Überlegungen am Rande…

Nirgends bekommt man so blöde Antworten auf eine Erkenntnisfrage wie bei den Ökonomen, wenn es darum geht zu sagen, was denn eigentlich „Geld“ sei. Die am meisten bescheuerte Antwort darauf ist die Nicht-Antwort: „Geld ist das, was Geld tut.“ Das ist schon deswegen nichtssagend, weil das Erkenntnisinteresse nach der funktionalen Bestimmung von Geld durch einen Verweis auf die phänomenologischen Aspekte des Geldes (eben nicht) „beantwortet“ wird. Man hat irgendwie den Eindruck, daß es sich dabei so verhält wie mit der Kinderfrage „Was ist Sex?“, woraufhin dann vielfach noch die Geschichte mit den Bienchen (wahlweise den Klapperstörchen) erzählt wird – als wäre die Frage danach, was Geld denn nun eigentlich sei irgendwie anrüchig. Aber genauso sind die Pseudo-Antworten auch, wenn es darum geht, irgendwelche Wortkombinationen vorzustellen, die der Fragende dann bitteschön als Antwort hinnehmen soll. (Ich erspare es mir, für diesen Unsinn noch irgendwelche Links zu posten, die findet jeder selber.) Und nur durch die Aufbietung jeglicher Autorität der Wissenschaft ist es bisher weitgehend ausgeblieben, daß vom Fragesteller das Urteil gefällt wird: Thema verfehlt, Frage nicht beantwortet. Denn was soll man denn auch davon halten, daß der Frage nach einer der wichtigsten Dinge der menschlichen Gesellschaft mit den dürren Begriffen: Tauschmittel, Recheneinheit bzw. Wertaufbewahrungsmittel entgegnet wird?

Was ist da passiert? Im Grunde wurde statt einer funktionalen Erklärung des wesentlichen Sachverhalts ein Kaleidoskop beobachtbarer Umstände zur Antwort gegeben, die zwar phänomenologische Aspekte des Geldes beschreiben, aber letztlich nur dazu geeignet sind, die inhaltliche Leere dessen, was Geldtheorie ausmacht, zu kaschieren. Denn die Geldtheorie des ökonomischen ‚mainstream‘ (sowie witzigerweise auch etlicher „Geldsystemkritiker“) ist durch nichts anderes geprägt, als daß die Quantitätstheorie den blinden Fleck des Tauschparadigmas – nämlich die Bestimmung der absoluten „Geld“-Preise – übertünchen muß. Denn ohne diese würde die allgemeine Gleichgewichtstheorie schlichtweg eine inhaltlich korrekte, jedoch nichtsdestoweniger unangemessene Theorie bleiben, deren Aussagekraft sich darin erschöpft, für die Ökonomie einen „Laplace´schen Dämon“ zu postulieren, welcher zu der Gleichgewichtskonstellation führen soll, die als Qualitätsmerkmal stets herausgestellt wird. (Letzteres – das Gleichgewicht – ist als theoretisches Postulat durchaus sinnvoll!) Die unsägliche Folge dieser Rationalisierung von Geldtheorie ist, daß der funktionale Inhalt der gegenwärtigen Geldtheorie denn auch die Verknüpfung einer „Geldmenge“ mit einem „Güterberg“ zum Inhalt hat, wobei die Pseudo-Definition einer „Umlaufgeschwindigkeit“ diesen Zusammenhang illustrieren soll – erklären wäre etwas anderes. (Wer an die Quatsch-Theorie glauben will, soll es tun!)

Was ist die Alternative? Nun, nachdem der paradigmatische Kern der bisherigen Geldtheorie der Tausch war, kann im Gegensatz dazu der paradigmatische Kern der Kooperation als Grundlage einer Geldtheorie fungieren. Das funktioniert so:

Kooperation hat was damit zu tun, daß die Ergebnisse der kooperativen Unternehmung auf die teilnehmenden Wirtschaftssubjekte verteilt werden müssen. Wie kann man das machen? Für den Fall, daß es eine im vornherein „sichere“ Ertragsaussicht gibt, kann man jedem Teilnehmer das entsprechende Ergebnis zusichern. Falls es eine unsichere Ertragsprognose gibt – und irgendwie hat ja jeder irgendeine Zukunft – kann man dem einzelnen Teilnehmer nur einen Prozentsatz des gemeinsamen Ertrages zusichern. Und schon sind wir beim Geld. Denn das Versprechen einer Verhältnismäßigkeit ist etwas anderes, als das Versprechen einer Absolutität. Heißt was? Da niemand weiß, ob die Kooperationsveranstaltung (aka Unternehmung) erfolgreich ist, kann man nur jedem Teilnehmer eine QUOTE des Unternehmensergebnisses garantieren.

Und schon ist man beim Funktionsprinzip von Geld: Geld hat die Funktion, die Erträge eines gemeinschaftlichen Projektes auf die teilnehmenden Individuen zu verteilen. (Das kann mal gut oder auch mal schlecht gehen!) Und das hat was damit zu tun, daß Geld von seinem Grundprinzip eine relative Geschichte ist, denn die Frage was Geld wert ist, wird erst mit der Vermarktung der realen Ergebnisse sichtbar. Heißt: die Relativität von Geld kommt dadurch zum Vorschein, daß die gesellschaftliche Sanktionierung unternehmerischer Aktivität durch die durch das Unternehmen selbst erzeugte Liquidität honoriert wird. Das ist leicht zu begreifen und schwer zu verstehen – eine bekannte Art kognitiver Dissonanz!

Da aber Geld eine Form gesellschaftlich geschaffener Hoffnung ist, gilt auch Folgendes:

Geld repräsentiert ein Funktionsprinzip, nämlich die Verteilung eines gemeinsamen Erfolgs. Dabei ist das Unternehmerdasein eine soziale Funktion und keine persönliche Qualität (es schadet auch nichts, wenn sie ausgeprägt vorliegt). Nur: die ultimative Haftung für die Risiken der Unternehmer wird – jenseits sämtlicher Erwägungen hinsichtlich irgendwelcher Besicherungen von Krediten – von den Banken getragen. Der Grund ist, daß die (residualen) Verluste aus fehlgeschlagenen Unternehmungen von der Allgemeinheit getragen werden (müssen), indem Zinsen – welche von allen kreditnehmenden Unternehmen gezahlt werden müssen – die Verluste aus den fehlgeschlagenen Investitionen neutralisieren – denn irgendwie ist die Sache mit der Zukunft immer noch mit Unsicherheit behaftet. DAS ist die Funktion von Banken und nicht die Transformation irgendwelcher Sparbeträge, die ja letzten Endes immer aus der Kreditvergabe entstammen. Diese Neutralisierungsfunktion der Banken ist jedoch eine im Kreditgeldkapitalismus institutionalisierte Funktion, welche nicht(!) eine persönliche Qualität besitzt. Deswegen ist die übliche Fokussierung auf den Unternehmer zwar nicht falsch, jedoch hinsichtlich der Bedingungen der Funktionsprinzipien der Gegenwart nicht mehr richtig gepolt. Diese kann man schick finden sie ist jedoch einer falschen Geldtheorie geschuldet, auf gut Deutsch: nur einem Ausfluß einer billigen Phänomenologie des Geldsystems geschuldet.

Denn: die Banken sind letztlich die Unternehmer des Kreditgeldkapitalismus! Es scheint so, als würde man mal ein bißchen umdenken müssen!

