrückt: was ist der „Schuldgegenstand“?

2. Hat die Banca Italia im Zuge der Entstehung dieser Passivposition Zentralbankgeld erhalten welches sie verpflichtet wäre zurückzuzahlen? Man erinnere sich daran, daß T2-Salden aus Verfügungen von Nicht-Zentralbanken entstehen, die dazu ein entsprechendes Guthaben bei der Banca Italia besitzen müssen.

3. Ist es sinnvoll die Verbindlichkeiten einer Zentralbank (in ihrer eigenen Währung) zu besichern? Oder anders gefragt: erwartet eine italienische Bank, die bei der Banca Italia einen Kredit aufnimmt, daß die Banca Italia ihre daraus entstehende Verbindlichkeit mit Sicherheiten „unterlegt“?

4. Muß die Bundesbank der Banca Italia einen Kredit geben, damit die Banca Italia gegenüber der Bundesbank in EURO zahlungsfähig ist? Müßte dieser besichert sein?“

Man könnte den Eindruck bekommen, daß – wenn es um ökonomische Überzeugungen geht – es nicht statthaft ist jemanden dazu aufzufordern sachlich ein paar einfache Fragen zu beantworten. Das zeigte sich daran, daß statt auch nur eines entsprechenden Antwortversuchs ein Referat über die Buchungszusammenhänge einer T2-Transaktion präsentiert wurde. Wiewohl dieses auch sachlich richtig war wurde ohne auf die gestellten Fragen einzugehen schon daraus rubriziert, daß die T2-Salden eben doch ein Schuldenproblem darstellen würden.

Beginnen wir mal mit Frage 1:
Ein passiver T2-Eintrag der BI korrespondiert nach der gegenwärtigen Verfahrensweise mit einem aktiven T2-Eintrag bei der EZB, welcher dann ergänzt wird durch sein Gegenstück, nämlich dem passiven T2-Eintrag der EZB mit dem korrespondierenden aktiven T2-Eintrag der BB. Diese Buchungskette ist ja auch nicht kontrovers und die Frage nach dem durch diese verknüpften Aktiv-Passiv-Paare geforderten Schuldgegenstand läßt sich auch recht leicht beantworten: der zu leistende Gegenstand (wenn es dann doch mal zu einem ‚margin call‘ der BB bzw. der EZB – die „Draghi-Volte“ – kommen sollte) ist Zentralbankgeld – allerdings nicht im Sinne einer Forderung gegen eine Zentralbank, sondern das Schuldentilgungsmittel sui generis: Zentralbankgeld in Form von Banknoten. Wie schon vor einiger Zeit angesprochen ist die Übergabe von Bargeld die wichtigste Option einer Zentralbank, wenn sie sich von ihren Verbindlichkeiten befreien will oder muß. Im Grunde genommen würde eine Begleichung eines passiven T2-Eintrages durch die BI an die BB bedeuten, daß das Zentralbankgeld „Forderung gegen die BI“ gegen das Zentralbankgeld „EURO-Banknote“ getauscht würde. Im Ergebnis hätte die BI statt eines passiven T2-Eintrags einen entsprechend höheren Banknotenumlauf in der Bilanz. Spiegelbildlich dazu hätte die BB einen höheren Kassenbestand, den sie aufgrund der Gepflogenheiten jedoch mit ihrem Banknotenumlauf verrechnen würde, so daß der aktive T2-Eintrag sowie der Banknotenumlauf der BB abnehmen würde. (Manche Leute würde bei einer derartigen Umstrukturierung auf die Idee kommen, die BB hätte nun weniger „Schulden“… bzw. weniger „faule“ Forderungen… Und wieder andere würden nach wie vor steif und fest behaupten, daß die BI ja immer noch „Schulden“ hätte…)

Frage 2 läßt sich anhand des Referats recht schön beantworten und die entscheidende Erkenntnis, welche dem Kommentator „Bagehot“ anscheinend entgangen ist, ist hier versteckt:

„Der Kredit entsteht vollautomatisch: Bei Target2 wird mit der technischen Übermittlung der Überweisungsdaten die Transaktion im gleichen Moment auch „rechtlich finalisiert“ (wie mir dies neulich ein Bundesbank-Vorstand erläutert hat). Es muss also kein Sachbearbeiter oder Vorstand eine Genehmigung für den Kredit erteilen.“

Im Grunde genommen steht hier klipp und klar, daß man besser von der Ansicht Abstand nehmen sollte, daß es sich bei den T2-„Überweisungen“ um „normale“ Banküberweisungen handelt, bei denen von der sendenden Bank Zentralbankguthaben abgezogen werden, während diese der empfangenden Bank entsprechend gutgeschrieben werden. Daß es zu diesem Irrtum kommen kann liegt wahrscheinlich daran, daß die an sich überflüssige Einbeziehung der EZB in die Transaktion zwischen der BI und der BB diese Operation so erscheinen läßt, als würde es sich hierbei in gleicher Weise um einen Transfer von Zentralbankgeld handeln wie in dem Überweisungsverkehr zwischen Geschäftsbanken auf nationaler Ebene. Wäre das der Fall müßten die NZBen bei der EZB Zahlungsverkehrskonten führen, deren Verwendbarkeit von der EZB kontrolliert würde mit der Maßgabe, daß die EZB gegebenenfalls eine Transaktion untersagen könnte wenn z.B. die Überschuldung einer NZB drohen würde. (Der zweite Insolvenzgrund – die Illiquidität – kann bei einer Zentralbank in der von ihr emittierten Währung niemals eintreten, es sei denn man ignoriert aktiv, daß eine Zentralbank eine Zentralbank eine Zentralbank ist. Es soll solche Leute geben…)

Offensichtlich genügt aber eine einseitige Erklärung einer NZB wie der BI um eine T2-Transaktion in Gang zu setzen, so daß der deutsche Empfänger des Geldes eine Gutschrift seiner Geschäftsbank erhält, wobei die Geschäftsbank diese Gutschrift erst dann erteilt, wenn sie ihrerseits von der BB eine Gutschrift über den in Frage stehenden Geldbetrag erhalten hat. Die Bundesbank fragt offenbar weder bei der EZB noch bei der Banca d´Italia nach, ob letztere in Höhe des fraglichen Betrages bei der EZB über ein entsprechendes Guthaben verfügt. Möglicherweise wird das daran liegen, daß es in der Bundesbank tatsächlich Leute gibt die wissen, daß eine Forderung gegen eine Zentralbank, die auf das Bargeld lautet, welches diese Zentralbank berechtigt ist zu emittieren, eben – Zentralbankgeld ist.

Nun ist ja vergleichsweise bekannt, daß Geschäftsbanken lieber mit unbarem Zentralbankgeld arbeiten und einiges unternehmen, um von dem lästigen und kostenträchtigen Bargeldverkehr wegzukommen. Der Grund dafür, daß keine Geschäftsbank auf die Idee kommt ihre Forderungen gegen die Zentralbank in Bargeld halten zu wollen ist, daß sie wissen, daß eine Zentralbank alle gegen sie existierenden Forderungen, die auf das Bargeld lauten, welches sie selbst emittieren darf, in unbeschränkter Höhe in Bargeld auszahlen kann. Der Clou an der ganzen Sache hängt an dem kleinen und unschuldigen Wörtchen „unbeschränkt“! Denn unbeschränkt heißt, daß für eine Zentralbank für die bei ihr bestehenden Verbindlichkeiten keine Grenze existiert, die sie nicht mit von ihr selbst emittierter BAR-Liquidität begleichen könnte – in der Wirtschaftsgeschichte gibt es einige Beispiele davon. Das bedeutet jedoch umgekehrt, daß es für Geschäftsbanken keine Veranlassung gibt ihr Guthaben bei der Zentralbank aus Sicherheitsgründen in Bargeld umzuwandeln (womit schon an dieser Stelle Frage 3 beantwortet wäre) und daher die einzige Einlösung, die überhaupt möglich wäre (siehe Frage 1) aus Kostengründen schlicht und einfach unterbleibt.

Für die Beantwortung von Frage 2 heißt das jedenfalls, daß das Entstehen des passiven T2-Eintrages gegenüber der EZB nicht an irgendwelche Kreditwürdigkeitsprüfungen geknüpft ist, weil die BI ja nicht in irgendeiner Weise selbst Kredit aufnimmt, sondern ein von ihr emittiertes Zentralbankgeldvolumen (dessen Entstehung auf Operationen zurückgeht, die bereits vor der fraglichen T2-Transaktion abgeschlossen worden waren) auf die BB überschreibt. Denn die Verbindlichkeit, welche sie vorher gegenüber der „Cinque Stelle“ hatte, welche ihr Guthaben genutzt hat um für ihren Kunden eine Überweisung an einen Empfänger in GER durchzuführen, hat die BI nunmehr gegenüber der EZB, wodurch die EZB von der BI – Zentralbankgeld erhält. Durch Gutschrift zu Gunsten der BB erhält die BB von der EZB ebenfalls – Zentralbankgeld. Und durch Gutschrift zu Gunsten der Bank A&T erhält der Empfänger in GER ebenfalls seine Gutschrift von der Bank A&T – die jedoch im Unterschied zu den anderen Gutschriften kein Zentralbankgeld mehr ist.

Das Entfallen der Kreditwürdigkeitsprüfung hat natürlich seinen Grund darin, daß eine Zentralbank als Quelle allen Zentralbankgeldes nicht wirklich auf Kreditwürdigkeit geprüft werden muß, zumal das von ihr übertragene Zentralbankgeldvolumen aus einer i.d.R. den Bonitätskriterien des ESZB genügenden Kreditgewährung an den Bankensektor entstanden ist. Sobald jedoch die Kreditgewährung der BI an die Banca „Cinque Stelle“ erfolgt ist hat diese die uneingeschränkte Möglichkeit das ihr zur Verfügung stehende Zentralbankgeldvolumen für Überweisungszwecke ins Ausland zu nutzen, ohne daß dabei seitens der BI geprüft wird welche Beweggründe dieser Überweisung zu Grunde liegen. Das einzige was sie tut ist dem Begehren nach Überweisung stattzugeben wobei für die BI der Fall mit der „technischen Übermittlung der Überweisungsdaten“ endgültig abgeschlossen ist. Für die BI besteht die Änderung der Bilanz daraus, daß nicht mehr die Banca „Cinque Stelle“ die Forderung auf Bargeldlieferung innehat, sondern die EZB bzw. eine Stufe weiter die BB. Das ist jedoch eine grundlegende Änderung des Charakters dieser „Verbindlichkeit“, denn solange diese Verbindlichkeit der BI gegenüber der Banca „Cinque Stelle“ bestand existierte immer noch die Wahrscheinlichkeit, daß diese Verbindlichkeit mit einer Lieferung von Bargeld erfüllt werden müßte. Diese Wahrscheinlichkeit schrumpft mit der Entstehung des T2-Eintrages auf quasi Null, weil es so gut wie keinen Fall gibt, daß die EZB die „Draghi-Volte“ ernstnimmt und an die BI herantritt und von ihr die Begleichung der bestehenden T2-„Verbindlichkeiten“ fordert. Der Grund ist natürlich der, daß die EZB sowie die BB dasjenige, was sie aus der T2-Foderung gegenüber der BI erhalten könnten genau dasjenige ist, was sie selbst zur Tilgung ihrer eigenen Verbindlichkeiten in unbeschränkter Höhe selbst emittieren können. Und wenn die BI auf die Idee kommen sollte ihre T2-„Schulden“ mit der Übergabe von Bargeld begleichen zu wollen wäre auf einmal der T2-Eintrag bei der EZB gelöscht, während die Bundesbank einen Zugang an Banknoten realisieren würde, welche sie praktisch nicht gebrauchen kann und aufgrund der Tatsache, daß eine Zentralbank keinen Kassenbestand bilanziert, gegen den eigenen Banknotenumlauf saldieren müßte. Dies hätte zur Folge, daß der von der BB ausgewiesene Banknotenumlauf erheblich zurückgehen würde (das Pendant zur Erhöhung des Banknotenumlaufs in der Bilanz der BI) wodurch praktisch ausgedrückt wird, daß der Beitrag der BB zur Emission von Zentralbankgeld geringer ist als derzeit noch ausgewiesen.

