Was ist Giralgeld?

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Dieser Text erschien erstmals am 29. 8. 2020 auf der Website von Dr. Daniel Stelter
think-beyondtheobvious.com .

1. Erste Annäherung an den Giralgeldbegriff

Möchte man wissen, was es mit dem Giralgeld oder Buchgeld auf sich hat, findet man bei der Deutschen Bundesbank in der Broschüre „Geld und Geldpolitik“ einen eigenen Abschnitt. Dort ist eine Aussage zu lesen, daß Buchgeld Geld ist, „was man nicht anfassen kann“. Man kann es zwar nicht berühren, aber es wird als „tägliche fällige Einlagen“ identifiziert, welche „in einer Art Kreislauf weitergegeben“ werden können. Auch wenn das, was da weitergegeben wird kein gesetzliches Zahlungsmittel ist, erfüllt es die Funktionen von Banknoten und Münzen, wobei die Funktionen aus der Dreifaltigkeit Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel bestehen. FN11

Angesichts dieser nicht ganz eindeutigen Darstellung darf natürlich die Frage danach gestellt werden, was es ist, was da zwischen den Konten umläuft. Denn wenn etwas umlaufen oder weitergegeben werden kann, muß man davon ausgehen, daß es sich dabei um eine konkrete Sache handelt, welche bei einem Kaufvertrag als Gegenleistung in Frage kommt. Da eine Sache als Gegenleistung im Sinne des Sachenrechts nur dann gegeben ist, wenn eine sachenrechtliche Verfügung, d.h. die Übertragung des Eigentums an dieser Sache möglich ist, ergibt sich als Konsequenz die Frage, mit welcher Sache es man bei dem Buchgeld oder Giralgeld zu tun hat. (Daß eine Überweisung „an Erfüllung statt“findet verhindert nicht die Frage danach, was es nun genau ist, was da „in einem Kreislauf weitergegeben“ wird.)

2. Die Rechtsbeziehung im Girovertrag

Möchte man nun den Begriff „Giralgeld“ noch genauer fassen, kommt man nicht umhin, sich mit der Rechtsebene, auf der sich das Giralgeld befindet, auseinanderzusetzen. In der ersten Annäherung an das Thema ist der Begriff des Zahlungsdiensterahmenvertrages zu untersuchen, welcher den meisten auch als Girovertrag bekannt ist. Dies ist der Vertrag, den jeder, der bei einer Bank einen Kontoeröffnungsantrag stellt, (neben einigen anderen Nachweisen) unterschreiben muß, um dort ein Konto eröffnen zu können. Die Definition dessen, was einen Zahlungsdiensterahmenvertrag ausmacht, findet sich im §675f (2) BGB:

Darin heißt es:

„Durch einen Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne und aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein … Zahlungskonto zu führen.“

Zunächst fällt auf, daß die Bank als Zahlungsdienstleister verpflichtet ist für den Kunden Zahlungen durchzuführen, was im Umkehrschluß bedeutet, daß der Kunde als Zahlungsdienstnutzer von der Pflicht befreit ist, die (von ihm beauftragte) Zahlung selbst vorzunehmen. Daneben führt die Bank für den Kunden ein Zahlungskonto:

„Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird.“

§ 1 (17) ZAG.

Ein wenig klarer wird dies, wenn man sich eine andere Definition des Girovertrages ansieht:

„Durch den Girovertrag wird ein Kreditinstitut verpflichtet, (1) für den Kunden ein Konto einzurichten, (2) eingehende Zahlungen auf dem Konto gutzuschreiben mit Wertstellung unter dem Datum, an dem der Betrag dem Kreditinstitut zur Verfügung gestellt worden ist, und (3) einen Zahlungsauftrag zulasten dieses Kontos abzuwickeln.“ FN22

Denn hier wird ausdrücklich klargestellt, daß bei einem Zahlungseingang das eingehende Geld der Bank zur Verfügung gestellt wird und nicht dem Empfänger der Überweisung. Dieser bekommt lediglich eine Information darüber, daß für ihn ein Geldbetrag eingegangen ist, und daß sich der Saldo des Kontos um diesen Betrag erhöht hat. (Vgl: § 1 (22) ZAG.) Das bedeutet, daß die Bank einen Geldeingang verzeichnet, welcher ursächlich dem begünstigten Kontoinhaber zuzurechnen ist, welcher aber dennoch im Besitz bzw. im Verfügungsbereich der Bank verbleibt. Der Eingang besteht dabei aus Zentralbankgeld, welches üblicherweise der Bank über eine Gutschrift der Zentralbank zuwächst, wobei es sich hier um den Zugang eines Aktivums handelt. Aufgrund dieses Zuganges erstellt die Bank eine Gutschriftsmitteilung an den Kunden, welche als Information aber nicht irgendwie „zirkuliert“ wäre, sondern ganz schnöde von der Bank erstellt und dem Kontostand zugerechnet wird. So heißt es in dem Kommentar zu 675t BGB:

„Satz 1 regelt die Verfügbarkeit von Beträgen, die für den Zahlungsempfänger eingegangen sind. Sie entspricht materiell dem aus der bisherigen Terminologie bekannten „Anspruch aus der Gutschrift“, der dem Zahlungsempfänger unverzüglich nach Mittelzufluss an dessen Zahlungsdienstleister zusteht. Selbstverständlich kann der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Geldbetrag nur in dem rechtlichen Umfang verfügbar machen, in dem er ihn seinerseits im Clearing oder vom Zahlungsdienstleister des Zahlers erhalten hat.“ FN33

Im Klartext: für den Zahlungsanspruchsberechtigten ist der Kontostand ein in Geldeinheiten ausgedrücktes Maß für die „Ansprüche aus der Gutschrift“ aufgrund eines Geldeinganges bei dem Zahlungsdienstleister. Damit muß gefragt werden, wie die Ansprüche gestellt werden, bzw. sich zu Forderungen oder Überweisungen transformieren.

3. Was ist der Gegenstand der Anweisungen gegenüber einer Bank

Das Rechtsverhältnis eines Girokonteninhabers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister ist also dergestalt, daß die Bank gewissermaßen Erfüllungsgehilfe ist und verantwortlich für den Zentralbankgeldtransfer zeichnet, wobei das zu Übertragende sich in dem Verfügungsbereich der Bank befindet, weil diese nur mit Hilfe von Aktiva, die sich in ihrem Verfügungsbereich befinden, den angewiesenen Transfer durchführen kann. Die Vorstellung, daß eine Bank den Status als Erfüllungsgehilfe innehat, ist erst einmal gewöhnungsbedürftig, findet sich denn auch nur ziemlich verklausuliert in den Vertragsbedingungen eines Girovertrages. Grundlage dafür ist der §675f BGB, wo die Rechte des Zahlungsdienstnutzers enthalten sind, welche im wesentlichen aus der „Beauftragung“ von Zahlungen bestehen. §675f BGB spezifiziert in Absatz (4) die Dreifaltigkeit der Zahlungsvorgänge als da sind: „Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrages“. Daß die Beauftragung dieser Vorgänge für die Bank eine Verpflichtung darstellt, wird dann noch einmal in §675o(2) BGB klargestellt, wo es heißt:

„Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist nicht berechtigt, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen, wenn die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt.“

Mit dieser Passage wird aus einem „Auftrag“ eine (An)Weisung:

„Der Zahlungsauftrag ist eine rechtliche Erklärung (sog. Weisung) des Zahlers an den Zahlungsdienstleister einen Zahlungsvorgang auszuführen.“ FN44

Damit handelt es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister um einen sog. Geschäftsbesorgungsvertrag, welcher dem Zahlungsdienstnutzer gegenüber dem Zahlungsdienstleister ein Weisungsrecht einräumt, mit Hilfe dessen Zahlungsvorgänge angeordnet werden können und somit ein Zahlungskonto im Haben nicht irgendein (Was-auch-immer-für)“Geld“ ist, sondern sich als eine Verfügungsmacht entpuppt, die dem Zahlungsdienstnutzer eine Dispositionsmöglichkeit über das zwar ihm im Prinzip gehörende, aber sich weder in seinem Besitz noch in seinem Eigentum befindende Geld gewährleistet.

4. Giralgeld ist der Hebel, mit dem Zentralbankgeld in Bewegung gesetzt wird

Mit diesem Befund wird auch letzten Endes klar, daß sich Zahlungsvorgänge nicht auf der Passivseite der Bankbilanzen oder zwischen den Konten von Zahler und Zahlungsempfänger abspielen.

„Bei „Zahlung“ mit Buchgeld wird keineswegs eine Forderung übertragen oder zediert, sondern unter Mitwirkung einer oder mehrerer Banken eine neue Forderung zugunsten des Begünstigten begründet…“ (Giovanoli 1993 S. 98f)

Denn nach dem vorstehend gesagten ist der Rechnungsempfänger als der eigentlich Zahlungsverpflichtete nicht der Zahlende, sondern der Zahlungbeauftragende, welcher seine Rechtssetzungsmacht gegenüber der Bank ausübt und der aufgrund seiner Zahlungsanweisung eine Verringerung seiner Rechtssetzungsmacht erfährt. Spiegelbildlich dazu erhält der eigentliche Zahlungsempfänger keine Zahlung, weil der überwiesene Geldbetrag i.d.R. als Zugang auf dem Zentralbankkonto der Bank des Empfängers landet und die Bank ihrem Kunden dafür einen Zuwachs an Rechtsetzungsmacht verschafft, indem sie ihm eine Gutschrift erteilt. (Vgl: §1 (22) ZAG) Es erweist sich somit, daß das Einzige, was zirkuliert das Zentralbankgeld ist, welches zwischen den beteiligten Banken hin- und hergeschoben wird, indem sie zum Zweck des Zentralbankgeldverkehrs die in ihrer Verfügungsmacht stehenden Weisungsrechte gegenüber der Zentralbank ausüben. Ursächlich für diesen „Kreislauf“ sind die Anweisungen der Girokonteninhaber, die ihre ihnen zur Verfügung stehenden Dispositionsrechte nutzen, um diejenigen Zahlungen durch die Bank ausführen zu lassen, die sie selbst nicht ausführen können oder wollen. In dieser Annäherung ist Giralgeld für den Girokontoinhaber ein in Währungseinheiten bemessenes Weisungsrecht (und für die Bank eine Verpflichtung, diesen Weisungen Folge zu leisten), so daß es schwerlich vorstellbar ist, daß dieses Rechtsverhältnis auch nur ansatzweise „zirkulieren“ würde. Darüber hinaus haben Rechtsverhältnisse – soweit sie nicht verbrieft sind – die Eigenschaft, an die beteiligten Parteien gebunden zu sein, so daß sich damit auch die Vorstellung, es würde etwas „Substanzgleiches“ von einer virtuellen Geldfee von einem Konto auf ein anderes Konto transferiert, in einem logischen Rauchwölkchen verflüchtigt. Die Passivseite der Banken enthalten Informationen darüber, woher ein Geldbetrag gekommen oder wohin bzw. für welchen Zweck ein Geldbetrag „reserviert“ ist, während die Aktivseite diejenigen Dinge auflistet, die tatsächlich für Zahlungs- oder Ertragszwecke zur Verfügung stehen – hier ist auch dasjenige angesiedelt, was bei den Banken als Erfüllungsgehilfe ihrer Kunden für Transfer- (oder Zirkulations-)zwecke zur Verfügung steht: Zentralbankgeld – als Bargeld oder Reserven! Im Unterschied zu dem Geld „was man nicht anfassen kann“ haben Reserven die nette Eigenschaft in Bargeld eingelöst werden zu können, ohne daß es dabei ein Liquiditätsrisiko gibt – weswegen diese Übung auch i.d.R. unterbleibt. (vgl. Giovanoli 1993 S. 108)

Giralgeld ist somit der Hebel bzw. das genuine Instrument, mit dessen Hilfe der eigentliche Zweck des elektronischen Zahlungsverkehrs – der Transfer von Verfügungsmacht – erreicht werden kann. Man kann also mit Hilfe von Giralgeld zahlen – indem man den Zahlungsdienstleister anweist, eine Zahlung mit richtigem Geld durchzuführen. Notabene: man kann mit Hilfe von Giralgeld zahlen – nicht mit Giralgeld selbst! (Wer jetzt denkt, daß Giralgeld kein Geld und die Speisenkarte keine Speise ist, denkt richtig…!)

5. Zum Verhältnis von Basisgeld und Dispositionsrechten

Nun mag man sich fragen, wenn „Giralgeld“ für Zahlungsprozesse nicht zur Verfügung steht, womit denn eigentlich die Zahlungsvolumina abgewickelt werden, da doch der Anteil des Basisgeldes auch nur an der „Geldmenge M1“ vergleichsweise gering ist. Dazu kann man sich ein „Jubiläumszitat“ ansehen, welches schon vor mittlerweile 100 Jahren formuliert wurde:

„Die moderne Wirtschaft ist nicht, wie bisher unterstellt, eine bargeldlose Wirtschaft. Sie ist eine bargeldsparende Wirtschaft. Zwar finden auf weiten Gebieten des Verkehrs überhaupt keine Geldzahlungen, und anderen nur zu gewissen Zeiten oder zu gewissem Prozentsatz Geldzahlungen statt. Immerhin besteht unleugbar auch in der bestorganisierten modernen Wirtschaft das, was man am richtigsten als „Geldbedarf“ bezeichnen wird.“ Hahn (1920) Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits S. 71

Am „verschwenderischsten“ sind dabei die Zahlungen im Barverkehr, welcher sich im wesentlichen außerhalb der Banken abspielt, wo Zahlungen 1:1 mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel abgewickelt werden. Immerhin werden in Deutschland noch 40%-50% der privaten Käufe mit Bargeld beglichen, was auch angesichts der kontinuierlich steigenden Bargeldemission der Bundesbank den angekündigten Tod des Bargeldes schlichtweg im Regen stehen läßt. FN55

Sparsamer hinsichtlich der Basis-/Bargeldnutzung sind dagegen die Banken, bei denen sich der Zahlungsausgleich in zwei Stufen vollzieht. Zum einen gibt es das Instrument des „clearing“, was nichts anderes bedeutet, als daß gleichartige aber gegenläufige Zahlungsansprüche im Zuge der Aufrechnung bezahlt werden. Dies kann sowohl bankintern als auch bankextern erfolgen: bankintern erfolgt der Transfer von Verfügungsmacht im Grunde durch eine papierlose Barzahlung, bei der die Abbuchung vom Konto des Zahlenden und die Gutschrift auf dem Konto des Empfängers über ein Transferkonto abgewickelt wird:

„Alle Zahlungen einer Bank bzw. Zahlungen, die über eine Bank getätigt werden, laufen über die „Kasse“. In diesen liegt heute natürlich kaum mehr Bargeld im nennenswerten Umfang, auch wenn Banker auch heute noch vom „Barvermögen“ einer Bank sprechen. Es handelt sich vielmehr im Wesentlichen um die Sichtguthaben auf den Girokonten, die die Banken bei der jeweils für sie zuständigen Zentralbank unterhalten. Diese werden auch „Zahlungsreserven“ genannt.“ FN66

Auch bankextern werden gegenläufige Zahlungsansprüche zwischen Banken im Zuge des clearing miteinander verrechnet, wobei auch hier die Buchungen über ein Transferkonto geleitet werden, welches faktisch den Austausch von Basisgeld unnötig macht. Man sollte sich dabei klarmachen, daß Aufrechnung tatsächlich eine Zahlung darstellt, bei der lediglich die überflüssige gegenseitige Übergabe von Basisgeld entfällt bzw. durch eine Buchungsoperation ersetzt wird.

