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Hommage für Kruschwitz

Nun, so eine Hommage, wie man sie kennt und üblicherweise fürchtet, wird das hier nicht. Das sollen ruhig diejenigen machen, die sich dafür für besonders prädestiniert halten. Die Ehrerweisung, die sich hier wiederfindet beruht auf einer Aussage, die man getrost als die zentrale Definition eines geldwirtschaftlichen Systems ansehen kann. Es handelt sich hierbei um den Satz über die Investition:

„Eine Investition ist eine Zahlungsreihe, die mit einer Auszahlung anfängt!“

Der Charme dieser eigentlich so nüchternen Aussage liegt darin, daß sie das Grundmuster des geldwirtschaftlichen Prozesses adressiert und sich nicht mit irgendwelchen schöngeistigen Erwägungen aufhält, wie denn die Wertverhältnisse das Auf und Ab des „Weltprozesses Ökonomie“ beeinflussen würden oder vielleicht auch nicht. Die Qualität dieser Aussage begründet sich daraus, daß sie es ermöglicht die Opposition gegenüber dem werttheoretischen Paradigma in besonderer Weise zu akzentuieren, wodurch es möglich wird darüber den gnädigen Mantel des Vergessens auszubreiten und den gewissermaßen „harten Kern“ der Geldwirtschaft herauszuschälen. Mit diesem Grundansatz tritt das geldwirtschaftliche Prinzip, daß es zu einem Überschuß der (Perioden-)Erlöse über die der betrachteten Periode zugerechneten Kosten kommen muß, in seiner ganzen Nüchternheit zu Tage. Wie man weiß ist das Erfordernis des (vermeintlichen) Mehr-Geld von Marx zwar aufgegriffen, aber der Nachwelt dann als ungelöstes Problem hinterlassen worden. Die Antwort darauf ist hier in dem Beitrag:

https://soffisticated.wordpress.com/2013/11/04/dynamische-einsichten-zu-geld-und-zins/

erläutert worden, so daß ein Verweis darauf an dieser Stelle genügt.

Und auch wenn in dem angegebenen Beitrag der Hinweis auf Kruschwitz bereits vorhanden ist, ist der eigentliche modelltheoretische Akzent, der seiner Vision von einer geldwirtschaftlichen Ökonomie in besonderer Weise entspricht, erst durch eine Veränderung des Erklärungsinhalts des oben angegebenen Modells entstanden. Der originäre Erklärungsanspruch bestand ja daraus, der vielkolportierten These entgegenzutreten, daß ja „der Zins nicht mit dem Kredit erschaffen werde“ und deswegen es zu exponentiell anwachsenden Kreditvolumina kommen müsse. Dann änderte sich das Erklärungsziel: zunächst ging es nur um die Frage, wie man in ein solches Modell eine Rückkoppelung der „Nachfragedifferenz“ mit der daraufhin erfolgenden Investition integrieren kann. Das führte dazu, daß die Notwendigkeit entstand eine Konstruktion zu finden, die nicht nur die Investition in ihrem Entstehungszeitpunkt abbildet, sondern auch den damit verbundenen zeitlich versetzten Folgeprozeß – die Zahlungsreihe. Dieser Folgeprozeß besteht namentlich aus den für die Laufzeit der Investition zu erbringenden Lohnzahlungen, sowie die Berücksichtigung der Kredittilgungsbeträge, denn nach der „Auszahlung“ sind ja die ausgezahlten Geldbeträge durch den Umsatzprozeß wieder „hereinzubekommen“. Die technische Lösung dieses Problems zeitversetzte Zahlungen in die Modellstruktur zu integrieren liegt darin „Zahlungsketten“ zu erzeugen, die nichts weiter tun, als die vorgesehenen Zahlungen zu dem vorgesehenen Zeitpunkt in das System zu übergeben. Abschreibung ist ja bei einem 10-periodigen Investitionsprozeß nichts anderes, als eine 10-malige Tilgung von 10% des Kreditbetrages (die fälligen Zinsen werden dabei aus dem Gewinn gezahlt und schmälern ihn dementsprechend).