Wenn man so will ist der T2-Eintrag auf der Aktivseite der BB quasi eine Art „Kassenbestand“ in der BB Bilanz, welcher nur dann so erhalten bleibt, wenn er nicht in Bargeld umgewandelt wird. Der Vergleich mit einem Kassenbestand ist u.a. deswegen so originell, weil genau dieser Verwendung findet, wenn ein deutscher Käufer in Italien Waren oder Dienstleistungen bezahlen will. In diesem Fall reduzieren sich die aktiven T2-Einträge bei der BB als würden diese Beträge für die „Bezahlung“ dieser Käufe genutzt. (Natürlich kann der T2-Eintrag auch genutzt werden, wenn italienische Pizzabäcker von Deutschland aus in Palermo ihre Luxusvilla bezahlen…)

Frage 4 ist inzwischen soweit geklärt, daß es keine Restriktionen resp. Kreditwürdigkeitsvorbehalte gibt, die einer T2-Transaktion entgegenstehen, die wie zitiert quasi durch eine einseitige Willenserklärung der BI gegenüber der EZB bzw. der BB ausgelöst wird. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einer Kreditvereinbarung stets um einen Vertrag, bei dem zwei sich deckende Willenserklärungen vorliegen müssen, wobei der Vertragsgegenstand Zentralbankgeld zunächst vom Kreditgeber an den Kreditnehmer übertragen werden muß, da sonst der Kreditgeber nicht zum Gläubiger wird. Bei einer T2-Transaktion verhält es sich jedoch so, daß bereits existierendes Zentralbankgeld von der BI an die EZB bzw. BB übertragen wird, wodurch ja gerade der T2-Eintrag der BB steigt. (Es handelt sich hierbei im Ergebnis bei der BI um einen sog. „Passivtausch“ auch wenn aus formalen Gründen keine Passiva „getauscht“ werden.) Eine normale Geschäftsbank wäre mit einer Gutschrift auf ihrem Zentralbankkonto völlig zufrieden und würde nicht noch darüber nachdenken, ob das „Guthaben“ bei der Zentralbank auch ausreichend „sicher“ ist. In gleicher Weise hat ja die BB den Ausgleich für die von ihr eingegangene Verpflichtung gegenüber der Bank A&T erhalten, weil sie ja durch den aktiven T2-Eintrag quasi einen Zugang an Zentralbankgeld erhalten hat. Man könnte es so pointieren: was für die Banca „Cinque Stelle“ Zentralbankgeld ist, ist auch für die BB Zentralbankgeld – auch wenn letztere nicht wirklich weiß, was sie damit anfangen soll, da es sich hierbei um das berühmte „Eulen nach Athen tragen“ handelt.

Bleibt als Fazit nur noch festzuhalten, daß man dann, wenn man mit aller Gewalt ein Problem aus den T2-Salden machen möchte notwendigerweise sein Gesichtsfeld auf die aktienrechtlichen Bilanzierungsvorschriften einengen muß. In gleicher Weise muß man komplett ignorieren, daß Operationen zwischen Zentralbanken aus logischen Gründen anders beurteilt werden müssen, als Operationen von Zentralbanken mit den ihr angeschlossenen Geschäftsbanken. Vermutlich ist es die Vorstellung, die EZB sei eine Art übergeordnete Bank in Bezug auf die NZBen die zu dem Fehlschluß verleitet, es würde sich bei den T2-Operationen um analoge Vorgänge handeln wie im nationalen Zahlungsverkehr. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die EZB ist für die NZBen nicht die Clearing- bzw. Settlement-Instanz wie es eine Zentralbank gegenüber den angeschlossenen Geschäftsbanken ist. Im Grunde genommen könnte der RTGS-Zahlungsverkehr auch komplett ohne die EZB abgewickelt werden, was lediglich den vertretbaren Mehraufwand bedeuten würde für jede andere dem EURO angehörende NZB ein eigenes Konto zu führen – soviel Speicherplatz sollte dann doch schon vorhanden sein…

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Und was ist nun Geld?

garachicoWenn man versucht anderen etwas zu erklären ist es manchmal so, daß man sich selbst mehr erklärt als vorgesehen. So geschehen während der Antwort auf einen Kommentar auf Timo Ollech, der sich in Bezug auf ‚bitcoin‘ danach erkundigte, ob dort der Themenbereich Verpflichtungs-/ Erfüllungsgeschäft abgebildet werden könne. Heraus kam, daß die ‚blockchain‘ der Pferdefuß der digitalen Übermittlung von Information ist, denn diese dient dazu, zu verifizieren, wer wem einen bestimmten ‚bitcoin‘-Betrag übertragen hat in dem Sinne, daß der Empfänger nunmehr als rechtmäßiger Eigentümer der entsprechenden Krypto-Informationssequenz in der ‚blockchain‘ gelistet ist. Verifizieren heißt hierbei das Anlegen einer Multiplizität von Datenspuren darüber, daß A an B eine bestimmte Informationssequenz eigentumsrechtlich übertragen hat. Da man ja Krypto-Informationen beliebig kopieren kann muß also die ‚blockchain‘ quasi wie das Banksystem darüber Buch führen, wer wieviel und welche(!) ‚bitcoins‘ in seinem ‚wallet‘ hat.

Der eigentliche Aha-Moment war aber die Erinnerung an eine frühere (vorläufige) Erkenntnis, daß bei einer Barzahlung letztlich nur die auf dem Geldschein aufgedruckte Registriernummer das entscheidende Feature ist, welches den Geldschein mit der Schuldentilgungsfähigkeit ausstattet, die üblicherweise fälschlich dem Papier zugerechnet wird. Die Bezeichnung als „Papiergeld“ legt nämlich nahe, daß es der Geldschein ist, welcher eine Zahlung zuwegebringt, so daß sich unwillkürlich die Vorstellung von einem stofflichen Etwas im Kopf etabliert, womit dann die Verwechslung mit einer realen Sache wie dem Gold sich quasi schon wie von alleine ergibt, denn wenn eine faßbare Sache als Geld fungiert liegt es nahe zu denken, daß auch andere reale Dinge als Geld fungieren könnten und gewissermaßen die Ausprägung von Münzen aus Edelmetallen als natürliche „Geldform“ erscheint. Man wird also schon durch die Bezeichnung „Papiergeld“ auf eine falsche Fährte geführt, weil es nicht das (registrierte) Papier ist, welches Schuldentilgungsfähigkeit begründet, sondern die auch auf dem Papier aufgedruckte Information, daß die Zentralbank die Information mit der Registriernummer XYZ mit einer Schuldentilgungsfähigkeit von z.B. 100 € ausgestattet hat. (Das Interessante bei dieser Geschichte ist, daß es mit dem Konstrukt „Papiergeld“ möglich ist die Information über Schuldentilgungsfähigkeit zu einem Gegenstand der (analogen) Verfügung zu machen, ohne daß dabei eine dritte Partei Überwachungs- und Kontrollaufgaben wahrnehmen muß.)

Daß es sich so verhält wie oben beschrieben erkennt man sehr schön an einem Gedankenexperiment: nehmen wir mal an aus dem „Ausgangslager“ für Bargeld der Zentralbank würde ein Bündel Banknoten entwendet, welches für die Tilgung von Zentralbankschulden vorgesehen war. Die entwendeten Geldscheine sind unter Beachtung aller Vorschriften erstellt und gekennzeichnet worden und wären somit im Publikumsverkehr als gültiges Schuldentilgungsmittel verwendbar. Da es sich hier um keine Fälschungen handelt müßte man davon ausgehen, daß es sich bei diesen unrechtmäßig in Verkehr gebrachten Geldscheinen um das gesetzliche Zahlungsmittel handelt. Und doch ist es nicht so, weil diesen Geldscheinen nämlich das entscheidende Merkmal fehlt von der Zentralbank als gültiges Schuldentilgungsmittel deklariert worden zu sein. Diese Deklaration der Schuldentilgungsfähigkeit findet sich als Eintrag in der Datenbank der Zentralbank, in der für jeden einzelnen emittierten Geldschein neben der Registriernummer auch die Denominierung (Zahlaufdruck) und das Datum der Emission (und wahrscheinlich noch 100 weitere Detailangaben) aufgeführt sind, so daß eine Zentralbank jederzeit angeben kann, welche der umlaufenden Registriernummern (auf den von ihr ausgegebenen Geldscheinen) gültig sind und welche nicht. Das bedeutet, daß diejenigen Scheine, deren Registriernummer nicht in der Bargeld-Datenbank aufgeführt sind auch keine Schuldentilgungsfähigkeit besitzen – und mithin Falschgeld sind. (Das ist im Hinblick auf den §935 (2) BGB eine interessante Fragestellung…)

Es mag vielleicht auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen, daß ein unter Beachtung aller Vorschriften hergestellter Geldschein kein gültiges Schuldentilgungsmittel sein soll, aber diese Tatsache ergibt sich aus dem Umstand, daß erst der hoheitliche Akt der Emission einem Geldschein als Träger der Information über Schuldentilgungsfähigkeit die Eigenschaft gültiges Schuldentilgungsmittel zu sein verleiht. Das hat ganz direkte Konsequenzen für den Geldschein, denn es erweist sich, daß der Geldschein lediglich der Datenträger für die entscheidende Information „emittierter Geldbetrag“ ist auch wenn man dem Geldschein nicht ansehen kann, ob der zugehörige Dateneintrag in der Bargeld-Datenbank der Zentralbank auch tatsächlich existiert. Dadurch drängt sich der Vergleich mit einer Kryptosequenz auf, weil hier die aus dem ‚mining‘ entstandenen Kryptoinformationssequenzen im Grunde genommen dieselbe Funktion aufweisen wie die von einer Zentralbank vergebenen und emittierten Registriernummern. Während jedoch die im Grunde auch nur digital vorliegende Information über Schuldentilgungsfähigkeit auf einem analogen Medium wie dem Geldschein einigermaßen fälschungssicher ist, muß eine ausschließlich digitale Kryptoinformationssequenz überhaupt erst einmal dagegen geschützt werden millionenfach kopiert zu werden. Man braucht also gewissermaßen eine Buchhaltungsinstanz, welche die Eigentumsrechte an diesen Informationen an bestimmte ‚wallets‘ zurechenbar macht und somit das Eigentum an dieser Informationssequenz zweifelsfrei festgestellt werden kann. Die Monströsität, die dazu erforderlich ist, ist die sog. ‚blockchain‘, die im Grunde dazu da ist aufzuzeichnen, wer gerade an wen wieviel und welche (sic!) Kryptoinformationen gesendet hat. Im Gegensatz dazu ist die Übertragung der auf einem analogen Medium gespeicherten Information „Geld“ (da haben wir das G-Wort) vergleichsweise simpel zu bewerkstelligen, indem der Geldschein die Hände wechselt und damit das Eigentum an der Information über Schuldentilgungsfähigkeit auf den Empfänger übergeht. Während jedoch i.d.R. niemand anders als der Eigentümer über den Inhalt des eigenen Portemonnaies Bescheid weiß muß in der ‚blockchain‘ nicht nur der mengenmäßige Inhalt eines ‚wallets‘ dokumentiert sein, sondern es müssen auch die Daten über die jeweiligen individuellen Krypto-Informationssequenzen aufgeführt sein – das ist etwa vergleichbar damit, daß die Zentralbank wüßte, welche Geldscheine mit welchen Registriernummern sich gerade im Augenblick in Ihrem Portemonnaie befinden…

Dadurch, daß die Information der Zentralbank auf einem (Papier-) Datenträger aufgetragen wurde entsteht aber nun der angenehme Effekt, daß die Übergabe dieses Informationsträgers gleichzeitig die in ihm enthaltene Information mit überträgt und somit ein Eigentumsübergang der enthaltenen Information durch ein einfaches Verfügungsgeschäft problemlos abgewickelt werden kann. Vermutlich liegt im Gegensatz dazu auch der Krampf mit der ‚blockchain‘ begründet, weil im ‚bitcoin‘-Zahlungsverkehr die Information ohne einen verbundenen Datenträger übermittelt wird und somit die Frage der Zurechenbarkeit eines ‚bitcoin‘ zu einem bestimmten ‚wallet‘ zur Existenzfrage einer Kryptowährung wird – wenn es denn jemals eine Währung wird… (Man könnte natürlich auch eine ‚bitcoin‘-Kryptosequenz auf einen „Bitschein“ auftragen, welcher dann auch analog weitergegeben werden könnte. Es muß nur dafür gesorgt werden, daß die ‚blockchain‘ diese Kryptosequenz als nicht mehr digital verfügbar deklariert…)

Mit diesen ganzen Vorüberlegungen kommt man dann zu dem Ergebnis, daß Geld eine von der Zentralbank emittierte Information ist, die mit einer bestimmten Menge Schuldentilgungsfähigkeit ausgestattet ist. Der hoheitliche Aspekt dieses Aktes wird dadurch sichtbar, daß lediglich die Deklaration, daß eine bestimmte Registriernummer eine Schuldentilgungsfähigkeit von z.B. 100 € haben soll, für die Emission erforderlich ist. Das hat interessante Konsequenzen für die geldtheoretische Diskussion, denn üblicherweise wird ja heutzutage Geld als Kreditgeld angesehen, was bedeutet, daß der Emissionsvorgang untrennbar mit einer Kreditvergabe verbunden sein muß – ob als direkter Kredit an eine Geschäftsbank oder als Ankauf einer z.B. Staatsobligation macht hier an dieser Stelle nicht den entscheidenden Unterschied aus. In Wahrheit ist lediglich die Deklaration der Zentralbank einen bestimmten Betrag/ Registriernummer als gültiges Schuldendeckungsmittel zu erklären erforderlich, damit neues Geld auf die Welt kommt. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Zentralbank eine Gehaltsüberweisung für ihre Mitarbeiter vornimmt, denn dann schreibt sie einfach der Bank bei der der Mitarbeiter ein Konto führt einen bestimmten Betrag gut mit der Maßgabe, daß sich die Bank ihrerseits gegenüber dem Mitarbeiter verschulden möge – und die Banken akzeptieren das widerspruchslos. Von daher muß man eigentlich zu der Einschätzung kommen, daß gewissermaßen eine Kreditvergabe lediglich akzessorisch zu einer Geldemission ist und von daher eine Kreditvergabe nicht das exclusive Integrationsverfahren für die Emission von Geld darstellt. Denn wie Banken können auch Zentralbanken im Zuge von Leistungstransaktionen Gutschriften erteilen ebenso wie sie auch durch einfache Deklaration Schuldentilgungsfähigkeit erzeugen können, indem sie sich z.B. gegenüber dem Staat verschulden – was auf eine einfache Gutschrift zugunsten des Staatskontos hinausläuft. (Man darf durchaus davon ausgehen, daß das Angebot der Zentralbank sich gegenüber dem Staat zu verschulden seitens des Staates von einer wohlwollenden Annahme begleitet sein wird…) Und schließlich könnte die Zentralbank auch ein sinnloses Gutachten zur Bargeldabschaffung kaufen und in bar bezahlen, was für die Zentralbank nichts weiter bedeutet als mit der Übergabe der Geldscheine den entsprechenden Eintrag in der Datenbank des umlaufenden Bargeldes zu ergänzen. Daß es nicht gemacht wird (das mit der Zahlungsweise, das mit dem Schrottgutachten schon eher) heißt ja nicht, daß es nicht möglich und legitim wäre so zu verfahren.