Soweit nach dem Abschluß des clearing noch Zahlungsdifferenzen bestehen, werden die entsprechenden Salden üblicherweise auf dem Wege des „settlement“ ausgeglichen. Dies erfolgt über die Guthaben bei der Zentralbank (die Girozentralen machen auch nichts anderes), welches seitens der Zentralbank durch eine Umbuchung zu Lasten bzw. zu Gunsten des Zahlers/Empfängers erfolgt, wobei auch hier die papierlose Barzahlung zur Anwendung gelangt. Es mag gewöhnungsbedürftig erscheinen, eine interne Umbuchung über ein Transferkonto – was letzten Endes ein Kassenkonto sein muß (s.o.) – als papierlose Barzahlung zu sehen. Da Banken sich verpflichtet haben, für den Anweisenden Zahlungen durchzuführen, müssen sie auch einen Zahlungsvorgang einleiten, welcher dann zu korrespondierenden gegenläufigen Zahlungen führt, die im Zuge der Aufrechnung die Zahlungspflicht erfüllen. (Vgl.: Fn3)

Insgesamt läßt sich feststellen, daß das einzige, was zu Zahlungszwecken umläuft das Basisgeld ist, ob als Bargeld, interne papierlose Bargeldübertragung, externes clearing oder als Zentralbank-/Girozentrale-settlement, wobei auch die übergeordneten Institute dasselbe Prinzip der (Aktiv-)Verrechnung anwenden. Es erweist sich somit, daß die Zahlungsmitteltechnologie ihre zentrale Aufgabe, das Volumen des zur Zahlungsabwicklung notwendigen ultimativen Zahlungsmittels zu minimieren, über die Zeit hinweg beibehalten hat. In früheren Zeiten wurden Wechsel (die Vorläufer der Banknoten) benutzt, um die Verwendung des ultimativen Zahlungsmittels Gold entbehrlich zu machen. Heute wird mit (Online-)Überweisungen, girocard, Kreditkarten und haufenweise Fintech-Gimmicks hantiert, um die Verwendung des gesetzlichen Zahlungsmittels so weit wie möglich zu reduzieren. Die Abrechnung über Girokontostände markiert quasi die Fortsetzung dieses Bestrebens, weil die Verwendung von Bargeld ein nicht unerheblicher Kostenfaktor ist. Die Girokontostände sind dabei lediglich der Indikator für das Volumen der Weisungsbefugnisse der Kundschaft, aufgrund deren Anweisungen die Banken zum Transfer dieser Verfügungsrechte verpflichtet sind. Die Vielzahl dieser Weisungen führt zur Zahlungsmitteloptimierung mit Hilfe der genannten Techniken, die letzten Endes das geforderte Ergebnis erzeugen. Wenn aber nach Abschluß aller Aufrechnungsoperationen nur noch der „Restsaldo“ tatsächlich ausgeglichen werden muß wird klar, warum das Volumen der effektiven Zahlungsmittel im Verhältnis zum Volumen der Weisungsbefugnisse derart gering sein kann: Zentralbank-/Basisgeld ist ein Saldenausgleichsstandard…

Literatur:

Mario Giovanoli, Bargeld — Buchgeld — Zentralbankgeld: Einheit oder Vielfalt im Geldbegriff? in: Festschrift für Beat Kleiner, Banken und Bankrecht im Wandel, Zürich 1993

L. A. Hahn, Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits, Tübingen 1920

Abkürzungen:

BGB: Bürgerliches Gesetzbuch
ZAG: Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten

  1. Vgl.: https://www.bundesbank.de/resource/blob/606038/c0364dd6034eb7e0c9230b77ed995c06/mL/geld-und-geldpolitik-data.pdf S. 50f ↩︎
  2. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/girovertrag-36182 ↩︎
  3. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/116/1611643.pdf S. 112 ↩︎
  4. https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:2fnd6OmrY40J:lexikon.jura-basic.de/aufruf.php%3Ffile%3D4%26find%3DZahlungsdiensterahmenvertrag__Zahlungsauftrag+&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=firefox (outdated) ↩︎
  5. https://www.bundesbank.de/resource/blob/737876/40094ed787ec5b0dd1f968dcd7eda7e9/mL/zahlungsverhalten-in-deutschland-2017-praesentation-data.pdf ↩︎
  6. http://www.mem-wirtschaftsethik.de/index.php?id=1156&tx_ttnews[tt_news]=248&cHash=53e68c62e07169c17ae31f9b61b29a77 ↩︎

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TARGET2 reloaded

TARGET 2 Salden entstehen, weil der T2-Schuldner – z.B. die Banca Italia – bei einer grenzüberschreitenden Zahlungsweisung an die EZB keine Zahlung leistet und auch keine leisten muß, sondern lediglich eine Erhöhung ihres TARGET2-Saldos in das TARGET2-Konto einfügt. Das ist das, was normalerweise jede Zentralbank dieser Welt, also auch die Banca Italia zum Zweck einer Überweisung vornimmt: eine Gutschrift erteilen, die zur Folge hat, daß nunmehr die EZB über einen höheren Guthabensaldo bei der Banca Italia verfügt. Genau dies ist auch der Fall, denn der höhere Guthabensaldo ist gewissermaßen eine Vermögenserhöhung zugunsten der EZB, womit die EZB über mehr Zentralbankgeld verfügt als vorher. Letzteres ist allerdings für eine Bank, die über ein nicht begrenztes (Bar-)Geldschöpfungspotential verfügt nicht wirklich als Vermögenszuwachs zu interpretieren.

Die neue Forderung der EZB wird dann auch postwendend aufgrund der (mittelbaren) Weisung der Banca Italia mit einer Verbindlichkeit gegenüber der BuBa ausgeglichen, die wiederum ihre neue Forderung durch eine Verbindlichkeit gegenüber der zuständigen Geschäftsbank ausgleicht, die wiederum ihre neue Forderung mit einer neuen Verbindlichkeit gegenüber dem Empfänger – also der Gutschrift gegenüber dem Zahlungsanspruchsberechtigten ausgleicht, welcher daraufhin seine Forderung aus Lieferung und Leistung gegen den italienischen Käufer ausbucht. Hier ist die Kette der Zahlungsversprechen zu Ende. Genauso wie die Banca Italia bei der EZB „anschreiben“ lassen kann, kann auch die EZB bei der Bundesbank „anschreiben“, weil sie dieser zwar eine Gutschrift erteilt, diese aber nicht mit einer Zahlung ausgleicht, denn dazu müßte sie der Bundesbank Banknoten zur Verfügung stellen. Und das tun ESZB-Zentralbanken untereinander nicht!

Dieser „Passivtausch“ der Banca Italia – Bankverbindlichkeiten sinken, dafür steigen die Verbindlichkeiten gegenüber der EZB – ist das, was H.W. Sinn immer mit „Anschreiben“ bezeichnet, was nicht mal eine falsche Interpretation der Sachlage ist. Dieser Passivtausch IST Anschreiben, weil die Anweisung der Banca Italia an die EZB ein Zahlungsversprechen (= Gutschrift) an die Bundesbank zu veranlassen lediglich mit einem Zahlungsversprechen (= Gutschrift) begleitet ist! Das liegt aber daran, daß die Banca Italia nur eine Möglichkeit hat, eine Zahlung an die EZB auf den Weg zu bringen: durch eine Übergabe von Bargeld. In dem Fall würde sie Banknoten emittieren wodurch ihr Banknotenumlauf steigt. Diese Banknoten könnte sie an die EZB liefern, die diese Banknoten sofort an die Bundesbank weiterreicht, wodurch die Bundesbank tatsächlich eine Zahlung erhalten würde. Weil sie diesen Banknotenbestand zum Jahresende ausbuchen muß (weil eine Zentralbankbilanz nun mal keinen Banknotenbestand in eigener Währung enthält), würden sich immerhin die Verbindlichkeiten aus der Verteilung des Banknotenumlaufs für die Bundesbank entsprechend reduzieren. Im Ergebnis würde der Banknotenumlauf wieder dort ausgewiesen, wo er tatsächlich entstanden ist.

TARGET2-Salden entstehen also deswegen, weil die EZB die Zahlungsanweisungen lediglich weiterreicht, ohne daß diese mit einer entsprechenden Zahlung begleitet sind, wie es im normalen Interbankenverkehr regelmäßig erfolgt (settlement). Würde man das Zahlungsprinzip auch hier anwenden müßte die Banca Italia einen Solawechsel (auf Banknoten) ausstellen, den sie mit der Zahlungsanweisung an die EZB weiterleitet. Die EZB bucht einen Eingang der Wechselforderung und gleichzeitig einen Ausgang der Wechselforderung zugunsten der Bundesbank, die damit einen Vermögenswert erhält, welcher dem (eigentlichen) T2-Saldo entspricht. Die „Einlösung“ des Wechsels erfolgt nicht durch Vorlage und Zahlung, sondern durch die Ausbuchung des Wechsels gegen den Banknotenumlauf, wodurch zeitgleich bei der Banca Italia die Wechselverbindlichkeit zu einem Banknotenumlauf umgewandelt werden muß und der Wechsel damit als bezahlt gilt. Ergebnis für die Bundesbank ist immerhin eine Reduzierung ihrer Verbindlichkeiten aus der Verteilung des Banknotenumlaufs, weil dieser im gegebenen Umfang reduziert wird.

Möchte man also die T2-Salden verringern muß dem Gläubiger das Recht eingeräumt werden diese gegen den Banknotenumlauf verrechnen zu können (man kann sich andere Konstrukte ausdenken, die einen Wechsel unnötig – oder modern – machen), wobei zeitgleich die T2-Verbindlichkeiten in den Banknotenumlauf umgewandelt werden. Das verursacht natürlich einige verwaltungstechnische Prozesse, denn die Bundesbank müßte die Daten der zugelassenen Banknoten aus ihrem Bestand, die sie ausbuchen möchte an die Banca Italia übermitteln, die wiederum diese Daten in ihre Datenbank der emittierten Banknoten aufnimmt. Aber an verwaltungstechnischem Aufwand ist noch kein politisches Projekt gescheitert. (Funfact: das könnte in letzter Konsequenz auch bedeuten, daß die Banca Italia in ihrer Bilanz deutsche Banknoten als von ihr emittiert ausweisen müßte…)

Wer es lesen kann, hier die Kette der Weisungen, die aufgrund einer Überweisung von Käufer Italia an Verkäufer Deutschland entstehen:
Grundregel: Passivkonten sinken im Soll, Aktivkonten sinken im Haben & viceversa!

Käufer (Anweisender): Verbindlichkeit Auto an Forderung IT Bank – Bilanzverkürzung/ effektive Zahlung

IT Bank: Verbindlichkeit Kunde an Forderung Banca Italia – Bilanzverkürzung/ effektive Zahlung

Banca Italia: Verbindlichkeit IT Bank an Forderung EZB – Bilanzneutralität (Passivtausch)/ Zahlungsversprechen

EZB: Verbindlichkeit Banca Italia an Forderung Bundesbank – Bilanzverlängerung: das macht den T2-Saldo aus/ Zahlungsversprechen
(nachrichtlich: das ist dasselbe wie: Forderung Banca Italia an Verbindlichkeit Bundesbank – Bilanzverlängerung)

Bundesbank: Verbindlichkeit EZB an Forderung DT Bank – Bilanzverlängerung/ Zahlungsversprechen
(nachrichtlich: das ist dasselbe wie: Forderung EZB an Verbindlichkeit DT Bank – Bilanzverlängerung)

DT Bank: Verbindlichkeit Bundesbank an Forderung Verkäufer – Bilanzverlängerung/ Zahlungsversprechen
(nachrichtlich: das ist dasselbe wie: Forderung Bundesbank an Verbindlichkeit Verkäufer (endgültige Gutschrift) – Bilanzverlängerung)

Verkäufer: Verbindlichkeit DT Bank an Forderung Autoverkauf – Bilanzneutralität (Aktivtausch)/ effektive Tilgung

(nachrichtlich: das ist dasselbe wie: Forderung DT Bank an Forderung Autoverkauf – Aktivtausch)

Diese ganze Kette entsteht aus einer einzigen Überweisung des italienischen Käufers! Während aber in Italien tatsächlich gezahlt wird, indem dort eine Verringerung der „Guthaben“ entsteht, wird ab der Banca Italia „nur“ noch mit Gutschriften, d.h. Zahlungsversprechen gearbeitet. Weil aber Zahlungsversprechen keine Zahlungen sind (deswegen sind es ja VERSPRECHEN), ist die Charakterisierung von Sinn als „Anschreiben“ völlig korrekt! Was nicht zutrifft ist, daß die dadurch entstehenden Zahlungsverpflichtungen in irgendeiner Weise „besichert“ werden müßten, denn eine Zentralbank im ESZB-System muß ihre Zahlungsversprechen nicht besichern, weil es sich um eine Zentralbank handelt. Denn ESZB-Zentralbanken können (und müssen auch gelegentlich) ihre Verbindlichkeiten in beliebiger Höhe durch Emission von Bargeld begleichen, weswegen darauf auch verzichtet werden kann soweit es Sicherheitsinteressen betrifft, denn die Geldschöpfungskapazität der Zentralbanken (in Bezug auf Bargeld) ist nicht beschränkt. Das bedeutet im Umkehrschluß: jede ESZB-Zentralbank kann ihre TARGET2 oder sonstige Verbindlichkeiten jederzeit vollständig und unbegrenzt mit Bargeld bezahlen.

Genau diese Eigenschaft macht eine Zentralbank zu einer mächtigen Institution. Mal sehen, was nach der Bargeldabschaffung davon noch übrigbleibt…

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Kreditleihe

Wahrscheinlich ist es angebracht noch einmal genau zu spezifizieren, was es mit der Kreditleihe auf sich hat. Ausgangspunkt ist der Wechsel, welcher ein abstraktes Wertpapier ist, welches normalerweise aufgrund einer erbrachten Leistung ausgestellt wird. Im Grundmodell des Wechsels erfolgt die Leistung und das Zahlungsversprechen, d.h. die Ausstellung des Wechsels, zum gleichen Zeitpunkt. Derjenige, der den Wechsel als Zahlungsversprechen des Schuldners erhält hat also bereits geleistet, nur die durch den Wechsel verbriefte Forderung ist noch auszugleichen und zwar durch das Zahlungsmittel, welches im Wechsel vermerkt ist. Es handelt sich hierbei um ein Kassageschäft (d.h. eine sofort erbrachte Leistung) und ein Termingeschäft, welches die Zahlung einer in dem Wechsel aufgeführten Geldsumme zum Gegenstand hat.