Das Ergebnis dieser Modelländerungen wird durch die Modellgraphik skizziert: im Zentrum stehen die Bestandskonten, deren Ein- und Ausgänge die zeitliche Struktur definieren. Der zentrale Input dieser Bestandskonten ist die Investition, welche sich aus saldenmechanischen Gründen einmal als Zugang zu Verbindlichkeiten auf dem Unternehmenskreditkonto sowie als Zugang zum Haushaltskonto einerseits und dem „Ressourcen“-Konto andererseits wiederfindet. (Letzteres wird in erweiterten Modellkonstruktionen dann zur Produktion von Produktionsmitteln.) Jede Investition erzeugt für die Dauer ihres Bestehens zwei zeitlich gestaffelte Zahlungsreihen, welche sukzessiv die Bestandskonten verändern: zum einen die Lohnzahlung, die nach der Anfangszahlung aus dem Unternehmenskonto (aus dem Umsatzprozeß) erfolgt, zum anderen die Kredittilgung, die sowohl einen Abgang vom Kreditkonto als auch vom Unternehmenskonto bewirkt. Damit wird der Umstand in das Modell integriert, daß jede Investition einen zeitlichen Nachlauf hat, der ausgehend von der ursprünglichen Geldausgabe das weitere Procedere während der Laufzeit des Investitionsprojekts mitgestaltet und damit auch einen Folgeeinfluß auf nachgelagerte Perioden ausübt. (Das heißt natürlich nicht, daß es nicht auch noch weitere Zahlungsreihen geben könnte, welche mit einer Investition verbunden sind, aber um das geldwirtschaftliche Funktionsprinzip zu illustrieren genügt es sich auf zwei Zahlungsreihen zu beschränken.)

Der Rückfluß des ausgezahlten Geldes wird von der Summe der Konsumentscheidungen bestimmt, die dann als ‚effective demand‘ in einem Zuge die Unternehmenskasse wieder auffüllen. Der ‚effective demand‘ wird dann verglichen mit dem ‚money demand‘, der nichts anderes darstellt, als der periodisierte Aufwand, erhöht um einen ‚mark-up‘, der im Grunde eine Gewinnrate darstellt und (im Durchschnitt) dafür sorgt, daß die Periodenerträge höher sind als die periodisierten Aufwendungen, die hier aus Kapitalkosten, repräsentiert durch die fällige Kredittilgung, und Lohnkosten bestehen. Die Differenz zwischen dem unternehmerischen Erlösziel und dem realisierten Umsatz liefert dann als ‚demand gap‘ diejenige Einflußgröße, welche je nach Vorzeichen und Volumen eine Verringerung der Investition oder deren Erhöhung zur Folge hat.

Startet man nun das Simulationsmodell ergeben sich je nach gewählter Konstellation der Konsumparameter und der Sensitivität der Investition auf die Nachfragedifferenz natürlich unterschiedliche Verläufe, unter anderem auch der hier abgebildete Verlauf, welcher eine harmonische Einschwingung auf ein langfristiges Gleichgewicht suggeriert, obwohl diese „Kurven“ nur aus diskreten Einzelwerten sich ergeben. Aber – Ökonomie ist ja ohnehin keine stetige Veranstaltung, sondern durch Zahlungsoperationen geprägt, die halt nur von Zeit zu Zeit stattfinden. Man kann diesen Verlauf auch im Grunde in den Graphiken zum Einkommensmultiplikator erblicken, wo ja bei gegebener Steigung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage einen iterativer Prozeß zum Gleichgewicht beschreiben wird – und zwar von oben und unten. Die Geschichte sieht dabei bekanntermaßen etwa so aus:

Zu beachten ist an dieser Stelle jedoch, daß das Einschwingen auf einen Gleichgewichtspfad mit einem Über- bzw. Unterschießen einhergeht, was durch den Nachlauf, den jede einzelne Investition erzeugt begründet ist, so daß der entsprechende Verlauf schematisch in etwa so dargestellt werden müßte:

Das Interessante dabei ist, daß diese konvergenten Schwingungen bei simplen Konsumfunktionen – hier mal mit einem Parameter von 0,8 vorgegeben – entstehen, während die Reaktionsfunktion der Investition zwar wie eine ertragsgesetzliche Kurve aussieht, die relevanten Werte jedoch weitgehend im „linearen“ Teil dieser S-Kurve angesiedelt sind. (y = f(x) bedeutet: investment = f(demand gap) )

Wie auch immer man nun im einzelnen die Spezifikationen setzt, entscheidend an dieser Modellkonstruktion ist, daß der zentrale Impulsgeber die Investition ist, ohne die das ganze System nicht ins Laufen kommt, die zwar den Variationen einer Einflußgröße folgt (letztlich sind es die erwarteten zukünftigen Erträge, die „nur“ bedingt, aber eben auch, etwas mit aktuellen Umsatzerfolgen zu tun haben), jedoch durch den Anfangsimpuls und den subsequenten Zahlungsreihen das Geschehen einer Geldwirtschaft maßgeblich bestimmt. Natürlich öffnet sich auch an dieser Stelle die Möglichkeit staatlicher Beeinflussung, so daß dem Drang nach Erweiterung des Modells keine Schranken gesetzt sind.

