OMT – das Scheinproblem

Siegel00Es ist ja zu verstehen, wenn die Kläger vor dem BverG eine gewisse Genugtuung empfinden, da die Überweisung an den EuGH ihnen vordergründig Recht gibt. Und in gewisser Weise ist diese Überweisung deswegen gerechtfertigt, weil die gesetzliche Grundlage auch zu derartigen Mißverständnissen Vorschub leistet. Es ist kaum möglich aus den europäischen Verträgen herauszulesen, was nun tatsächlich Geldpolitik und was Finanzpolitik ist. Insofern ist es nur zu berechtigt von dem dafür zuständigen Gericht eine Klärung zu erwarten, was diese Sachfrage angeht.

Der tiefere Grund für diesen Schlamassel ist darin zu suchen, daß die Konzeption des ESZB-Systems nach dem Vorbild der Bundesbank formuliert wurde und dabei etliche Dinge unterschlagen wurden, die auch schon die Realität der Bundesbank geprägt haben. So ist es für die Bundesbank durchaus selbstverstandlich gewesen auch Staatsanleihen zu erwerben, sobald eine Auktion drohte zu höheren Zinssätzen zu tendieren. Das hat seinerzeit auch niemanden aufgeregt und es ist auch niemand auf die unsinnige Idee gekommen diese Aktionen als nicht vereinbar mit dem Mandat der Bundesbank vor Gericht zu zerren.

Immerhin wird mittlerweile klar, daß es den Klägern vor dem BverfG nicht darum geht die tatsächlich vorhandenen Konstruktionsmängel des EURO zu beseitigen, sondern den EURO selbst in seinen Fundamenten zu zerstören. Denn anders kann man die Häme nicht erklären, die in dem Satz liegt: „Das EURO – Abenteuer geht seinem Ende entgegen.“

Einer der größten Fehler bei der Konstruktion des EURO bestand darin der EZB ein ausschließliches Mandat hinsichtlich der Wahrung der Geldwertstabilität aufzuerlegen. Denn dazu ist eine Zentralbank erst in zweiter oder dritter Linie zuständig. Die vordringlichste Aufgabe einer Zentralbank besteht daraus dafür zu sorgen, daß die an sie angeschlossenen Banken zu einem einheitlichen Bonitätsniveau finden, welches es ermöglicht, daß jede Bank mit jeder anderen Bank kreditäre Geschäftsbeziehungen unterhalten kann (und will) und damit der Liquiditätsausgleich zwischen den Banken reibungslos vonstatten gehen kann. Dies scheint der EZB auch bewußt zu sein, denn die Verlautbarungen der EZB hinsichtlich der „europäischen Geldspaltung“ deuten unmittelbar darauf hin. Es weist auf eine sehr einseitige Fixierung der Wissenschaft wie auch der Presse hin, daß das Argument der Stabilität des Geldwertes einen derartig prominenten Stellenwert einnimmt und die wesentlich wichtigeren Sachverhalte dagegen weit in den Hintergrund treten.

Was diese Geschichte angeht muß man sogar Hans-Werner Sinn uneingeschränkt Recht geben wenn er betont, daß bei unterschiedlichen Bonitätsniveaus es zu einer „Ausspreizung“ des Zinsfächers kommen muß. Das ist dahingehend zu interpretieren, daß einer Bank, die ein „schlechtes“ Kreditportfolio aufweist auch höhere Refinanzierungszinsen in Rechnung gestellt werden müssen, damit diese zu einer allgemein akzeptierten Kreditvergabepolitik zurückkehrt. Die dafür verantwortliche Institution ist ihre nationale Zentralbank, die darauf dringen müßte, daß „ihre“ Banken eine vergleichbare Kreditpolitik hinsichtlich der Qualität der Kreditkonditionen betreiben, wie die „besten“ Banken – seien es deutsche, finnische oder die Banken Österreichs oder der Niederlande. (Es geht hier um ‚besser als‘, nicht um ‚uneingeschränkt gut‘!) Dieses Ergebnis einer erfolgreichen Zentralbankpolitik läßt sich jedoch nicht dadurch herstellen, daß per Ordre de Mufti „festgelegt“ wird, daß die Politik der EZB „einheitlich“ zu sein hat. Das hat auch etwas damit zu tun, daß in der Vorstellung der EURO-Konstrukteure das eigentliche Ziel zum Mittel erklärt wurde, indem das Ziel eines einheitlichen Währungsraumes – gleichartige Kreditkonditionen – in die Verfahrensrichtlinien des ESZB-Systems ‚a priori‘ hineingeschrieben wurde. Dieses Wunschdenken wurde dadurch motiviert, daß die Befreiung von dem Zinsdiktat der Bundesbank zur Leitlinie bei der Formulierung der „einheitlichen“ EZB-Politik wurde und damit genau die Probleme hervorgerufen wurden, welche derzeit die mangelhafte Funktionsweise des ESZB -Systems begründen.

Insofern ist auch das OMT -Programm der EZB auch nur eine Ausrede dafür, daß sie wegen der „Einheitlichkeit“ der EZB-Politik sich nicht auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren kann. Denn wenn das erklärte Ziel der EZB-Politik ist, die Zinssätze für Staatsanleihen eng beieinander zu halten ohne daß die dazu notwendigen bonitätsmäßigen Voraussetzungen gegeben wären, gibt es kaum eine andere Möglichkeit als durch Marktintervention die gesetzlich erwartete Gleichheit der Anleihenzinssätze mit der Brechstange herbeizuführen. Im Gegensatz zu den lustigen Konzepten wie der „makroprudentiellen“ Steuerung ist diese Politik die so ziemlich primitivste Art und Weise Zentralbankpolitik zu gestalten. Dafür kann die EZB natürlich nichts, denn ihr bleibt nach Maßgabe der einschlägigen europäischen Verträge auch nichts anderes übrig.