Eine Variante des „normalen“ Wechsels kann nun darin bestehen, daß der zu einer realen Leistung Verpflichtete seine Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringt, so daß im Unterschied zum normalen Ablauf die Leistung, die dem Wechselschuldner zusteht, auf einen späteren Zeitpunkt gelegt wird. Das hat zur Folge, daß neben der Ausstellung des Wechsels noch ein weiterer Vertrag erforderlich wird, welcher den (ersten) Empfänger des Wechsels dazu verpflichtet, eine bestimmte Leistung zu erbringen. Wenn man so will handelt es sich hierbei um zwei Termingeschäfte, beim Wechsel um eine verzögerte Zahlung, bei der gestundeten Lieferung/Leistung um ein Warentermingeschäft. Man denke beispielsweise an eine Vorschußzahlung, mit deren Hilfe der zur realen Leistung Verpflichtete Material einkaufen und Mitarbeiter anheuern kann, um so ausgestattet die vertragliche Leistung erfüllen zu können.

Bei der Kreditleihe ist es nun so, daß dieses Warentermingeschäft auch aus einer verzögerten Zahlung besteht, die aber im Unterschied zum Wechsel nicht als selbständiges Wertpapier verbrieft ist. Wichtig dabei ist zu sehen, daß nicht der Wechsel das Zahlungsmittel ist, sondern das in dem Wechsel aufgeführte Zahlungsobjekt.

Damit geht das Geschäft folgendermaßen vor sich:

die Bank akzeptiert einen Wechsel, in dem sie sich verpflichtet z.B. zwei Goldtaler bei Fälligkeit des Wechsels zu zahlen, gleichzeitig verpflichtet sich der Wechselaussteller einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels zwei Goldtaler an die Bank zu zahlen. Die Bank verschafft dem Wechselaussteller durch ihr Akzept Zahlungsfähigkeit über 2 Goldtaler, die dadurch effektiv gemacht werden können, daß der Wechsel von einem Dritten anstatt einer unmittelbaren Zahlung angenommen wird. Dadurch, daß der Wechselaussteller den Wechsel an Zahlung statt weitergeben kann nutzt er die ihm von der Bank zur Verfügung gestellte Kreditwürdigkeit, um bei einem Dritten auf Kredit kaufen zu können. Die Bank verbürgt sich also Dritten gegenüber für die Zahlungsfähigkeit des Wechselausstellers.

Nun macht die Bank das nicht aus reinem Altruismus, sondern achtet peinlich genau darauf, ob die verbürgte Summe, die sie auf jeden Fall bei Vorlage des Wechsels zum Fälligkeitstermin zu zahlen hat, auch mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder zurückerstattet wird. Zudem werden natürlich auch kalkulatorische Kosten fällig, die der Wechselaussteller an die Bank zu zahlen hat. Geht alles wie vorgesehen, erscheint der Wechselaussteller einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels bei der Bank, um den Terminvertrag mit der Bank zu erfüllen, denn er schuldet der Bank ja bislang die 2 Goldtaler, für die sich die Bank in dem Wechsel verbürgt hat. Sind die 2 Goldtaler bei der Bank eingegangen kann nun, wenn am nächsten Tag der fällige Wechsel von dem aktuellen Wechselinhaber der Bank präsentiert wird, die Bank mit den 2 Goldtalern vom Vortag ihre heute fällige Schuld begleichen, womit das Leben des Wechsels ein Ende gefunden hat.

Die Kreditleihe besteht somit daraus, daß die Bank ihrem Kunden gewissermaßen ihre Bonität „leiht“, indem sie sich für die Zahlungsfähigkeit ihres Kunden gegenüber Dritten verbürgt. Geliehen wird also ein Kaufkraftvolumen von 2 Goldtalern, die der Kunde nutzen kann, ohne diese auch tatsächlich zu besitzen. Dieses auf i.d.R. 3 Monate begrenzte Arrangement wird am Ende durch die Zahlung der Bank von 2 Goldtalern an den Vorleger des Wechsels, sowie durch Zahlung von 2 Goldtalern des Kunden an die Bank abgeschlossen. Daher ist das ultimative Zahlungsmittel der Goldtaler und nicht das Wechselpapier, dieses fungiert lediglich als ein Forderungsrecht an 2 Goldtalern, wobei dieses Forderungsrecht die Eigenschaft hat, durch Einigung und Übergabe (mit oder ohne Indossament) weitergegeben werden zu können.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff „Banknote“ seinen Ursprung in dieser Konstruktion der Kreditleihe besitzt, denn eine Banknote war ursprünglich für die Bank eine Verbindlichkeit, der sie zu einer Zahlung in einem Standard, der NICHT die Banknote war, verpflichtete. Bis zu der Aufhebung des Goldstandards bedeutete die Aufschrift auf Banknoten: „Der Aussteller verpflichtet sich zur Zahlung von XXX an den Überbringer“, daß eine Banknote (im Prinzip) nur stellvertretend für eine forderbare Quantität an Gold etc. stand. Wichtig dabei ist es sich die Entstehung einer Banknote klarzumachen, denn die Ausstellung eines Wechsels geht einher mit der gleichzeitigen Verbuchung einer Verbindlichkeit, die nicht der Wechsel ist! Denn dem neu geschöpften Forderungspapier, welches auf die Zahlung von zwei Goldtalern lautet, steht eine Schuld von 2 Goldtalern gegenüber – und nicht die Banknote/Wechsel. Das heißt, daß die Emissionsbuchung:

Wechsel an (umlaufende) Wechselverbindlichkeiten

eine Denomination von 2 Goldtalern aufweist und somit die Bezeichnungen Mark, Franken, Pfund, Dollar – oder was auch immer den „Wert“ eines Wechsels bzw. einer Banknote deklarierte – auf eine reale Metallquanität verweisen. Man kann nun auch die Emissionsbuchung mit dem (damaligen) Synonym „Banknote“ aufschreiben, womit sich:

Banknoten an (umlaufende) Banknotenverbindlichkeiten

ergibt und so die Entwicklung zur heutigen Emissionsbuchung deutlicher wird. Im Unterschied zu heutigen Banknoten – die eigentlich besser nur noch als „Geldscheine“ zu bezeichnen sind – besitzt das heutige Bargeld keinen Forderungsinhalt mehr, weil durch die Aufhebung der Goldeinlösepflicht das ehemalige Forderungspapier zu einem „gesetzlichen Zahlungsmittel“ verändert wurde. Gesetzliches Zahlungsmittel bedeutet in diesem Zusammenhang, daß eine Geldschuld damit schuldbefreiend getilgt werden kann und gleichzeitig der Gläubiger gegen eine Forderungsbegleichung mit diesem keine (reale) Forderung mehr beinhaltenden Geld keine Einwendungen erheben kann.

Und nun erscheint auf einmal die Verbindung zu dem heutigen Kreditarrangement, wobei nicht mehr das in dem Wechsel verbriefte (reale) Zahlungsmittel zur Tilgung der Schuld zu refundieren ist, sondern das emittierte Papier selbst. Die Verbindung liegt darin, daß auch früher schon die Rückgabe des Wechsels, wenn dieser wieder zufällig in den Besitz des Wechselausstellers gekommen sein sollte, die Tilgung der Wechselschuld ermöglicht hat. Dazu mußte lediglich der Wechsel am Tag vor seiner Fälligkeit bei der Bank zum Diskont eingereicht werden, um – abzüglich der Diskontspesen – die Rückzahlung der vereinbarten 2 Goldtaler zu tätigen und am nächsten Tag nur noch die Ausbuchung des Wechsels erfolgte, weil seine Forderungswirkung durch die Rückkehr zum ursprünglichen Schuldner verschwunden ist. (Letzteres begründet auch den Umstand, daß für eine Zentralbank als Emittent der gesetzlichen Zahlungsmittel, d.h. der Banknoten (ohne Erfüllungsgegenstand), ein Banknotenbestand keine Vermögensposition darstellt, weil diese sofort gegen die Emissionsbuchungsposition neutralisiert werden müssen.)

Letzteres hat eine entscheidende Konsequenz für den Emissionsvorgang, denn was heutzutage mit der Emissionsbuchung:

Kasse (Banknoten) an Banknotenumlauf

oder besser:

Kasse (Geldscheine) an (umlaufendes) Geldscheinvolumen

dokumentiert wird ist nicht mehr wie früher die Einbuchung eines Forderungspapiers, sondern die Einbuchung von gesetzlichen Zahlungsmitteln, die keinen Forderungsinhalt aufweisen, womit die korrespondierende Passivbuchung auch keine Verbindlichkeit mehr darstellen kann. Das wird auch noch dadurch unterstrichen, daß „Banknoten“ (=Geldscheine) nach aktueller Rechtsprechung den Inhaberpapieren zwar gleichgestellt sind, ohne jedoch den Status als Inhaberpapier aufzuweisen (was die ursprünglichen Banknoten tatsächlich waren), denn ein Inhaberpapier verweist auf einen Forderungsinhalt, der nicht das Inhaberpapier ist. Daß sich diese simple Tatsache noch nicht herumgesprochen hat liegt wahrscheinlich daran, daß die psychische Disposition, Geld unbedingt als „Wert“ ansehen zu wollen den nüchternen Blick auf schnöde Buchhaltungstatsachen (fast) unmöglich macht.

Dazu kommt noch, daß offenbar verbreitet die Meinung vorherrscht, Geld müsse doch in der Bilanz einer Zentralbank auffindbar sein, so daß ausgerechnet diejenige Position, welche das Volumen der sich gerade NICHT in der Zentralbank befindenden Geldscheine dokumentiert, zu „Geld“ erklärt wird, womit gleichzeitig dem Fehlschluß, Geld als Verbindlichkeit der Zentralbank zu interpretieren, der rote Teppich ausgerollt wird. Dabei hat Geld in der Bilanz einer Zentralbank nichts verloren, denn wie bei einem (eigenen) Wechsel, dem eine Wechselverbindlichkeit gegenübersteht und der bei den Vorbereitungen zu Bilanzerstellung schlichtweg ausgebucht wird, werden jegliche eventuellen Bargeldbestände, die sich in der – in der Finanzbuchhaltung (sic!) geführten – Kasse befinden, zum Zweck der Bilanzerstellung durch die Neutralisierungsbuchung

„Banknoten“/Geldscheinumlauf an Kasse(nbestand) (ohne Münzbestand!)

ganz schnöde ausgebucht. Die Folge ist, daß der Kassenbestand zum Bilanzzeitpunkt Null ist (was den Banknotenbestand angeht, allerdings nicht die angekauften Münzen betrifft) und deswegen auf eine Einstellung einer Position „Geldschein Kassenbestand“ in die Bilanz verzichtet werden kann.

Wenn man sich den Effekt dieses „Kreditleihe“-Arrangements ansieht, sieht man (fast) sofort, daß es sich hierbei um eine Technologie handelt, die dazu geeignet ist, „sparsam“ mit dem ultimativen Zahlungsmittel (=Gold) umzugehen. Denn soweit alles nach Plan verläuft ist für eine verbriefte Forderung, deren Übergabe geeignet ist, Zahlungsverpflichtungen (vorläufig = bis zur endgültigen Einlösung des Wechsels aber danach final) zu erfüllen, lediglich für einen Tag das ultimative Zahlungsmittel Gold erforderlich. Zum einen muß der erste Wechselbegünstigte seine Zahlungsverpflichtung aus dem Kreditleihe-Vertrag erfüllen, indem er einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels die im Vertrag festgelegte Zahlung zu erbringen hat, während auf der anderen Seite am Folgetag – dem Fälligkeitstermin des Wechsels – genau diese Zahlung dazu verwendet wird, die Forderung desjenigen zu erfüllen, der den Wechsel zur Zahlung vorlegt. Wenn man so will wurde durch den Kreditleihe-Vertrag für 3 Monate Zahlungsfähigkeit geschaffen, ohne daß dazu – abgesehen von dem letzten Tag vor Fälligkeit – die Verwendung des eigentlichen Zahlungsmittels erforderlich gewesen wäre. Gleichzeitig werden durch die vorgesehene bzw. erfolgte Erfüllung der Wechselforderung alle damit in Zusammenhang stehenden Schuldverhältnisse finalisiert in dem Sinne, daß für alle Indossanten die Gefahr eines möglichen Wechselprotestes sich erledigt.

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Der Krönchen-Wechsel

Es gibt derzeit gerade das Problem, daß vertraglich vereinbarte Zahlungen zu leisten sind, die aufgrund der Freiheitsbeschränkungen durch die Politik nicht mehr leistbar sind. (Die Beispiele findet jeder selbst.) Nun beruht aber dieses Wirtschaftssystem auf Zahlungen (und nicht, wie es manche Romantiker haben wollen, auf kapitalistischen Wertvorstellungen), so daß eine Aufrechterhaltung der Zahlungsströme darüber entscheidet, ob dieser ökonomische Schock auf eine angemessene Art verarbeitet wird, oder nicht.

Es geht salopp gesagt um die Frage, wie man Zahlungsströme aufrecht erhalten kann, ohne daß sofort die Liquidität, die normalerweise einen Zahlungsstrom begleitet, benötigt wird. Die Blaupause, die man dazu braucht, ist das Wechselgesetz. Denn die Verbriefung einer Zahlung durch einen Wechsel ermöglicht es dem aktuellen Wechselgläubiger, die im Wechsel verbriefte Liquidität indirekt nutzbar zu machen, indem der Wechsel an Zahlung statt weitergegeben werden kann. Sollte tatsächlich Liquidität benötigt werden, kann ein Wechsel auch bei einer Bank diskontiert werden, so daß die Annahme eines Wechsels nicht dazu führt, daß eine Verfügung über Liquidität bis zur Fälligkeit ausgeschlossen ist.

Die Anwendung dieses Konzepts ist ziemlich straightforward: nehmen wir mal an, der Geschäftsinhaber eines Restaurants darf sein Geschäft für 8 Wochen nicht öffnen, so daß während dieses Zeitraums ein Umsatzausfall von 100% eintritt. Die variablen Kosten mögen zwar viel geringer sein, aber es gibt Dinge, an denen geht nichts vorbei – Miete, Nebenkosten und sogar das eigene Leben, you name it. Nun gibt es zwar ein Programm, welches dazu gedacht ist, die Umsatzausfälle gerade dieser Selbständigen zu kompensieren, aber man braucht nicht viel Phantasie um sich vorstellen zu können, daß die Verwaltung, die ja auch durch krankheitsbedingten Mitarbeitermangel geplagt ist, in der Kürze der Zeit nicht die Kapazität besitzt, um die entsprechenden Anträge bearbeiten zu können – ob sie es bürokratisch oder unbürokratisch nicht bearbeiten, ist vergleichsweise unerheblich.