Der wesentliche Unterschied zu der Tauschmitteltheorie der Geldes ist: Geld ist nur so viel wert, wie die unternehmerischen Erfolge, die damit erzeugt werden. Es ist nun mal das Wechselspiel von Investition (= Nettogeldausgabe) und Gewinn (= Nettogeldeinnahme) welches die Gegenwart erklären kann. Man kann sich ja darauf versteifen, daß Geld für den Tausch da ist (nicht mal das stimmt…), aber kann damit nicht erklären, warum es das Geld ist, was die Welt ‚go round‘ macht! Heißt: der Tausch ist das vergehende Erklärungsprinzip des Geldes…

35 Kommentare

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35 Antworten zu “Überlegungen am Rande…

  1. Pingback: Kleine Presseschau vom 9. November 2012 | Die Börsenblogger

  2. Die Sache mit dem Blinden Fleck und seiner Uebertuenchung sehe ich sehr aehnlich. Das liegt schon daran, das einmal der Bestand an Guetern, der Gueterberg, mit dem Bestand an Geld, der Geldmenge, ins Verhaeltnis gesetzt wird, die aktuelle Preisfindung aber durch Maerkte erfolgt, auf denen Geld- und Gueterfluesse aufeinander treffen und der Preis sich so einstellt (theoretisch), dass Marktraeumung erreicht wird. Wenn man nun noch bedenkt, das ein grosser Teil der Gueter, z.B. Oel, irreversibel verbraucht wird, sich der ihnen engegengerichtete Geldstrom aber durchaus akkumulieren kann, z.B. in Waehrungsreserven oelexportierender Laender, dann wird klar, mit welch heisser Nadel, diese
    Theorien gestrickt sind. Die Sache mit der Umlaufgeschwindigkeit ist besonders uebel, da sie suggeriert, dass stets die gesamte Geldmenge an den wirtschaftlichen Transaktionen teilnimmt. Wie unsinnig diese Vorstellung ist, wird einem klar, wenn man sich ein modernes, auf Computern gefuehrtes Kontenbuch vorstellt. Die Umbuchungen/Transaktionen werden in Bruchteilen von Sekunden vollzogen und sowohl vor, als auch nach der Transaktion, also die ueberwiegende Zeit, „liegt“ das Geld auf den Konten und dort induziert es Zinsstroeme. Aber das ist ein anderes Thema.

    • Hallo Herr Trappe,

      Sie haben zwar das „liegt“ in Gänsefüßchen gesetzt, aber trotz der Gänsefüßchen führt einen die dahinterstehende Vorstellung in die Irre. Denn ZBG ist ein Aktivum, während die „Konten“ für die kontoführende Bank ein Passivum darstellen. Das kann man so nicht zusammenbringen, sondern lediglich Sichtforderungen der Bankkunden sowie Sichtverbindlichkeiten der Banken. ZBG liegt entweder in der Kasse, im Tresor bzw. Geldautomaten oder existiert als ‚clearing‘-Guthaben als Forderung der Banken gegen die Zentralbank. Das legen Sie ja dann auch selbst nahe, weil Sie diese Forderungen als zinstragend bezeichnen und es sich somit um einen Kredit des Bankkunden an die Bank handelt. Banknoten – das schuldbefreiende Zahlungsmittel – hat selbst keine Ertragsrate, weswegen ja auch Keynes zu dem Kunstgriff Zuflucht nehmen mußte, eine Liquiditätsprämie als Ersatz für den fehlenden Geldzins zu postulieren, um Geld als ‚asset‘ behandeln zu können.

      Was die Quantitätstheorie angeht: zum einen ist sie eine theoretische Ausrede an den Umstand, daß die allgemeine Gleichgewichtstheorie – die Grundlage des heutigen ‚mainstream‘-Wissens – keine absoluten sondern nur relative Preise motivieren kann. Das findet sich z.B. in der immernoch geltenden theoretischen Grundkonzeption des Arbeitsmarktes, wo von unseren Professoren allen Ernstes erklärt wird, daß die präferenzgesteuerte Wahlentscheidung des Individuums eine Entscheidung zwischen Arbeit(sleid) und Freizeit(freude/nutzen) ist. Man sieht daran: Geld ist der herrschenden Wirtschaftstheorie immer ein Fremdkörper geblieben. Die natürlich auch existierenden Rationalisierungen für Geld sind – gelinde gesagt – nicht überzeugend, aber in Ermangelung einer geschlossenen Alternative halt das Einzigste, worauf man sich berufen kann. Zum anderen ist sie ein statistisches Konzept, welches von den Ökonometrikern bis zur Unkenntlichkeit totgeritten wird, weil sie aus der Anlage ihres Faches Dinge finden wollen, die sich aus einer theoretischen Notlösung s.o. heraus entwickelt haben. Ich verweise mal an dieser Stelle auf Richard Werner, der versucht hat aus der Quantitätstheorie noch wenigstens ein bißchen was zu retten, indem er immerhin zwischen Kreditvergabe zu produktiven Zwecken und Kreditvergabe für Finanzmarktzwecke differenziert. Eine lange Geschichte…

  3. Geld ist eine Forderung, die durch eine besicherte Verschuldung entsteht. Da ist jemand Eigentümer des Schlossbergs, der soll 2 Mio Geld wert sein. Er will auf dem Schlossberg ein Hotel und eine Weinstube für 1 Mio Geld errichten und braucht Geld. Im Prinzip könnte ihm jetzt ein Notar 1 Mio Zettel beglaubigen, dass der Besitzer des Zettels nach x Jahren 1 Geld dafür erhält, besichert durch 1 Millionstel des Schlossbergs im Wert von 2 Geld.

    Weil das zu umständlich wäre, gibt es die Bank. Die lässt sich eine Hypothek auf den Schlossberg ausstellen, dass der Eigentümer damit haftet, wenn er in x Jahren nicht die 1 Mio Geld zurückgezahlt hat. Dafür bekommt der Eigentümer in den Büchern der Bank 1 Mio Geld gutgeschrieben und auf Wunsch sogar 1 Mio Geldzettel zu 1 Geld ausgezahlt, die sich die Bank von der Zentralbank leiht. Jeder dieser Geldzettel ist mit 1 Millionstel vom Schlossberg besichert, aber das steht nicht drauf, sondern dass es halt gesetzliches Zahlungsmittel ist.

    Von den 1 Mio Geld wird jetzt das Hotel gebaut und die Weinstube, die Geldzettel kommen in Umlauf, die Bürger verdienen sich das Geld als Maurer und Kellner und Zimmermädchen und Winzer und geben das Geld wieder aus für Übernachtungen im Hotel und einen Umtrunk in der Weinstube. So kam die Gegend um den Schlossberg zu einem Hotel und zu vielen Arbeitsplätzen und guten Einkommen.

    Wenn jetzt die Zinsen zu hoch waren, die die Bank verlangt hat, hat der Eigentümer des Schlossbergs den Kredit nicht abgeschlossen und alle blieben arm. Oder er hat den Kredit abgeschlossen, aber die Leute haben ihr Geld gespart und das Hotel und die Weinstube hatten keine Gäste und gingen pleite und die Bank bekam den Schlossberg. Waren die Zinsen zu niedrig, haben viele Leute Kredite aufgenommen und der Schlossberg war leicht 10 Mio Geld wert, wie der Kredit zurückgezahlt wurde, und der Eigentümer hat sich von seinem vielen Geld aus Hotel und Weinstube, in dem die Leute ihr Geld verjubelt haben bei den niedrigen Zinsen, statt zu sparen, gleich noch ein Schloss gebaut.

    Das ist Geld.

    • Hallo Herr Waldner,

      ich bin mir jetzt nicht so ganz sicher, worauf Sie mit Ihrem Beispiel hinauswollten. Daß die Bedienung eines Kredits an den Rückflüssen sprich Erlösen hängt, ist ja noch nicht so wirklich überraschend.

      Was ich als argumentative Falle sehen würde ist dagegen Ihre Voraussetzung, daß der Zins irgendwie exogen festgesetzt würde. Ich denke nicht, daß eine derartige Position haltbar ist, die Gründe dafür brauche ich Ihnen glaube ich nicht aufzuzählen. Ich würde eher für eine andere Sichtweise plädieren, nämlich daß die Zinsen dann hoch sind, wenn die Bedienung und der Rückfluß eines Kredits zweifelhaft sind, bis hin zur Kreditverweigerung, wenn noch so schöne Hochglanzprospekte eine Krisensituation nicht wegretuschieren können. Umgekehrt sind Zinsen dann niedrig, wenn die wirtschaftlichen Aussichten gut sind und der Wettbewerb der Banken um die „attraktivsten“ Kunden einsetzt. Heißt: in der Krise sind die Zinsen hoch, im Boom dagegen niedrig. Mikroökonomisch wird aber argumentiert: Krise bedeutet „Sparen“ und niedrige Zinsen wegen des „hohen“ Sparangebotes, Boom bedeutet „Entsparen“ und steigende Zinsen wegen des sinkenden Sparangebotes.

      Jetzt kann man sich aussuchen: stimmt die Mikrovariante oder die Makroversion?