Man kann natürlich versuchen die „Politik der Einheitlichkeit“ bis zu dem Punkt zu führen, wo die erzwungene „Gleichheit“ zu einem erzwungenen Liquiditätsausgleich führen muß, weil eine fühlbare Bonitätsdifferenz sofort zu einem Ausschluß vom Interbankenmarkt führt, was man anhand diverser „Rettungsprogramme“ durchaus live und in Farbe beobachten kann. Es geht aber kein Weg daran vorbei die verschiedenen nationalen Vorstellungen hinsichtlich der zu fordernden Qualität von Kreditkonditionen in einem einheitlichen Währungsraum aneinander anzupassen. Der Primitivansatz „einheitliche Geldpolitik“ funktioniert nicht und wird auch nie funktionieren – es sei denn, man verfährt so wie die FED, die kaum noch etwas anderes tun kann, als konkursreife Schuldverhältnisse bis zum Sankt Nimmerleinstag weiter durchzufinanzieren!

Von daher ist auch das BverfG nicht um seine Aufgabe zu beneiden. Denn der voraussichtliche Spruch gegen das OMT-Programm kann nur gegen die Auswirkungen einer falschen Politik angehen, jedoch nicht die falsche Gesetzgebung der EU-Verträge korrigieren. Dazu müßte die „verantwortliche“ Politik aber wissen, warum es zu diesen desaströsen Ergebnissen aufgrund der aktuellen Regelungen gekommen ist. Von den aktuell herumpfuschenden „Beratern“ wird sie es nie erfahren können.

32 Kommentare

Eingeordnet unter Geldtheorie, Ordnungspolitik, Wirtschaftspolitik

32 Antworten zu “OMT – das Scheinproblem

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  2. WhatIsMoney

    Ich bin nicht der Meinung, dass OMT bereits von der Deutschen Bundesbank in der Vergangenheit betrieben wurde und „die Realität der Bundesbank geprägt haben“. Ich baue meine Argumentation auf folgende Definition von OMT auf:

    „Eine Notenbank erwirbt direkt am Sekundärmarkt Staatsanleihen für unbeschränkte Zeit in unbeschränkter Höhe von Pleitestaaten“

    Meine Argumentation:
    Die Deutsche Bundesbank wurde 1957 gegründet. Seitdem galt Deutschland nicht mehr als Pleitestaat. Aktuell sind die Staatanleihen mit AAA bewertet. Meine Gefühl sagt mir, dass die Deutsche Bundesbank niemals in ihrer Geschichte Schrottanleihen gekauft hat, schon gar nicht auf unbeschränkte Zeit in unbeschränkter Höhe.

    Realistischer scheint mir, dass die Deutsche Bundesbank nur kurzfristig und nur Deutsche Staatsanleihen (AAA Rating) von Geschäftsbanken (geschlossener Kreis) gekauft hat (ähnlich einem Repo-Geschäft).

    Ich denke auch, könnte die Deutsche Bundesbank alleine entscheiden, würde es kein OMT der EZB geben.

    Warum hat sich niemand aufgeregt?
    Es war nur am Sekundärmarkt nur kurzfristig nur Triple AAA Staatsanleihen vom eignen Staat in geringer Höhe. Insgesamt keine direkte Staatsfinanzierung der Notenbank.

    Warum ist OMT anders?
    OMT ist zwar auch nur am Sekundärmarkt (weil ESM und EFSF für den Primärmarkt vorgesehen sind) aber für unbefristet in unbeschränkter Höhe von ausschließlich Schrottpapieren, die insgesamt mit ESM und EFSF der Staatsfinanzierung von Pleitestaaten dient. Die EZB ist nicht alleine die Nationale Notenbank, sondern über die Haftungen innerhalb des ESZB führen zu einer Solidarhaftung aller Euroländer.

    Im Detail könnten bestimmt noch viel mehr Unterschiede ausgearbeitet werden. Diese Unterschiede lassen meiner Ansicht nach auch nicht den Schluss zu, dass „Der tiefere Grund für diesen Schlamassel ist darin zu suchen, daß die Konzeption des ESZB-Systems nach dem Vorbild der Bundesbank formuliert wurde“.

    Meine Schlussfolgerung: Die Deutsche Bundesbank hat niemals, auch nur so etwas ähnliches, wie OMT betrieben.

    • Es gäbe sicherlich einiges zu der Frage zu sagen, inwieweit die DM im Jahre 1957 bereits eine unumstrittene Währung gewesen ist, aber darum geht es hier ja nicht.

      Der Punkt ist, daß es in der Frage der rechtlichen Bewertung nicht um irgendwelche mehr oder weniger vernünftigen ökonomischen Argumente dreht, sondern schlicht und ergreifend um das juristische Prinzip, Dinge als richtig oder falsch definieren zu wollen. Und für Juristen ist die Intention einer Handlung entscheidend und nicht die Frage, ob diese unter ökonomisch zu rechtfertigende Handlungen fällt. Denn die Zweckrichtung der Anleihenkäufe von deutschen Staatsanleihen durch die Bundesbank war eindeutig von der Motivation geprägt, eventuelle Zinsausschläge durch eine Unterzeichnung einer Anleihenauktion zu unterbinden. Es ist diese Zielrichtung, welche diese Handlung als nicht vereinbar mit dem Bundesbankmandat definiert, nicht die Tatsache, daß die aufgekauften Anleihen einige Tage später dann doch wieder an private Käufer veräußert werden konnten.