Es braucht also ein Instrument, welches es ermöglicht, Zahlungen in die Zukunft verschieben zu können, wobei der Empfänger der „Nicht-Liquidität-Zahlung“ die Möglichkeit hat, dieses Instrument seinerseits als Mittel „an Zahlung statt“ weitergeben zu können. Wenn man also ein derartiges Instrument hätte – nennen wir es mal den Krönchen-Wechsel – würde einerseits der Schuldner seiner Verpflichtung zur Zahlung (zunächst mal) nachkommen können, der Gläubiger könnte über ein Wertpapier verfügen, welches entweder transferiert oder diskontiert wird, wobei die Deklarierung als Krönchen-Wechsel dieses Wertpapier als „eligible“ für eine spätere Erstattung durch öffentliche Ausgleichszahlungen definiert.

Die Vorteile durch eine derartige Konstruktion sind vielfältig: durch einen Krönchen-Wechsel bleibt der Schuldner verpflichtet, auch wenn durch die Deklaration als Krönchen-Wechsel vor einer Fälligkeit dieses Wechsels eine Prüfung zu erfolgen hat, ob dieser Wechsel für eine Erstattung durch die öffentliche Hand in Frage kommt. Es ist also eine Änderung erforderlich, nämlich in Abwandlung der Klausel „ohne Einrede der Vorausklage“ (ist bei einem Wechsel ohnehin selbstverständlich) müßte eine „Einrede der Krönchen-Prüfung“ hinzutreten, welche bewirkt, daß die Fälligstellung eines Wechsels von der Prüfung über dessen Erstattungsfähigkeit blockiert wird. Um das zu gewährleisten, kann man eine automatische Wechselprolongation vorsehen, die den Zweck hat, den Prüfungsaufwand für den Einzelfall nicht unter Zeitdruck leisten zu müssen. Für diesen Fall kann man den Wechselzins über das erste Fälligkeitsdatum hinaus verlängern, womit die Banken angeregt werden, den Wechsel im eigenen Portefeuille zu halten und nicht bei der Bundesbank zum Rediskont einzureichen.

Die Deklaration als Krönchen-Wechsel hat also die Funktion, fällige Zahlungen, die aufgrund des Geschäftsausfalls nicht geleistet werden können, liquide zu halten. Der Wechselschuldner wird auch nur dann, wenn die berechtigte Aussicht darauf besteht, daß eine Erstattung durch das Krönchen-Programm der öffentlichen Hand zu erwarten ist, einen derartigen Wechsel ausstellen, denn die Kosten des Wechsels sind hochgerechnet keine „quantité négligeable“, so daß eine mißbräuchliche Verwendung nicht wirklich attraktiv erscheint. Dagegen stehen schon die Konditionen, die das konventionelle Wechselgesetz vorsieht.

Fazit:
Der Krönchen-Wechsel

a) erlaubt die Erfüllung von Verpflichtungen, ohne daß es aktuell zu einer Belastung des Liquiditätstatus kommt

b) hält den Gläubiger liquide, indem er das Wertpapier weitergeben oder diskontieren kann

c) erlaubt der öffentlichen Verwaltung, eine sorgfältige und angemessene Prüfung der Anspruchsgrundlagen

d) erspart ganz nebenbei den Zentralbanken eine vergleichsweise undifferenzierte Strategie des wahllosen Aufkaufs von Schuldpapieren (auch wenn die Verwaltung der eingereichten Wechsel einen ziemlichen Arbeitsaufwand darstellen), weil durch den Krönchen-Wechsel die tatsächlichen (und nicht die vermuteten) Problemfälle sich als Wertpapier im Laufe der Zeit automatisch bei der Zentralbank sammeln und von dort an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden können.

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Wo ist die Kasse der Zentralbank?

Vielleicht sollte man mal ein paar grundsätzliche Dinge hinsichtlich der „Kasse“ bei Zentralbanken klarstellen. Die erste Unterscheidung, die man treffen muß ist die zwischen Finanzbuchhaltung und Bilanz. Eine Bilanz ist die Aufstellung von Aktiva und Passiva zu einem Zeitpunkt! Aus einer Bilanz werden dann per sog. Eröffnungsbuchungen die Anfangsbestände der Finanzbuchhaltung erzeugt. Weist also die Bilanz der SNB einen Vermögenswert „Internationale Zahlungsmittel“ 4.440,6 Mio. CHF (31.12.2018) auf, wird am 1.1.2019 in der Finanzbuchhaltung für diese Position genau dieser Zahlenwert als Startbestand eingetragen. Jede Änderung, die im Laufe des Jahres bezüglich dieser Position passiert, wird auf diesem Konto gebucht, bis am 31.12.2019 der Saldo dieses Kontos in die dann zu erstellende Bilanz eingetragen wird. So weit, so gut.

Dasselbe passiert auch mit der Position „Notenumlauf“ 82.238,8 Mio. CHF, so daß die Finanzbuchhaltung genau diesen Wert für den Notenumlauf als Anfangsbestand ausweist. Da der Notenumlauf ein sog. Passivkonto ist, wird die Eröffnungsbuchung im Haben vermerkt, denn Passivkonten erhöhen sich bei einer Buchung im Haben – rechts. (Aktivkonten erhöhen sich spiegelbildlich bei einer Buchung im Soll – links.)

Nun ist es so, daß die Finanzbuchhaltung auch durchaus Konten enthalten kann, die keinen Eingang in die Bilanz finden. Das ist dann der Fall, wenn der Abschlußsaldo eines Kontos den Betrag Null aufweist. Das heißt natürlich nicht, daß nicht auf diesem Konto erhebliche Umsätze stattgefunden haben können. Nun enthält jede Finanzbuchhaltung auch ein Konto „Kasse“, wobei – wie man leicht aus der Inspektion der SNB-Bilanz sehen kann – der Eröffnungsbestand dieses Kontos in der Finanzbuchhaltung „Null“ beträgt, denn in der Bilanz ist es ein Nullkonto und wird DESWEGEN nicht aufgeführt. (Das hat auch etwas mit der Funktion der Bilanz als Vermögensrechnung zu tun, wobei es sich erweist, daß für die Notenbank ein Bargeldbestand kein Vermögen darstellt und ein positiver Kassenbestand das Vermögen einer Zentralbank zu hoch ausweisen würde.)

Die Frage ist nun, wie jetzt Geld in die Kasse gelangt. Normale Unternehmen müssen etwas gegen Bargeld verkaufen, oder am Geldautomaten ihr Weisungsrecht gegenüber der Bank geltend machen und damit Bargeld anfordern. In beiden Fällen handelt es sich dabei um einen Aktivtausch – Ware gegen Bargeld oder eben Kontoguthaben gegen Bargeld.

Bei Zentralbanken kommt noch eine Möglichkeit dazu, wenn sie nämlich das ihnen exclusiv zugesprochene Recht nutzen, um Bargeld für den Umlauf vorzubereiten. (Art. 7 (1) WZG: „Die Nationalbank gibt nach den Bedürfnissen des Zahlungsverkehrs Banknoten aus.“) Dazu muß sie von den bei ihr im Keller liegenden frisch gedruckten Banknoten die gerade benötigte Menge herausholen, die dann durch eine Registrierungs- und Buchungsoperation zu gültigen (zum Zahlungsverkehr zugelassenen) Banknoten werden. Zum einen werden die Registriernummern der zu aktivierenden Banknoten in der Datenbank der in Umlauf befindlichen Banknoten gespeichert, zum anderen wird diese Aktivierung dieser Banknoten durch die Buchung


Kasse an Banknotenumlauf


in der Finanzbuchhaltung (und nicht in der Bilanz) dokumentiert. Wenn also die „Bedürfnisse des Zahlungsverkehrs“ in einer Anforderung von Banknoten durch eine Geschäftsbank bestehen, notiert die Zentralbank das ausgegebene Volumen als Notenumlauf, während die sich in der Kasse befindenden Banknoten kurz danach von einem Geldtransporter abgeholt und zu der anfordernden Bank verbracht werden. Die Abholung wird natürlich auch mit einer Buchung begleitet und zwar:


Giroverbindlichkeiten an Kasse


so daß bei der Zentralbank die Giroverbindlichkeiten abnehmen und der Kassenbestand wieder auf Null zurückspringt.

Hat eine Bank zuviel Bargeld angenommen kann sie dieses wieder zur Zentralbank zurückbringen und bekommt den eingelieferten Betrag gutgeschrieben:


Kasse an Giroverbindlichkeiten (aus Sicht der Zentralbank
– bei der Bank: Zentralbank-Guthaben an Kasse).


Da aber nun eine Zentralbank nicht weiß, was sie mit den in der Kasse herumliegenden Banknoten anfangen soll, kann sie diese wieder aus dem Umlauf entfernen, indem sie die Registriernummern aus der Datenbank löscht und mit der Neutralisierungsbuchung


Notenumlauf an Kasse


diesen Vorgang (erfolgsneutrale Bilanzverkürzung) in der Finanzbuchhaltung dokumentiert.

Genau diese Operation der Ausbuchung von etwa noch in der Kasse befindlichen Banknoten passiert auch dann, wenn die Finanzbuchhaltung zum Zweck der Bilanzerstellung abgeschlossen wird. Sollte also zum Kassenschluß noch Bargeld in der Kasse sein (was deswegen ausgerechnet kurz vor Jahresschluß der Fall ist, weil die Banken die aus den bar eingenommenen Weihnachtsumsätzen der Unternehmen angeschwollenen Kassenstände als Einzahlung bekommen und selber loswerden wollen), wird, bevor das Konto „Kasse“ abgeschlossen wird, wie oben noch eine Buchung eingefügt:


Notenumlauf an Kasse(nbestand)


womit der Kassenbestand zu Null wird, damit der Abschlußsaldo des Kassenkontos Null ist und auf eine Übernahme des Nullsaldos bzw. des Kontos „Kasse“ in die Bilanz verzichtet werden kann. Diese Ausbuchung nicht benötigter Kassenbestände ist übrigens nicht erfolgswirksam, weil hierbei lediglich zwei Bestandskonten verändert werden, was dann zu einer Bilanzverkürzung führt. Genausowenig wie eine Bilanzverlängerung aufgrund einer Aktivierungsbuchung von Bargeld zu einem Gewinn führt, führt eine Neutralisierungsbuchung, also die Verminderung des Notenumlaufs einhergehend mit einer Außerkraftsetzung der Gültigkeit der zu „vernichtenden“ Banknoten zu einem Verlust. Diese Operation steht im Einklang mit Art. 7 (2) WZG, wobei die Ausbuchung zur Bilanzerstellung vermutlich deswegen nicht so publik ist, weil nach Art. 29 NBG die SNB keine Geldflussrechnung (sic.) erstellen muß, in der solche Operationen dann aufgeführt werden müßten.

Das ist alles keine Hexerei, man muß nur links und rechts auseinanderhalten und vor allem nicht Bargeld auf der Passivseite einer Zentralbankbilanz suchen wollen. Wenn überhaupt befindet sich Bargeld als „Kasse“ in der Finanzbuchhaltung und dort auch auf der Seite, wo es hingehört – ins Soll nach… links! In der Bilanz einer Zentralbank dagegen hat das (eigene) Bargeld überhaupt nichts verloren – weder links noch rechts…

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Das Geldpuzzle

Daß ein excellenter Hinweis darauf, wie denn nun das moderne Geld entstanden ist, sang- und klanglos in den Tiefen der Bearbeitungshistorie eines Wikipedia-Eintrages verschwunden ist, ist nicht ganz ohne Kuriosität. Nun, nicht ganz verschwunden, denn immerhin kann man sich noch einige Zeit ansehen, welche Glanzleistung (keine Ironie) hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Geldes dort abgeliefert wurde. Dies findet sich zu allem Überfluß auch nicht unter dem Stichwort „Geld“, sondern unter dem Eintrag „Wechsel“. Dort kann man u.a. folgendes lesen:

„Durch Einführung des Blankoindossaments, das heißt Wegfall der Übertragung des Wechsels auf eine konkrete Person, also pauschale Übertragung der Rechte auf Bareinlösung am Fälligkeitstag auf die Person, die den Wechsel zu diesem Zeitpunkt vorlegt, wurde der Wechsel faktisch zu einem Inhaberpapier. Damit war ein anonymes Papiergeld entstanden, ein Schritt des Wechsels auf dem Weg zur Banknote. Ein weiterer Schritt war die Standardisierung der Wechsel. Banken stellten immer öfter pauschal Wechsel aus und verkauften diese an Kreditsuchende gegen Wechselgebühr. Parallel dazu übernahmen sie auch die Bareinlösung von Wechseln auch schon vor dem Fälligkeitstag, gegen Abzug einer Diskontgebühr. Diskont kommt von diskontieren (stückeln), da beim Diskontieren der unteilbare Wechselbetrag in kleine Zahlungseinheiten zerlegt wird. Mit Gründung der Bank von England im Jahr 1694 konnte diese Diskontierung nicht mehr nur in Münzen, sondern auch in Banknoten erfolgen, die ihrerseits in Münzen einlösbar waren und somit eine Zwischenform zwischen Wechsel (Kreditgeld) und Münze (Bargeld) darstellten. Banknoten sind faktisch standardisierte (auf einheitliche Beträge lautende) Sichtwechsel (d. h. fällig bei Vorlage in der Bank, also bei Sicht).“
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wechsel_(Urkunde)&direction=next&oldid=171241857#Die_Geschichte_des_Wechsels

Nicht verständlich bei dem Zitat ist die Behauptung, die Banken würden die Wechsel gegen Wechselgebühr verkaufen. Denn eine Gebühr ist (hier) ein Nutzungsentgelt und kein Verkaufspreis. Außerdem hatte auch in diesen Zeiten ein Wechsel einen Forderungsinhalt und begründete bei der Ausgabe eine Forderung gegen die Bank, so daß ein Verkauf gegen eine Gebühr für die Bank ein ganz schlechtes Geschäft wäre. Aber seis drum, das Wichtige an dieser Geschichte ist ja, daß ein Wechsel ein Wertpapier ist und als solches auf die Aktivseite gehört. Es liegt also durchaus nahe zu vermuten, daß der Wechsel ein Vorläufer der heutigen Banknote bzw. heutiger Zentralbanknoten ist, so daß die Emission von Geld moderner Prägung ebenso wie die Auflage eines Wertpapiers durch dessen Aktivierung als Vermögensgegenstand erfolgt.