Von daher kann man die quasi-historische Formulierung von Kruschwitz nicht hoch genug einschätzen, ist sie doch das zentrale Leitbild eines (und auch dieses) Modells einer Geldwirtschaft, die sich durch die Fokussierung auf die monetäre Seite von Ökonomie von der Vorstellung befreit, daß es die individuellen Entscheidungen der Haushalte – namentlich die Entscheidung zu arbeiten oder eben nicht – wären, die für das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität und deren konjunkturelle Schwankungen verantwortlich zeichnen würden. Eingebettet in ein dynamisches Modell einer monetären Ökonomie läßt sich dieses Bonmot als ein paradigmatischer Fingerzeig verstehen, wohin die intellektuelle Reise gehen muß, wenn man irgendwann zu einer befriedigenden alternativen Konzeptionalisierung von Ökonomie gelangen will, die nicht die gesamte Palette „heroischer“ Annahmen teilen möchte, wie sie für die Theorie des allgemeinen Gleichgewichts und deren Wurmfortsatz erforderlich sind.

Eine Skizze dieser paradigmatischen Überlegungen wurde hier vor einiger Zeit bereits präsentiert:

https://soffisticated.wordpress.com/2014/09/24/nachgedacht-monetare-markttheorie/

Darin heißt es:

Begreift man also Marktwirtschaft als ein monetäres System, dann handelt es sich hierbei um eine Rückkoppelungsschleife, bei der es einen unabhängigen Pol und einen abhängigen Pol gibt. Der unabhängige Pol ist die Seite der Investition, die abhängige Seite ist die Seite der Einkommensverwendung, weil diese erst entsteht, wenn investiert worden ist. Das heißt aber wiederum, daß auf der einen Seite die Investition die zentrale Bestimmungsgröße für das Einkommen darstellt und der Konsum damit mittelbar von der Investition abhängig ist, während andererseits die Geldnachfrage auf dem Warenmarkt (= der Markt zur Erwirtschaftung des Schuldendeckungsmittels) ebenfalls von der (zeitlichen Struktur der) Investition bestimmt wird.

Der entscheidende Unterschied zum Romantizismus des ökonomischen ‚mainstream‘ besteht darin, daß hier die Dispositionen über eine abstrakte Entität darüber entscheiden, wie hoch der Aktivitätsgrad in einer Ökonomie ist und nicht das Wertverhältnis von Hirsch und Biber (Adam Smith). Und ebenso muß das Konzept „Markt“ vom Kopf auf die Füße gestellt werden, indem herausgearbeitet wird, daß Geld als Maß des Erfolgs beide Pole eines geldwirtschaftlichen Systems bestimmt. Wenn man so will hat der Keynesianismus, der sich hauptsächlich auf den Pol der Geldnachfrage – also die Seite, auf der Waren eingesetzt werden, um Geld zu attrahieren – konzentriert hat, die Interaktion mit der Geldentstehungsseite vernachlässigt, dennoch aber es hinbekommen zumindest die eine Seite in eine breit kommunizierbare Form zu packen, die in direkte Konkurrenz mit dem „Fadenkreuz“ von Angebot und Nachfrage tritt. Im Unterschied zu der auf mikroökonomische Bedingungen beschränkten Konzeption von Angebot und Nachfrage wird hier von vornherein darauf Bezug genommen, daß es eine makroökonomische Budgetrestriktion gibt, die von Entscheidungen über das Eingehen von Geldkontrakten (mit den dadurch implizierten Zahlungsreihen) abhängig ist und damit von vornherein das Problem der Aggregation von Einzelentscheidungen nicht auftaucht. Demgegenüber ist natürlich festzustellen, daß auch Einzelentscheidungen in die Bestimmung des Volumens der effektiven Nachfrage eingehen, diese aber nur mittelbar auf die Entscheidungen des „Geldentstehungsmarktes“ zurückwirken. Im übrigen wird dann auch durch die Fokussierung der ökonomischen Entscheidungen auf Geld die Komplexität des „Weltprozesses Ökonomie“ in einer Weise dekomplexiert, daß sie für das Erfassungsvermögen von Entscheidern je nach ihrer Stellung im Gesamtgefüge handhabbar wird. Eine Konsequenz daraus ist, daß Einzelentscheidungen quasi-unabhängig getroffen werden und nicht mehr die heroische Vision aufrechterhalten werden muß, daß jedes Individuum über vollständige Kenntnis des (jeweils relevanten) ökonomischen Modells verfügen muß, um überhaupt handlungsfähig zu sein.