      Das verweist auch auf den Umstand, daß die Bezeichnung „Schrottanleihen“ keinen absoluten Maßstab definieren kann, weil der sich danach bemißt, ob es für eine Anleihe Käufer gibt oder nicht. Gemessen an dem Kriterium, ob private Käufer in ausreichender Zahl und Volumen vorhanden sind, müßten US-Treasuries als „Schrottanleihe“ bezeichnet werden, obwohl sie immer noch zu den sicheren Häfen der Kapitalanlage gezählt werden. So ist auch durchaus zweifelhaft, ob sich seit der OMT-Ankündigung in den „Südländern“ so viel Positives getan hat, daß die Anleiherenditen seitdem auf einem vergleichsweise unspektakulären Niveau verharren.

      Man sollte vielleicht auch darauf hinweisen, daß sich das BverfG in keiner Weise darüber Gedanken gemacht hat, ob die Ankündigung des OMT-Programms effektiv war oder nicht – denn das ist nicht seine Aufgabe. Daß es effektiv war, darf wohl als unstrittig gelten. Der Punkt ist, ob es vereinbar mit dem Mandat der EZB ist, was vermutlich nicht mal der EuGH bestätigen kann. Ebensowenig dürften die Direktkäufe der Bundesbank vor juristischen Kriterien legitim gewesen sein – aber da greift ein bewährtes Prinzip der Rechtsordnung: „Wo kein Kläger, da kein Richter!“

      • WhatIsMoney

        Ich wollte mit Argumente meinen Standpunkt untermauern und Ihre Hypothese widerlegen.

        Im Ergebnis bin ich gescheitert. Ob ich die falschen Argumente benutzt habe oder ich mich im Ton vergriffen habe, kann ich nur schwer beurteilen. Eventuell liegt es auch am Thema oder an Ihnen, dass sie nicht geübt darin sind, eigene Meinungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern.

        Ich finde es Schade und es ist meine Schuld, dass Sie jetzt auf das Dispositionsprinzips „Wo kein Kläger, da kein Richter!“ zurückgreifen. Ich kann Sie nur ermuntern, sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden zu geben.

        • Es ging doch darum, daß nach den Maßstäben, die das BverfG anlegt auch die Bundesbank seinerzeit Maßnahmen ergriffen hat, die durch ihr Mandat nicht gedeckt waren. Daß sich darüber niemand ereifert hat, ist doch inzwischen lediglich eine historische Anekdote. Es war ja nicht komplett falsch was Sie geschrieben haben, es hatte mit dem eigentlichen Thema nur nicht viel zu tun. Insofern brauchen Sie sich darüber nicht zu grämen.

          Das spannende Theme ist doch eher, ob die enge Definition des EZB-Mandats es nicht gerade verhindert, daß die EZB die Aufgaben einer Zentralbank überhaupt wahrnehmen kann, wobei man sich schon mal darüber klar werden muß, welches diese Aufgaben überhaupt sind. So hatte ich ja durchaus bewußt geschrieben, daß die Sicherung des Geldwerts für eine Zentralbank erst in zweiter oder dritter Linie wesentlich ist. Daß man aber dann, wenn man einen Nebenaspekt zur Hauptaufgabe einer Zentralbank stilisiert nur konzeptionelle Fehler produziert, sollte unmittelbar einsichtig sein. Deswegen interpretiere ich ja das OMT-Programm als die letzte Möglichkeit der EZB, aus einer falsch konzipierten Mandatierung noch etwas halbwegs Sinnvolles zu machen.

      • WhatIsMoney

        Ich habe Verständnis für Ihre Situation. Ich habe mich auch schon tausendmal geirrt. Wenn Sie sich so wohler fühlen, ist das völlig in Ordnung für mich. Wenn Sie weiterhin daran festhalten wollen, dass „die Bundesbank seinerzeit Maßnahmen ergriffen hat, die durch ihr Mandat nicht gedeckt waren“, ist das Ihr gutes Recht.

        Ich möchte mich auf alle Fälle für den Gedankenaustausch bedanken. Ich bin mir dank Ihren Blogbeitrages noch über so einiges klar geworden. Eventuell stoße ich bei meinen Recherchen wieder einmal auf einen Blogbeitrag von Ihnen…

  3. Vandermonde

    Die Nivellierung der Kreditkonditionen wird bei der nationalen Vielfalt im Euroraum ein Wunschtraum bleiben. Dazu wäre irgendein Ausgleichsmechanismus notwendig, der die strukturellen Unterschiede überbrückt. Zumindest solange es einen einheitlichen Währungsraum mit nationalen Anleihen gibt. Das OMT Programm hat ja nichts anderes getan als diese nationalen Anleihen mehr recht als schlecht quasi zu einer zu verschmelzen.

    • Geld wird letztendlich immer dahin fliessen, wo vermutet wird, dass das Produkt aus versprochener Rendite und der Wahrscheinlichkeit, dass das Versprechen eingehalten werden kann, maximal ist. Dieser Ort ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass er ueber die Macht verfuegt den zur Renditeerzielung notwendigen Extraktionsprozess auch durchzusetzen. Bonitaet ist sogesehen nur ein anderer Ausdruck fuer Macht. Das Zentralbanken so modern denken, dass sie ihre Moeglichkeiten dazu einsetzen exzessive Macht(gradienten) zu nivellieren, um so volkswirtschaftliche Probleme im Sinne des Gemeinwohls zu loesen, waere ein Novum.