Die Frage der Institutionalisierung, d.h. auf welche Weise Geld in die Wirtschaft kommt ist demgegenüber eine interessante und wichtige, jedoch nichtsdestoweniger davon getrennte Frage, weil unabhängig von dem Verfahren wie Geld in die Wirtschaft kommt immer der (hoheitliche) Emissionsakt erforderlich ist. Daher verdeckt gewissermaßen die Charakterisierung des heutigen Geldes als Kreditgeld, daß die Genesis des Geldes die Deklaration der Zentralbank als Grundlage hat und nicht das operative Verfahren, mit dem Geld emittiert wird. Wenn man so will sind die Integration von Geld über Bankenkredite, über Staatsanleihen oder auch neuerdings mittels QE4P lediglich alternative Institutionalisierungen für ein und denselben Zweck: die Emission von Geld. Von daher ist die Vermutung, der Kredit wäre quasi die „natürliche“ Art und Weise wie Geld neu entsteht als nicht zutreffend einzustufen, wiewohl diese Art der Technik allem Anschein nach eine vergleichsweise gesunde Verfahrensweise darstellt. Doch auch wenn diese Art der Geldemission ein paar Jahrzehnte zu vergleichsweise stabilen Verhältnissen geführt hat sollte man dennoch den Merkposten bewahren, daß Geld als Kreditgeld nur eine spezifische Art der Institutionalisierung der Geldemission darstellt, weil man sonst zu leicht in die Gefahr gerät das Bestehende für das Natürliche zu halten…

Wenn man so will kann man hier in analoger Weise zur Differenz von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft von einem monetären Abstraktionsprinzip sprechen, welches zwischen dem Prozeß der Geldemission einerseits und dem Prozess der Geldintegration andererseits differenziert. Damit kann man auf einmal erkennen, daß eine Zentralbank lediglich irgendeinen beliebigen Rechtsgrund braucht, um Schuldentilgungsfähigkeit zu erzeugen, wobei sie diesen hoheitlichen Akt lediglich als Banknotenumlauf dokumentiert, weil sie daraus nie in Anspruch genommen werden kann. Daß der größte Teil der monetären Schuldentilgungsfähigkeit lediglich als Forderung gegen die Zentralbank existiert steht dem deswegen nicht entgegen, weil ja gerade das Recht der Zentralbank ihre Verbindlichkeiten in jeder erforderlichen Höhe durch die Übergabe von Bargeld zu begleichen eine Einlösung dieser Forderungen in Bargeld unnötig macht und damit dem modernen ‚clearing‘ bzw. ’settlement‘ überhaupt erst den Weg bereitet.

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Felix qui potuit rerum cognoscere causas

lauterbachAnscheinend muß man doch gelegentlich Dinge graphisch illustrieren, obwohl der betreffende Sachverhalt klar genug ausgedrückt worden ist. Es geht hierbei um die bereits mehrfach angesprochene Tatsache, daß der bei der Zentralbank ausgewiesene Banknotenumlauf nichts anderes ist, als ein Erinnerungsposten daran, daß die Zentralbank in dieser Höhe ihre Schulden getilgt hat. Das Vorrecht der Zentralbank Bargeld emittieren zu können, welches das einzige gesetzliche Zahlungsmittel (besser wäre die Bezeichnung Schuldentilgungsmittel) darstellt, macht die Zentralbank zur Quelle unbeschränkter Liquidität. Dies gilt auch und gerade dann, wenn es in der Bilanz der Zentralbank keine „Kasse“ gibt, die Bargeld enthalten würde, denn Bargeld welches bei der Zentralbank zur Gutschrift eingereicht wird ist dem Umlauf entzogen und wird folgerichtig gegen den Banknotenumlauf saldiert und ist wirtschaftlich gesehen nicht mehr existent, auch wenn es in den Tresoren der Zentralbank noch physisch da ist.

Der Ablauf wie Bargeld tatsächlich in den Umlauf kommt läßt sich mit Hilfe von ein paar T-Konten darstellen. Es beginnt damit, daß die Zentralbank sich verschuldet, weil sie in dieser Höhe einer Bank eine Forderung gegen sie genehmigt hat. Gleichzeitig erhält sie eine Forderung gegen eben diese Bank was deswegen nicht nur ein müßiges Spiel ist, weil der Inhalt der jeweiligen Forderungen/ Verbindlichkeiten eine zeitliche Differenz aufweist – Geld heute gegen Geld später. Für die Frage des Geldumlaufs ist die Frage nach den Zinsen nicht so wichtig, ebenso wie die Frage nach der Besicherung des Kredits hierbei vernachlässigt werden kann. An dieser Stelle mag der Hinweis darauf, daß eine Besicherung einen akzessorischen Charakter hat genügen.

bargeldemission-1

Die Phase der Kreditvergabe ist eine reine schuldrechtliche Angelegenheit, weswegen an dieser Stelle das Schuldentilgungsmittel, welches ja Inhalt des Kreditvertrages ist noch nicht in Erscheinung tritt. Dies wird auch erst dann virulent, wenn nämlich die Forderung seitens der Bank geltend gemacht wird und die Zentralbank gehalten ist ihre Verbindlichkeit zu erfüllen. Normalerweise würde eine Bank auf einen Aktiva-Bestand an Bargeld zurückgreifen mit dem sie sich ihrer Schuld entledigt. Dies ist der Vorgang, der zigtausendfach am Geldautomat erfolgt, wo für die Bank eine Bilanzverkürzung eintritt, denn sie hat nach der Auszahlung weniger Bargeld und weniger Verbindlichkeiten. Im Fall der Zentralbank gibt es die Besonderheit, daß dort keine Kasse vorhanden ist, obwohl in den Tresoren der Zentralbank ausreichend Banknoten eingelagert sind, welche dort ihrer Verwendung harren. Um also die Emission von Banknoten darstellen zu können muß man an dieser Stelle eine fiktive Buchung einfügen, bei der so getan wird, daß für eine logische Sekunde in der Zentralbank eine Kasse existiert. Denn auch die Zentralbank bezahlt ihre Verbindlichkeiten mit der Übergabe der geforderten Sache, die wiederum ein Aktivum sein muß, so daß die vorzunehmende Bargeldlieferung auf einmal als temporärer Kassenbestand aufscheint, mit der Auslieferung jedoch unmittelbar wieder verschwindet. Dieser „Ausgangskorb“ auf der Aktivseite findet seine passive Entsprechung in einem „schwebenden Banknotenumlauf“, wo dann in dem Moment, wenn die Zentralbank das Bargeld übergibt und somit die korrespondierenden Verbindlichkeiten tilgt, dieser zu einem „erfolgten Banknotenumlauf“ wird, welcher dann auch in der Bilanz der Zentralbank seinen Niederschlag findet. Durch diese Übergabe des Schuldentilgungsmittels „Bargeld“ erfolgt wie bei einer Bank eine Bilanzverkürzung, welche die fiktive Bilanzverlängerung durch die fiktive Kasseposition wieder rückgängig macht. Die Bilanzverkürzung erfolgt dabei ganz traditionell, indem dem Kasseabgang ein Abgang an Verbindlichkeiten entspricht. Übrig bleibt der Posten „erfolgte Inumlaufbringung“, welcher sich dann in der Bilanz der Zentralbank als „Banknotenumlauf“ liest.

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Nun ist man versucht zu sagen, die Zentralbank würde ja lediglich ihre Verbindlichkeiten mittels eines Passivtausches umwandeln, so daß sie ja nach wie vor Verbindlichkeiten hätte, die nur eben jetzt als Banknoten umlaufen würden. Eine derartige Sichtweise verkennt jedoch den Charakter einer Schuldtilgung, denn dabei geht es im Gegensatz zur Krediteinräumung darum, daß durch die sachenrechtliche Übertragung des geschuldeten Gegenstandes der Verpflichtete sich seiner Schuld entledigt, sowie der Gläubiger durch die Annahme der Sache seinen Anspruch verliert, mithin die Forderung durch die Übergabe von Bargeld und dessen Annahme untergeht. Wie der rote Doppelpfeil illustriert passiert bei der Zentralbank im Prinzip genau dasselbe wie bei einer Auszahlung am Geldautomaten.

Auf den Punkt gebracht: die Lieferung von Banknoten befreit eine Zentralbank in der Höhe des Nennwerts dieser Banknoten von einer Geldschuld! Das einzige Spezifikum, welches dazu Anlaß gibt darüber zu sinnieren, ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht besteht darin, daß die Banknoten, die durch die Begleichung einer Schuld der Zentralbank in Umlauf kommen vorher nirgendwo als Aktivum in Erscheinung getreten sind. In gewisser Weise rechtfertigt sich damit auch die Vermutung, Geld würde aus dem Nichts entstammen, denn in dem Tresor der Zentralbank ist dasselbe Bargeld eben – Nichts. Man sollte diesen Effekt allerdings eher als Spezifikum der Geldwirtschaft ansehen, denn in ähnlicher Weise ist ein Stück Sachertorte in der Vitrine einer Wiener Bäckerei keine Sachertorte, sondern für den Verkäufer ein Hilfsmittel zur Attrahierung von Geld. Erst in den Händen des Käufers beim Verzehr wird ein Stück Sachertorte zu dem nutzenstiftenden Gegenstand, welcher geeignet ist sensationelle Geschmackseindrücke in dem Gaumen des Essers zu erzeugen…

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Bargeld oder nicht Bargeld – das ist hier die Frage

Bargeld oder nicht Wenn man sich die Diskussion um die Abschaffung des Bargeldes ansieht, kommt man aus dem Staunen nicht heraus mit welchen Argumenten versucht wird dafür eine valide Begründung zurechtzuschustern. Da wird von der Zurückdrängung von Schwarzarbeit und der damit verbundenen Steuerhinterziehung fabuliert, es wird angeführt, daß es dann keine Banküberfälle mehr gäbe, es wird die Hygiene von Geldscheinen als monströse Gefahr für die „Volksgesundheit“ dargestellt und zu guter Letzt soll eine konjunkturelle Interventionsmöglichkeit geschaffen werden, welche vorsieht die Geldpolitik über einen „Negativzins“ und nicht mehr die Fiskalpolitik – d.h. staatliche Ausgabenvariation – als Element der Konjunkturstützung zu instrumentalisieren, wobei die „Flucht ins Bargeld“ als Ausweichreaktion privater Akteure unterbunden werden müsse. (Die Links findet jeder der möchte selbst, man muß nicht auch noch auf Unfug verweisen.)

Allen genannten und ungenannten Pseudo-Gründen ist gemeinsam, daß sie irgendwelche beliebigen unerwünschten Aspekte der Wirtschaftswelt aufgreifen, um daraus ein moralisches Argument zu basteln, welches dem Leser eine emotionale Abwehrhaltung gegenüber dem Bargeld andienen soll. Garniert wird das Ganze noch mit einem ökonomistischen Sprachduktus, welcher beweisen soll, daß es sich dabei wenn schon nicht um wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse so doch um ernstzunehmende Alternativlosigkeiten handeln soll. Schließlich muß ja heutzutage jedes belanglose Geschehniskrümelchen zu einem weltexistenzbedrohenden Hype aufgepustet werden, dem nach drei Tagen medialer Hyperventilation sang- und klang- und kommentarlos die Luft ausgeht.