Insbesondere letzterer Aspekt ist deswegen bedeutsam, weil die Speerspitze gegen z.B. die global definierte Konsumfunktion darin bestand zu behaupten, daß Gesellschaften des liberalen Typus sich durch die Unabhängigkeit von Einzelentscheidungen definieren würden. Dabei ist die legendäre „Mikrofundierung der Makroökonomie“ letztlich nur dem Fehlglauben zu verdanken, die Summe individueller Aktionen könnte zu einer globalen Budgetrestriktion führen, die dann auf wundersame Weise den Wohlfahrtspostulaten (Pareto) genügen würde. Daß dabei jedes Individuum zu einem Laplaceschen Dämon konvertieren müßte, wurde zwar nicht dazugesagt, aber billigend in Kauf genommen. Im Gegensatz dazu operiert die hier präsentierte Version von Ökonomie mit einer beschränkten Rationalität hinsichtlich der Geldentstehungsseite (die direkte Rückkoppelung von einem Marktergebnis auf die Investition ist wie schon gesagt eine zu enge Fassung der Investitionsentscheidung) und mit der Vorgabe einer gesamtwirtschaftlichen Budgetrestriktion alias Konsumfunktion, welche den Individuen die Notwendigkeit erspart das gesamte ökonomische Geschehen für ihre Handlungen berücksichtigen zu müssen.

Verbleibt „nur“ noch die Frage, ob ein derartig strukturiertes System „von selbst“ zu einem Gleichgewicht findet – daß es gleichgewichtsfähig ist, wird durch den dargestellten Verlauf illustriert – oder ob es äußerer Einwirkungen, insbesondere von staatlicher Seite bedarf, um das Gesamtsystem zu einem nachhaltigen Entwicklungspfad zu dirigieren.

Nun denn, die Reise zum geldtheoretischen Paradigma kann fortgesetzt werden…

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Dynamische Einsichten zu Geld und Zins

OstseeEs scheint ein Bedürfnis zu geben zu erfahren, ob die Geschichte mit dem „fehlenden Zins“ irgendwie begründet ist oder nicht. Bei dieser Frage ist von vornherein eins klar: selbstverständlich kann man immer irgendwelche Konstellationen finden, die eine Unmöglichkeit erzeugen, mag diese Konstruktion auch noch so skurril sein. So ist die Vorstellung einer Ökonomie, die genau eine Periode dauert, wo anfangs eine verzinsliche Summe Geldes „ausgegeben“ wird und diese am Ende plus Zinsen komplett inclusive Zinsen getilgt werden soll, nicht gerade in der Weise gestrickt, wie man sich die Welt in der wir leben so vorstellt. Sicherlich muß ökonomische Theorie „vereinfachen“, aber davon auszugehen, daß am Ende des Kredits das Leben zum Stillstand kommt, ist dann doch wohl etwas zu kühn.

Da ist es schon besser sich auf Keynes zu beziehen:

If investment is proceeding at a steady rate, the finance (or the commitments to finance) required can be supplied from a revolving fund of a more or less constant amount, one entrepreneur having his finance replenished for the purpose of a projected investment as another exhausts his on paying for his completed investment. Keynes, J.M., (1937)