      • Vandermonde

        Ich bezog mich hier auf den Ansatz von soffisticated, der die Nivellierung der Bonitätsnormen der Geschäftsbanken als eine der primären Aufgaben der ZB bei einem zweistufigen Geldsystem betrachtet.

        Prinzipiell haben ZB keinen speziellen Anreiz dazu „Gewinn“ zu erzielen.

        Allerdings glaube ich durchaus, dass soffisticated machtpolitische Aspekte nicht in das Zentrum der Analysen stellt.

        • Vandermonde & Georg Trappe

          Georg Trappe interpretiert die Frage, wohin Geld „fließt“ nach Maßgabe einer Wahrscheinlichkeitsverteilung, die sich nicht danach richtet, ob die einzelne Zahlungstransaktion durch irgendeine intrinsische „Wert“-Motivation geprägt ist oder nicht. Bei Trappe ist alles durch Zufallsereignisse determiniert.

          Das Ganze platzt in 1000m Höhe, wenn die Zahlung nicht aufgrund von (zufälligen) Käufen (mit abschließender Wirkung) erfolgt, sondern aufgrund von Krediten. Denn dann ist immer die Frage akut, wieso der Schuldner als kreditwürdig anzusehen ist, was im Modell von Trappe nicht thematisiert wird.

          Georg hat natürlich Recht, wenn er anmerkt, daß Zentralbanken ihre Kredite nach Maßgabe von Macht vergeben. Nur: im Geldwesen gilt, daß Macht ständig getestet wird, d.h. daß ständig die Qualität „Zahlungsfähigkeit“ unter Beweis gestellt werden muß. Und dabei denken die Zentralbanken überhaupt nicht „modern“!

          Georg: Sie interpretieren den „Machtgradienten“ als Frage der Verteilung von Geldvermögen. Für mich ist die Verteilung ein Ausdruck von Verfahrensregeln einer Geldwirtschaft, die sich nach diesen Regeln richtet ohne zu wissen warum sie sich diesem Regime unterwirft. Wie es anders gehen könnte, habe ich oben in „Schulden“ ausgeführt!

      • Ja, es ist schon seltsam, dass in den gaengigen Modellen weder die Verteilung der bestehenden Bestaende (an Land, Produktionsmitteln, Forderungen) noch die sich daraus ergebende Machtverteilung eine Rolle spielen. Das ist in etwa so, als wolle man den Fall eines Apfels vom Baum ohne Gravitation erklaeren.

      • Der Konzentrationsprozess wird nicht durch den Zufall angetrieben sondern durch die Streuung der Renditen. Der Zufall wurde zur Zuteilung der streuenden Renditen gewaehlt, um aufzuzeigen, dass ein multiplikativer Prozess ohne jeglichen „ideologischen Bias“ = Unterstellung eines irgendwie gearteten Zusammenhangs zwischen zugeteilten Renditen und bestehenden Bestaenden eine zunehmend rechtsschiefe Verteilung der Bestaende produziert. Wenn man einen irgendwie gearteten
        Zusammenhang in das Modell einbaut, der z.B. hohe Bestaende mit hohen Renditen belohnt, wie das z. B. die Einfuehrung eines fixen Grundbedarfs, der nicht zur Reinvestition zur Verfuegung steht, tut, dann beschleunigt sich natuerlich die Entstehung von Ungleichheit. D.h. z.B. Umsatzsteuern die einen existierenden Grundbedarf kuenstlich erhoehen, beschleunigen die Entstehung von Ungleichheit und allen Problemen, die damit zusammen haengen. Alle Massnahmen, die die Spreizung / Streuung der erzielbaren Renditen erhoehen beschleunigen die Entstehung von Ungleichheit. Alle Massnahmen, die die Streuung der Renditen einschraenkt bremst sie.

        Wenn also Inhaber grosser Vermoegen, die diese zunaechst durch ideologiefreie=zufaellig zugewiesene Renditen erzielt haben, diese Vermoegensbestaende im spaeteren Verlauf dazu einsetzen z.B. Einfluss auf die Steuergesetzgebung zu erlangen und so Vermoegenssteuern verhindern und exorbitante Umsatzsteuern durchsetzen, dann beschleunigt sich die Entstehung von Ungleichheit ab Wirksamwerdung dieser Gesetze. Selbstverstaendlich ist auch ein umgekehrtes Szenario denkbar, in dem die verheerende Wirkung staendig zunehmender Konzentration erkannt wird und durch entsprechende Eingriffe bei der Streuung der Renditezuteilung abgemildert oder gar gestoppt wird.

        Leider will das keiner verstehen. Dabei koennte man es sehr einfach lernen, wenn man sich etwas intensiver mit den relativ einfach nachvollziehbaren Grundlagen vertraut machen wuerde.

        • Sie haben natürlich hinsichtlich der Modellvariablen Recht, so daß ich mich Ihren Ausführungen in konzeptioneller Hinsicht vorbehaltlos anschließen kann. Sie verwenden jedoch die Modellvariablen als Akteure und schreiben denen eine Eigenständigkeit von Handlungen zu, welche durch das Modell nicht gedeckt sind. Denn die Erzeugung von rechtsschiefen Verteilungen über ‚econophysics‘-Techniken kann eine ökonomische Funktionsanalyse nicht ersetzen. Es steht also der Nachweis aus, daß durch dieses Modell die funktionalen Relationen einer vorfindbaren, wenn auch auf „Grundfeatures“ reduzierten Ökonomie, adäquat abgebildet werden. Diesen logischen Sprung können Sie nicht einfach voraussetzen, der bedarf eines Nachweises. Denn das Verführerische an Allegorien ist, sie insoweit für die „Wahrheit“ zu halten, daß man anfängt zu glauben, damit die Welt steuern zu können. Genau das praktiziert die Neoklassik ja auch – ungeachtet ihres jahrzehntelangen grandiosen Versagens.