Nun gibt es ja für manche Interessengruppen durchaus ein valides Interesse daran den Bargeldgebrauch so weit wie möglich einzuschränken, so daß für dieses Ziel auch die Argumente eines Komplettverbotes von Bargeld als durchaus zweckdienlich erscheinen. Das betrifft insbesondere die ehrenwerten Unternehmen wie Kreditkartenfirmen (deren Geschäftsmodell noch nicht mal so verkehrt ist), für die aufgrund ihres Geschäftsmodells die weitestgehende Zurückdrängung der Bargeldzahlung ein unternehmerisches Ziel ersten Ranges darstellt. Nun ist aber die Zurückdrängung des Bargeldgebrauchs nicht dasselbe wie die Abschaffung von Bargeld, weil zwischen beiden Zuständen ein qualitativer Sprung existiert, der eine Wesensveränderung der monetären Verfassung nach sich zieht. Die in den „ökonomischen Abteilungen“ beschäftigten Verfasser von Stragegiepapieren und die Lobbyisten wie Mastercard und Co. dürfen das selbstverständlich übersehen, weil sie ja nicht dafür bezahlt werden ökonomisch gehaltvolle Analysen zu erstellen, sondern nur die Argumente zu polieren, die dem Unternehmensinteresse dienen. Da können Erkenntnisse, die man schon aus dem ökonomischen Grundstudium kennen müßte auch schon mal stören.

Zu allem Überfluß ist die Abschaffung von Bargeld ein zutiefst in einer Austrian-Denke (Ökonomie kann man dazu nicht sagen…) verwurzeltes Anliegen, weil der eigentliche Zielpunkt dieser Kampagne ja nicht in der Verhinderung von Geldwäsche oder der Steuerung irgendeiner „Geldmenge“ durch die Zentralbank besteht, sondern in der dann in greifbare Nähe rückenden Abschaffung der Zentralbank. Wie man weiß lassen Austrians kein noch so abstruses Argument aus, um ihre messianische Überzeugung, daß nur „freies Marktgeld“ ein gutes Geld sei irgendwo zur Sprache zu bringen. Wenn man so will treffen sich hier die ‚agenda pusher‘ der Kreditkartengesellschaften mit den Gläubigen des „freien Marktgeldes“! Na, wenn das nicht zu einer zu einer unheiligen Allianz führt, was dann?

Zum Glück kann man auch noch seriös über die Frage Bargeldabschaffung oder nicht nachdenken, ohne über die ganzen dumpfbackigen „Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile des Bargeldes unter besonderer Berücksichtigung des zur Herstellung von Banknoten erforderlichen Energieverbrauches“ Argumentationsversuche verzweifeln zu müssen. Wie in diesem Post bereits angedeutet ist die Vision eines bargeldlosen Geldsystems lediglich eine propädeutische Übung um zu illustrieren, wie die Einräumung von Kredit erst zur Schaffung von privater Kaufkraft führt und im Zuge der Auszahlung der Bank (i.d.R. per Überweisung) des Darlehens zu Zahlungsmittelbewegungen führt, welche essentiell aus Zahlungsmittelumschichtungen – d.h. der Umschichtung von Zentralbankgeldbeständen – begleitet wird. Von dieser Betrachtung explizit ausgeschlossen sind Bargeldzahlungen, welche erst in einem zweistufigen Zentralbanksystem existieren. Das macht ja gerade die Propädeutik aus.

Sobald man sich aber in einem zweistufigen Zentralbankgeldsystem befindet, ist es unabdingbar, daß es zwischen den beiden Ebenen (Zentralbank und Geschäftsbanken) einen Differenzierungsgrund gibt, der schlichtweg daraus besteht, daß eine Zentralbank ihre Schulden dadurch begleichen kann, indem sie ein Verfügungsgeschäft vornimmt, welches daraus besteht, daß sie ihre Schuld durch die Übergabe von Banknoten tilgt. Weil aber eine Zentralbank für derartige Operationen keinen Kassenbestand vorhalten muß, läuft die Schuldbefreiung einer Zentralbank dergestalt, daß sie Banknoten ausgibt, welche einerseits die Schuld gegenüber einer Geschäftsbank tilgen, was andererseits zu nichts anderem führt als einem Eintragungsvermerk in das Konto Zentralbankgeldumlauf. Heißt auf gut Deutsch: die Zentralbank zahlt, indem sie einen „Passivtausch“* vornimmt – Zugang Zentralbankgeldumlauf gegen Abgang Geschäftsbankverbindlichkeit – während ein privater Zahlungsvorgang mit einem Abgang von auf der Aktivseite befindlichen Zahlungsmittelbeständen (Zentralbankgeld) und einem Abgang von Verbindlichkeiten einhergeht – genannt Bilanzverkürzung. Anscheinend hält sich immer noch die Vorstellung, daß eine Zentralbank mit der Ausgabe von Banknoten ein Schuldverhältnis eingeht. Diese Vorstellung ist einmal die Folge einer unsäglichen historischen Institutionalisierung – der Goldwährung, wo Zentralbanknoten eine Schuld darstellten. Andererseits scheint die neuzeitliche Erkenntnis zu schwierig zu sein, daß die Emission von Zentralbankgeld einen hoheitlichen Akt darstellt, welcher Zentralbankgeld zu einer schuldbefreienden Sache macht – solange es sich um Geldschulden handelt. Dieser hoheitliche Akt kann jedoch von Geschäftsbanken nicht kopiert werden. Denn das was eine Zentralbank emittiert sind persönlich zurechenbare Informationseinheiten, welche darüber Auskunft geben, welches Wirtschaftssubjekt über Schuldbefreiungsfähigkeit verfügt. Nichtökonomen wissen sofort, wovon die Rede ist – die Sache, mit der man sich von einer Schuld befreien kann!

Dieser Unterschied, daß sich die Bilanz einer Zentralbank bei einem Auszahlungsvorgang aufgrund des „Passivtausches“* überhaupt nicht größenmäßig verändert, während jeder Auszahlungsvorgang einer normalen Bank mit einer Bilanzverkürzung einhergeht – weniger Schulden aber auch weniger Geld (Einzahlungsvorgänge im Zuge von Überweisungseingängen sind dagegen eine Angelegenheit einer Bilanzverlängerung – mehr Schulden, aber auch mehr Geld!) ist bisher nicht wirklich in das Bewußtsein von „Geldabschaffern“ vorgedrungen, denn der springende Punkt dabei ist, daß eine Zentralbank deswegen eine unendlich große Zahlungsfähigkeit hat, weil sie sich jederzeit mit der Übergabe von Banknoten von ihren Verbindlichkeiten – soweit es das von ihr selbst emittierte Geld betrifft – befreien kann. (Ich sollte für Verwirrungsspezialisten gleich dazu schreiben, daß es sich hier ausschließlich um monetäre Vorgänge handelt, welche mit Leistungssalden nichts zu tun haben.) Darin liegt nämlich der fundamentale Unterschied von Zentralbanken und Geschäftsbanken was Zahlungsbewegungen angeht – Passivtausch einerseits, Bilanzverkürzung andererseits.

Sobald man diese elementaren Sachverhalte einmal geblickt hat wird auch klar, warum die Abschaffung von Bargeld keine Petitesse darstellt. Denn das würde bedeuten, daß von heute auf morgen eine Zentralbank ZAHLUNGSUNFÄHIG werden würde. Der kühle Grund dafür ist die elementare Rechtskonstruktion von Geschäften, daß eine zweiseitig sich deckende Willenserklärung – genannt (Kauf- bzw. hier Kredit-) Vertrag – von einem Erfüllungsgeschäft begleitet sein muß, mit dem die Tilgung der vereinbarten Schuld erfolgen kann. Eine Zentralbank kann sich aber nur dann von ihrer Schuld befreien, wenn sie das Schulderfüllungsmedium emittieren kann – nämlich Banknoten. Verweigert man ihr dieses Recht mit dem Argument bakterienbehafteter Banknoten oder ähnlich dumpfbackigen Pseudo-Argumenten ist ihre Funktion schlichtweg amputiert. Man kann nicht sarkastisch genug darüber raisonnieren, daß es tatsächlich selbsternannte „Experten“ gibt, die ohne nachzudenken derartig fahrlässig mit einer vergleichsweise erfolgreichen gesellschaftlichen Institutionalisierung umgehen, indem Pseudo-Argumente wie der Wegfall von Bankrauben als „ökonomisch“ angedient werden. Für solche Fehlleistungen wäre sogar ein homerisches Gelächter noch zu viel Anerkennung!

Der Grund für das kollektive Versagen eines ganzen Diskussionsstranges von angeblich „führenden Ökonomen“ liegt darin, daß es für diese Ökonomen, die der Ricardo´schen Kornökonomie anhängen, anscheinend zu schwierig ist Hierarchieebenen auseinanderzuhalten, eine Geschichte, die jedem drittklassigen Programmierer keine Schwierigkeiten bereiten würde. Noch nicht mal die Tatsache, daß der Zahlungsvorgang einer Zentralbank aus einem Passivtausch und der einer Geschäftsbank aus einer Bilanzverkürzung besteht hat bei diesen „Koryphäen“ in irgendeiner Weise dazu geführt, daß mal ein Nachdenken darüber einsetzt, daß zwischen Zentral- und Geschäftsbank ein Qualitäts- bzw. Hierarchieunterschied besteht, der nicht so nonchalant einfach ignoriert werden kann. Natürlich: wenn man an den Blödsinn der Quantitätstheorie glaubt sind solche Differenzen schlichtweg undenkbar – weil in diesem Regime die Zahlungsfähigkeit der Zentralbank an Aktivvermögen wie Gold gebunden ist. Aber Quantiblödstheorie hin oder her: man könnte ja auch mal die Grundlagen der Buchhaltung berücksichtigen, wenn man anfängt über elementar wesentliche ökonomische Dinge einer Geldwirtschaft – Kapitalismus ist inzwischen nur noch ein Schlagwort für Unkundige – wie Bargeldabschaffung zu schwadronieren. Sowas kann man sogar schon in einem Schmalspurstudium hinbekommen – aber auch das scheint in den Zeiten von Pisa-Excellenz schon zu viel zu sein.

Und das Witzigste an der Sache ist ja noch, daß selbst bei einer Abschaffung des Bargeldes und den damit verbundenen rechtstechnischen Monströsitäten es immer noch Zentralbankgeld – die Verbindlichkeit der Zentralbank – geben wird. Das heißt, daß selbst wenn die Bankenbranche von den paar Kosten des Bargeldverkehrs sich befreien kann, ist die Bindung der Banken an die Zentralbank noch lange nicht erloschen. Denn auch dann bleibt die Funktion von Zentralbankgeld den Liquiditätsausgleich von Geschäftsbanken zu bewerkstelligen erhalten, von dem sich die Banken nicht werden befreien können. Und die bemitleidenswerte Vision der Austrians werden die Banken erst recht nicht brauchen, weil die Risiken von Wechselkursveränderungen (zwischen Banken in dem Fall) dann bei jeder bankübergreifenden Überweisung auftreten.

Heißt: der Liquiditätsausgleichsstandard wird auch ohne Bargeld erhalten bleiben – „führende Ökonomen“ hin oder her!

 

*Update: Daß dieser vermeintliche „Passivtausch“ so nicht existiert, wird hier dargestellt:

https://soffisticated.wordpress.com/2016/10/19/felix-qui-potuit-rerum-cognoscere-causas/

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Kleine bits und Große bytes

Le Grand MosqueEines der größten Mißverständnisse in der geldtheoretischen Diskussion betrifft den Fragenkreis rund um das sogenannte „elektronische Geld“. Denn es hat sich eingebürgert den (positiven) Kontoauszug dahingehend zu interpretieren, daß dieser bereits Geld darstelle. Weiter wird häufig argumentiert, daß ja der Umstand, daß die Forderungen gegen die Zentralbank auch – wie auch das vermeintliche „Bankengeld“ – lediglich in bits und bytes existieren, es sich hierbei um gleichartige Dinge handeln würde, so daß der populäre Fehlschluß, es handele sich bei den Forderungen gegen eine Geschäftsbank ebenfalls um Geld, neue Nahrung erhält. Dies ist umso bedenklicher, weil durch die alberne Propaganda von Gruppen wie ‚positive money‘ dieser intellektuelle Kurzschluß zu einer viralen Seuche wird.