  4. Für mich ist Geld ein Schuldschein (Kreditbrief), der auf die gesamte Volkswirtschaft ausgestellt ist.
    Dieses Geldverständnis scheint mir kompatibel zu sein mit Ihrer Definition
    „Geld hat die Funktion, die Erträge eines gemeinschaftlichen Projektes auf die teilnehmenden Individuen zu verteilen.“
    Allerdings erscheint es mir wichtig, die kreditäre Geldentstehung in die Definition aufzunehmen.

    Aus welchem volkswirtschaftlichen Grund muss Geld auf dem Kreditwege entstehen?
    Nun: Damit der Erstempfänger von Geld gezwungen ist, damit nicht nur etwas zu kaufen, sondern auch seinerseits eine Leistung für die Volkswirtschaft zu erbringen. Würde ich den „1. Geldempfänger“ für lau mit Scheinchen ausstatten, könnte er damit einkaufen gehen, ohne selber eine Gegenleistung zu erbringen. Der kreditäre Ursprung des Geldes, also der Umstand, dass er den Schein wieder zurückgeben muss, zwingt ihn, auch selber eine Leistung am Markt anzubieten. Nur wenn er diese Leistung verkauft, kann er seinen eigenen Kredit tilgen.

    Darüber, dass er seinen Kredit tilgt, wacht die Geschäftsbank (Giralgeld) bzw. gegenüber der Geschäftsbank wiederum die Notenbank (Zentralbankgeld). Die Banken sind damit Treuhänderinnen der Volkswirtschaft. Ihr Bestreben, den Kredit wieder einzuziehen, garantiert, dass der ‚Urkreditnehmer‘, also das erste Wirtschaftssubjekt, welches das Geld in die Realwirtschaft einbringt, für den Erhalt des Geld-„Gutscheins“ auch selber wieder einen entsprechenden Gegenwert in die Volkswirtschaft einspeisen muss.

    • Hallo Herr Brinkmann,

      eine Banknote in unserem heutigen Geldsystem ist nichts weiter als ein Mittel zur Tilgung von Verbindlichkeiten monetärer Art – sonst nichts. Alle weiteren Zuschreibungen sind Reminiszenzen an Vorstellungen, welche vielleicht in den Zeiten des Goldwährungsstandards (so es ihn überhaupt jemals tatsächlich und nicht nur formell gab) gegolten haben mögen. Da wir aber in einem Kreditgeldkapitalismus leben ist eine Banknote der Beweis für eine getilgte Schuld der Zentralbank: nämlich deren (erfüllte) Verpflichtung eine Banknote zu liefern.

      Das ist leider wenig romantisch, noch ist eine derartige Konzeption dazu geeignet alle Zuschreibungen und Romantizismen aufzunehmen, die üblicherweise rund um das Geld in Umlauf sind. So ist auch Ihre Zuschreibung, daß „Geld“ – ich nehme mal an, daß sie dabei eine Banknote meinen – einen Schuldschein (der gesamten Volkswirtschaft) darstellen würde eine allerdings weitverbreitete Falschdeutung der Eigenschaften einer Banknote. Denn der Besitz von Geld bedeutet nicht, daß Sie ein RECHT hätten, irgendetwas zu kaufen – daß Preisschildchen im Supermarkt (juristisch gesehen) eine ‚invitatio ad offerendum‘ sind, dürfte Ihnen doch klar sein. Denn um Geld zu verwenden müssen Sie erst einmal für jemand anders als Schuldner akzeptiert werden, um die Fähigkeit des Geldes Geldschulden zu tilgen nutzen zu können.

      Warum die Sache mit dem Einkaufen i.d.R. funktioniert schreiben Sie doch selber: denn es ist der (Geld-) Schuldendruck der auf die Unternehmer ausgeübt wird, die sie dazu veranlaßt reale Güter, die für den Produzenten bzw. Händler (in dieser Menge) keinen Nutzen stiften gegen etwas zu verkaufen, was an sich keinen „Wert“ hat. (Deswegen steht auf den Auszeichnungsschildchen ein GELD-PREIS und kein WERT! Auch eine beliebte Verwechslung!) DAS ist der Grund, warum man mit Geld einkaufen gehen kann, daß man dazu ein Recht hätte, ist einer Verkehrung der Realitätsauffassung geschuldet, die allerdings von Werbemythen wie „König Kunde“ selbstredend noch befördert wird. Der Glaube daran zu wissen warum etwas funktioniert führt manchmal rasend schnell zu falschen Schlußfolgerungen.

      Was die Verkehrung der Realitätssicht angeht: „Sagt die eine Labormaus zur anderen: ich habe den Labormenschen gut konditioniert, jedesmal wenn ich diesen Knopf drücke, wirft er mir was zu fressen herunter!“

  5. Zur Klarstellung trage ich nach, dass nur FIAT-Geld als Kredit in die Volkswirtschaft gelangt.
    Im Edelmetallgeld (Gold, Silber) steckt ja bereits erbrachte Arbeitsleistung drin (Bergbau, Ausmünzen).

    Allerdings ist auch das Edelmetall in ausgemünzter Form ein Schuldschein der gesamten Volkswirtschaft: Ich kann damit überall einkaufen.

    Vielleicht sollte man Gold- und Silbergeld als „besichertes“ Geld („collateralised money“) bezeichnen. Wobei freilich der Wert der Sicherheit stark schwankt, und durch den stark schwankenden Warenwert, der zudem von diversen „Zufällen“ abhängig ist (Umfang der Goldförderung, Verbrauch für Schmuck- und industrielle Zwecke). Meine o. a. Unterscheidung bedeutet also nicht, dass ich etwa eine Rückkehr zum Goldstandard für zweckmäßig halten würde.

    • Hallo Herr Brinkmann,

      die Theorie, daß deswegen, weil jemand für eine Sache Arbeit aufgewandt hat, diese Sache daraufhin zu einem „Schuldschein“ – ausgemünzt hin oder her – werden soll, ist nicht haltbar, siehe auch die Antwort zu Ihrem anderen Kommentar. Ich denke, das muß nicht mehr vertieft werden!

      Ach so: die Bezeichnung FIAT wird üblicherweise von den Geldsystemreformern verwendet, deren Weltsicht von der erfolglosen Suche nach dem „Systemfehler“ geprägt ist. Es gibt aber keinen Geldsystemfehler, es gibt höchstens falsche Ansichten (wie z.B. Zinsen = Kosten) über das Geldsystem, die sich in falschen Handlungsanweisungen (Zinsen sind abschreibungsfähige Kosten) niederschlagen – siehe den obigen Eintrag „Schulden“! Die erfolglose „Fehlersuche“ im „Geldsystem“ ist nur eins: Zeitverschwendung!

  6. Was den Ausdruck „FIAT“-Geld angeht: Es ist ja nicht zu übersehen, Herr Dr. Menendez,d ass es Unterschiede zwischen unserem heutigen Geld als einem reinen Zeichensystem und dem Warengeld gibt. Also muss man auch eine Möglichkeit haben, diese beiden Geldformen zu unterscheiden. Das leistet, für mich, der Begriff „FIAT-Geld“ für unsere aktuelle Geldform.
    Dass die Geldreformer auf dem falschen Dampfer sind, ist mir schon klar.
    Die Idee, sozusagen eine Schraube im Geldsystem zu verstellen und damit die Verteilungsproblematik (und die Sparproblematik) gelöst zu haben, ist unrealistisch, leider.

    Den Grundgedanken dieser Bewegungen, dass nämlich die Akkumulation des Geldes bei den Reichen (aber auch z. B. bei Rentenfonds – Kapitaldeckungsverfahren) und das ‚Nie-Mehr-Ausgeben‘ des Geldes ein Problem sein können, finde ich allerdings durchaus überzeugend.
    Nur beschränkt sich die Akkumulationswirkung natürlich nicht auf jene Geldquelle, die wir üblicher Weise als „Zins“ bezeichnen, also die Verzinsung von Geldguthaben bei Banken usw. (Insofern finde ich z. B. den heute unüblich gewordenen Begriff vom „Mietzins“ durchaus treffend, weil dieser, ebenso wie auch Gewinne aus unternehmerischer Tätigkeit, eine Kapitalansammlung ermöglicht.)