  4. „Real wealth requires energy to maintain over time, as well as to create. Debt and interest do not; they are social and mathematical constructions. Real wealth is subject to entropic forces, e.g. rot and rust, as its material components revert over time to a state of maximum entropy. As Soddy puts it “… wealth, unlike debt, rots if it is accumulated.”[[#_edn3|[iii]]]

    It is the perpetual motion view of money, capital and debt deeply imbedded in orthodox economics – to which Soddy objected, particularly to the way money is created under the system of fractional reserve banking:
    The common sense of these laws is that a perpetual motion machine is not possible. To produce wealth energy must be expended or consumed. … To this common sense truism that, in the world ruled over by physical laws, it is impossible to get something for nothing, modern money is an apparent outstanding exception, the elucidation of which throws a flood of light on the nature of money and suffices to rob it for ever of its robe of mystery and let us hope, of its power of evil. Money to most people still conveys the idea of coins, but, except as small change, coins are obsolete. In so far as modern money has any tangible physical existence, and by far the greater part has none, it is a paper token, which like a postage stamp, costs next to nothing to make, and which has some value printed on it. Its owner for the time being is entitled to that amount of wealth in exchange for it. Strictly he is empowered by the law to make any creditor take it as legal tender for that amount of debt, which in practice comes to exactly the same thing.

    But most money nowadays has no existence except as a statement of account or bank-balance upon which the owner draws by cheque.[[#_edn4|[iv]]]

    According to Soddy, honest money represents a genuine claim to wealth. But bankers and the financial community create money – more precisely, debt – out of thin air by simply entering numbers in their ledgers or creating pieces of paper entitling their possessor to a claim on the future stream of wealth produced by the real economy.

    So the way we create money violates basic precepts of science and common sense. But how does it hold back the age of abundance Soddy thought science and technology could deliver? “
    aus:
    http://model-economy.wikispaces.com/The+Economics+of+Frederick+Soddy

    Die Zentralbanken nehmen ihre Veranwortung für ein Weltwirtschaftssystem wahr.
    Leaders, Accademia, mass media

  5. Im Herdentrieb zensiert

    Klicke, um auf Vosskuhle_mangelt_es_an_Charakter.pdf zuzugreifen

    Rhetorik, Grammatik, Dialektik (Logik)
    Arhimetik, Geometrie, Musik, Astronomie
    oder die Sieben Freien Künste

  6. Sehr geehrter Herr „Whatismoney“,

    Ich weiss nicht, was es soll eine Staatsanleihe als „Schrottpapier“ zu bezeichnen, ich halte das für eine verräterische Terminologie, suggeriert sie doch, dass es so etwas wie ökonomische Kriterien für einen Staat gäbe. Gerade das Beispiel Japan oder USA sollte doch hinreichend verdeutlichen, dass es der Staat selbst ist, der definiert ob seine Anleihen „Schrottstatus“ haben oder nicht. Stellen die Notenbanken der betroffenen Staaten ihre Stützungskäufe ein, sind die Papiere „schrott“. Stützen Sie sie weiter, haben sie wert. Punkt, Ende. Mir kommt manchmal vor, dass es dem deutschen Diskurs verwehrt ist, die Macht des Staates zu verstehen und dass er ewig auf ökonomische Kriterien verweisen muss, die letztendlich doch nur Machtkriterien des Staates sind. Sofern es überhaupt im heutigen Geldsystem noch einen Rest von Ökonomie gibt, liegt er in den Wechselkursen aber sicher nicht in der Frage des Staatsverschuldung.

    Mit freundlichem Gruss
    Alfred Felsberger

  7. Dass die Europäer sich einbilden machtlos genug zu sein, einen Staatskonkurs in ihren eigenen Reihen zu verhindern – ja, wie im Falle Griechenlands geschehen, sogar zu befördern – ist ihr Problem. Sie werden diese Fehleinschätzung auch zu bezahlen haben durch eine verminderte Geldvermögensbildung der Haushalte (und Unternehmen), durch eine Unterbewertung ihrer Aktien- und Immobilienmärkte, durch Bankenkonkurse, usw., sprich: durch Reichtumsverluste. Sie werden auf Jahrzehnte gegenüber den anderen Blöcken zurückfallen und die Verarmung in ihren eigenen Reihen befördern. Nur wen interessiert`s? Jeder ist seines Glückes Schmied.-)

    Alfred Felsberger

  8. >Deswegen interpretiere ich ja das OMT-Programm als die letzte Möglichkeit der EZB, aus einer falsch konzipierten Mandatierung noch etwas halbwegs Sinnvolles zu machen.> Exakt. So sehe ich es auch.