Der Grundirrtum bei dieser Geschichte beginnt bei den meisten im Kindesalter, wenn am Weltspartag das Sparschwein geschlachtet wird und der durchgezählte Inhalt dann auf der Bank auf einem Sparbuch eingezahlt wird, wobei ja damit immer das Versprechen einhergeht, daß ein Jahr später noch mehr Geld auf dem Sparbuch ist, welches dann zusätzlich verwendet werden kann. Aus dieser Erfahrung wird dann später geschlossen, daß das Geld auf dem Sparbuch und noch später auf dem Konto das „eigene Geld“ vorhanden sei, welches sich dort auf wundersame Weise vermehrt. Mal abgesehen davon, daß die Geschichte mit der „Geldvermehrung“ auch ein weit verbreiteter Trugschluß ist, wird hierbei der Eindruck erzeugt, es handele sich bei dem Sparbuch oder dem Kontoguthaben um ein Eigentumsrecht. Denn schließlich hat man ja als Kind selbst Geld auf die Bank getragen (oder tragen müssen) und somit sein Eigentum am Bankschalter abgegeben. Was man im Gegenzug jedoch bei dieser Transaktion erhält ist lediglich ein Anspruch auf die Herausgabe von Geld und zusätzlich einen nach Zeitablauf – bedingt durch den anfallenden Zinsertrag – zusätzlichen Geldbetrag. (Hinweis: man kann sich keinen Ertrag auszahlen lassen, sondern nur Geld!) Dabei fangen an dieser Stelle die Fehlinterpretationen schon an, denn mit der Übergabe von Geld an einem Bankschalter wird das Eigentum an diesem Geld aufgegeben, so daß durch diese Übergabe das Eigentum an diesem Geld auf die Bank übergeht, d.h. daß dadurch das Eigentum(srecht) an diesem (im naiven/ infantilen Glauben: eigenen) Geld nicht mehr existiert. (Sonst könnte ja eine Bank damit auch nicht „arbeiten“ – was auch immer das bedeuten soll!)

In analoger Weise wird dann die Vorstellung gepflegt, daß das, was auf dem Kontoauszug als Guthaben erscheint auch schon „Geld“ sei, weil man ja z.B. mit der Bankkarte bargeldlos bezahlen könne. Das ist nur insofern richtig, als der Zahlungsprozeß für den bargeldlos Zahlenden damit zu Ende ist und lediglich noch kontrolliert werden muß, ob die Abbuchung von dem Konto die korrekte Höhe hat. Die Vorgänge, welche sich danach auf der Banken- bzw. Zentralbankebene abspielen, müssen den zahlenden Käufer i.d.R. auch nicht interessieren. Dabei fängt die Geschichte damit jedoch erst an, weil ja nun die Bank einen Auftrag zu erfüllen hat, der darin besteht, daß sie zu Lasten des Zahlenden und zugunsten des Zahlungsempfängers einen Transfer durchzuführen hat, der essentiell aus einem Transfer von Zentralbankgeld besteht. Denn die Vorstellung, eine andere Bank würde ihrem Kunden eine Gutschrift erteilen, wenn sie in dieser Höhe keinen Zentralbankgeldeingang zu verzeichnen hat, ist schlichtweg gegenstandslos, weil sie damit eine zusätzliche Verpflichtung übernimmt, ihrem Kunden die Verfügung über Zentralbankgeld zu gestatten. Die Banken sind nicht bekannt dafür Verpflichtungen zu übernehmen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten oder fordern zu können.

Es gibt im Prinzip zwei Optionen wie Banken Zentralbankgeld transferieren können: einmal durch den Transfer von Banknoten, was allerdings heutzutage aus Kostengründen nur noch selten passiert. Zum anderen wird ein Transfer von Zentralbankgeld zwischen Banken regelmäßig durch Kontobewegungen bei der Zentralbank abgewickelt. Dabei wird das Konto der zahlenden Bank belastet und dann der Betrag der empfangenden Bank gutgeschrieben. Durch diese Transaktion wird es möglich, daß zwischen den beteiligten Banken der Zentralbankgeldtransfer zum Zweck der Erfüllung einer Überweisung zwar ohne Bargeld aber nicht zentralbankgeldlos ausgeführt werden kann. Ein Zentralbankgeldtransfer einer Bank erfordert daher einen Datensatz, der von der zahlenden Bank an die empfangende Bank gesendet wird (Empfänger, Kontonummer, Betrag), einen Datensatz, der von der zahlenden Bank an die Zentralbank gesendet wird (empfangende Bank, Betrag), sowie einen Datensatz der Zentralbank an die empfangende Bank, dessen Inhalt die erfolgte Gutschrift auf dem Zentralbankkonto der empfangenden Bank ist. Erst wenn letzterer Datensatz bei der empfangenden Bank eingegangen ist, wird dem eigentlichen Zahlungsempfänger mit der Buchung des letzten Datensatzes der Überweisungsbetrag auch tatsächlich gutgeschrieben – sonst nicht.

Im wesentlichen besteht eine bargeldlose Überweisung aus zwei Ebenen, auf denen jeweils unterschiedliche Vorgänge ablaufen. Auf der Ebene der Banken wird eine Information gesendet, die sich auf die Ausführung des Überweisungsauftrages bezieht, während es sich auf der Zentralbankebene um die letztgültige Zahlung handelt, welche vom Käufer an der Kasse nicht vorgenommen wurde. Was dabei besonders hervorzuheben ist, ist der Umstand, daß erst die Umbuchung bei der Zentralbank die Buchungen auf den jeweiligen Bankkonten vollendet, die Sollstellung auf dem Konto des Zahlenden wie die Habenstellung auf dem Konto der Zahlungsempfängers. Die Quintessenz aus der Betrachtung dieser Informationsketten ist, daß es zwar einen bargeldlosen Überweisungsverkehr zwischen den Banken gibt, insofern als sie den Zentralbankgeldtransfer ohne Zuhilfenahme von Banknoten durchführen können, dieser jedoch durch die Umbuchung auf dem jeweiligen Zentralbankkonto ausgeführt wird, was schlichtweg bedeutet, daß die bargeldlose Zahlung dann doch keine zentralbankgeldlose Zahlung ist, obwohl der Übertrag des Zentralbankgeldes auch bargeldlos stattfindet.

Das fundamentale Mißverständnis, welches von vielen Gruppen wie ‚positive money‘ propagiert wird besteht daraus, daß die Theorie, Banken könnten untereinander autonom einen Transfer von Zentralbankgeld vornehmen, von dem infantilen Glauben getragen wird, daß das „Geld auf dem Konto“ eigenes Eigentum darstellt, welches die Banken benutzen können, um ihrerseits Zahlungen bzw. Überweisungen vorzunehmen. Denn schließlich wurde ja dieses Geld vorher auf der Bank zugunsten einer verzinslichen Forderung auf Geld abgegeben. An dieser Vorstellung ist nur eines richtig: daß die Banken prinzipiell tatsächlich einen Geldtransfer durch eine Übergabe von Banknoten durchführen können. Was dabei wesentlich schlimmer ist, ist die Ignoranz gegenüber dem Erfordernis, daß Geld ansonsten nur über den Weg per Zentralbank auf bargeldlosem Wege zur Bank des Empfängers gelangen kann. Damit einher geht die Unkenntnis der Tatsache gegenüber, daß der Datenaustausch zwischen den Banken lediglich eine Absichtserklärung beinhaltet, daß ein Transfer von Zentralbankgeld stattfinden soll. Hierbei wird weitläufig übersehen, daß der Austausch von bits und bytes zwischen den Banken etwas anderes ist, als der Austausch von bits und bytes auf den Konten der Zentralbank.

Der Unterschied besteht daraus, daß eine elektronische Umbuchung bei der Zentralbank einen Transfer von Zentralbankgeld darstellt, da Zentralbankforderungen gleichbedeutend mit Zentralbankgeld sind, was sich nicht mit dem Datensatz, den die Banken austauschen, als gleichwertig ansehen läßt. Denn die Übermittlung eines Datensatzes von Bank zu Bank bedeutet, daß damit ein Schuldverhältnis definiert wird, dessen Erfüllung sich nicht mit der bloßen Absichtserklärung, daß man zahlen wolle, erledigen läßt. Denn auch hier wie bei allen anderen Schuldverhältnissen auch, bedingt die Etablierung einer Schuld auch eine Erfüllung, die auf einer anderen Ebene erfolgen muß – nämlich auf einer Übertragung von Sachen (als juristischer Begriff). Die Anerkennung einer Schuld erfordert eine Leistung, die bei Banken aus dem Zentralbankgeldtransfer „Umbuchung auf den Konten der Zentralbank“ besteht. Und eine Umbuchung auf einem Zentralbankkonto ist tatsächlich Zentralbankgeld – und das selbst dann, wenn es „nur“ als elektronischer Buchungseintrag existiert!

Das bedeutet, daß es ein elektronisches Geld ausschließlich auf der Ebene einer Zentralbank gibt und geben kann. Aus diesem Grund ist auf der Interbankenebene die Bezeichnung „elektronisches Geld“ einer oberflächlichen Betrachtungsweise geschuldet, die sich langsam in die Köpfe frißt, insofern als das elektronische Geld als gleichbedeutend für tatsächliches Zentralbankgeld angesehen wird. Der tiefere Grund für diese Verwechslung besteht darin, daß es sich sowohl bei den Banken sowie bei der Zentralbank um abstrakte Referenzen (Forderungen) handelt. Dabei ist jedoch die Referenz in Bezug auf die Zentralbank tatsächlich Zentralbankgeld, weil diese über das Recht verfügt unbeschränkt Banknoten zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten emittieren zu können. Über dieses Recht verfügen die Banken aber nicht, so daß die Referenz (Forderung) gegen eine Bank lediglich ein (von der Bank zu erfüllendes) Verfügungsrecht darstellt. Dieses Verfügungsrecht bezieht sich einmal auf die Auszahlung von Banknoten sowie darauf die Bank veranlassen zu können, einen Transfer von Zentralbankgeld durchzuführen. Eigentumsrechtlich gesehen sind diese Forderungen kein gesichertes Geld – deswegen sind und bleiben es Forderungen!

Die Hierarchie des zweistufigen Geldsystems erzeugt damit eine Differenz zwischen den abstrakten Referenzen, die – vordergründig gleichartig – sowohl bei Banken als auch der Zentralbank bestehen. Der menschliche Intellekt ist jedoch fähig Differenzierungen vorzunehmen. Es ist daher schwer zu erklären, warum dies bei der Differenz von Zentralbankgeld und Forderungen auf Geld nur den wenigsten gelingt. Daß die Banken erklären, daß Forderungen, die gegen sie selbst gerichtet sind, als Geld anzusehen sind, kann man ja noch verstehen, weil sie diese Scheinheiligkeit als Geschäftsprämisse ansehen (vielleicht auch müssen). Warum eine Bundesbank sich auch auf diesen geldtheoretischen Blindflug begibt, insofern als sie sich nicht zu einer klaren Differenzierung zwischen Bankengeld und Zentralbankgeld bekennt, ist außerhalb jeglichen Begriffshorizontes.

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FASB – auch nicht schlecht!

SuperPanneManchmal ist es ja doch ganz nützlich sich durch ziemlich durchgeknallte Websites zu klicken, denn gelegentlich stößt man auf Absonderlichkeiten, die es wert sind kommentiert zu werden. Dazu gehört ein Brief des Wirtschaftsprüfers Schemmann, der sich dagegen wendet, daß die FASB-Richtlinien und Definitionen zu eine fehlerhaften Testierung der Abschlüsse von Wirtschaftsprüfern Anlaß geben. Dies sei dadurch bedingt, daß Banken, wenn sie einen Kredit erteilen lediglich „Rechnungseinheiten“ schaffen würden, die aber nicht die Stellung von gesetzlichem Zahlungsmittel aufweisen würden. Als Folgerung kommt er dann zu dem Schluß, daß die FASB Buchhaltungs-Richtlinie (ASC 305-10-20) falsch sei:

„Bargeld“
„Übereinstimmend mit allgemeiner geschäftlicher Gepflogenheit besteht Bargeld nicht nur aus Geldscheinen und Münzen auf der Hand, sondern auch aus Sichteinlagen bei Banken oder anderen Finanzinstitutionen. Bargeld umfasst auch andere Kontenarten, die folgende Merkmale von Sichteinlagen aufweisen: Der Inhaber muss in der Lage sein, seine Finanzmittel jederzeit einzulegen oder abzuheben, ohne dass er das vorher anmelden muss und ohne, dass er dafür eine Strafgebühr zahlen muss.