    Mit Geld meine ich nicht speziell die Banknoten, sondern auch das Giralgeld. Ich denke, hinter dem aktuellen theoretischen Interesse an der Geldfrage steht doch der Eindruck, dass die gegenwärtigen Krisenerscheinungen in einer Störung der Beziehungen zwischen Finanzsphäre und Realwirtschaft begründet sind. Wesentlich ist also die Frage, ob Geld in ausreichender Menge verfügbar ist, um die für einen „runden“ Lauf der Wirtschaft erforderliche Nachfrage zu erzeugen. Und insoweit ist es egal, ob ich ein Guthaben auf dem Konto habe, einen unausgeschöpften Dispo, oder eben Banknoten in der Tasche.

    Wenn Sie sagen
    „eine Banknote in unserem heutigen Geldsystem ist nichts weiter als ein Mittel zur Tilgung von Verbindlichkeiten monetärer Art – sonst nichts“
    dann ist das zwar nicht falsch. Wenn man gedanklich den Kaufakt vom Zahlungsakt trennt (und diese Vorgänge können ja auch in der Realität zeitlich auseinanderfallen), dann ist das natürlich richtig.
    Aber welche für die Geldpolitik, Wirtschaftspolitik oder Fiskalpolitik verwertbaren Erkenntnisse bringt es mir, wenn ich (wie Ihr Satz das m. E. tut) quasi sage: „Money is, what money does“?

    Mir scheint, dass Sie beim Schuldverhältnis zu sehr auf das individuelle Schuldverhältnis fixieren: Dass jemand „mich“ als Schuldner akzeptiert, wenn ich mir etwas kaufen will. Diese Auffassung findet sich bereits in Aufsätzen von Alfred Mitchell-Innes von 1913/1914 (Links unter dem Wikipedia-Stichwort „Credit theory of money“ – http://en.wikipedia.org/wiki/Credit_theory_of_money).

    Dass Geld (Banknoten wie Buchgeld) aber einen Schuldschein auf die gesamte Volkswirtschaft darstellt ist mir bei der Lektüre der Beiträge zur Target-Debatte klargeworden.
    Denn diese Target-Salden sind ja gerade NICHT Verbindlichkeit des (beispielsweise) griechischen Staates. Und ebenso wenig der griechischen Notenbank: Was sollte die uns dafür geben?
    Sondern sie müssten bei einer Auflösung der Eurozone als Forderungen der deutschen Volkswirtschaft gegen die griechische Volkswirtschaft behandelt werden, als Devisenreserven. (Streiten könnte man dann darüber, in welcher Währung; da müssten wir zweifellos in den sauren Apfel beißen und eine Denominierung in Drachmen akzeptieren.)

    Ansonsten ist unser Geld ein gesetzliches Zahlungsmittel; wer auf dem Markt etwas anbietet, muss dieses Geld dafür annehmen. Er kann von mir keine Bezahlung in Dollar oder in Gold verlangen. Und er wird es natürlich auch annehmen, in normalen Zeiten (nach 1945, oder in der DDR usw., sah das natürlich anders aus, da bekam man manche Dinge nur für Geld, dass KEIN gesetzliches Zahlungsmittel im jeweiligen Gebiet war).

    • Nun ja, meine Auffassung zu den TARGET-Salden dürfte ja bekannt sein, so daß ich auf Ihre Frage: „Was sollten die uns dafür geben?“ kurzerhand antworte: Geld – EURO – natürlich, denn nach Maßgabe dieser Gegenleistung wurden ja die ganzen Güter verkauft. Umgekehrt: etwas anderes als Geld ist nicht vereinbart gewesen, in dem Sinne, daß als Gegenleistung Schafskäse oder Oliven zu liefern gewesen wäre.

      Der Punkt in dieser Währungsunion ist jedoch: die griechische Zentralbank kann mit einer Forderung gegen sich, die auf EURO lautet, schuldbefreiend zahlen. Und zwar deswegen, weil die griechische ebenso wie die maltesische oder finnische Zentralbank in gleicher Weise wie die Bundesbank eine ZENTRALBANK ist. (Daß die Bezeichnung „Zentral“ dabei inzwischen ad absurdum geführt wurde, steht auf einem anderen Blatt!) Denn als solche unterliegt sie keiner Liquiditätsbeschränkung!

      Ich weiß, daß sowas schwer zu verstehen ist, weil man als Mensch üblicherweise nicht mit Unendlichkeiten zu tun hat, nur leider schleicht sich bei der Diskussion um Geld und Währung genau dieses Element immer hintenrum in die Diskussion hinein. Wenn man das übersieht und denkt, daß noch hinter dem Geld irgendwo ein (endlicher) „Wert“ zu verorten sein müßte, sitzt man einer „Wertillusion“ auf. Das liegt daran, daß die heutige ‚mainstream‘-Wirtschaftslehre wie vor 200 Jahren eine Werttheorie und eben keine Theorie der Geldwirtschaft ist, denn in der Werttheorie tauschen sich immer Werte aus – was die Werttheorie auch als bloße Tauschtheorie markiert, die dann eben auch nur eine Tauschmitteltheorie des Geldes haben kann. So ist leider der Stand der Dinge.

      Was die Frage nach dem „Giralgeld“ angeht ist man auch gut beraten bei jeglicher Diskussion den korrekten Begriff zu verwenden: Sichtforderungen! Dann würde es wohl niemanden mehr geben, der behauptet: „Eine Verbindlichkeit kann mit Sichtforderungen bezahlt werden!“ Denn so wird offensichtlich, daß eine Zahlung mit „Giralgeld“ eigentlich auf die Zession (Abtretung) einer Forderung hinausläuft, weil ein Herausgabeanspruch gegen eine Bank auf den Zahlungsempfänger übertragen wird. Daß der Herausgabeverpflichtete (die Bank des Zahlungsempfängers) von der Bank des Zahlungsverpflichteten die Herausgabe des Herauszugebenden (Zentralbankgeld) erwartet, ist dann auch kein großer Gedankensprung mehr. Dann kommt man auch sofort zu der Einsicht, daß auch eine bargeldlose Zahlung keine zentralbankgeldlose Zahlung darstellt. Aber das wird ja meistens ignoriert…

      Was mich aber viel mehr interessiert: welchen Umstand können Sie sich mit Hilfe der Vorstellung eines „Schuldscheins auf die Volkswirtschaft“ besser oder überhaupt erklären, als ohne diese Vorstellung? Ist dazu der Hinweis auf Innes? Das wundert mich deswegen, weil Ihre Darstellung weswegen Geld kaufkräftig ist doch keiner weiteren Rechtfertigung bedarf. Irgendwelche chartalistischen „Argumente“ führen nicht wirklich weiter, sondern höchstens auf das Totgleis ‚modern monetary theory‘ MMT, wobei das ‚modern‘ schon von vornherein eine übelste Falschdarstellung ist – aber egal. Denn hinter der Jagd nach Geld steht letzten Endes a) die Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten und b) die Vorstellung eines „Mehr-Geld“ (Gewinn), wobei ersteres eine Grundbedingung einer aktuellen Geldwirtschaft ist, während es sich bei b) gewissermaßen um eine optische Täuschung (conundrum of profit) handelt, welche aber ihrerseits die gesellschaftliche Akzeptanz der Geldwirtschaft garantiert. Wozu brauchen Sie also die „Schuldscheinvorstellung“?

  7. Nachtrag: Natürlich stehen hinter den Target-Salden Verbindlichkeiten griechischer Banken an die griechische Notenbank, und dahinter wiederum private Kreditschulden.
    Aber wenn die Schuldner oder die Banken pleite gehen, kann uns das (nach Auflösung der Währungsunion) eigentlich egal sein: Wir haben eine Gutschrift, mit der wir in Griechenland einkaufen gehen können. Insoweit hat sich FÜR UNS das Geld von seinem Schuldcharakter gelöst. (Was ja auch so sein muss, denn schließlich haben wir ja bereits eine Gegenleistung dafür erbracht: Exportüberschuss, oder ggf. die Ausgabe von Schuldscheinen auf unsere eigene Volkswirtschaft an die Kapitalflüchtlinge.