    Alfred Felsberger

  9. Sehr geehrter Herr Menendez,

    Es gibt, wie Sie es mal selbst sagten, für die Unternehmen keine „geheime Quelle“ der Akkumulation. Letztlich muss jedes Investitionsgut abgeschrieben werden und vorgeschossene Geldeinheiten an die Haushalte in Form von Löhnen und Gewinnen können bestenfalls zurückfliessen. Über lange Sicht ist ein EK-Wachstum des Unternehmenssektors undenkbar. Kurzfristig freilich kann sich ein thesaurierter Gewinn einstellen, nur um den Preis jedoch, dass er irgendwann später sich in einen Verlust dreht. Ich sehe keinen Gegensatz zwischen Ihrem Modell, dass thesaurierten Gewinn durch Umschichtung vorübergehend entstehen lässt, und einer komparativ-statischen Analyse, die den thesaurierten Gewinn definitorisch Null setzt. Meiner Meinung nach gehen Sie mit der ökonomischen Theorie, soweit sie Gleichgewichtstheorie ist, ein bisschen zu hart ins Gericht. Dass sich die Ökonomen, z.B. Lautenbach, der Unterscheidung zwischen ausgeschüttetem und thesauriertem Gewinn bewusst sind, ist m.E. falsch. Nirgends wird die Gewinnformel dahingehend umgeformt, überall wird Gewinn als Einheitskategorie erfasst, was zur Folge hat, dass er – schwuppsdiwupps – positiv wird. Die Ökonomen leben also in der Einbildung, dass eine „geheime Quelle“ der Akkumulation nicht möglich ist und doch möglich ist. Meine Darstellung der Formel zeigt ganz klar, dass der Gewinn ex ante durch Ausschüttung festgelegt wird, während EK-Zuwachs unmöglich ist. Das ist was Neues – obwohl es eigentlich nichts Neues sein sollte.-)

    Alfred Felsberger

  10. Die notwendige Unterscheidung zwischen „thesauriertem Gewinn“, der im Gleichgewicht Null ist, und „ausgeschüttetem Gewinn“ räumt mit vielen Missverständnissen auf, die man in der ökonomischen Diskussion immer wieder beobachten kann. So z.B. die Behauptung, dass man EK-Wachstum durch eine Reduktion der Gewinnausschüttungen erzwingen könnte. Man kann es nicht, weil Gewinn nur durch Ausschüttung zustandekommt, während das EK-Wachstum Null ist. Zu solchen Fehlschlüssen kommt man nur, wenn man den Doppelcharakter des Gewinns nicht versteht. Es ist Ausdruck des „Klassenkampfes“, ob sich die Unternehmen das Recht zur Ausschüttung herausnehmen können oder nicht. Zwingen ihnen die Arbeiter oder die Politik eine Reduktion der Ausschüttungen auf, sinkt die Gewinnsumme automatisch. Oder: dass die Unternehmen durch eine Preispolitik zu ihren Gunsten ein EK-Wachstum erzwingen könnten. Auch das ist falsch, weil es ihnen vielleicht gelingen könnte, die Geldeinheiten durch höhere Preise statt in 10 in 5 Jahren einzutreiben, sie aber dann die weiteren fünf Jahren auf dem Trockenen sitzen. Über die gesamte Dauer des Investitionsprojektes betrachtet ist das EK-Wachstum immer Null. Das ist auch der Grund, warum ich den Verdacht hege, dass irgendetwas in ihrem Modell „falsch“ konzipiert ist. Denn selbst wenn ich 10 Investitionsprojekte nebeneinander laufen lasse, wird irgendwann der Punkt erreicht, wo Geld knapp wird, wenn ich überall einen thesaurierten Gewinn zulassen will. Man kann nicht auf ewig von anderen Investitionsprojekten Geld „abzapfen“, ganz einfach, weil es dann dort fehlt. Im Konkreten gehe ich davon aus, dass auch in Ihrem Modell gar kein thesaurierter Gewinn existiert, dass das, was Sie als Gewinn darstellen, blosse Ausschüttung ist. Zu diesem Verdacht komme ich, weil die Darstellung des Gewinns als „mark-up“ selbstverständlich auch ausgeschütteten Gewinn beinhaltet. Allerdings habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass wir zwei dieses Missverständnis noch einmal klären können. Zu weit auseinander liegen unsere Begriffe von Gewinn. Als „alter Marxist“ ist es für mich sehr wohl wesentlich, ob EK-Wachstum stattfindet oder nicht, während es für moderne Ökonomen genügt, dass Gewinn in Form von Ausschüttung existiert. Die Frage der Akkumulation hat für moderne Ökonomen keine Bedeutung. Und das respektiere ich auch.

    Alfred Felsberger

  11. Conclusio: In meinem Denken existiert kein „Mehr-Geld“, kein „Mehr-EK“ aber sehr wohl ein (ausgeschütteter) Gewinn. Für ihr Modell gilt, wie ich vermute, dasselbe, nur dass Sie der Meinung sind, dass der (ausgeschüttete) Gewinn einen EK-Zuwachs beinhaltet. Er tut es nicht. Warum ist diese Feststellung wesentlich? Weil Sie meinen, dass damit die Lebensfähigkeit des Kapitalismus bewiesen ist, während ich meine, dass dadurch seine Nicht-Lebensfähigkeit nachgewiesen ist. Denn ohne „Mehr-EK“ kein Kapitalismus, was weiter heisst: dass es der Verschuldung des Staates bedarf, um dieses soziale Gefüge mit Leben, sprich: Akkumulation (=EK-Zuwachs) zu füllen. Deshalb wäre es für mich sehr interessant zu wissen, ob Sie der Meinung sind, dass ihr Modell einen Ek-Zuwachs beinhaltet, auch wenn das für Sie vielleicht gar nicht von Bedeutung ist. So kompliziert ist die Welt für einen Marxisten.-)

    Alfred Felsberger

    • Wie soffisticated und der Blog herausgearbeitet haben, können die Zentralbanken Preisniveau und Geldmengen nicht steuern.
      Eine Differenz zwischen Ek-Zins und FK-Zins ist gestaltbare politische Ökonomie.
      Die Stabilität in Modellrechnungen berechnet undbeschreibt Georg Trappe –
      http://georgtsapereaude.blogspot.de/2014/01/dekadenz-verdeutlicht-einem-fluss.html
      Es gibt Bedingungen, die ein sinnloses Füllen der Kassenbestände von Gläubigern verhindern.
      Diese zu zeigen und wirtschaftspolitisch umzusetzen, ist auch ein postmarxistisches Fortentwickeln.