Das Ganze beginnt mit einem Schuldverhältnis, wobei man einfach mal unterstellen kann, daß die Aufbewahrung von Wertgegenständen als Geschäft betrieben wurde und diese Schuldverhältnisse zu Beweiszwecken durch einen Schuldschein schriftlich niedergelegt wurden. Nun ist ein Schuldschein schlecht übertragbar, so daß es in dieser Konstellation im wesentlichen bei dem zweiseitigen Schuldverhältnis blieb. Das änderte sich, als auf einmal die Klausel eingefügt wurde, daß zur Herausgabe der hinterlegten Sache die Präsentation des Papiers, auf dem die herauszugebende Sache aufgeführt war, genügte. Diese Verpflichtungen, bei denen es nicht darauf ankam, wer den „Einlegeschein“ vorlegte sind unter der Bezeichnung Lagerschein bekannt, wobei sich Lagerscheine dadurch auszeichnen, daß nur der Besitz des Lagerscheines das Anrecht auf Aushändigung der gelagerten Sache durchsetzbar macht. Fachlich wird das durch die Formel: „Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier.“ ausgedrückt. Im Klartext: nur der Besitz des Papiers erlaubt den Zugriff auf das hinterlegte Gut! Bei dieser Geschichte handelt es sich damit um ein sog. Inhaberpapier, bei denen auch ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten möglich ist. Aber das nur nebenbei.

Die normale Version eines Lagerscheines läuft derart, daß zu Anfang bei der Ausstellung des Wertpapieres das bezeichnete Gut hinterlegt wird und somit von dem Besitzer des Wertpapiers jederzeit (zu Geschäftszeiten) herausgefordert werden konnte. Aufgrund der Abstraktion des Wertpapiers, den Gläubiger namentlich nicht bezeichnen zu müssen, konnten auch Lagerscheine schon zu Zahlungszwecken weitergereicht werden. Mit dem Wechsel entwickelte sich ein Zahlungsinstrument, welches die Koinzidenz von Ausstellung des Wertpapiers und Einlage des Wertgegenstandes auseinander dividierte. Um das zu verstehen, muß man sich mal mit dem Begriff der „Kreditleihe“ beschäftigen. Dabei ging es darum, daß eine Bank einen Wechsel auf sich selbst ausstellt (oder eine Tratte akzeptiert) und diesen an ihren Kunden überträgt, ganz so, als hätte sie den Wertgegenstand, zu dessen Herausgabe der Wechsel sie verpflichtet, bereits erhalten. Der Kunde kann diesen Wechsel dann erfüllungshalber an einen Gläubiger weiterreichen und sich so die Bonität der Bank für seine Käufe zunutze machen. Zu diesem Zeitpunkt mußte der Kunde lediglich die Kosten für die Ausstellung des Wechsels begleichen, die Hauptforderung wurde ihm bis zur Fälligkeit des Wechsels gestundet. (Der Lagerschein wird also insofern abgeändert, als der gegen den Lagerschein forderbare Wertgegenstand nicht wie üblich zu Beginn, sondern erst zum Ende der Laufzeit des Papiers vom Empfänger des Lagerscheines „eingelegt“ werden muß. Hier handelt es sich tatsächlich noch um „Einlagen“!) Es handelt sich also um einen Kredit der Bank an den Kunden, obwohl der Kunde kein gültiges Zahlungsmittel erhält, sondern die Forderung gegen die Bank aus dem Wechsel, die sich quasi für seine Zahlungsfähigkeit verbürgt. Damit die Bank den Wechsel ohne auf ihre eigenen Wertgegenstände bzw. Zahlungsmittel zurückgreifen zu müssen bezahlen konnte war der Kunde gemäß dem „Kreditleihevertrag“ dazu verpflichtet dafür zu sorgen, daß einen Tag vor Fälligkeit des Wechsels die Schuldsumme bei der Bank eingeht, so daß die Bank am nächsten Tag damit den präsentierten Wechsel an den Wechseleinreicher bezahlen konnte. Dies ist übrigens die Konstruktion, die begründet, warum auf den Banknoten teilweise bis heute die Formel „Der Aussteller zahlt dem Einlieferer den Betrag von xxx Werteinheiten.“ aufgedruckt ist, obwohl heutzutage diesem Versprechen nichts mehr entspricht.

Diese Konstruktion erwies sich offensichtlich als ziemlich erfolgreich, so daß die Banken dazu übergingen auch kleinere Denominationen in Form eines Solawechsels auszustellen, wobei ein Solawechsel ein auf sich selbst gezogener Wechsel ist, ohne daß dabei ein Gläubiger eingetragen wird. Hinzu kam, daß die Rechtsprechung das (Nicht-)Instrument des Blankoindossaments ermöglichte, so daß diese Papiere durch einfache Einigung und Übergabe übertragbar wurden. Ein Solawechsel muß, solange er nicht weitergegeben worden ist, als eine Forderung gegen sich selbst aufgefaßt werden. Das bedeutet nichts anderes, als daß Aktiv- und Passivseite in gleicher Weise verlängert werden, weil der Forderung an sich selbst die Verbindlichkeit an sich selbst gegenübersteht. Daß das nicht nur eine Übung in Buchhaltungsfinessen darstellt, sondern als Vorläufer der heutigen Bargeldemission angesehen werden muß, wird dann ersichtlich, wenn diese Wechsel zur Kreditleihe weitergegeben werden und nun außerhalb der Bank eine Vielzahl von Wertpapieren kursiert, aus denen sie bei Vorlage zur Zahlung verpflichtet ist. Diese Zahlung muß durch das in dem Wechsel festgelegte Zahlungsmittel geleistet werden, d.h. daß z.B. 2 Goldmünzen bei Einreichung des Wechsels zu zahlen waren. Der Zahlungsausgleichstandard war also nicht der Wechsel, sondern ein Warengeld, welches das ultimative Schuldentilgungsmittel darstellte.

Dennoch kann man dies als die Geburtstunde der heutigen Banknote ansehen, auch wenn immer noch die Einlösung in eine andere Sache Grundbedingung der Emission war. Es ist nicht wirklich überliefert, wie es passiert ist, aber irgendein Bankier muß die Idee gehabt haben, daß man das Schuldverhältnis auch auf eine höhere Stufe heben kann, indem man die Schuldurkunde (die ja auf Gold oder Silber lautete) selbst zum Schuldgegenstand definierte. Möglich wurde dies, weil ein Wechsel als abstraktes Schuldversprechen bzw. als verbriefte Forderung rein rechtlich gesehen eine Sache ist, die grundsätzlich übertragbar ist, womit der Standard-Sola-blankoindossamentierbare Wechsel als Zahlungsmittel verwendet werden konnte. Somit war das Prinzip des Banknotenkredits erfunden, bei dem sich der Schuldner verpflichtete, entweder die Banknote selbst oder den verbrieften Gegenwert bei Fälligkeit zurückzuerstatten. (Möglicherweise entstand diese Entwicklung auch nur zufällig deshalb, weil ein Schuldner zum Fälligkeitstermin nicht das vereinbarte Zahlungsmittel zur Verfügung hatte, aber dafür eine ausreichende Menge an Wechselforderungen gegen die Bank, die dann in einem Akt der Aufrechnung zur Begleichung der ausstehenden Wechselsumme führte.) Durch die Übergabe gleichhoher Wechselforderungen erspart man sich auch noch das Hantieren mit dem eigentlichen Schuldgegenstand, mal abgesehen davon, daß die Verbringung, Lagerung und Echtheitsprüfung von Gold einen erheblichen Aufwand darstellen, den man sich damit schlichtweg sparen konnte. Begünstigt wird diese Verfahrensweise durch die kleine Stückelung, sowie die einfache Art der Übertragung, so daß es auf einmal unwesentlich wurde, welches der emittierten Schulddokumente bei Fälligkeit eingereicht wurde – fortan wurde die Banknote – wie man so sagt – „vertretbar“, was soviel heißt, wie jede Schuldurkunde kann jede Schuldurkunde ersetzen.

Wenn man so will handelt es sich hierbei um eine Schuldhierarchie oder Schuldverschachtelung- einmal die (Basis-)Schuld, die Übergabe der Banknote gegen Gold, zum anderen die (Meta-)Schuld, bei Fälligkeit die Rückübertragung der Schuldurkunde „Wechsel-Banknote“ zu gewährleisten – wobei für die Funktionsfähigkeit der übergeordneten Schuld (die Wechsel-Banknotenschuld) die Existenz der „Basisschuld“ (Banknote gegen Gold) entbehrlich geworden ist. Für die Bank ist es letztlich sogar angenehmer, wenn der Schuldner zur Begleichung seiner Verbindlichkeit das Forderungspapier gegen die Bank präsentiert, so daß schon seinerzeit die Tendenz, die Verwendung des eigentlichen Zahlungsmittels zurückzudrängen, ausgesprochen deutlich zum Vorschein kam.

Die Kleinststückelung der Solawechsel machte es in praktischer Hinsicht auf einmal möglich diese Banknoten zur Lohnzahlung zu verwenden, was eine Verschuldung der Unternehmen in einem Standard impliziert, die sie nur dadurch auffangen können, indem sie reale Güter und Dienstleistungen gegen eben diese Wertpapiere auf dem „Markt“ anbieten, wo diese Wertpapiere als „Konsumausgaben“ erhältlich sind. Das was also in der Perspektive des Geldverwenders, des Konsumenten, als „Wert“ des Geldes erscheint ist in Wahrheit nichts anderes, als die Notwendigkeit der Schuldentilgung – eine nüchterne Kategorie, die aber den Vorteil hat, arbeitsteilige Prozesse in einem bislang ungekanntem Maßstab möglich zu machen.

Diese Geschichte spielte sich bislang noch auf der Ebene der Banken ab, womit sich die etymologische Herkunft des Begriffs „Banknote“ erklären läßt. Die sich dadurch ergebenden Entwicklungen hatten jedoch ihre eigenen Probleme geschaffen, die daraus bestanden, daß es eine Vielzahl von „Banknoten“ gab, die zwar alle auf demselben Standard – Gold – aufbauten, bei denen die Frage der Zahlungsfähigkeit der Bank in dem „Basisstandard“ jedoch jeweils individuell herausgefunden werden mußte. Das lag daran, daß die Emission von Wechsel-Banknoten auf einmal das sog. „Teilreservesystem“ erzeugte, weil gemessen an dem Volumen der emittierten Banknoten das zugrundeliegende „Basisgut“ nicht zur Bedienung aller emittierten Wechsel-Banknoten ausgereicht hätte. Das ist auch solange kein Problem, wie es keine Wirtschaftskrise gibt, in der typischerweise die von den Banken vergebenen Kredite notleidend werden und sie von den Schuldnern weder die emittierten Banknoten noch das zugrundeliegende „Basisgut“ in ausreichendem Maße zurückerhalten. Während also sonst die Banknoten der Banken untereinander mehr oder weniger 1:1 getauscht wurden, entsteht nun eine Art „Sortenmarkt“, in dem nur spekuliert werden kann, welche Bank noch zahlungsfähig ist und welche nicht. Um diese Verwundbarkeit durch einen in solchen Situationen stets drohenden „bank run“ in den Griff zu bekommen, wurde es attraktiv das Risiko der Zahlungsunfähigkeit zu poolen, was dann postwendend zur Einrichtung einer Zentralbank führte, welcher dann auch die Aufgabe übertragen wurde, einen Standard für die bisher individuell von den Banken emittierten Banknoten zu gestalten. (So gesehen ist eine Zentralbank eine Ausrede der Banken, die sich mit den Folgen ihrer eigenen Disziplinlosigkeit nicht konfrontieren wollen.)

Nun führt das Pooling von Risiken vielleicht dazu, daß man punktuelle Ereignisse, wie die (temporäre) Zahlungsunfähigkeit einer einzelnen Bank, mit einem vertretbaren Aufwand auffangen kann. Nur wird dadurch, daß man nun eine globale Instanz hat, welche die Einhaltung der Teilreserveregelungen überwachen soll, das damit verbundene Risiko nicht zum Verschwinden gebracht, sondern nur auf eine Superebene verlagert. Wie man aus der Geschichte weiß, sind auch hier die Risiken nicht vollständig zu bewältigen gewesen, was sich an den diversen Zusammenbrüchen von Zentralbanken, oder auch den diversen Suspendierungen der Goldeinlösepflicht, ablesen läßt. Denn es ist ziemlich egal, ob nun die einzelnen Banken oder die übergeordnete Zentralbank die Teilreserveregelungen einzuhalten hat, denn ein Teilreservesystem ist gegenüber Krisen immer anfällig. Eine einzelne Bank, die sich mit ihrer Banknotenausgabe überexponiert hat, kann durch die (Gold-)“Reserven“ der Zentralbank noch aufgefangen werden, wenn es sich dabei um eine Zentralbank handelt, welche die Goldanforderungen in einer Krise nicht bedienen kann, ist das ganze Risikopooling für die Katz. Bei dem Zusammenbruch einer einzelnen Bank geht es nur um handhabbare Größenordnungen, wird das gesamte Bankensystem in Mitleidenschaft gezogen, ist auch eine Zentralbank schnell überfordert. Das Verschieben von Risiko hat halt nur einen Verschiebe- aber keinen Risikoneutralisierungseffekt.

Offenbar ist der doppelte Teilreservestandard – von Banken einerseits und der Zentralbank andererseits – nicht geeignet, um die Stabilität des Finanzsystems ausreichend sichern zu können, denn auch eine Zentralbank kann das „Basisgut“, auf das die nunmehr „Zentralbanknoten“ lauten, nicht autonom erschaffen. Die Lösung für dieses Problem lag dann auch darin, die Goldeinlösepflicht für die Zentralbanknoten häppchenweise schlichtweg abzuschaffen, so daß nur noch die Banken die Probleme des Teilreservestandards bewältigen müssen. (Interessanterweise bezieht sich die Einhaltung des Teilreservestandards irgendwann nicht mehr auf das der Einlösung früher zugrundeliegende Zahlungsmittel Gold, sondern auf den gemeinsamen Zahlungsmittelstandard „Zentralbanknote“.) Daß die Abschaffung der Goldeinlösepflicht nicht aus einer rationalen Entscheidung entstand, sondern aus der schnöden Notlage, eine Bankrotterklärung der FED und damit des US-Staates abzuwenden, entbehrt nicht einer gewissen Komik, weil es sich hier zeigt, daß Entwicklungssprünge doch häufiger durch Zufälligkeiten entstehen, als durch menschliche Mehr-oder-weniger-Genialität. (Daß im Zuge dieser weggeschwafelten Bankrotterklärung die US-Politik daran ging, die Dollarnachfrage dadurch zu stabilisieren, indem sie die Dollarverwendung für die Abrechnung von Erdöllieferungen festklopften, steht auf einem anderen Blatt.)

Wenn man so will, besteht derzeit ein Finanzsystem, bei dem nur noch die Banken unter dem Regime eines Teilreservesystems operieren müssen, während die Zentralbank das Recht zur Emission der Reserven ausübt und darüberhinaus nicht mehr unter dem Druck steht, die emittierten Zentralbanknoten in einem externen Standard einlösen zu müssen. Im Gegenteil: die Zentralbank erschafft genau das Zahlungsmittel, welches den Standard für die Tilgung von Schuldverhältnissen darstellt. Diese „Schöpfung“ erfolgt auf dieselbe Art und Weise, wie früher die Kreditwechsel zur Kreditleihe erschaffen wurden: das nunmehr von der Goldeinlösepflicht befreite Geld wird statt durch die Buchung
Standardisierte Solawechsel an Solawechselumlauf
nunmehr in der Form
Kasse an (Zentral-)Banknotenumlauf
erzeugt, womit der Zahlungsmittelstandard (Bar-)Geld seine Spuren zur einstigen Kreditleihe zunehmend verwischt.