  8. rubycon

    „But the English government has taken a far more important step than this. It has done what medieval governments never did; it has bound the Bank of England (which is really a government department of a rather peculiar kind) to buy all gold offered to it at the uniform price of £3 17a 9d an ounce, and to sell it again at £3 17s 10 ½ d an ounce. In other words, the bank is bound to give for an ounce of gold a credit on its books for £3 17s 9d, and to give gold for credit, at a small profit of 1 ½ d an ounce. If this is not fixing the price of gold, words have no meaning.“
    aus: Innes; The Credit Therory of Money
    http://www.ces.org.za/docs/The%20Credit%20Theoriy%20of%20Money.htm
    Ersetze English governement durch EU und £/ounce gold durch €.
    Das sollten die Finanzmininister der EU morgen bedenken, wenn sie mit Tricks, Auslegungen versuchen die Zinszahlungen zu veringern bzw. zu strecken, damit Steuereintreibungen bei Vermögensbesitzern durch Schuldenschnitte vermieden werden .
    Es wäre die abschliessende Selbstzerstörung.

    • Innes ist auch bloß eine Nullnummer:

      „…I explained the nature of a coin or certificate and how they acquired their value by taxation…“

      Das ist die alberne Chartalismus/MMT Geschichte, weil das Verständnis, warum eine Kreditgeldökonomie funktioniert bis heute nicht den Eingang in die „offizielle“ Ökonomie gefunden hat. Alles bekannt und schon lange abgehakt!

      Gibt es von Dir! ein valides Argument, warum man sich damit beschäftigen sollte? Das wäre interessant!

      • rubycon

        Bin am arbeiten bezüglich albern?
        http://schuldundschein.de/das-girokonto-die-schleichende-enteignung-der-bevolkerung/
        Wie soll der Eingang geleistet werden?

        • Ulf Schmidt versammelt alle möglichen Fehlurteile der „Geldsystemkritiker“. Völlig uninteressant. Da kann man alternativ auch die lustigen Heftchen der Zeugen Jehovas lesen – da wird auch immer der Zugang zu einer (angeblich) heilen Welt aufgemalt, oder alternativ das Armaggedon Solche Artikel sind ein ökonomisches Hygieneproblem!

      • rubycon

        Hast Du die Geschichte auch drauf?
        http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Bank
        Tut sich eine Menge bei der physischen Umstrukturierung der Hamburger Banken im Rahmen der Hafencity „Eroberung“.

      • rubycon

        Weil VW weltweit eine eigene Bank mit verschiedenen Währungen betreibt:
        http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/finanzierungsvorteile-vw-machts-billiger/7452930.html

        „Das Geschäft läuft gut, nach Zahlen des Arbeitskreises der Autobanken (AKA) betrug das Neugeschäft der Finanzierungssparten im ersten Halbjahr 2012 mehr als 20 Milliarden Euro. Die Autobanken hatten im Sommer ein Bestandsvolumen an Finanzierungen und Leasingverträgen von rund 82 Milliarden Euro.“
        Sind das wachsende autonome globale Geschäftsfelder?
        Jedenfalls keine Theorien – Praxis.

        • Da ist nichts autonom – die sind genauso wie alle anderen in der Geldsphäre eingekerkert. Das heißt, daß sie als Bank dasselbe Liquiditätsproblem haben, wie alle anderen Banken auch! Die können noch so viele („eigene“) Autos als Pfänder haben, das Liquiditätsproblem bleibt auch ihnen nicht erspart!

          Und: soweit ich weiß, kann man einen Sharan noch nicht bei der EZB zur Refinanzierung einreichen! Kommt aber vielleicht noch! 🙂

      • rubycon

        Werden hier ausreichend die Entstehungszusammenhänge und -strukturen der ersten Zentralbank für globalen Handel gelegt?

        Klicke, um auf wp0613.pdf zuzugreifen

        Und kann VW das mit eigenen Anleihen bei Banklizenz nicht genauso schöpfen.

        • „Policy makers desired to stabilize both coin content and coin values. Unfortunately, each new fixed-price regime created unstable dynamics, and some directly undermined the Wisselbank´s ability to protect creditors.“ S. 40

          Hier steht auf gut Deutsch, daß die Wisselbank auch darauf angewiesen war, daß die „Deckung“ der Währung von einer anderen Seite garantiert wurde – oder auch nicht! Das heißt, daß sie abhängig war, indem sie den Standard, den sie selbst versucht hatte zu etablieren, nicht selbst definieren konnte. Heißt: bei einer „Gold“-oder-was-auch-immer-Deckung“ ist eine Bank nicht in der Lage, ‚to protect creditors‘!

          Dieser Blödsinn, daß „hinter dem Geld“ noch etwas stehen müßte, ist das Kriterium, ob es zu einem Kreditgeld-Regime kommt oder nicht. Eine „Deckung“ von Geld führt dazu, daß die Etablierung eines Kreditgeldes schlichtweg scheitern mußte – obwohl genau das die Modernität des gegenwärtigen Kreditgeldkapitalismus reflektiert. (Aus dieser Perspektive gesehen, war Nixon einer der besten! Geldtheoretiker!)

          War ja von dem Paper auch nicht anders zu erwarten: die angeblichen „modernen Geldtheoretiker“ – aka MMT – sind auch nur ein billiger Abklatsch der Theorie des Chartalismus – was soll da schon Sinnvolles kommen?

  9. rubycon

    „Wozu brauchen Sie also die “Schuldscheinvorstellung”?“
    Um Willkür der mächtigeren Position zu vermeiden.

    • Bitte die eigene Position erklären, so wird das nichts! Denn Erkenntnis hat was mit Zusammenhängen zu tun, nicht mit launigen Sprüchen!

      • rubycon

        Bin noch am grübeln zu einer gehaltvollen Überzeugungskette, bis dahin nur ein Gedankensplitter:

        Es kommt nicht auf den Wert des Fahrrades an, sondern es zu bedienen, um damit voranzukommen.

        Dabei kann es passieren, dass „…words have no meaning.“ die Konsequenz wird; damit Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit einfach Vertrauen zerstört und die Geschäftsgrundlage entzogen.

  10. Ich verstehe nicht wirklich, Herr Dr. Menendez,
    – wo wir überhaupt auseinander sind und
    – welche Schwierigkeiten Sie mit meiner Gelddefinition haben.

    Definieren bedeutet ja abgrenzen. Wogegen grenze ich ab, wenn ich sage
    „Geld ist ein Schuldschein gegen die gesamte Volkswirtschaft“?

    1) „Schuldschein“:
    – Wer einen Kredit aufnimmt (und dadurch, nach meinem Verständnis, das Geld in die Realwirtschaft einspeist), verpflichtet sich, später eine Gegenleistung zu erbringen. Dafür erhält er ein Vorab-Anrecht auf Teilhabe an der gesellschaftlichen Güterproduktion.
    – Alle weiteren Geldempfänger haben in der Kette jeweils eine Leistung erbracht, dafür beanspruchen sie natürlich ihrerseits das Anrecht auf einen entsprechenden Anteil an der gesellschaftlichen Güterproduktion.
    Eben das leistet das Geld. Und insoweit vermag ich auch keinen Gegensatz zu erkennen zu Ihrer Feststellung:
    „Geld hat die Funktion, die Erträge eines gemeinschaftlichen Projektes auf die teilnehmenden Individuen zu verteilen.“
    Wer immer diese „Schuldscheine“ (Kreditbriefe, Anrechtscheine, Gutscheine) besitzt, hat einen Anspruch auf einen entsprechenden Anteil am volkswirtschaftlichen Ausstoß.
    Allerdings: Solange die Scheine unter seinem Kopfkissen liegen, ist die Verteilungsfunktion noch nicht wirksam geworden. Erst durch die Weitergabe (vom Geldsparen hier mal abgesehen) wird die Verteilungswirkung Realität.

    2) „gesamte Volkswirtschaft“
    – „Volkswirtschaft“ ist lediglich eine andere (präzisere) Bezeichnung für das, was Sie „gemeinschaftliches Projekt“ nennen
    – „gesamte“: Das ist ja die großartige Leistung von Geld, dass es einen Anspruch gegen einen individuellen Schuldner in einen Anspruch gegen ein Kollektiv transformiert.
    Wenn sich der Obstbauer im Juli vom Kartoffelbauern einen Zentner Erdäpfel liefern lässt, gegen das Versprechen, im Herbst einen Zentner Boskopäpfel zu liefern, haben wir einen (zeitverzögerten) Warentausch. Oder ein (individuelles) Warenkreditgeschäft.
    Bezahlt der Obstbauer die Kartoffeln mit Geld, kann der Kartoffelbauer dafür schon im August bei einem anderen Obstbauern Klaräpfel einkaufen.