Alle Zu- und Abflüsse von diesen Konten sind Bargeldein- oder –ausgänge, sowohl für den Kontoinhaber als auch für die kontoführende Bank. Zum Beispiel stellt die Vergabe eines Kredits und die Buchung des Betrags in ein Kunden-Sichteinlagenkonto zu diesem Zeitpunkt eine Bargeldzahlung der Bank und einen Bargeldeingang des Kunden dar. “

Quelle:

Klicke, um auf Uebersetzimg%20offener%20Brief%20Schemmann%20FASB%20IASB.pdf zuzugreifen

oder im Original von 2011:

https://law.resource.org/pub/us/code/bean/fasb.html/fasb.305.2011.html

Nach allem, was hier in diesem Blog über Geld und Kredit bereits alles gesagt wurde, gibt es nur einen Schluß: welche Arbeitsgruppe oder Ausschuß auch immer diesen Text verfaßt und beschlossen hat: man kann diesem Gremium nur attestieren, daß sie das, was sie gutachterlich ausarbeiten sollten, in keiner Weise angemessen adressiert haben! Damit man nun nicht meint, die FASB sei irgendeine untergeordnete Organisation ohne Reichweite, hier (ausnahmsweise) ein Wikipedia-Link, der hinreichend deutlich macht, was es mit dieser Organisation auf sich hat:

http://de.wikipedia.org/wiki/Financial_Accounting_Standards_Board

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich: denn es scheint offensichtlich so zu sein, daß an der FASB die letzten Jahrzehnte spurlos vorbeigegangen sind und noch nicht einmal die Aufhebung des Goldstandard (der Nixon 1971 zugerechnet wird) dazu Anlaß gegeben hat, die Konzeption dessen, was Geld darstellt in irgendeiner Weise den vorfindbaren Gegebenheiten anzupassen. Denn eine derartige Formulierung kann nur dann halbwegs gerechtfertigt werden, wenn eine Forderung eine reale Leistung zum Inhalt hat, wie es zu Zeiten der Goldwährung noch Usus war. Das liegt nicht etwa daran, daß eine Bank nicht so oder so die zur Erfüllung ihrer Verpflichtung notwendige Menge an Banknoten oder Goldklunkerchen vorrätig haben muß, sondern an der Art des Anspruches: eine Goldforderung ist grundsätzlich ein Herausgabeanspruch aus einem im wesentlichen begrenzten Bestand, während die Forderung auf eine Banknote, das gesetzliche Zahlungsmittel, vom Bankensystem in Zusammenarbeit mit der Zentralbank grundsätzlich beliebig vermehrbar ist und somit eine Banknote keinen materiellen Anspruch mehr darstellen kann.

Während aber eine goldgedeckte Banknote als stellvertretend für eine genau definierte Goldmenge angesehen werden kann und es sich hierbei gewissermaßen um einen Lagerschein handelt, weil bei Präsentation dieses Scheines eine Herausgabepflicht des Emittenten der Banknote besteht und hierbei kein Zweifel darüber besteht, daß Anspruch und herauszugebender Gegenstand zwei unterschiedliche Dinge sind, werden demgegenüber – insbesondere von „modernen“ Ökonomen – der Anspruch auf Geld (als Banknote) und die Banknote selbst als vollständig substituierbare Dinge angesehen und somit unbesehen in einen Topf geworfen. Dabei wird übersehen, daß auch in einem Kreditgeldsystem die Differenz zwischen Herausgabeanspruch und dem Herauszugebenden genauso existiert, auch wenn das Herauszugebende (die Banknoten) ebenso Ergebnis einer Kreditoperation ist. Diese Ignoranz gegenüber der Unterschiedlichkeit der Kreditebenen – Zentralbankkredit einerseits, Geschäftsbankenkredit andererseits – setzt sich dann auch in dem zweiten zitierten Satz fort, wo davon gesprochen wird, daß Zu- und Abflüsse auf den Konten der Kunden genauso zu sehen sind, wie Zu- oder Abflüsse von gesetzlichem Zahlungsmittel. (Das gilt zwar für eine Zentralbank hinsichtlich des von ihr selbst emittierten Geldes, dagegen für eine Geschäftsbank aber eben nicht, wie leidgeprüfte Kunden der z.B. Kaupthing-Bank sicher bestätigen können.) Wenn aber schon bei der FASB Geld und Kredit nicht auseinanderhalten werden, vermutlich weil beides wie in english üblich mit ‚money‘ bezeichnet wird, muß man sich nicht wundern, daß auch bei anderen weniger elementaren Dingen wie Finanzkrisen, deren Diagnose sowieso unterbleibt, die Therapievorschläge nach bewährten betriebswirtschaftlichen Kriterien gestaltet werden, deren „Erfolge“ dann allenfalls noch herbeiphantasiert werden können.

Und was macht Schemmann daraus? Statt darauf hinzuweisen, daß es sich hier um ein eklatantes Versagen ökonomischen Denkens handelt, versucht er dasjenige, was sowieso unlogisch ist, dadurch zu heilen, indem er sich auf die Seite der Monetative schlägt und daher fordert, daß Sichtguthaben de jure dem Bargeld gleichgestellt werden sollen. Die Morgensternsche Pseudologik für ihn liegt wohl darin, daß in diesem Fall die Banken nicht mehr nur „Rechnungseinheiten“ verleihen würden, wenn sie einen Kredit vergeben, sondern, wenn schon nicht Bargeld, so doch wenigstens das gesetzliche Zahlungsmittel, welches die Banken dann in ihren Tresoren ja auch tatsächlich vorhalten müssen (auch wenn sie dieses Bargeld in 99,99% der Fälle nicht benötigen werden). Diese Lösung ist dann für ihn wohl die Garantie dafür, daß es zu Liquiditätskrisen wie im Zuge der jüngsten Finanzkrise nicht mehr kommen könne. Nun ja, das ist die Monetative-Spielwiese.

Man muß natürlich beachten, daß der FASB-Unfug für die Frage nach der Liquidität von Unternehmen nicht so sehr zum Desaster wird, weil einzelwirtschaftlich die Sichtweise, daß ja der positive Konstostand ja „genauso gut wie Geld“ sei, durchaus einen praktischen Hintergrund aufweist. Denn für die Testierung eines Unternehmensabschlusses kann man die „Rechnungseinheiten“ durchaus so behandeln, als wäre es Geld im Sinne des gesetzlichen Zahlungsmittels. Das ist auch insofern richtig, als beide Positionen bei den Unternehmen auch auf der Aktivseite stehen und der Liquiditätsbegriff auch Sichtforderungen umfassen kann, ohne daß damit eine fehlerhafte Beurteilung der Sachlage eintreten würde.

Hinsichtlich des Umstands, daß da mit voller Überzeugung eine völlig gegenstandslose Identifikation unterschiedlichster Sachverhalte formuliert wird, kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Denn was einzelwirtschaftlich noch halbwegs zu rechtfertigen ist führt bei der Analyse der Gesamtwirtschaft dann geradewegs auf die schiefe Bahn. So können sich z.B. Bankensanierer, die den „Einlegern“ ihre Ersparnisse abknöpfen eben nicht darauf verlassen, daß durch die Streichung von Verbindlichkeiten eine Bank wieder solvent wird. Warum? Ganz einfach: weniger Schulden heißt noch nicht automatisch mehr Liquidität – ein Umstand, welcher oft genug eben mal vergessen wird… Tröstlich an diesem Desaster ist nur die Erkenntnis, daß nicht alles, was aus dem Hollywood-Land kommt, automatisch ein Siegel der Wahrheit tragen muß. Nicht mal dann, wenn es sich um Ökonomie handelt…

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Geld: der Saldenausgleichstandard von Geschäftsbanken

AlpenEs gibt ja immer wieder die Diskussion darüber, ob Banken „GELD AUS DEM NICHTS“ schaffen können oder nicht. Die Diskussion darüber ist meistens weniger durch Sachlichkeit, sondern durch apodiktische Rechthaberei geprägt. Und dennoch läßt sich sinnvoll der Versuch unternehmen, zu einer Klärung dieser geldtheoretisch interessanten Frage zu kommen.

Es ist ja inzwischen hinlänglich bekannt, daß es mindestens zwei Begriffsinhalte gibt, die den Terminus „Geld“ für sich beanspruchen, Banknoten einerseits und Guthaben/ Depositen andererseits. Da es die gibt ist es nicht zweckdienlich dem jeweils anderen den Gebrauch dieses Terminus irgendwie streitig zu machen, bloß weil das Gegenüber den eigenen Begriffsinhalt anders bezeichnen will. Es geht dabei auch nicht um richtig oder falsch, sondern um die Frage, was man gerade thematisch behandeln will. Denn rein sachlich gesehen dreht sich diese Geschichte darum, ob man eine Sichtforderung (Guthaben/ Depositum) gegen eine Bank bereits als Geld (im Sinne eines schuldbefreienden Zahlungsmittels) ansehen will oder nicht. Dabei wird von keiner Seite bestritten, daß Sichtforderungen und Banknoten völlig unterschiedliche Dinge sind. Es besteht auch Einigkeit darüber was M0 darstellt, was in Frage steht ist, ob der Begriff Geld in dieser Bedeutung (wie es auf M0 zutrifft) auch auf die Geldmenge M1 angewendet werden kann. Das Problem bei der Sache ist, daß M1 zwei Dinge enthält, die nicht so ohne weiteres identifiziert werden können, nämlich Banknoten/ ZB-Forderungen einerseits und Sichtforderungen gegen Geschäftsbanken andererseits. Das hat schon ein rein rechtliches Problem, denn Banknoten sind Sachen im Sinne des Sachenrechts, während Sichtforderungen eben halt Forderungen sind und als solche eine schuldrechtliche Bedeutung haben.

Diese Tatsachen kulminieren dann in der Frage, ob bei einer Überweisung lediglich die Sichtforderung des Überweisenden übertragen wird oder nicht. Man könnte spiegelbildlich auch sagen, daß es darum geht, daß die Bankverbindlichkeit übertragen wird oder nicht. Das kann man so sehen, soweit man den Forderungs-/ Schuldübertrag als schuldbefreiende Zahlung ansieht (was sie nicht ist). Man kann es auch so sehen, daß bei einer Überweisung die Verpflichtung der Bank / Forderung gegen die Bank erlischt und Geld (eine Sache) zu einer anderen Bank übertragen wird, wo dann – wegen dieser Geldübertragung – eine neue Forderung gegen die Bank / Verpflichtung der Bank etabliert wird. Wenn es also Geld im Sinne von M0 ist, welches zu übertragen ist, verliert natürlich eine Forderungs-/ Verbindlichkeitsposition ihren Geldcharakter und stellt sich als das heraus, was es ist: eine Forderung gegen bzw. eine Verpflichtung der Bank.

Der eigentliche Aufhänger ist jedoch immer wieder der, was damit gemeint ist, wenn es heißt: Banken schaffen „GELD AUS DEM NICHTS“. Da man davon ausgehen kann, daß die Existenz von M0 unstreitig ist, M0 aber nicht dasjenige ist, was die Banken als „Geld“ schaffen, muß dann wohl doch eine Erklärung dafür her, wozu dieses Zentralbankgeld denn eigentlich da ist. Denn das was die Banken an „Geld“ schaffen ist nicht das, was die Bankkunden aus dem Geldautomaten ziehen.

Die Frage, die dabei immer im Raum steht ist, wozu es eigentlich Zentralbankgeld gibt, denn ein Verrechnungssystem wie es aus dem „fei lun“ (Disclaimer: „Se non è vero, è ben trovato.“ ) bekannt ist, läßt sich ja auch allein durch die Banken bewerkstelligen. Aber aus irgendeinem verteufelten Grund gibt es auch noch die Frage, womit denn eigentlich Salden ausgeglichen werden, wenn es dazu kommt, daß sich Differenzen herausbilden, welche die Eigenschaft haben, sich nicht im Zeitablauf auszugleichen. Und das erfordert in Bezug auf moderne Bankensysteme die Antwort auf die Frage, warum Zentralbankgeld notwendig ist, weil auch ein Verrechnungssystem nicht darauf verzichten kann zu prüfen, ob die Verrechnungssalden „nachhaltig“ sind oder nicht. Ich gehe mal davon aus, daß dieser „Zahlungsausgleich“ im „fei lun“ System dadurch erfolgte, daß bei „zu großen“ Salden ein Übertrag in Rindern erfolgen mußte, genauso wie 1971 die Franzosen einen Saldenausgleich in dem definierten Saldenausgleichsmedium Gold verlangt haben, was ja dann zu der Aufhebung des offiziellen Goldstandards geführt hat – weil Bretton Woods, entgegen einer naiven Geldtheorie, einen Dollar-Standard und keinen Gold-Standard definiert hat.

Insofern ist es auch nicht erforderlich aus der Frage, wo Zentralbankgeld entsteht, ein Problem zu machen, sondern man muß sich fragen, warum es entstehen muß. Das WO ist einfach: es entsteht faktisch (hauptsächlich) bei der Kreditgewährung einer Zentralbank – Besicherungen hin oder her. Das WARUM? Banken brauchen Zentralbankgeld deswegen, weil sie Salden auszugleichen haben, von denen sie, bzw. die Gläubigerbank nicht erwarten, daß diese sich in absehbarer Zeit zurückbilden. Sobald das so ist – und jede Bank steht unter einem Druck ausreichende Zentralbankgeldbestände zu haben, um jederzeit einen Saldenausgleich vornehmen zu können, wird auch die Theorie, daß Banken „GELD AUS DEM NICHTS“ schaffen, hinfällig. Denn in letzter Konsequenz bleiben sie IMMER darauf angewiesen im Zweifelsfall über ein ausreichendes Volumen des Saldenausgleichsmediums Zentralbankgeld zu verfügen, um ihre Verbindlichkeiten ausgleichen zu können.