Die Entwicklung vom Warentauschmittel zum Geld beginnt mit einer juristischen Initialzündung, nämlich als die Verbriefung einer Goldeinlieferung den (eigentlich persönlichen) Lagerschein zu einer handelbaren Sache macht – weswegen Banknoten auch niemals Schuldscheine gewesen sind, u.a. weil das Verfahren zur Übertragung der von den Schuldscheinen dokumentierten Schuldverhältnisse – die Zession – viel zu umständlich ist. Die Weiterentwicklung des Lagerscheins zum (Kredit-)Wechsel, dessen standardisierte Kleinststückelung als Solawechsel, das Blankoindossament und schließlich die zentrale Emission durch eine Zentralbank macht auf einmal ein Finanzsystem unabhängig vom zugrundeliegenden Basisgut, wobei die Stabilität dieser Konstruktion erst dann vollständig gesichert ist, wenn die Zentralbanknote als „gesetzliches Zahlungsmittel“ kodifiziert ist und nicht mehr einer Umtauschverpflichtung in ein anderes Gut unterliegt. (Das ist dann auch der eigentliche Sinn der „Gesetzlichkeit“: dem Empfänger eine Einlösung dieses Zahlungsmittels in z.B. Gold verweigern zu können – das ist so wie Brücken hinter sich abbrechen.)

So entsteht Geld – erst als Kommunikationsinstrument über ein Warengeld, dann als Kommunikation über das Kommunikationsinstrument, wobei die Meta-Kommunikation der heutige (Geld-)Kredit ist!

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Bargeldloser Zahlungsverkehr? Echt?

Es beginnt wieder mal mit einem Blogposting auf Inside Paradeplatz an den dortigen Kommentator Roman Günter:

@Roman Günter

„Notenbankgeld ist Zahlungsmittel, für jeden, der über solches verfügt. Banknoten werden als Inhaberpapier direkt physisch übertragen. Girokontoguthaben werden per Auftrag an die Nationalbank übertragen…“

Zunächst einmal vielen Dank dafür, daß Sie darauf hinweisen, daß Notenbankgeld keine einheitliche Menge ist, sondern aus unterschiedlichen Dingen besteht.

Banknoten werden durch Einigung und Übergabe transferiert und sind damit den Inhaberpapieren gleichgestellt!, sind selbst aber keine Inhaberpapiere. Ein Inhaberpapier muß einen Forderungsinhalt haben und dieser existiert bei Bargeld nicht. Bargeld hat nur eine Funktion, nämlich daß dessen Übertragung fähig ist, eine Geldschuld zu tilgen. (Deswegen ist der „Wert“ von Geld auch nur eine emotional-intrinsische Attribuierung, die geldtheoretisch sofort auf eine falsche Fährte führt…)

Auf eine falsche Fährte wird man auch dann geführt, wenn es um das Verfahren der Überweisung geht, denn wie Sie schreiben, sollen ja „Girokontenguthaben … per Auftrag an die Nationalbank übertragen…“ werden können. Sie suggerieren dabei, daß es die Giroguthaben sind, die übertragen werden, so als wären diese eine übertragbare Sache. Aber das stimmt nicht, denn Giroguthaben sind Teil eines Schuldverhältnisses im Rahmen eines Zahlungsdienstleisterarrangements (auch bekannt unter Girovertrag) und als solche an die beteiligten Vertragsparteien gebunden. Man kann aber mit diesen Guthaben die Bank (SNB) veranlassen (anweisen im Sinne von befehlen) einen Geldtransfer durchzuführen.

Und das geschieht so:

Die Bank bucht wie bei einer normalen Auszahlung:
Giroguthaben UBS an Kasse
Giroguthaben im Soll, was bei Passivkonten eine Abnahme bedeutet und
Kasse im Haben, was bei Aktivkonten eine Abnahme bedeutet.
D.h. es handelt sich hierbei um eine simple Bilanzverkürzung, genau wie bei einer Auszahlung am Geldautomaten.

Dann folgt die „Überweisungsbuchung“:
Kasse an Giroguthaben CS
Kasse im Soll, was bei einem Aktivkonto einen Zugang bedeutet und
Giroguthaben im Haben, was bei Passivkonten einen Zugang bedeutet.
D.h. es handelt sich hierbei um eine simple Bilanzverlängerung, genau wie bei einer Einzahlung auf der Bank.

Heißt: der eigentliche Geldtransfer besteht aus einer buchungsmäßigen Auszahlung sowie einer gleichhohen Einzahlung, wobei das Guthaben des Zahlungspflichtigen in diesem Umfang gestrichen wird und damit untergeht, während es im gleichen Moment bei dem Zahlungseingangsberechtigten in demselben Umfang neu entsteht und sein Kontostand sich damit erhöht. Den Untergang von Guthaben einerseits und die Neuentstehung von Guthaben andererseits als eine „Übertragung … von Guthaben“ zu bezeichnen unterschlägt somit, daß die eigentliche Zahlungsabwicklung sich wie es sich gehört auf der Aktivseite abspielt, obwohl es nach Saldierung so aussieht, als hätte sich auf der Aktivseite nichts getan.

Und selbst Herr Meyer bestätigt ja, daß ein Zahlungsmittel nur ein Aktivum sein kann…

Ende des Postings von Inside Paradeplatz

Das ganze Durcheinander hinsichtlich der Frage, wie der elektronische Zahlungsverkehr genau erfolgt wird durch Formulierungen, wie durch den Art. 2 im Schweizer WZG erst richtig befördert:

Als gesetzliche Zahlungsmittel gelten:

a. die vom Bund ausgegebenen Münzen;

b. die von der Schweizerischen Nationalbank ausgegebenen Banknoten;

c. auf Franken lautende Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank.

https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19994336/index.html

Daß Banknoten Zahlungsmittel sind ist ja unstittig, denn die stehen ja auch auf der „richtigen“ Seite der Bilanz: auf der Aktivseite. Das gilt mit einer Einschränkung auch für die SNB, denn auch die SNB-Buchhaltung verfügt über ein Konto „Kasse“, welches zwischen den Bilanzzeitpunkten auch fleißig bebucht wird, zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung jedoch auf Null bereinigt wird (Notenumlauf an Kasse), weil ein positiver Kassenbestand bei der SNB die Vermögenslage zu groß ausweisen würde (netto spielt das natürlich keine Rolle). Um diesen Effekt bei der Erstellung der Bilanz herauszurechnen wird am Jahresende das Konto Kasse auf Null gesetzt, so daß es in der Jahresbilanz nicht auftaucht. Man sollte daraus nicht den Schluß ziehen, bei der SNB (wie bei jeder anderen Zentralbank auch) gäbe es keine Kasse – und ob es die gibt!

Nun rechnet das WZG die Giroguthaben der Banken (bei der SNB) zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln und meint damit die Aktiveinträge „Forderungen gegen die SNB“, die sich bei den Banken befinden. Das hat nur ein Problem, denn diese Aktiveinträge sind lediglich eine Referenz, denn sie beziehen sich auf die Passiveinträge bei der SNB und diese stehen hinsichtlich einer Zahlungsmitteleigenschaft schlichtweg auf der falschen Bilanzseite. Die Auflösung dieses Widerspruchs liegt darin, zu erkennen, daß die Forderungen gegen die SNB in Wahrheit Dispositions- oder Weisungsrechte sind, womit die Banken die SNB veranlassen können zu ihren Gunsten entweder Bargeld auszuzahlen, oder einen Transfer von Bargeld vorzunehmen, dessen Funktionsweise sich in dem oben zitierten Posting nachlesen läßt.

Das heißt: es handelt sich bei einer Überweisung der UBS zur CS, welche durch die SNB abgewickelt wird, um eine Operation des papierlosen Bargeldverkehrs und nicht um den sagenumwobenen bargeldlosen Zahlungsverkehr. Das stimmt dann nämlich auch mit dem Grundsatz, daß nur ein Aktivum ein Zahlungsmittel sein kann überein, heißt aber auch, daß die SNB für die Durchführung einer Überweisung keine anderen Vermögenswerte braucht, als ihre eigenen (virtuellen) Banknoten. Letztere könnte eine Zentralbank in jedem beliebigen Umfang in ihrer Kasse aktivieren – deswegen ist es ja eine Zentralbank – ohne auf andere Vermögenswerte angewiesen zu sein. Ich vermute mal, daß die SNB es sogar vermeiden wird auch nur eine Millisekunde mit einem negativen Kassenbestand zu operieren, so daß für die Abwicklung derartiger Kassenzahlungen eine Ausgleichsbuchung eingefügt wird, die den Kassenbestand auf die erforderliche Auszahlungshöhe bringt, damit die virtuelle Auszahlung erfolgt und der entsprechende Betrag, nach der virtuellen Einzahlung wieder gegen den virtuellen Notenumlauf neutralisiert wird. (Oder man deklariert ein Kassenkonto als Transitkonto, wo sich niemand wundert, daß es für eine Millisekunde ins Minus rutscht…) Auf jeden Fall wird – auch bei Zentralbanken – die Zahlung auf der Aktivseite vollzogen, so daß eine Formulierung, welche die Passiveinträge „Guthaben“ zu Zahlungsmitteln erklären will, aus logischen Gründen zum Scheitern verurteilt ist.

Dieser Befund, daß es sich beim Überweisungsverkehr im Grundsatz um einen papierlosen Bargeldverkehr handelt ist natürlich nicht auf die SNB beschränkt, auch wenn hierbei das zentrale Mißverständnis, irgendeine lustige „Zirkulation von Einlagen“ als Zahlungsverkehr zu stilisieren, im Art. 2 des WZG besonders schön zum Ausdruck kommt. Auch wenn sich Zentralbanken viel darauf zugute halten den Zahlungsverkehr elektronisch abzuwickeln: es geht kein Weg daran vorbei zu registrieren, daß nach dem ganzen „clearing“, welches im Wesentlichen nur die Redundanzen des Zahlungsverkehrs beseitigt, das „settlement“ in letzter Konsequenz stets über das Kassenkonto der Zentralbank abgewickelt wird. Dafür, daß diese Operation papierlos erfolgen kann ist die zentrale Eigenschaft einer Zentralbank, nämlich jede Verbindlichkeit, die auf den Standard lautet, welchen sie selbst emittieren kann, in jeder beliebigen Höhe in Bargeld auszahlen zu können, verantwortlich. Genau aus diesem und nur aus diesem Grund ist es legitim, die Bargeldauszahlung und -einzahlung durch einen virtuellen Prozeß zu substituieren. (Im Umkehrschluß heißt das natürlich auch, daß bei einer Abschaffung des Bargeldes eine Zentralbank automatisch zahlungsunfähig wird! Eine simple Erkenntnis, die allerdings in manche Köpfe nicht reingeht…)

Bleibt eigentlich nur noch die Frage übrig, warum es angemessen ist, die Buchungen auf dem Kassenkonto einer Zentralbank als Bargeldverkehr zu bestimmen. Denn das, was Bargeld ist, wird ja in diesem Zusammenhang nicht wirklich bewegt oder transferiert. Im Grunde genommen hängt das damit zusammen, daß auf einem Kassenkonto definitionsgemäß Bargeldein- und -auszahlungen gebucht werden und der Saldo den Kassenbestand angibt. Nun ist es ja so, daß bei derartigen Buchungstransaktionen von vornherein feststeht, daß der Saldo der vorzunehmenden Transaktionen gleich Null ist und somit der Kassenbestand nach Abschluß aller Buchungen genauso hoch ist wie vorher, die Zentralbank als Zahlungsdienstleister also keine Kassendifferenz buchen muß und damit von vornherein eine physische Bewegung von Banknoten entbehrlich wird. Die Rechtskonstruktion, welche das ermöglicht, daß dadurch die korrespondierenden Forderungen/ Verbindlichkeiten als ausgegelichen angesehen werden können, setzt voraus, daß es sich hierbei um gleichartige, miteinander verbundene Operationen handelt, welche dann analog zu dem Prinzip der Aufrechnung behandelt werden können. Bei Aufrechnungen ist es so, daß die betreffenden Forderungen tatsächlich als bezahlt gelten, es sich also – im Unterschied zur Leistung an Erfüllung statt – hierbei um einen Zahlungsvorgang handelt, bei dem man sich lediglich erspart, dieselbe Geldsumme hin- und herzutransferieren. Genau das wird durch die papierlose Bargeldbuchung abgebildet, so daß es sich hierbei nicht um eine fiktive, sondern um eine tatsächliche wenngleich virtuelle Zahlungsoperation handelt.

Fazit: man mag es ein wenig als gekünstelt ansehen, daß die SNB als Zahlungsdienstleister der UBS und die SNB als Zahlungsdienstleister der CS quasi sich selbst gegenübersteht und die Verpflichtung zur Auszahlung und die Forderung der Einzahlung mit sich selbst verrechnet – und dadurch zahlt. Das mag auf den ersten Blick recht umständlich aussehen, gewährt aber dann, wenn man sich klar macht, daß genau hier die Wurzel des modernen Zahlungsverkehrs liegt, einen Einblick in die Operationsstruktur des gegenwärtigen Zahlungssystems. Das ist der Vorteil, wenn man sich analytisch und nicht mythisch den Basisprozessen des Zahlungsverkehrs nähert, wobei letzten Endes klar wird, daß auch im Zentralbankwesen hauptsächlich mit Wasser gekocht wird…

Ein Kommentar

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Wer hat´s erfunden…?

Wie sich Gedanken und Ideen entwickeln ist vermutlich nicht wirklich prognostizierbar, was man jedoch auf jeden Fall vermeiden sollte ist, Gedanken, die man für verspinnert hält, von vornherein als Unfug abzutun. Manchmal ist ein unsichtbarer Aspekt dabei, der erst auf den zweiten oder dritten Blick seine Bedeutung erlangt.

Regelmäßige Leser von Inside Paradeplatz werden wissen, daß dort Marc Meyer von Zeit zu Zeit eine Kolumne veröffentlicht, in der er die Politik der SNB kritisiert. Dabei werden auch gelegentlich theoretische Vorbehalte geäußert, die sich mit der Frage der Zahlungsfähigkeit der SNB beschäftigen. Anläßlich einer derartigen Diskussion (die manchmal auch in ein zänkisches Hin und Her ausartet) habe ich folgenden Beitrag zur Sache beigesteuert:

Unsere Nationalbank befeuert Dax und Wallstreet statt SMI

„Also Herr Meyer,

wenn Sie schreiben:

„Wenn die SNB dem Konto der UBS „gutschreibt“ so bedeutet das nicht, dass die SNB ihre Schuld gegenüber der UBS begleicht, sondern, dass sie im Gegenteil eine Schuld eingeht.