    Sie scheinen ein Problem mit dem Begriff „Schuldschein“ zu haben. Klar ist aber, dass, wer Geld besitzt, (im Prinzip) etwas in die Wirtschaft eingebracht oder einzubringen versprochen hat (als Kreditnehmer ist er die Verpflichtung auf eine spätere Leistung eingegangen). Diese Verschuldungsvorgänge sind jeweils individuell; durch das Geldmedium sind jedoch die daraus resultierenden Ansprüche überall einlösbar. Darin liegt ja gerade die Genialität der gesellschaftlichen Erfindung von „Geld“.

    „Überall einlösbar“ heißt natürlich nicht (vielleicht missverstehen Sie das?), dass ich, wenn mir ein Wohnhaus gefällt, zum Eigentümer gehen kann, eine Million auf den Tisch legen und sagen: „So viel ist dein Haus wert, und jetzt hol gefälligst den Möbelpacker und zieh aus“.
    Das ist ja gerade das Wesen des auf das Kollektiv bezogenen Schuldscheins Geld, dass niemand mir individuell zur Gegenleistung verpflichtet ist; niemand (da haben Sie, auf den Einzelfall bezogen, natürlich Recht) muss mir etwas verkaufen.

    Und doch „muss“ andererseits „jeder“ mir etwas verkaufen. Dieser Zwang besteht schon juristisch für alle, die am Markt Güter anbieten. Der Bauer muss rein rechtlich seine Kartoffeln nicht am Markt anbieten. Wenn er das aber tut, dann kann er sich nicht weigern, das gesetzliche Zahlungsmittel „Geld“ dafür zu akzeptieren.
    Klar gibt es Situationen, wo das Geldwesen zusammenbricht und jeder nur noch Zigaretten statt Reichsmark akzeptiert, aber das ist ja nicht der Normalfall.

    Und auch in solchen Zusammenbruchsphasen des (offiziellen) Geldwesens muss der Anbieter, wenn er eine Ware verkaufen will, irgend etwas als „Geld“ annehmen: notfalls auch Zigaretten.
    Das ist eben der ökonomische (und letztlich wirksamere) Zwang: Wer an der gesellschaftlichen Güterproduktion teilhaben will, kann das, heutzutage, praktisch nur über den Besitz von Geld tun.
    In Extremsituationen kann es passieren, dass die Wirtschaftssubjekte sich weigern, das gesetzliche Zahlungsmittel als „Geld“ anzusehen. Dann kann die Wirtschaft teilweise auf den Urzustand des Tauschhandels zurückfallen (gab es ja nach dem Krieg, wo, der Legende nach „die Bauern die Ställe mit Orientteppichen ausgelegt haben“). Und teilweise wird sie ihr eigenes Geldmedium entwickeln (und/oder das vorhandene Geldmedium nicht zum offiziellen Wert akzeptieren). Konkret vor der Währungsreform gab es bekanntlich das „Zigarettengeld“. Das war die (in den Augen der WSe) „harte“ Ersatzwährung für das relativ wertlose offizielle Zahlungsmittel. Und genau wie „richtiges“ Geld konnte man (vermute ich mal) damals auch das Zigarettengeld überall einlösen (wenn auch möglicher Weise zu stark schwankenden Kursen). Und ich vermute mal, dass man auch für Reichsmark alles bekommen konnte: Nur musste man dann sehr viel mehr hinlegen, als den offiziellen Kurs (d. h. damals konkret: als die gebundenen Preise).

  11. Vielleicht habe ich mit Ihrer Gelddefinition deshalb ein Problem, weil sie das Prinzip von Leistung und Gegenleistung nicht abbildet, das doch die Grundlage der Volkswirtschaft ist (und zwar jeder überhaupt denkbaren Volkswirtschaft, unabhängig von ihrer Eigentums- und sonstigen organisatorischen Verfasstheit).

    Gut, Sie sprechen von „gemeinschaftlichem“ Projekt. Aber das ist mir nicht nah genug dran an der Notwendigkeit, dass, wer etwas aus dem Topf haben will, (im Prinzip) etwas in den Topf einbringen muss(te).

  12. Übrigens ist der Satz
    „Geld hat die Funktion, die Erträge eines gemeinschaftlichen Projektes auf die teilnehmenden Individuen zu verteilen“
    auch deshalb zur Gelddefinition ungeeignet, weil er das Spezifikum des Geldwesens gegenüber der Tauschwirtschaft nicht erfasst. Er ermangelt insoweit also der Abgrenzungswirkung, die eine brauchbaren Definition haben muss.

    Denn „die Erträge eines gemeinschaftlichen Projektes“ werden auch z. B. im Kibbuz, bei den Amish oder in früheren Zeiten auf dem Gutshof auf die teilnehmenden Individuen verteilt.
    Für diese bloße Verteilung benötigt man einerseits kein Geld: man kann sich darauf beschränken, die produzierten Güter zu verteilen. (Das mag heute in der Praxis auch im Kibbuz und bei den Amish anders sein: Aber jedenfalls ist es theoretisch möglich, und wurde in früheren, naturalwirtschaftlich geprägten Zeiten – Mittelalter usw. – sicherlich auch praktisch weitestgehend so gehandhabt.)
    Und andererseits kann man ohne Geld durchaus auch die Zuteilungen (der gemeinschaftlich erzeugten Güter) unterschiedlich bemessen: Nach Leistung, Alter oder welchen Kriterien auch immer.

    Also noch einmal: Geld ist zur Aufteilung einer gemeinschaftlichen Güterproduktion zwar (sehr gut) geeignet. Es ist dafür jedoch nicht zwingend erforderlich. Und damit entfällt die Aufteilungsfunktion als abgrenzendes Unterscheidungsmerkmal gegenüber geldlosen Wirtschaftssystemen.

    • Es ist schon richtig, daß es bei der Frage der Gelddefinition nicht um irgendwelche kleinteilige Spitzfindigkeiten geht. Der Punkt ist, daß der Gegenentwurf eines ökonomischen Paradigmas gegen die realökonomische Theorie des ‚mainstream‘ sich mit einem eindeutigen Kriterium abgrenzen muß, weil sonst der Effekt einsetzt, daß die Schwachstellen dazu führen, daß ein Assimilationsprozeß entsteht, welcher das Abgrenzungskriterium aufhebt. Genau das ist nämlich dem Entwurf einer Geldtheorie passiert, die zwar üblicherweise mit dem Namen Keynes verbunden wird, sich jedoch in etlichen Werken von A. Hahn, W. Lautenbach und anderen bereits vor der ‚general theory‘ wiederfinden läßt. Denn die geldtheoretischen Ansätze von Keynes wurden in wenigen Jahren als mit dem damaligen herrschenden klassischen Wirtschaftsmodell kompatibel gemacht, so daß dieser „Aufbruch“ im Grunde genommen mit einer Vereinnahmung in das dann neoklassische Wirtschaftsmodell einherging.

      Aus diesem Grunde ist es für eine Theorie der Geldwirtschaft fatal, die Funktion des Geldes an eine reale Größe zu binden, denn als „Schuld gegen die gesamte Volkswirtschaft“ hat es eine Verbindung zur „Realwelt“, welche die Eigenständigkeit eines geldtheoretischen Modell im Grunde einkassiert. Der Punkt um den es mir geht ist zu zeigen, daß Geldwirtschaft ein eigenständiges System darstellt, welches von seinen Funktionsbedingungen von sich aus, aus dem eigenen Inneren heraus gesteuert wird und eben nicht von den realwirtschaftlichen Kriterien Konkurrenz oder Produktivität. Das motiviert eben dazu, wirtschaftspolitische Sachfragen stets aus der Perspektive der Geldvermögensbestandssicherheit sowie der GV-Ertragssicherheit zu interpretieren und nicht als Ergebnis irgendwelcher „Effizienz“, „Produktivität“ oder „Wettbewerbsfähigkeit“. Das sind für mich Nebenaspekte der ökonomischen Realität, während für den ‚mainstream‘ derartige Aspekte das Maß aller Dinge darstellen – und der sich dann darüber wundert, daß es mit solchen Konzepten nicht möglich ist, ökonomische Prozesse zu steuern. 50 Jahre fehlgeschlagene Entwicklungspolitik sollten Warnung genug sein, das zugrundeliegende „Produktivitäts“-Denkmodell grundlegend zu revidieren.