Und das ist die Antwort: die Funktion von Zentralbankgeld ist in einer Kontrollfunktion zu verorten, ob die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ein- und Auszahlungen einer Bank den üblichen Bonitätsnormen des Bankensystems entspricht. Denn sobald Abweichungen entstehen werden üblicherweise sofort sämtliche Swing-Kreditlinen per sofort fällig gestellt, wo sich für die betroffene Bank erweist, daß das, was sie als „GELD AUS DEM NICHTS“ erschafft eben doch nicht das ist, was sie zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten nutzen kann – denn dann heißt es zahlen, und zwar in dem Saldenausgleichsstandard Zentralbankgeld. Es erweist sich somit, daß Zentralbankgeld dazu da ist, um die Kreditvergabepolitik der Banken qualitativ zu nivellieren und über diese Notwendigkeit zum Liquiditätsausgleich in Zentralbankgeld sich ein einheitliches Bonitätsniveau herausbildet, welches als eigentliches Ziel von Zentralbankpolitik gesehen werden muß.

Daß Zentralbankgeld auch noch für Zahlungen im privaten Bereich genutzt wird, ist eigentlich ein Anachonismus der Geschichte. Im Unterschied zu anderen ist dieser nicht schädlich!

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Von substanzbehafteten Luftnummern

ShipBellGelegentlich kann man sich ja auch mal um etwas kurzweiliges kümmern. So gibt es ja im Rahmen der Pseudo-Debatte, ob Banken „Geld aus Luft“ schöpfen würden inzwischen auch lustige Webseiten, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, der Ungerechtigkeit deutscher Gerichte hinsichtlich der Verurteilung säumiger Schuldner den Kampf anzusagen. So heißt es in der einschlägigen Website kreditopfer.at:

„Da Banken also tatsächlich meist kein Geld (gesetzliche Zahlungsmittel) verleihen, sind die Schuld- und Zinsverhältnisse dieser Kreditverträge oft nicht rechtmäßig.“

Wer nun denken würde, daß man darüber aufgeklärt würde, wann denn nun die Banken „meist kein Geld“ und wann doch verleihen würden, sieht sich allerdings getäuscht. Ersatzweise wird auf ein „Gutachten“ eines in dieser Szene einschlägigen Hörmann hingewiesen, um der Verwirrung noch einen weiteren Schub zu verleihen. Denn darin heißt es:

„Die Kreditgeldschöpfung (= Giralgeldschöpfung) der Geschäftsbanken ist ein reiner Schreibvorgang auf den Konten der Bank. Banken benötigen dazu keinerlei Zahlungsmittel (Bargeld), weder von Sparern noch von anderen Banken noch von der Zentralbank. Die Rückzahlung (Tilgung) eines Kredits stellt demgemäß ebenfalls einen bloßen Schreibvorgang dar (falls es durch Überweisung geschieht und nicht durch Einlage von Bargeld), ebenso ein allfälliger Kreditausfall.“

Man sieht sofort, wie der unbedarfte Leser hier auf eine falsche Fährte geführt werden soll. Denn das, was hier als „Kreditgeldschöpfung“ etikettiert wird, ist in Wahrheit nichts anderes als eine zweiseitige Willenserklärung, daß nämlich zum einen die Bank bei dem Kreditnehmer verschuldet ist, sowie zum anderen, daß der Kreditnehmer bei der Bank verschuldet ist. Der Unterschied zwischen beiden Willenserklärungen ist nur einer: die Bank verpflichtet sich zur Lieferung des Schuldgegenstandes „Geld“ JETZT, der Kreditnehmer verpflichtet sich zur Lieferung des Schuldgegenstandes SPÄTER – oder eben häppchenweise, wie in den meisten „Abzahlungsdarlehen“ so üblich!

Kredit1

Man muß es vermutlich noch deutlicher sagen: das was von derartigen Vertretern immer als Giralgeldschöpfung dargestellt wird ist nichts anderes als das Ergebnis eines Willensaktes, dessen Inhalt das Versprechen ist, zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Summe Geld zu zahlen. Es geht hierbei lediglich um eine Absicht – und wie man weiß, ist eine Absicht noch nicht die Tat!

Nun möchte der Gläubiger der Bank (Haushalt K) eine Immobilie erwerben und verwendet das ihm zur Verfügung gestellte Darlehen vertragsgemäß zum Kauf seines Traumhauses. Damit ist die Bank nunmehr nicht mehr gegenüber Haushalt K(äufer) verschuldet, sondern gegenüber dem Haushalt V(erkäufer) – und das ohne daß ein einziger EURO bisher überhaupt auch nur bewegt worden wäre, falls der Verkäufer sein Konte bei derselben Bank(filiale) hat.

Kredit2

Heißt: SELBST WENN eine Bank den Kaufpreis für ein Wohnhaus für den sie einem Kreditnehmer (Käufer) einen Kredit eingeräumt hat diese Überweisung NUR einem anderen ihrer eigenen Kunden gutgeschrieben hat – also ohne daß es unmittelbar zu einer Auszahlung von Zentralbankgeld kommt – ist es dennoch so, daß der Herausgabeanspruch des Verkäufers hinsichtlich der Kaufpreissumme nicht untergeht, auch wenn der Käufer seine Kreditraten nicht bedienen kann. Der Käufer hat durch seine Überweisung bewirkt, daß die Verschuldung der Bank gegen ihn (seine Kreditlinie) auf den Verkäufer (dessen Verkaufspreis) übergeht. Damit ist nun die Bank jetzt gegenüber dem Verkäufer verschuldet, welcher jederzeit seine Verfügungsberechtigung über diesen Geldbetrag – egal ob in bar oder per Überweisung – ausüben kann.

Wie kommt man angesichts dieser Sachlage zu der Einschätzung, daß die Banken „Geld aus Luft“ schöpfen würden? Ganz einfach indem man zwar auf der einen Seite zugesteht, daß Sichtforderungen (Einlagen, Depositen, Guthaben) kein gesetzliches Zahlungsmittel darstellen, dann aber sofort weiterargumentiert, daß ja schließlich der Übertrag des „Giralgeldes“ eine Zahlung bewirken würde. Denn schließlich ist ja „Giralgeld“ ja auch Geld? Man muß sich wirklich fragen, wie man auf einen derartig primitiven semantischen Trick hereinfallen kann, bloß weil es sich landläufig eingebürgert hat die „Guthaben“ bei einer Bank als Geld anzusehen. Das liegt wohl daran, daß in einem funktionsfähigen Banksystem für den privaten Verwender dieser Unterschied üblicherweise nicht existiert. Nun sieht es ja so aus, als würde diese Theorie ja stimmen, denn in dem skizzierten Beispiel ist ja eine Verfügung über Zentralbankgeld nicht erfolgt. Nun, das mag ja für den Moment so sein, heißt aber nicht, daß der Verkäufer nicht die Freiheit besitzt über seine Forderungen dahingehend zu verfügen, daß es dann doch für die Bank bedeutet den geschuldeten Betrag zu 100% an eine andere Bank zu übertragen. Dann heißt es für die Bank eben auch: zahlen – und zwar in Zentralbankgeld!

Woran das liegt? Ganz einfach: wenn die Bank ihre Schulden (welche die Forderungen des Verkäufers sind) loswerden will kann sie das nur dann, wenn sie – wie alle anderen Wirtschaftssubjekte auch – ihre Schulden auslöst, d.h. Zentralbankgeld zahlt, wenn sie eine andere Bank dazu „überreden“ will, die entsprechende Schuld zu übernehmen. Ohne die Übertragung dessen, was herausgegeben werden soll, passiert auch bei den Banken – nichts.

Daß Überweisungen nur mit der gleichzeitigen Übertragung von Geld überhaupt durchgeführt werden wird immer dann klar, wenn eine Bank in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Die „Kaupthing-Anleger“ wissen inzwischen, daß es durchaus möglich ist vor den geschlossenen Türen einer Bank zu stehen, ohne zu wissen, ob von den dort existierenden Forderungen überhaupt noch etwas wiederzuerwarten ist. Diese Leute haben ein im Gegensatz zu vielen „Ökonomen“ besseres Verständnis für die Tatsache, daß ein Verbindlichkeitsübertrag einer Bank noch keine schuldbefreiende Zahlung bedeutet. Das kann man als eine heilsame und lehrreiche Erfahrung ansehen. Obwohl: nun deswegen reihum alle Banken mal pleite gehen zu lassen, damit die übrigen Bankkunden das auch live mitbekommen – das geht ja nun auch nicht. Wobei: nach Zypern ist vieles möglich…

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Eingeordnet unter Geldtheorie, Wirtschaftstheorie

Vom Schlachten heiliger Kühe

sharkMan darf sich durchaus an der Stelle, wo innerhalb der EURO-Zone das erste Mal Beschränkungen des Kapitalverkehrs eingerichtet werden daran erinnern, daß es mal hieß: „Scheitert der EURO, scheitert Europa.“ Wenn es ein Anzeichen des Scheiterns gibt, dann dieses! Man kann sich zwar Gedanken darüber machen, warum diese Entwicklung hinsichtlich der Beschränkungen des Kapitalverkehrs in Bezug auf zyprische Geldvermögen maßgeblich von den deutschen Verhandlungsführern so gepusht wurde. Das ist leider zwecklos! Man darf aber dahingehend durchaus einsehen, daß derartige Verlautbarungen nicht viel mehr sind als hilflose Sprechblasen, deren Nutzwert noch nicht einmal dazu dienen können, die Orientierungslosigkeit der leistungstragenden Entscheidungsfinder zu kaschieren. Das Schlachten einer heiligen Kuh fällt jedoch immer auf die (angeblich) prinzipientreuen Inauguratoren zurück!

Das Problem ist: eine Beschränkung des Kapitalverkehrs bedeutet essentiell, daß eine Forderung gegen eine Bank in Zypern nicht dasselbe bedeutet wie eine Forderung gegen eine Bank des anderen EURO-Gebietes. Salopp gesagt heißt das, daß zyprisches Geld nicht mehr dasselbe Geld ist wie „normales“ Geld. Das wirft postwendend auch die eklige Frage auf, ob damit auch eine zyprische Banknote noch dasselbe ist, wie eine EURO-Note der anderen EURO-Länder. Heißt: kann eine z.B. griechische Bank eine „größere“ Einzahlung von Banknoten der Zentralbank Zyperns annehmen? Das ist deswegen virulent, weil durch einen kleinen Törn übers Mittelmeer eine Verbringung von Banknoten von interessierten Kreisen vergleichsweise leicht zu bewerkstelligen ist. Angesichts dieser Möglichkeit könnte es leicht passieren, daß es in Kürze zu gesetzlichen Beschränkungen des europäischen Bargeldverkehrs kommen könnte, deren Bedeutung es ist, das zyprische Bargeld zu diskriminieren wenn nicht sogar zu kriminalisieren.

Wie es auch in der Presse vielfach kritisiert wird ist inzwischen der Fall eingetreten, daß die Sicherheit von Geldforderungen in Europa bei jeder „Rettungsaktion“ unter Vorbehalt steht und damit eine erhebliche Schramme in die Vermoegenssicherungsqualität von Geldforderungen hinsichtlich von EURO-Guthaben in EURO-Land geritzt wurde.  Es wird spannend sein zu sehen, ob die Rolle des EURO als Weltreservewährung durch diese Geschichte unter Druck gerät oder nicht. Die zukunftsleitende Frage ist dabei, wann es den „Deutschland-Moment“ gibt, an dem die Sicherheit von Geldforderungen auch in Deutschland in Zweifel steht. Es geht ja nicht darum ob er kommt – sondern wann! Warum ist das so? Weil die moralisch verbrämte Selbstbeschränkung in Form der „Schuldenbremse“ sich selbst der Instrumente beraubt, die in derartigen Situationen erforderlich wären. (Der Vorhang für dieses Kino braucht auch nicht mehr so lange.)

Aber ob oder ob nicht: die Frage, ob eine zyprische Banknote unter diesen Bedingungen noch dieselbe Schuldentilgungsfähigkeit bzw. Kontraktfähigkeit hat wie andere Banknoten aus EURO-Land wird die schlauen Entscheidungsträger noch länger beschäftigen, als es ihnen lieb sein kann. Denn obwohl gilt: ‚money is not earmarked’ könnte auf einmal die Tatsache eine Rolle spielen, daß EURO-Banknoten anhand ihrer Registriernummer als zyprische Banknoten identifizierbar sind. Die alte Regel, daß Banknoten aus Ländern, die ihre Währung einer Kapitalbeschränkung unterwerfen, außerhalb des betreffenden Währungsraumes eine ziemlich niedrige Wertschätzung aufweisen und deswegen nicht wirklich als vollgültiges Zahlungsmittel angesehen werden, sollte eigentlich zu denken geben. Die lächerlichen Devisenbestimmungen der DDR waren ja auch nicht gerade dazu nützlich, der „Mark der DDR“ eine anständige Zahlungsfähigkeit außerhalb des eng definierten Zwangsannahmeraumes zu verleihen.