    • „In meinem Denken existiert kein “Mehr-Geld”

      Diese Aussage ist richtig. Es wäre aber interessant zu erfahren, wie Sie dieses auch damit zusammenführen, daß irgendwie ein Eigenkapital-Zuwachs daraus entstehen sollte. Denn Sie sind derjenige, der Geld- und Realsphäre immer zusammenführen will. Im Grunde genommen haben Sie sich zu einer realen Wachstumstheorie verpflichtet erklärt. Vielleicht sind es die Reproduktionsschemata, vielleicht ist es auch etwas anderes. Egal was es ist: Was vertreten Sie?

      • Sehr geehrter Herr Menendez,

        „Im Grunde genommen haben Sie sich zu einer realen Wachstumstheorie verpflichtet erklärt.“ Das stimmt insofern nicht, als ich Wachstum bloss als Wachstum von Zahl interpretiere (=EK-Wachstum). Erkenntnis Nummer 1: In einem Zwei-Sektoren-Modell ist kein EK-Wachstum möglich. Alle Investitionsgüter werden letztendlich wertlos, alles Geld fliesst bestenfalls zu den Unternehmen zurück. Erkenntnis Nummer 2: Wenn es kein EK-Wachstum geben kann, bedarf es eines externen Schuldners, um das zu ermöglichen. Dieser Schuldner ist der Staat. Erkenntnis Nummer 3: Es gibt EIN, exakt EIN Investitionsgut, das sich zur Akkumulation eignen könnte: Grund und Boden. Es wird nie wertlos, wengleich es auch partiell abgeschrieben werden muss. Man kann es durch Verkauf (ausserordentlicher Gewinn) wieder aktivieren. Es ist eine merkwürdige, aber korrekte Schlusssfolgerung: dass Kapitalismus als Akkumulationmaschine (Ek-Zuwachs-Maschine) auf das Engste mit Grund und Boden verbunden ist, ganz einfach deshalb: weil alle anderen Investitionsgüter über die Zeit wertlos werden.

        Alfred Felsberger

      • Die Überwindung der Entropie durch Stoffrückgewinnung und Wiederverwertung im Kreislauf mit Schaffung bestehender und innovativer Prozesse und Nutzungen (Reproduktionsschemata).
        Also die nachhaltige Ökonomie auf verträglicher Ökologie – kein Widerspruch im Gegenteil Synergien .
        Nach mehr als 30 Jahren in der Bildung sollten wir das endlich veräusserlichen können.

  12. Die Problematik, mit der wir konfrontiert sind, ist folgende: Wir müssen eine Zahlen-Wachstumstheorie formulieren, die EK-Wachstum erklärt. Und wir müssen eine reale Wachstumstheorie formulieren, die den physischen Überschuss erklärt. Dass letzterer existieren muss, erklärt sich daraus, dass keine Gesellschaft ohne physischen Überschuss lebensfähig ist. Wenn wir als physischen Ouput jedes Sektors stets weniger erhalten als wir an physischen Input einschiessen, „krepieren“ wir, wie Marx so schön es mal formulierte. Diese beiden Wachsrumstheorien müssen über eine Preistheorie miteinander verbunden sein. Diese Preistheorie liegt nach meiner Meinung bereits vor: es ist nicht die Sraffasche Theorie des Preises sondern die Marxsche. Die Berechnung der Preise folgt dem Marxschen Muster: Man muss den Input als Zahl bewerten und (ausgeschüttete) Gewinne plus Löhne pro Stück hinzufügen. Mir – als Nicht-Ökonom- ist es zu mühselig, die darauf bereits entwickelten Modelle nochmals breitzutreten. Mir ist nur wichtig, Ihnen als Ökonom klarzumachen, dass die Preisberechnung, wie sie Marx anstrebte, konsistent ist, weil eben die Sraffa`sche Profitrate r, wie Sie selbst mal sagten, zur Berechnung der Preise überflüssig ist. Ich hoffe also, mit anderen Worten, dass ein Spezialist wie Sie diesen Gedanken eines Tages aufnimmt und ihn populär macht. Meine Aufgabe ist das nicht.

    Mit freundlichem Gruss
    Alfred Felsberger

  13. Die ganze Verwirrung kommt doch bloss zustand, dass sobald ich auf die Marxsche Preistheorie verweise, Sie als Ökonom sofort an Arbeitszeitwerte denken. Aber es ist eine Preistheorie, die sich hinter der Marx`schen Formel: w = wA + l versteckt: w sind die Preise, A die Produktionskoeffizienten-Matrix und l ist die Summe aus (ausgeschütteten) Gewinnen und Löhnen. Man muss also bloss l, was Marx als lebendige Arbeit las, als Geldvorschuss auf Gewinne und Löhne lesen, und schon ist man bei einer Preistheorie. Und nirgends benötigt man die Sraffa`sche Profitrate r, um das Gleichgewichtssystem festzulegen. Wie ist dieses merkwürdige Ergebnis erklärbar? Ganz einfach: weil Marx und die Klassiker in Wahrheit immer in Preisen dachten und nie in Arbeitswerten. Sie haben nur den metaphysischen Begriff „Arbeitswert“ davorgeschoben, um das dahinter: die Preise, zu erklären. Philosophischer Hokuspokus wie er seit Nietzsche widerlegt ist. Nimmt man das zur Kenntnis, bleibt eine lupenreine Preistheorie über, die mit Arbeitswerte nichts und zwar rein gar nichts zu tun hat. Sie definiert sich alleine über die Produktionskoeffizienten-Matrix und über die vorgeschossenen Geldeinheiten für Gewinne und Löhne (pro Stück).