Und da es sich hierbei um Geldtheorie handelt, sind die Rahmenbedingungen der volkswirtschaftlichen Finanzierungsrechnung und nicht die der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung einschlägig. Das hat zur Folge, daß beispielsweise eine Investition nicht mit einer Gütermenge und schon garnicht einem Güterwert verbunden ist, sondern nach Kruschwitz „eine Zahlungsreihe, die mit einer Auszahlung beginnt“ darstellt. Das hat den Vorteil die gesamten Beziehungen, die sich lediglich auf finanzieller Ebene befinden, mit Hilfe einfacher T-Konten darstellen zu können. Da sich das in Frage stehende Problem allerdings als etwas verwickelt erweisen wird, ist es sinnvoll, die betrachteten Vorgänge mit Hilfe von Software auf Konsistenz zu überprüfen. Daher sehen die Finanzkonten der zu betrachtenden Ökonomie nicht wie ein T aus, sondern so:

Grundmodell01

Dies ist gewissermaßen nichts weiter als ein Lohnkonto mit Eingang und Ausgang, wobei der Saldo sozusagen den „Kontostand“ ausdrückt.

In gleicher Weise wird auch das Schuldkonto der Unternehmen abgebildet, wobei der Zugang zum Schuldkonto eine Erhöhung der Verbindlichkeiten markiert, ein Abgang dagegen eine Reduzierung.

Grundmodell02

Die Eingänge der Konten sind die Lohnzahlungen, der Erlös der Unternehmen sowie die „Pachtzahlungen“ (die in einer erweiterten Version dann zu der Investitionsgüterindustrie werden), die Ausgänge sind die jeweiligen Ausgaben für Konsum, wobei bei den Unternehmen noch die Tilgungszahlungen und die Lohnzahlungen zu Buche schlagen.

Grundmodell03

Der Test auf die Funktionsfähigkeit ist rechts durch den Markt als Ort der Erwirtschaftung von Schuldentilgungsmitteln abgebildet, wo es sich erweisen muß, ob die effektive Nachfrage ausreicht, um den Unternehmen sowohl die Lohnkosten, als auch die Tilgungen des Kredits möglich zu machen. Es erweist sich, daß bei dieser Konstellation die Erlöse auch ausreichen, so daß die Unternehmen sogar aus ihrem Gewinn konsumieren können (was sich in einer anderen Variante als die Grundlage für Zinszahlungen herausstellt).

Eine Simulation dieses Modells ergibt, daß sich alle Variablen im relevanten Bereich befinden können und es – sicherlich bei geeigneter Wahl der Ausgabeparameter, wie z.B. der Konsumquote von 0,8 bei dem Konto Arbeit – in keiner Weise zu Nachfragedefiziten kommen muß, wie sich aus dem Nullsaldo der „Nachfragelücke ergibt.

Grundmodell04
Die Grundidee der Geschichte liegt letztlich darin, daß Wirtschaften, verstanden als dauerhafte Aktivität vom Entstehen und Vergehen von (an dieser Stelle) Kreditprozessen verstanden werden kann, deren Anfangs- und Endpunkte in keiner Weise zusammenfallen müssen. Sobald man das aber akzeptiert wird unmittelbar klar, daß es weder zu einem unvermeidlichen Zusammenbruch aufgrund nicht bezahlbarer Zinsen kommen muß, noch daß es einen Zwang dazu gibt, daß deswegen das Kreditvolumen über die Zeit hinweg exponentiell ansteigen muß. (Das heißt natürlich nicht, daß es nicht doch derartige Entwicklungen geben KANN, gezeigt wurde hier eben nur, daß es nicht so sein MUSS! Die beste Maschine kann durch unsachgemäße Handhabung in kürzester Zeit kaputt gehen – das ist aber nicht die Schuld der Maschine.) Sehr schön sieht man das auch an einer kleinen Excel-Tabelle, bei der jeder Einzelkredit vollständig getilgt wird, obwohl schon bei drei Kreditprozessen das globale Kreditvolumen weder Anzeichen zeigt zu implodieren noch sich exponentiell zu entwickeln, sondern ein im Mittel konstantes Kreditvolumen von 150 markiert. (Das verweist auch auf den Umstand, daß in obigem Simulationsmodell zwei Kreditprozesse dargestellt sind, die sich gegenseitig überlappen.)

KreditVerlauf(K bezeichnet hier die Summe der Schuldenstände von K1 – K3, womit sich erweist, daß das gesamtwirtschaftliche Kreditvolumen kontinuierlich größer als Null bleibt, auch wenn die einzelnen Kreditprozesse bis auf Null herunterfahren.)