      Es ist also keineswegs eine Marotte darauf zu bestehen, daß Banknoten als ultimatives Schuldentilgungsmittel selbst keine Schuld darstellt (auch wenn sie durch einen Kreditvorgang entstanden ist) weil jede andere Konzeptionierung sofort die „Tauschmitteleigenschaft“ des Geldes wieder in den Vordergrund stellt, die postwendend wieder zur Akzeptanz des ‚mainstream‘-Tauschmodells führt.

      Was ich bei der Geschichte immer wieder spannend finde ist der Umstand, daß zwar die meisten Menschen, die sich mit Ökonomie beschäftigen auf der einen Seite beklagen, daß in dieser Welt sich alles nur noch um das Geld dreht, auf der anderen Seite aber darauf bestehen, Ökonomie eben ohne die Einbeziehung von Geld erklären zu wollen. Die „Erklärung“ von Geld durch seine „Tauschmitteleigenschaft“ ist einerseits phänomenologisch begründet, aber letzten Endes ein Ergebnis der Notwendigkeiten der Theoriebildung, die dem neoklassischen Modell geschuldet ist. Hier verschränkt sich die theoretische Ausrede mit der menschlichen Gefühlswelt und führt geradewegs auf eine geldtheoretisch nicht haltbare Position.

      Ausgerechnet bei Ihnen ist es frappierend, daß Sie einerseits zwar die „Verteilungsfunktion“ – und die stock/flow-Beziehungen – von Geld anerkennen, auf der anderen Seite aber unbedingt noch einen realwirtschaftlichen Bezug herstellen wollen. Das sieht für mich so aus, als hätten sie den Schlüssel zur Erkenntnis schon in der Hand und wissen aber nicht, wie Sie ihn verwenden müssen, um die richtige Schlußfolgerung aus Ihren eigenen Argumenten zu ziehen. Ich weiß, es ist diese verteufelte emotionale Anschauung, daß die Hingabe von Geld zu einer Hergabe eines Guts führt – und man muß schon ziemlich viel weiterdenken, um zu erkennen, was da wirklich passiert. Denn da wird nicht Gut gegen Geld, sondern ein kalkulierter Geldwert gegen Geld aufgerechnet.

      Noch was: die Verwendung „realistischer Beispiele“ ist genau die Falle, mit der man sich sogar die eigenen Erkenntnisse versperrt. Es ist leider so, daß Geldtheorie nichts zum „Anfassen“ ist, auch wenn das menschliche Auffassungsvermögen darauf ausgerichtet ist, nur faßbare Dinge als „real“ zu akzeptieren.

      Deswegen ist ja auch seit einiger Zeit der Strom „Gelb“! 🙂

  13. „Geldwirtschaft ein eigenständiges System darstellt, welches von seinen Funktionsbedingungen von sich aus, aus dem eigenen Inneren heraus gesteuert wird und eben nicht von den realwirtschaftlichen Kriterien.“

    Dass die Geldwirtschaft Eigengesetzlichkeiten entfaltet, ist schon klar; eben daher rühren wohl auch die Probleme, die wir aktuell mit dem Geldeinsatz (oder dessen Mangel) in der Realwirtschaft haben.

    Ebenso wenig lässt sich freilich bestreiten, dass die realwirtschaftlichen Transaktionen zum allergrößten Teil über Geld vermittelt werden: Ohne Geld (oder vorübergehend Wechsel, über deren Geldeigenschaft man meinetwegen streiten mag) gibt es keinerlei Käufe oder Verkäufe in der Realwirtschaft.

    „Das motiviert eben dazu, wirtschaftspolitische Sachfragen stets aus der Perspektive der Geldvermögensbestandssicherheit sowie der GV-Ertragssicherheit zu interpretieren und nicht als Ergebnis irgendwelcher “Effizienz”, “Produktivität” oder “Wettbewerbsfähigkeit”. Das sind für mich Nebenaspekte der ökonomischen Realität, während für den ‘mainstream’ derartige Aspekte das Maß aller Dinge darstellen – und der sich dann darüber wundert, daß es mit solchen Konzepten nicht möglich ist, ökonomische Prozesse zu steuern.“

    Ich weiß nicht, ob ich diese Sätze wirklich verstehe. Jedenfalls ist für die Frage, wieviel ich konsumieren kann, die Produktivität entscheidend. Und sekundär die Verteilung. Wenn nichts hergestellt wird, gibt es nichts zu verteilen. Wenn viel hergestellt wird (also „produktiv“ gearbeitet), ist der Kuchen größer, und der Verteilungskampf etwas weniger bösartig.

    „es ist diese verteufelte emotionale Anschauung, daß die Hingabe von Geld zu einer Hergabe eines Guts führt – und man muß schon ziemlich viel weiterdenken, um zu erkennen, was da wirklich passiert. Denn da wird nicht Gut gegen Geld, sondern ein kalkulierter Geldwert gegen Geld aufgerechnet.“

    Hm: Und wo ist die Ware abgeblieben? Und welche neue Erkenntnis gewinne ich (abgesehen davon, dass ich es inhaltlich nicht verstehe), wenn ich sage, dass bei einem (Ver)Kauf „kalkulierter Geldwert gegen Geld aufgerechnet“ wird? Welche wirtschaftspolitischen Folgerungen oder Forderungen ergeben sich daraus?
    Denn Ziel jeglichen geldpolitischen oder wirtschaftspolitischen Handels ist schließlich immer die Realwirtschaft: Was bewirkt welche Maßnahme in der Wirtschaft? (Und natürlich auch: cui bono.)

    „Es ist leider so, daß Geldtheorie nichts zum “Anfassen” ist“.
    Da bin ich skeptisch; denn solchen Begründungen lassen sich spielend leicht dafür ge- bzw. missbrauchen, Interessengegensätze zu verschleiern und Interessen (typischer Weise jene der Geldeigentümer) durchzusetzen.
    Aber selbst wenn ich das außen vor lassen und Ihnen zustimmen wollte: Die Geldtheorie ist ja kein l’art pour l’art-Spiel. Sie ist die Vorstufe zu geldpolitschen, wirtschaftspolitischen und fiskalpolitischen Maßnahmen.
    Und die haben Folgen für die Realwirtschaft (also u. a. für meinen Lebensstandard): Höhe der Produktion (Auslastung der Wirtschaft), Produktivität und Verteilung.

    • „Und wo ist die Ware abgeblieben?“

      Die wird nebenbei auch noch übergeben. Sie müssen verstehen, daß es sich hierbei um eine Auseinandersetzung alternativer ökonomischer Theorieentwürfe handelt. Die letzten 200 Jahre hatten wir eine Gütertheorie, welche künstliche Rationalisierungen erfinden mußte um Geld erklären zu können. Inzwischen wurden diese Glaubenssätze so oft wiederholt, daß man denken könnte, da sei doch was hinter/ so viele „Gelehrte“ können doch nicht irren etc… Das erzeugt so lustige Vorstellungen von Geld als Tauschmittel oder Schmiermittel des Tauschverkehrs. Ein Verdienst von Graeber ist es immerhin darauf hingewiesen zu haben, daß die Frage der Organisation und Abwicklung von Schuldverhältnissen viel älter ist, als die Verwendung von Geld.

      Wenn man aber schon beklagt, daß sich in dieser Welt alles ums Geld dreht muß man doch mal die Konsequenz ziehen und danach suchen, wie die Abwicklung von Schuldverhältnissen heutzutage strukturiert ist. So gesehen war ja beispielsweise Marx viel moderner als zeitgenössische Ökonomen, weil er mit dem Begriff der WARE gerade formuliert hat, daß die vorgegebenen Tauschbedingungen seitens des Verkäufers eben nicht von Nützlichkeitserwägungen geprägt sind, sondern von Geldverwertungsinteressen. Daß der Käufer Nutzenüberlegungen anstellt ist bei der Berechnung von Angebotspreisen vergleichsweise weniger wichtig als das was die Buchhaltung vorgibt. Uns läßt sich der Preis nicht erzielen, Rabatte hin oder her, kommt es zu Mengenanpassungen oder Einstellung der Produktion – und nicht zu Preisanpassungen nach unten. (Das würde schließlich auch dem Phänomen der fallenden Grenz- bzw. Durchschnittskosten widersprechen!)