    Alfred Felsberger

  14. Ich möchte nochmals betonen: dass in Ihrem Modell kein EK-Wachstum stattfinden kann. Sie haben den Aufschlag (Gewinn) in Wahrheit bloss als Ausschüttung definiert. Dieser aber wird verkonsumiert und nicht akkumuliert. EK-Wachstum kann sich bloss durch einen externen Schuldner einstellen oder durch Grund und Boden. Letzteres würde eine Theorie des ausserordentlichen Gewinns erfordern, die sich ausserhalb der Gleichgewichtstheorie bewegt, also ausserhalb meines Horizonts. Die Ökonomen verstehen den Unterschied zwischen ausgeschütteten und akkumulierten (thesaurierten) Gewinn nicht. Das ist bitter, aber damit muss man leben.-)

    Alfred Felsberger

  15. Im Grunde ist die Zahlen-Wachstumstheorie leicht formuliert: Da in einer Welt mit zwei Sektoren (Unternehmen, Haushalte) die Nettoinvestition immer dem FK-Zuwachs der Unternehmen (=Geldvermögenszuwachs der Haushalte) entspricht, ist der EK-Zuwachs des Unternehmenssektors immer Null. Positiv wird er bloss durch die Netto-Neuverschuldung des Staates, die der thesaurierten Gewinnmasse entspricht. Kurzfristig mögen manche Geldeinheiten des Staates sich Richtung Haushalte verschieben, langfristig werden aber die Unternehmen die Preispläne aus Erfahrung so einrichten, dass alle Staatsschuld ihrer akkumulierten Gewinnmasse entspricht. Die Eigenkapitalrendite des Unternehmenssektors gewinnt man, indem man die Netto-Neuverschuldung des Staates durch das vorhandene Eigenkapital dividiert. Da Letzteres der Gesamtverschuldung des Staates entspricht, ist es alleine der Staat der – durch Netto-Neuverschuldung dividiert durch Gesamtstaatsverschuldung – die Eigenkapitalrendite des Unternehmenssektors festlegt. Modifiziert wird diese gleichgewichtige Wachstumstheorie durch ausserordentliche Gewinne (Wertsteigerung von Investitionsgüter), die aber auf lange Sicht nur Grund und Boden erfassen können. Alle anderen Investitionsgüter werden auf Dauer wertlos. Damit tritt die Staatsverschuldung als Doppelagent auf: Erstens, indem sie sich direkt in die Gewinnmasse schlägt, und zweitens, indem sie die Geldeinheiten liefert um Wertssteigerungen von Grund und Boden durchzusetzen.

    Alfred Felsberger

  16. Im Übrigen erklärt diese Zahlen-Wachstumstheorie gut, worin das Problem des Kapitalismus liegt: Solange er sich als Nationalstaat definierte, bis in etwa in die 1960er Jahre hinein, war es für die Staaten einfach die Gewinnentwicklung der Unternehmen entsprechend ihrer jährlichen Netto-Neuverschuldung zu steuern. Immerhin: Die Aussenhandelsverflechtungen waren gering und die Staaten konnten davon ausgehen, dass ihre Neuverschuldung in ihrem eigenem Territorium verbleibt. Umso mehr sich jedoch das System globalisierte, desto unsicherer wurden die Wirkungen der Staatsverschuldung, was sich an irgendeinem Punkt in einer Umkehr der Logik manifestierte: Von nun an war es nicht mehr wünschenswert, die Staatsverschuldung weiter auszudehnen, sondern aufgrund der Konkurrenz der Staaten zueinander und der mannigfachen Abflüsse, die sie durch Aussenhandelsverflechtungen erlitten, die Staatsverschuldung zu drosseln. Vorreiter dieser Entwicklung ist Europa, doch ist zu befürchten, dass dieser Virus auf lange Sicht auch die anderen Blöcke erreicht. Von da an geht der Kapitalismus ins Stadium der Kannibalisierung über, indem sich die Unternehmen an den Geldersparnissen der Haushalte schadlos halten wollen. Zu ihrem Unglück ist dieser Strategie jedoch Grenzen gesetzt: die Verarmung der Bevölkerung. So taumelt das System ohne Staatsverschuldung in die Katastrophe und es gibt keine Stimme der Vernunft, die daran was zu ändern vermag.

    Alfred Felsberger

  17. Ein zweites Problem, das sofort ersichtlich wird: Die Eigenkapitalrendite sinkt im Zeitablauf ab. Ist die Staatsverschuldung 100% des BSP und die Neuverschuldung des Staates 4% des BSP, dann errechnet sich eine Eigenkapitalrendite des Unternehmenssektors von 4%. Steigt aber die Staatsverschuldung auf 200% des BSP, und bleibt die jährliche Staatsverschuldung gleich, also 4% des BSP, dann fällt die Eigenkapitalrendite auf 2%. Gleiches lässt sich für die Profitrate zeigen Das Zahlensystem ist also, solange die Eigenkapitalrendite die dominante Steuerungsfuntion darstellt, nicht auf Unendlichkeit ausgerichtet, irgendwann verschmilzt die jährliche Neuverschuldung des Staates im Angesicht exorbitanter Eigenkapitale (= Gesamtstaatsverschuldung). Die empirisch beobachtete Tatsache eines abnehmenden Wirkungsgrades einer Einheit zusätzlicher Staatsverschuldung hat hierin ihre Ursache.

    Alfred Felsberger

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