Die Behauptung, eine Gutschrift bedeute eine Begleichung der Schuld, ist ein Fundamentalirrtum, den SNB-Chef Jordan begeht und den auch Sie, Herr Müller, begehen.“

dann gibt es ja immerhin einen Aspekt darin, der es wert ist, beleuchtet zu werden. Das betrifft nämlich die Geschichte, daß bei einem Kaufvertrag die Gegenleistung nicht erbracht ist, wenn es sich dabei lediglich um ein Versprechen handelt, diese Gegenleistung (irgendwann) mal zu erbringen. Nun wird ja allenthalben die Gutschrift auf einem Konto als „Zahlung“ angesehen, obwohl es sich dabei ja wie gesagt lediglich um ein Versprechen handelt. Dennoch existiert eine Wirkung dieser Gutschrift, nämlich daß sie es vermag die Forderung aus einem Kaufvertrag zu begleichen, wenn diese Forderung darin besteht, daß der Leistungsempfänger einen Zuwachs seiner Dispositionsrechte gegenüber seiner Bank, genannt Gutschrift, erhalten will. Denn die Sache ist ja die, daß die Klausel: „Zahlen Sie auf Konto…“ im Grunde genommen eine Unmöglichkeit darstellt, weil man AUF ein Konto nicht zahlen kann, denn Zahlung bedeutet exakt die Übertragung des Schuldgegenstandes, was wie Sie ja auch gelegentlich anmerken, immer nur ein Aktivum sein kann. Dennoch ist die Rechtswirkung einer Kontogutschrift die, daß dadurch der Kaufvertrag endgültig finalisiert wird und keine Einwendungen aufgrund von Zahlungsstörungen erhoben werden können – die Forderung gilt als bezahlt, auch wenn der Forderungsberechtigte kein Geld erhalten hat!

Dies gilt auch im Fall der SNB, weil diese eine Rechnung durch eine Gutschrift begleichen kann, ohne daß im Moment der Gutschrift eine Zahlung erfolgen würde. Insofern bleibt die SNB immer noch verpflichtet, jedoch nicht mehr aufgrund von Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung, sondern aufgrund einer Schuldzusage im Rahmen eines Zahlungsdienstleister-Arrangements. Heißt: die SNB hat mit der Gutschrift ihre Verpflichtung aus dem Kaufvertrag erfüllt, wobei die tatsächliche Zahlung letzten Endes noch aussteht.

Und an diesem Punkt wird es dann komisch, weil im WZGesetz steht, daß Sichtguthaben bei der SNB als gesetzliche Zahlungsmittel gelten. Sie weisen ja auch gelegentlich darauf hin, daß ein Zahlungsmittel nur ein Aktivum sein kann, so daß man eine Gutschrift nicht als Zahlung ansehen kann, weil halt eine Zahlung die Übertragung des vereinbarten Schuldgegenstandes ist. Man kommt nicht umhin die Passage:
„Auf Franken lautende Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank müssen von jeder Person, die dort über ein Konto verfügt, unbeschränkt an Zahlung genommen werden.“
dahingehend zu interpretieren, daß da eigentlich stehen müßte:
Auf Franken lautende Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank müssen von jeder Person, die dort über ein Konto verfügt, unbeschränkt anSTELLE EINER Zahlung genommen werden.
Durch eine derartige Formulierung würde klar, daß es sich bei einer Gutschrift nie und nimmer um eine Zahlung handeln kann, weil man damit die Absicht etwas zu tun (Zahlungsversprechen) mit deren tatsächlichen Durchführung (Zahlung) völlig unbedarft in einen Topf rührt.

Wenn man sich so umsieht stellt man fest, daß ausgerechnet diese Passage von den meisten Leuten völlig unvoreingenommen als wahr und richtig angesehen wird, obwohl dort eine kategorielle Verwechslung geschieht, es sei denn, die Klausel „…an Zahlung…“ soll bedeuten: „…anstelle einer Zahlung…“. Sollte von den Gesetzgebern letzteres gemeint sein, wäre das WZG wieder korrekt, jedoch in gröblichster Weise mißverständlich formuliert, wobei man sich fragen kann, warum eine derartige Verklausulierung gewählt wurde. Stellt man die Geschichte jetzt vom Kopf auf die Füße gelangt man zu der Schlußfolgerung, daß eine Gutschrift, selbst der SNB, KEINE Zahlung ist, so daß auch die Setzung aus Art. 2 Ziff. c, daß Sichtguthaben bei der SNB gesetzliche Zahlungsmittel seien, als unrichtig zu bezeichnen ist. Mit einem Passivum kann man halt nun mal nicht zahlen, ob das nun im Gesetz steht oder nicht ist völlig belanglos!

Für dieses Durcheinander kann aber die SNB (direkt) nichts, so daß es müßig ist die SNB für Dinge verantwortlich zu machen, die sie nicht ursächlich mitfabriziert hat. Vielleicht verlegen Sie sich besser darauf, das WZG ins Kreuzfeuer zu nehmen, damit treffen Sie dann tatsächlich einen wunden Punkt.“

Ende Blockbeitrag „Inside Paradeplatz“……

Nun soll es an dieser Stelle nicht um die Kuriositäten gehen, die sich in der Schweizer Geldverfassung finden, sondern um die Bedeutung des Umstandes, daß das, was gemeinhin oberflächlich als „Zahlung“ bezeichnet wird, mit dem, was eine Zahlung tatsächlich ist, nichts (ja: nichts!) mehr zu tun hat, weil sich der Wirtschaftsverkehr schon seit langem auf einen anderen modus operandi geeinigt hat, dessen Existenz von den Methusalem-Professoren immer noch strikt geleugnet wird. Um das zu verstehen, muß man noch ein wenig in den Feinheiten dessen herumwühlen, was immer so schön als „Zahlungsverkehr“ oder virtueller Zahlungsausgleich präsentiert wird.

Denn:
Bei der ganzen Geschichte muß man die in dem Kommentar angesprochene Kleinigkeit beachten, wo es um die Frage geht, wann ein Kontrakt erfüllt ist bzw. welche Konsequenzen sich aus dem Umstand ergeben, daß die „Gegenleistung“, die üblicherweise eine „Geldleistung“ sein soll, durch eine Gutschrift ersetzt wird. In der Literatur wird dieser Problemkreis unter der Überschrift „Leistung an Erfüllung statt“ diskutiert, obwohl wie hier bereits argumentiert wurde, durch die Klausel „Zahlen Sie auf Konto…“ eine Geldzahlung von dem Anspruchsteller überhaupt nicht erwartet wird und gewissermaßen durch die Verwendung dieser Formulierung ausdrücklich ausgeschlossen wird.

Das was erwartet wird ist ein Zuwachs an Dispositionsrechten gegenüber dem kontoführenden Zahlungsdienstleister, wodurch die Forderung aus einem z.B. Kaufvertrag endgültig erlischt – denn das ist ja genau die Absicht der (fehlerbehafteten) Formel „Zahlen Sie auf Konto…“. Das hat ganz interessante Folgen in dem Fall, wenn Zahlungsverpflichteter und Gutschrifterteilender die gleiche juristische Person (wie z.B. die SNB) sind. Nehmen wir mal den einfachsten Fall und unterstellen, die Zentralbank würde ein Kilogramm Gold von einer Bank, die bei ihr ein Konto besitzt, kaufen. Zunächst ist die Sachlage ja so, daß die Geschäftsbank zur Lieferung von 1 Kilogramm Gold verpflichtet ist, während die Zentralbank zur Lieferung des Kaufpreises in Geld verpflichtet ist. Es handelt sich hierbei um zwei Übertragungsverpflichtungen, wobei es sich hierbei um Lieferverpflichtungen oder besser gesagt um Bringschulden handelt. Bringschulden zeichnen sich im wesentlichen dadurch aus, daß der Verpflichtete dafür Sorge trägt, daß die versprochene Leistung auch zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt zum Empfänger gelangt. Die Leistung – die Goldlieferung – muß von der Geschäftsbank veranlaßt werden und eigentlich müßte die Zentralbank auch dahingehend aktiv werden, daß der Geldbetrag in bar zu dem Verkäufer gelangt. Das wäre tatsächlich eine Zahlung!

Nun besitzt ja die Geschäftsbank ein Konto bei der Zentralbank und beide Vertragsparteien kommen darüber überein, daß nicht die Begleichung des Kaufpreises an den Anspruchsberechtigten, sondern eine Gutschrift der Zentralbank auf dem Konto der Geschäftsbank erfolgen soll. Genau diese Vereinbarung hat die rechtstechnische Folge, daß der Kaufvertrag über das eine Kilogramm Gold als von beiden Seiten erfüllt angesehen wird und damit eine rechtliche Finalisierungswirkung eintritt, die es verhindert, daß der Verkäufer irgendwelche Einwendungen wegen Zahlungsstörungen geltend machen kann. Der Kaufvertrag ist erfüllt, die Geschäftsbank hat das Gold geliefert und die Zentralbank hat die – vereinbarte – Gutschrift erteilt.

Die Erteilung einer Gutschrift hat aber nun eine interessante Rechtswirkung, weil die eigentliche Gegenleistung, welche aus einer Übertragung des gesetzlichen Zahlungsmittels besteht (direkt gesagt: die Übergabe der entsprechenden Summen Bargeldes) und die ja von dem Verkäufer zugunsten einer Gutschrift auf seinem Konto umgewandelt wurde, ja letzten Endes noch nicht erbracht worden ist, denn eine Gutschrift ist ja nichts anderes als eine Absichtserklärung (irgendwann) mal zu zahlen. Eine Gutschrift ist aber erst dann möglich, wenn zwischen den beiden Parteien ein Kontokorrent-Arrangement existiert, dessen Inhalt es ist, daß darauf Gutschriften und Belastungen dokumentiert und als Saldo ausgewiesen werden. Dazu muß man wissen, daß dies im Rahmen eines Zahlungsdienstleistungsrahmenvertrages passiert, was zur Folge hat, daß eine Gutschrift für den Begünstigten einen Zuwachs seiner Dispositionsrechte über Geld bedeutet. Er hat zwar keine Zahlung im Sinne der Übergabe des vereinbarten Geldbetrages erhalten, sondern – Dispositionsrechte. Genau dies hat aber einen entscheidenden Einfluß auf die Art des Schuldverhältnisses zwischen Käufer und Verkäufer, weil die eigentliche Forderung aus dem Kaufvertrag nunmehr zu einem Schuldverhältnis im Rahmen eines Zahlungsdienstleister-Arrangements geworden ist, bei dem die Art der Forderung sich fundamental gewandelt hat: aus der Bringschuld der Zentralbank ist auf einmal eine Holschuld des Verkäufers geworden, die, um eine Zahlung auszulösen, den Verkäufer verpflichtet eine Handlung vorzunehmen, die zu einem Zahlungsvorgang zu seinen Gunsten führt! Der Grund dafür ist, daß durch die Übertragung der Kaufvertragsschuld in eine Zahlungsdienstleisterschuld die Grundlage der Zahlungsbedingungen geändert sind, weil sich der Verkäufer für ein Optionsrecht entschieden hat und nicht für die finale Zahlung, die letzten Endes nur durch eine Übergabe von Bargeld erfolgen kann. Da aber der Zahlungsdienstleister keine Handhabe besitzt, den Anspruchsberechtigten zu einer Geltendmachung seiner Ansprüche zu zwingen, verkehrt sich die Verpflichtungsrichtung, was die Initiative zur Erfüllung des (ursprünglichen) Zahlungsanspruches angeht. Diese Verkehrung der Initiativrichtung ist auch der Grund dafür, daß eine Bank ihre Leistungsschuld aus einem Kreditvertrag schon dann erfüllt hat, wenn sie dem Kreditnehmer die Möglichkeit eingeräumt hat, über den vereinbarten Betrag verfügen zu können – genauer: wenn sie die Gutschrift auf dem Konto erteilt hat, welches von dem Zahlungsdienstleister aufgrund eines Zahlungsdienstleistungsrahmenvertrages geführt wird. Auf gut Deutsch: der Kreditvertrag ist seitens der Bank durch die Erteilung einer Gutschrift erfüllt, obwohl allein dadurch noch keine Zahlung seitens der Bank erfolgt ist.

Im Grunde genommen muß man diese Verkehrung der Initiativverpflichtung dahingehend interpretieren, daß es sich hierbei um eine institutionalisierte Vorkehrung handelt, die Leistungsverträge zu finalisieren und die Frage des letztlichen Liquiditätsausgleichs auf eine andere Ebene zu verlagern, die nicht durch die Unmittelbarkeit der Kaufvertragsebene beschränkt wird. Denn hier wird letztlich der Geldannahmezwang (Für Kenner: auch der Annahmeverzug des Gläubigers ist eine Leistungsstörung!) für den Verkäufer in eine Gelddispositions-Option umgewandelt, wodurch der (reale) Leistungsverkehr von dem Vorbehalt, daß irgendwas im Zahlungsverkehr schief laufen könnte, befreit wird, womit für den Leistungsverkehr ein Grad von Rechtssicherheit erzeugt wird, indem eigentlich noch nicht erhaltene Geldzahlungen nicht den finalen Abschluß des Kaufvertragsvorganges verhindern und gleichzeitig eine Flexibilität bei der Inanspruchnahme der erhaltenen Dispositionsrechte erzeugt wird. (Deswegen ist der „Eigentumsvorbehalt bis zur endgültigen Bezahlung des Kaufpreises“ stets ein „Extra“ in den Zahlungsbedingungen.) Wenn man so will ist das eine Rechtskonstruktion, die derjenigem beim Wechsel ähnelt, wo ja auch der Zahlungsanspruch von dem zugrundeliegenden Grundgeschäft abgetrennt wird, und die Wechselforderung als abstraktes Wertpapier fortan ihr Eigenleben führt, bis sie dann am Verfallstag zu einer Zahlung oder einer Gutschrift führt.

Die Abtrennung der Zahlungsverpflichtung von dem zugrunde liegenden Grundgeschäft hat noch einen anderen Aspekt, welcher im wesentlichen den vorsintflutlichen ökonomietheoretischen Grundsatz betrifft, als ökonomisch nur die Dispositionen über reale Güter und Ressourcen anzusehen. Denn anders, als es die etablierte („verstaubte“ wäre als Qualifizierung angemessener) Ökonomie will, hat sich der Geschäftsverkehr schon längst davon entfernt, die Disposition über reale Güter als zentrales Erfolgskriterium zu interpretieren. Der letzte Versuch in dieser Hinsicht war das System der „material-technischen Versorgung“ der DDR, welches trotz aller Widrigkeiten der DDR immerhin seinerzeit den 10. Platz in der Weltrangliste der erfolgreichsten Staaten der Welt beschert hat. (Das hat allerdings nicht verhindert, daß Honecker bei Strauß um DM betteln mußte.) Wenn man nicht gänzlich vernagelt ist, wäre das schon mal ein Grund die Grundlagen der ökonomietheoretischen Methodik grundsätzlich mal zu überdenken. Denn wenn man sich so umschaut ist die Abtrennung des Finanzprozesses von der realwirtschaftlichen Motivation ein durchdringendes, ja fast universelles Merkmal der Operationsweise heutiger Wirtschaftspraxis.