      Es ist halt ein Unterschied, ob man Rentabilität oder Produktivität für den wichtigeren Aspekt ansieht, was die Steuerung von Ökonomie angeht. Da hilft einem die „alles hängt von allem ab“-Philosophie nicht weiter, denn dann vergibt man sich die Möglichkeit einer strukturierten Theorie, denn eine solche zeichnet sich durch ihre spezifische Art der Hierarchisierung aus. Und das führt dazu, daß aus einer geldtheoretischen Perspektive Produktivität nur insoweit wichtig ist, als sie Rentabilität befördert. Alles andere führt direkt in den Untergang denn bspw. die Steigerung der physischen Produktivität aller ‚crop‘-Erzeuger hat ja gerade dazu geführt, daß sie pleite gingen. Was war das Ergebnis? Richtig, die Schuldenkrise der 3. Welt (die es übrigends immer noch gibt)! Produktiv sind sie immer noch – aber das nützt ihnen nichts, denn sie haben Geldschulden, Kaffee und Bananen könnten sie liefern bis zum abwinken.

      Und die Erkenntnis? Die kommt dann, wenn man den Grundbaustein zum Interpretationsmaßstab dessen macht, was man so die Realität nennt. So ist die Frage, ob Geld ein Gut ist oder nicht durchaus mitentscheidend dafür, ob die steuerliche Behandlung von Zinsen genauso zu erfolgen hat, wie es bei der Absetzbarkeit von Kosten gegeben ist. Daraus folgt meine These, daß die Absetzbarkeit von Zinsen als Kosten die Überschuldungstendenzen der Gegenwart maßgeblich mit befördert. Solche Ideen bekommt man aber mit einer Realtheorie nicht hin! Und wenn man möchte, kann man das noch mit der Theorie der Fraktale modern aufpeppen! So ist es halt: man muß sich auf Erkenntnis auch einlassen, um sie zu erfahren!

  14. Meine Schlussfolgerung aus dem bis hier gelesenen:
    1.)Wer mehr Geld akzeptiert, als er zur Bedienung seiner Schulden benoetigt, sollte genau ueberlegen, was er tut.
    2.) Da viele diese Ueberlegung in der Vergangenheit nicht angestellt haben und in Folge einer Geldwertillusion einige sogar auf gigantischen Anhaeufungen von Geld sitzen, verknappen diese das Geld, um den Rest der Welt ebenfalls von dieser Wertillusion zu ueberzeugen. Das fuehrt dazu, das Schuldverhaeltnisse im grossen Stil unbedienbar werden, was die Banken in eine Zwickmuehle bringt. DEnn auf der einen Seite ihrer Bilanz haben sie Kunden, die ihre Schulden nicht bedienen koennen und auf der anderen Seite Kunden, die den „Geldwert“ hoch halten wollen und daher ihr Geld nicht heraus ruecken.
    Was bleibt ist eine Zentralbank und ein Staat die beide soweit intervenieren, dass die realwirtschaftlichen Transaktionen weiter abgewickelt werden koennen und die Banken nicht unter der eskalierenden Last der zunehmend unbedienbar werdenden Schulden zusammenbrechen.
    Moral von der Geschichte:
    „Geld kehrt immer an den Ort seiner Entstehung zurueck und wenn nicht, dann ist es …. “ frei nach Milton Friedman
    Viele Gruesse

  15. Hier ein Text zur Entstehungsgeschichte von „Geld“. Bin selber noch mitten in der Lektüre; scheint aber interessant zu sein: http://szabo.best.vwh.net/shell.html

  16. Ohne eine Geldbewegung (im Kreditfalle später) gibt es im Prinzip keine Warenbewegung. Deswegen verstehe ich nicht, welchen Sinn eine Geldtheorie machen soll, die nicht (ggf.: auch) den Zusammenhang zwischen Geldbewegung und Warenbewegung (d. h. zwischen Eigentumsübergang an Geld und E. an Gütern) erklärt bzw. berücksichtigt.

    Eine Theorie ist richtig, falsch oder irrelevant.
    Die einschlägige Theoriegeschichte mag nützlich zum richtigen Verständnis der Problemstellung sein. Aber dass man eine Theorie so konstruieren müsse, dass sie nicht von anderen vereinnahmt werden kann, vermag ich nicht nachzuvollziehen.
    Ich kann das lediglich als Frage der Theorieformulierung begreifen. Wer insoweit keine Unklarheiten zulässt, hat sich automatisch dagegen abgesichert, dass die eigene Theorie von anderen verbogen wird.

    „Ein Verdienst von Graeber ist es immerhin darauf hingewiesen zu haben, daß die Frage der Organisation und Abwicklung von Schuldverhältnissen viel älter ist, als die Verwendung von Geld.“
    Das ist ein alter Hut; das hat schon 1913 Alfred Mitchell Innes im Detail gezeigt, und zum Fundament seiner Geldtheorie gemacht (http://www.ces.org.za/docs/what%20is%20money.htm). Was er nach meinem Dafürhalten aber nicht erkannt hat ist die Tatsache, dass Geld einen individuelle Schuldforderungen in eine solche gegen die gesamte Volkswirtschaft transformiert, für die in der Kette (also außer dem rKeditnehmer) niemand mehr indivuell haftet, die aber dennoch jeder gerne akzeptiert.

    Wie sich das Geld dann auf seinem Weg in der Motivation der Wirtschaftssubjekte auswirkt, ist eine andere Frage. Klar wird eine Firma lieber weniger Waren zum höheren Preis verkaufen, als viel, aber mit geringer Gewinnspanne. Deswegen gibt es ja in den USA die „Ami-Schlitten“. Andererseits gibt es aber auch Mechanismen (die nicht unmittelbar mit der monetären Motivationsstruktur zu tun haben müssen – z. B. enge Straßen), die dem entgegen wirken. Deswegen werden bei uns noch viele kleinere Wagen produziert.

    „Rentabilität vs. Produktivität“: Nach meinem Verständnis ist Produktivität die möglichst kostengünstige Produktionsweise. Insoweit ist die Rentabilität (unter Konkurrenzbedingungen) vom Produktivitätsniveau abhängig. Aber Sie verstehen hier wohl die Höhe der Produktion unter „Produktivität“? Klar: Den Produzenten ist es allemal wichtiger, viel zu verdienen, als viel zu produzieren. Dieser gesamtgesellschaftlich als Fehlanreiz zu verstehende Mechanismus wird eben durch andere Gegengewichte wieder ausgehebelt, die nicht unmittelbar geldwirtschaftlicher Art sind, speziell durch den Konkurrenzmechanismus. Der versagt manchmal, speziell bei Monopolen (Microsoft!) und Oligopolen, aber um das zu beschreiben, braucht man doch keine spezielle Geldtheorie?

    „These, daß die Absetzbarkeit von Zinsen als Kosten die Überschuldungstendenzen der Gegenwart maßgeblich mit befördert“.
    Hm: Überschuldet waren bzw. sind aber die Verbraucher und die Staaten; die können beide ihre Zinsen nicht steuerlich absetzen.
    Höheres Eigenkapital mag natürlich trotzdem nützlich sein; es kann allerdings auch dazu führen, dass Unternehmer zu sorglos mit dem Geld umgehen. Wenn sie fremdfinanziert sind, gibt es eine stärkere externe Kontrolle; das ist vielleicht gar nicht so schlecht. (Nur mal als Überlegung dahin gehend, dass man u. U. die Zusammenhänge breiter betrachten muss, als das ursprünglich nahe zu liegen scheint.)

    • „Aber dass man eine Theorie so konstruieren müsse, dass sie nicht von anderen vereinnahmt werden kann, vermag ich nicht nachzuvollziehen.“

      Vielleicht wissen Sie, was Steve Keen für ein Forschungsprogramm hat. Und jetzt schauen Sie sich mal an, mit welchen Retourkutschen er es zu tun hat – weil er „nur“ manchmal versucht hat, die „reale“ Seite mit einzubeziehen!

      Klicke, um auf Discussion_Keen.pdf zuzugreifen

  17. >>>>>Die erfolglose “Fehlersuche” im “Geldsystem” ist nur eins: Zeitverschwendung!

    Haha, doch doch, ich habe das was ultimatives gefunden 🙂

    Bei den Guthaben fehlt der Rückzahltermin und Schulden ohne Termin wären ein Geschenk.

    http://guthabenkrise.wordpress.com/2010/06/12/der-systemfehler-in-einem-satz-schulden-haben-einen-ruckzahltermin-guthaben-nicht/

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