Um die ganze Sache nicht auf einmal zu sehr überzustrapazieren an dieser Stelle lediglich einige Anmerkungen:

Das wesentliche ‚feature‘ solcher Modelle ist, daß es die Bedingungen des zeitlichen Ablaufs von Krediten mit dem verknüpft, was üblicherweise als einfacher Wirtschaftskreislauf bekannt ist. Durch diese Verknüpfung läßt sich bei der Wahl geeigneter Verhaltensmuster eine ökonomische Trajektorie erzeugen, die einen kreditgeldökonomischen Prozeß beschreibt, der eine Reihe interessanter Aspekte aufweist:

Zum einen entsteht ein kontinuierlicher Prozeß mit einem konstanten Konsumniveau obwohl der dahinter stehende Kreditprozeß seinem regelmäßigen Auf und Ab folgt. Das ist darin begründet, daß Kredite üblicherweise über mehrere Abrechnungsperioden getilgt werden und damit die erforderlichen Tilgungsbeträge nur teilweise in der Preiskalkulation berücksichtigt werden müssen. Die Einrechnung der Kredittilgung in die Verkaufspreise entspricht der Berücksichtigung von Abschreibungen und stellt gewissermaßen das kreditgeldtheoretische Komplement dar, was auch deswegen erforderlich ist, um nicht mit werttheoretischen Erwägungen ins Gehege zu kommen.

Weiterhin ist in diesem Modell das Problem verarbeitet, welches sich daraus ergibt, wie Unternehmen Gewinne machen können, ohne daß es zu einer „Ertragsklemme“ kommt, die es verhindern würde, daß es zu einer Unterbrechung des Kreditprozesses kommt. Dies wird dadurch gewährleistet, indem gezeigt wird, daß auch das durch den ‚markup‘ erhöhte Angebotsvolumen kontinuierlich auf eine ausreichende Nachfrage treffen kann, womit sich die Erlöspläne (Erwirtschaftung des Schuldendeckungsmittels) der Unternehmen erfüllen. Daß die effektive Nachfrage dazu ausreicht wird dadurch ersichtlich, daß sämtliche Nachfragekomponenten aus vorhandenen Geldbeständen gezahlt werden können und ein Konsum auf Pump nicht erforderlich ist.

Nicht direkt ersichtlich ist, daß hier, wie es in der ökonomischen Theorie vielfach vermutet wird, eine Umverteilung von Einkommen erfolgt, die gewissermaßen durch die ‚markup‘-Kalkulation erzeugt wird. Wenn man diesen Aspekt etwas weiterdenkt ergibt sich auch gleich die Frage, wie es möglich ist, daß aus den Gewinnen auch ein gleichmäßiger Zinsstrom entsteht, welcher dann auch die Frage klärt, warum Zinsen in keiner Weise ein Grund sind das Kreditgeldsystem zusammenbrechen zu lassen. Wenn man mit Schumpeter die Zinsen als „Steuer auf den Unternehmensgewinn“ sieht wird an dieser Stelle schon klar, daß mit dem Nachweis der Existenz eines kontinuierlichen Gewinnstromes auch ein kontinuierlicher Zinsstrom möglich ist.

Was man bei derartigen Modellkonstruktionen verstehen sollte ist, daß es hierbei um eine Konstruktion geht, deren Erklärungsinhalt die dynamische Konsistenz des Geldprozesses im Rahmen bzw. unter der Nebenbedingung eines realen Produktionssystems ist. Das heißt auch, daß das Geldsystem ausschließlich für sich selbst eine Funktionsfähigkeit aufweist, die von dem Wohlstand schaffenden Produktionssystem unabhängig ist, in dem Sinne, daß die Prozesse des Produktionsystems für das Geldsystem von sekundärer Bedeutung sind. Daher kommt die „Produktionselastizität des Geldes von Null“.

Letzteres mag für die Vorstellung, daß Ökonomie von realen Dingen handeln sollte, eine unangenehme Wahrheit bedeuten. Insbesondere die Illusion, daß Gewinn aus einer möglichst effizienten Produktion entsteht, muß vor diesem Hintergrund in das Reich der Fabeln verwiesen werden. Vielleicht macht man sich besser mit der Vorstellung vertraut, daß es eher die erzeugte Zahlungsbereitschaft (Werbung) ist, die zu Gewinn führt und nicht die romantische Vision von einer gesellschaftlich nützlichen Produktion, die aus moralischen Gründen eine „Belohnung“ verdient hätte. Bedauerlich, ist aber so!

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