Dabei wäre die Geschichte eigentlich am besten damit aufzulösen, indem den zyprischen Banken jede beliebige Liquidität zur Verfügung gestellt würde, allerdings zu einem erheblich erhöhten Zinssatz, ganz so wie es nach Bagehot zu erfolgen hätte. Das würde natürlich bedeuten, daß damit das heilige Prinzip der EZB durchbrochen würde, stets einen einheitlichen Zinssatz für alle Banken der EURO Zone anzuwenden.

Vielleicht dient diese Krise, welche ein heiliges Prinzip – oder auch Illusion – der EURO-Zone ausgemacht hat nun auch dazu, das falsche Prinzip der Einheitlichkeit des Zinssatzes aufzubrechen. Das wäre die nachträgliche Korrektur der politischen Illusion, Zinssätze per Verordnung festzusetzen und nicht als Marktergebnis interpretieren zu wollen. (Möglicherweise ist diesem Desaster dadurch Vorschub geleistet worden, daß sich Heerscharen von mikroökonomisch indoktrinierten „Ökonomistas“ dem Glauben verschrieben haben, daß Lohnerhöhungen eine verteilungspolitische Relevanz besäßen. Nichts könnte falscher sein, denn was ein Lohn wert ist entscheidet sich nicht in Lohnverhandlungen, sondern auf dem „Markt“, wenn sich aufgrund von lohnbedingten Kostensteigerungen die Preise verändern – also erhöhen. Bei Zinsen gilt zudem noch, daß sie von Bewertungsänderungen d.h. von Bestandsänderungsgrößen abhängig sind. Gesamtwirtschaftliches Denken ist offensichtlich nicht jedermanns Sache und daß man dieses im VWL-Studium lernt gehört auch zu einer gepflegten Legende, deren Auswirkung in vielerlei Hinsicht zu beobachten ist.)

Vielleicht ist das Zypern-Desaster der Schlüssel dazu von der Allmachtsvorstellung europäischer Politiker mal Abstand zu nehmen und einzusehen, daß monetäre Ertragsraten sich immer noch einer politischen Einflußnahme entziehen. Denn wie sich das Verhältnis von Ertrag und Risiko einpendelt ist nicht in das Belieben derjenigen gestellt, die immer wieder davon schwadronieren, daß eine einheitliche Währung auch einen einheitlichen Zinssatz bedingen würde. Das Gegenteil ist der Fall, getreu dem (auch wenn´s schwerfällt: juristischen) Prinzip, daß unterschiedliche Sachverhalte auch unterschiedlich behandelt werden müssen. Eine europaweite Zinsnivellierung gehört jedenfalls nicht zu einer gesunden Geldpolitik! Daß die EZB mit ihren LTRO-Krediten genau dieses Prinzip ausgehebelt hat, macht denn auch ihr besonderes Versagen aus. Denn damit etabliert sie sich als Nicht-Zentralbank, weil damit die Emission von Liquidität in das Belieben von Privatbanken gestellt wurde. Anders gesagt: die europäische Geldspaltung, die sich jetzt sogar in der Etablierung von Kapitalverkehrskontrollen etabliert, ist eine Folge nicht der niedrigen Zinspolitik, sondern der gleichmacherischen Geldpolitik, der sie sich anscheinend verpflichtet fühlt.

Es geht einfach kein Weg daran vorbei: Liquidität muß zwischen den Banken europaweit in einem Auktionsverfahren emittiert werden, wodurch sich die Refinanzierungszwänge der jeweiligen Bieterbanken sofort widerspiegeln und nicht nach der Maßgabe irgendeiner Bedürftigkeit! Das hat seinen Grund darin, daß die Emission von Liquidität keinen demokratischen Prinzipien folgen darf. Die Bundesbank hat das noch gewußt – diese Geldpolitik hat stets funktioniert!

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Was ist ‚clearing‘?

Der Verlauf der TARGET-Debatte hat gezeigt, daß es erhebliche Unsicherheit darüber gibt, was als endgültige Zahlung einer NZB gegenüber einer anderen NZB anzusehen ist. Das hat auch was damit zu tun, daß gelegentlich auch im Zusammenhang mit dem Interbankenclearing im Geschäftsbankenbereich darüber Verwirrung herrscht, ob nun die Geschäftsbanken „Geld aus Luft“ schaffen können oder nicht. Angelagert an diese Falschvorstellung ist auch der Irrglaube, daß es eine bargeldlose Zahlung ohne eine korrespondierende Bewegung von Zentralbankgeld (ZBG) gäbe und so der Vorstellung Vorschub geleistet wird, das Geldsystem sei ja doch nur „virtuell“ und nicht real. Dabei ist es nicht so schwer, die Unterschiede auseinanderzuhalten.

Der Grundsatz ist: die Übergabe von ZBG bewirkt eine endgültige Befreiung von einer Geldschuld. Im Grunde genommen ist das trivial, denn sobald das Geforderte übergeben wird, ist eine Schuld erloschen. Denn selbiges gilt auch, wenn das Geforderte nicht ZBG ist, sondern wie beim „Kaufmann von Venedig“ in einem Pfund Fleisch des Schuldners besteht. (Das hindert aber chartalistisch orientierte Geldtheoretiker nicht daran aus dieser Selbstverständlichkeit ein Theoriegebäude zusammenzuzimmern, welches von der Anlage her bereits den Defekt aufweist, auf einer Nullaussage zu beruhen.)

Im Zusammenhang mit dem Überweisungsverkehr zwischen Geschäftsbanken wird dieser Punkt deswegen virulent, weil sich die Üblichkeiten des Bankverkehrs darauf verständigt haben, daß zum Ende eines Banktages offene Salden des Zahlungsverkehrs ausgeglichen werden müssen. Dazu stehen – wenn man sich auf die Frage der endgültigen Zahlungen konzentriert – zwei Möglichkeiten zur Verfügung.

Die beiden Möglichkeiten zum ‚clearing‘ sind durch die beiden Doppelpfeile markiert und betreffen

a) eine Zahlung in ZBG in Banknoten (Kasse)
b) eine Zahlung in ZBG in Forderungen gegen die Zentralbank.

Der erste Fall sieht so aus:

Das Publikum verfügt über seine Forderungen an die Geschäftsbanken per Überweisung und per Saldo schält sich am Ende des Tages ein Saldo von Netto 20€ heraus, der von der Bank B durch einen Griff in die Kasse und den Transport des Geldes zu der Bank A bewerkstelligt werden kann. Damit ist der Saldenausgleich endgültig erfolgt, auch wenn die Verbringung von Geld unpraktisch, teuer und riskant ist. Das Grundprinzip bleibt jedoch so wie es ist. (Letztlich gehören deswegen auch die Kassenbestände der Geschäftsbanken zum Zentralbankgeld – deren Herausrechnung muß man wohl als Kotau gegenüber der Quantitätstheorie interpretieren, welche ebenso auf einer Nullaussage beruht.)

Im Grunde genommen nichts anderes ist es, wenn der Saldenausgleich über ein Konto bei der Zentralbank erfolgt.

Das liegt daran, daß Banknoten und Forderungen an eine Zentralbank, die das Geforderte selbst emittieren kann, identisch sind. Zu beachten ist hierbei, daß diese endgültige Zahlung aus einem „Passivtausch“ der Zentralbank besteht und daß andererseits – ob bei Banknotentransfer oder Zentralbank-‚clearing‘ – dieselbe Bilanzverlängerung bzw. -verkürzung stattfindet.

Ergebnis: ‚clearing‘ ist für die zahlende Bank B stets mit einem ZBG-Abfluß verbunden während die empfangende Bank A einen ZBG-Zufluß realisiert. Das heißt, daß eine bargeldlose Zahlung in keiner Weise auch eine zentralbankgeldlose Zahlung ist. Dieser feine Unterschied wird in der wirtschaftspolitischen Diskussion zu oft schlichtweg ignoriert.

Und TARGET?

Die einfachste Version beim €-TARGET-Zahlungsverkehr ist diejenige, wo es sich bei der z.B. zahlenden Bank um eine Zentralbank handelt, die keine EURO-NZB ist. Denn dort erfolgen Zahlungsverrechnungen bei der EZB nur auf Guthabenbasis (grün unterlegt), d.h. wenn die EZB gegenüber der z.B. dänischen Zentralbank eine Verbindlichkeit aufweist.

Auch in diesem Fall verändern sich die Bilanzgrößen wie im nationalen Geschäftsbankenverkehr und das ‚clearing‘ durch die EZB erfolgt wie vorher von der Zentralbank durch einen „Passivtausch“ zwischen den Konten der Bundesbank und der DK-Zentralbank. Das ist deswegen so, weil die DK-Zentralbank kein Mitglied des EURO-Raumes ist und deswegen die Zahlungsfähigkeit der DK-Zentralbank in Bezug auf EURO nicht unbeschränkt gegeben ist. Durch die Umbuchung der Zahlung vom DK-ZBKonto auf das BB-ZBKonto ist die Zahlung endgültig rechtswirksam erfolgt.

In diesem Fall würde sicherlich niemand auf die Idee kommen, daß die TARGET2-Forderung der Bundesbank gegenüber der EZB NICHT Zentralbankgeld darstellt, denn die Umbuchung von einem Guthabenkonto stellt ja wie gehabt eine endgültige Zahlung durch das ‚clearing‘ seitens der EZB dar.

Der Unterschied zu einer Zentralbank des EURO-Raumes besteht darin, daß die EZB für die NZBen keine Guthabenkonten führt bzw. zu führen braucht. Denn die Konstruktion des ESZB als Einheit führt dazu, daß innerhalb des ESZB die Frage des Forderungsausgleichs deswegen keinen Sinn macht, weil davon ausgegangen wird, daß alle NZBen die gleichen Kriterien bei der Emission von ZBG anlegen. (Daß das eine politisch motivierte Schönwettervorstellung gewesen ist, macht das EURO-Desaster aus, interessiert hier jedoch nicht.) Die entsprechenden Buchungen sehen damit so aus:

Man könnte versucht sein zu argumentieren, daß ja der Zahlungsausgang nicht erfolgt sei, da ja die „normale“ Bilanzverkürzung bei der ZB Spanien nicht eintritt. Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß eine Zentralbank die Eigenschaft aufweist, daß eine Verbindlichkeit von ihr zum Zentralbankgeld gehört und eine Geltendmachung dieser Verbindlichkeit z.B seitens einer Geschäftsbank bei ihr nicht als ein Kassenausgang gebucht wird, sondern als eine Erhöhung des ZBG-Umlaufs. Durch diesen Vorgang wird zwar ZBG emittiert welches dann tatsächlich in der Kasse der Geschäftsbank landet – einen Kassenausgang kann eine Zentralbank deswegen jedoch nicht buchen! (Gut, wird vielleicht für die logische Sekunde mit der Länge Null gemacht, ändert aber am Prinzip nichts, daß Zentralbanken dafür keine „Kassenbestände“ vorhalten.)

Damit stellt sich jedoch die entscheidende Frage: Ist es gerechtfertigt, eine Forderung der EZB an eine NZB als Zentralbankgeld anzusehen oder nicht? Beantwortet man diese Frage mit JA ist alles gut, denn dann hätte die EZB unmittelbar Zugriff auf das geschuldete Geld. (Das ist wie bei Forderungen der Geschäftsbanken gegen eine Zentralbank, denn auch diese Forderungen gehören zum Zentralbankgeld.) Somit stellt eine TARGET2-Forderung der Bundesbank bzw. der EZB eine schuldbefreiende Zahlung der ZB Spaniens dar, ist mithin das ‚clearing‘ bzw. das ’settlement‘ seitens der EZB endgültig erfolgt.

Beantwortet man diese Frage mit NEIN, müßte geklärt werden wie eine NZB an eine andere NZB zahlen könnte, da ja damit behauptet würde, daß eine Forderung gegen eine NZB eben KEIN Zentralbankgeld darstellt. Somit wird die Frage virulent, WOMIT denn eine NZB tatsächlich schuldbefreiend zahlen kann. Die simple Antwort ist, daß eine NZB einen Passivtausch vornimmt, den TARGET2-Saldo auf den ZBG-Umlauf bucht und dann das emittierte Zentralbankgeld per Koffer – nach Durchleitung über die EZB – an die empfangende NZB (physisch) transferiert. Das hätte zur Folge, daß die empfangende NZB zwangsweise einen Kasseneingang buchen müßte. Damit wäre wohl für jeden Zweifler sichtbar, daß tatsächlich Zentralbankgeld gezahlt worden wäre. Damit wäre man wieder bei dem ‚clearing‘-Verfahren: physische Übergabe von Zentralbankgeld. (Daß die empfangende NZB nicht weiß was sie damit soll, steht auf einem anderen Blatt!)

Ob das ein Fortschritt ist?

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