Letzteres betrifft insbesondere die Geschichte mit dem Geld, welches zwar in früheren Jahrhunderten mit einem i.d.R. Goldgewicht identifiziert wurde, heutzutage allerdings nicht mehr und nicht weniger vermag als eine Funktion auszufüllen, die darin besteht, eine in eben diesem Standard bemessene Schuld tilgen zu können. Das heißt, daß Geld von seiner ursprünglichen Konstruktion, nämlich als ein Anrecht auf ein bestimmtes Realobjekt zu fungieren, entkleidet wurde, weil man nämlich im Laufe der Zeit gemerkt hat, daß die Bindung an ein konkretes Objekt mit den Notwendigkeiten des Wirtschaftslebens immer mehr in Konflikt geraten ist. (Deswegen kam Gold zu der unschönen Bezeichnung ‚barbaric relict‘!) Die Erkenntnis, daß eine Bindung an ein konkretes Objekt für Geld völlig überflüssig ist, kam aber erst dann auf, als es sich zeigte, daß der Verschuldungsgrad der Wirtschaft Grund genug dafür war, daß dem Geld insofern ein Wert zugemessen wurde, weil es die (in Geld verschuldeten) Akteure dazu zwang zur Abwehr von Vermögenseinbußen reale Leistungen für ein an und für sich „wertloses“ Stück Papier anzubieten. Damit verkehrte sich jedoch die ökonomische Motivationslage, denn fortan ging es nicht mehr primär um Bedürfnisbefriedigung, sondern um das Verdienen von Geld. Romantiker behaupten zwar immer noch, daß ja die Jagd nach Geld nur Mittel zum Zweck sei. Das mag zwar im Einzelfall noch zutreffen, spielt aber dann keine Rolle mehr, wenn es darum geht zu entscheiden, welche Modellprämisse zur Abbildung der Vorstellung von Ökonomie (das nennt man dann ökonomische Theorie) besser geeignet ist: das Wertverhältnis von Hirsch und Biber (Adam Smith) oder die vergleichsweise schnöde Kalkulation über eine künstliche Entität, die den unschlagbaren Vorteil hat den niemals erfaßbaren Komplexitätsgrad des ökonomischen Universums auf ein handhabbares Maß zu reduzieren.

👋

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Hommage für Kruschwitz

Nun, so eine Hommage, wie man sie kennt und üblicherweise fürchtet, wird das hier nicht. Das sollen ruhig diejenigen machen, die sich dafür für besonders prädestiniert halten. Die Ehrerweisung, die sich hier wiederfindet beruht auf einer Aussage, die man getrost als die zentrale Definition eines geldwirtschaftlichen Systems ansehen kann. Es handelt sich hierbei um den Satz über die Investition:

„Eine Investition ist eine Zahlungsreihe, die mit einer Auszahlung anfängt!“

Der Charme dieser eigentlich so nüchternen Aussage liegt darin, daß sie das Grundmuster des geldwirtschaftlichen Prozesses adressiert und sich nicht mit irgendwelchen schöngeistigen Erwägungen aufhält, wie denn die Wertverhältnisse das Auf und Ab des „Weltprozesses Ökonomie“ beeinflussen würden oder vielleicht auch nicht. Die Qualität dieser Aussage begründet sich daraus, daß sie es ermöglicht die Opposition gegenüber dem werttheoretischen Paradigma in besonderer Weise zu akzentuieren, wodurch es möglich wird darüber den gnädigen Mantel des Vergessens auszubreiten und den gewissermaßen „harten Kern“ der Geldwirtschaft herauszuschälen. Mit diesem Grundansatz tritt das geldwirtschaftliche Prinzip, daß es zu einem Überschuß der (Perioden-)Erlöse über die der betrachteten Periode zugerechneten Kosten kommen muß, in seiner ganzen Nüchternheit zu Tage. Wie man weiß ist das Erfordernis des (vermeintlichen) Mehr-Geld von Marx zwar aufgegriffen, aber der Nachwelt dann als ungelöstes Problem hinterlassen worden. Die Antwort darauf ist hier in dem Beitrag:

Dynamische Einsichten zu Geld und Zins

erläutert worden, so daß ein Verweis darauf an dieser Stelle genügt.

Und auch wenn in dem angegebenen Beitrag der Hinweis auf Kruschwitz bereits vorhanden ist, ist der eigentliche modelltheoretische Akzent, der seiner Vision von einer geldwirtschaftlichen Ökonomie in besonderer Weise entspricht, erst durch eine Veränderung des Erklärungsinhalts des oben angegebenen Modells entstanden. Der originäre Erklärungsanspruch bestand ja daraus, der vielkolportierten These entgegenzutreten, daß ja „der Zins nicht mit dem Kredit erschaffen werde“ und deswegen es zu exponentiell anwachsenden Kreditvolumina kommen müsse. Dann änderte sich das Erklärungsziel: zunächst ging es nur um die Frage, wie man in ein solches Modell eine Rückkoppelung der „Nachfragedifferenz“ mit der daraufhin erfolgenden Investition integrieren kann. Das führte dazu, daß die Notwendigkeit entstand eine Konstruktion zu finden, die nicht nur die Investition in ihrem Entstehungszeitpunkt abbildet, sondern auch den damit verbundenen zeitlich versetzten Folgeprozeß – die Zahlungsreihe. Dieser Folgeprozeß besteht namentlich aus den für die Laufzeit der Investition zu erbringenden Lohnzahlungen, sowie die Berücksichtigung der Kredittilgungsbeträge, denn nach der „Auszahlung“ sind ja die ausgezahlten Geldbeträge durch den Umsatzprozeß wieder „hereinzubekommen“. Die technische Lösung dieses Problems zeitversetzte Zahlungen in die Modellstruktur zu integrieren liegt darin „Zahlungsketten“ zu erzeugen, die nichts weiter tun, als die vorgesehenen Zahlungen zu dem vorgesehenen Zeitpunkt in das System zu übergeben. Abschreibung ist ja bei einem 10-periodigen Investitionsprozeß nichts anderes, als eine 10-malige Tilgung von 10% des Kreditbetrages (die fälligen Zinsen werden dabei aus dem Gewinn gezahlt und schmälern ihn dementsprechend).

Das Ergebnis dieser Modelländerungen wird durch die Modellgraphik skizziert: im Zentrum stehen die Bestandskonten, deren Ein- und Ausgänge die zeitliche Struktur definieren. Der zentrale Input dieser Bestandskonten ist die Investition, welche sich aus saldenmechanischen Gründen einmal als Zugang zu Verbindlichkeiten auf dem Unternehmenskreditkonto sowie als Zugang zum Haushaltskonto einerseits und dem „Ressourcen“-Konto andererseits wiederfindet. (Letzteres wird in erweiterten Modellkonstruktionen dann zur Produktion von Produktionsmitteln.) Jede Investition erzeugt für die Dauer ihres Bestehens zwei zeitlich gestaffelte Zahlungsreihen, welche sukzessiv die Bestandskonten verändern: zum einen die Lohnzahlung, die nach der Anfangszahlung aus dem Unternehmenskonto (aus dem Umsatzprozeß) erfolgt, zum anderen die Kredittilgung, die sowohl einen Abgang vom Kreditkonto als auch vom Unternehmenskonto bewirkt. Damit wird der Umstand in das Modell integriert, daß jede Investition einen zeitlichen Nachlauf hat, der ausgehend von der ursprünglichen Geldausgabe das weitere Procedere während der Laufzeit des Investitionsprojekts mitgestaltet und damit auch einen Folgeeinfluß auf nachgelagerte Perioden ausübt. (Das heißt natürlich nicht, daß es nicht auch noch weitere Zahlungsreihen geben könnte, welche mit einer Investition verbunden sind, aber um das geldwirtschaftliche Funktionsprinzip zu illustrieren genügt es sich auf zwei Zahlungsreihen zu beschränken.)

Der Rückfluß des ausgezahlten Geldes wird von der Summe der Konsumentscheidungen bestimmt, die dann als ‚effective demand‘ in einem Zuge die Unternehmenskasse wieder auffüllen. Der ‚effective demand‘ wird dann verglichen mit dem ‚money demand‘, der nichts anderes darstellt, als der periodisierte Aufwand, erhöht um einen ‚mark-up‘, der im Grunde eine Gewinnrate darstellt und (im Durchschnitt) dafür sorgt, daß die Periodenerträge höher sind als die periodisierten Aufwendungen, die hier aus Kapitalkosten, repräsentiert durch die fällige Kredittilgung, und Lohnkosten bestehen. Die Differenz zwischen dem unternehmerischen Erlösziel und dem realisierten Umsatz liefert dann als ‚demand gap‘ diejenige Einflußgröße, welche je nach Vorzeichen und Volumen eine Verringerung der Investition oder deren Erhöhung zur Folge hat.

Startet man nun das Simulationsmodell ergeben sich je nach gewählter Konstellation der Konsumparameter und der Sensitivität der Investition auf die Nachfragedifferenz natürlich unterschiedliche Verläufe, unter anderem auch der hier abgebildete Verlauf, welcher eine harmonische Einschwingung auf ein langfristiges Gleichgewicht suggeriert, obwohl diese „Kurven“ nur aus diskreten Einzelwerten sich ergeben. Aber – Ökonomie ist ja ohnehin keine stetige Veranstaltung, sondern durch Zahlungsoperationen geprägt, die halt nur von Zeit zu Zeit stattfinden. Man kann diesen Verlauf auch im Grunde in den Graphiken zum Einkommensmultiplikator erblicken, wo ja bei gegebener Steigung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage einen iterativer Prozeß zum Gleichgewicht beschreiben wird – und zwar von oben und unten. Die Geschichte sieht dabei bekanntermaßen etwa so aus:

Zu beachten ist an dieser Stelle jedoch, daß das Einschwingen auf einen Gleichgewichtspfad mit einem Über- bzw. Unterschießen einhergeht, was durch den Nachlauf, den jede einzelne Investition erzeugt begründet ist, so daß der entsprechende Verlauf schematisch in etwa so dargestellt werden müßte:

Das Interessante dabei ist, daß diese konvergenten Schwingungen bei simplen Konsumfunktionen – hier mal mit einem Parameter von 0,8 vorgegeben – entstehen, während die Reaktionsfunktion der Investition zwar wie eine ertragsgesetzliche Kurve aussieht, die relevanten Werte jedoch weitgehend im „linearen“ Teil dieser S-Kurve angesiedelt sind. (y = f(x) bedeutet: investment = f(demand gap) )

Wie auch immer man nun im einzelnen die Spezifikationen setzt, entscheidend an dieser Modellkonstruktion ist, daß der zentrale Impulsgeber die Investition ist, ohne die das ganze System nicht ins Laufen kommt, die zwar den Variationen einer Einflußgröße folgt (letztlich sind es die erwarteten zukünftigen Erträge, die „nur“ bedingt, aber eben auch, etwas mit aktuellen Umsatzerfolgen zu tun haben), jedoch durch den Anfangsimpuls und den subsequenten Zahlungsreihen das Geschehen einer Geldwirtschaft maßgeblich bestimmt. Natürlich öffnet sich auch an dieser Stelle die Möglichkeit staatlicher Beeinflussung, so daß dem Drang nach Erweiterung des Modells keine Schranken gesetzt sind.

Von daher kann man die quasi-historische Formulierung von Kruschwitz nicht hoch genug einschätzen, ist sie doch das zentrale Leitbild eines (und auch dieses) Modells einer Geldwirtschaft, die sich durch die Fokussierung auf die monetäre Seite von Ökonomie von der Vorstellung befreit, daß es die individuellen Entscheidungen der Haushalte – namentlich die Entscheidung zu arbeiten oder eben nicht – wären, die für das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität und deren konjunkturelle Schwankungen verantwortlich zeichnen würden. Eingebettet in ein dynamisches Modell einer monetären Ökonomie läßt sich dieses Bonmot als ein paradigmatischer Fingerzeig verstehen, wohin die intellektuelle Reise gehen muß, wenn man irgendwann zu einer befriedigenden alternativen Konzeptionalisierung von Ökonomie gelangen will, die nicht die gesamte Palette „heroischer“ Annahmen teilen möchte, wie sie für die Theorie des allgemeinen Gleichgewichts und deren Wurmfortsatz erforderlich sind.

Eine Skizze dieser paradigmatischen Überlegungen wurde hier vor einiger Zeit bereits präsentiert:

Nachgedacht: monetäre Markttheorie

Darin heißt es:

Begreift man also Marktwirtschaft als ein monetäres System, dann handelt es sich hierbei um eine Rückkoppelungsschleife, bei der es einen unabhängigen Pol und einen abhängigen Pol gibt. Der unabhängige Pol ist die Seite der Investition, die abhängige Seite ist die Seite der Einkommensverwendung, weil diese erst entsteht, wenn investiert worden ist. Das heißt aber wiederum, daß auf der einen Seite die Investition die zentrale Bestimmungsgröße für das Einkommen darstellt und der Konsum damit mittelbar von der Investition abhängig ist, während andererseits die Geldnachfrage auf dem Warenmarkt (= der Markt zur Erwirtschaftung des Schuldendeckungsmittels) ebenfalls von der (zeitlichen Struktur der) Investition bestimmt wird.

Der entscheidende Unterschied zum Romantizismus des ökonomischen ‚mainstream‘ besteht darin, daß hier die Dispositionen über eine abstrakte Entität darüber entscheiden, wie hoch der Aktivitätsgrad in einer Ökonomie ist und nicht das Wertverhältnis von Hirsch und Biber (Adam Smith). Und ebenso muß das Konzept „Markt“ vom Kopf auf die Füße gestellt werden, indem herausgearbeitet wird, daß Geld als Maß des Erfolgs beide Pole eines geldwirtschaftlichen Systems bestimmt. Wenn man so will hat der Keynesianismus, der sich hauptsächlich auf den Pol der Geldnachfrage – also die Seite, auf der Waren eingesetzt werden, um Geld zu attrahieren – konzentriert hat, die Interaktion mit der Geldentstehungsseite vernachlässigt, dennoch aber es hinbekommen zumindest die eine Seite in eine breit kommunizierbare Form zu packen, die in direkte Konkurrenz mit dem „Fadenkreuz“ von Angebot und Nachfrage tritt. Im Unterschied zu der auf mikroökonomische Bedingungen beschränkten Konzeption von Angebot und Nachfrage wird hier von vornherein darauf Bezug genommen, daß es eine makroökonomische Budgetrestriktion gibt, die von Entscheidungen über das Eingehen von Geldkontrakten (mit den dadurch implizierten Zahlungsreihen) abhängig ist und damit von vornherein das Problem der Aggregation von Einzelentscheidungen nicht auftaucht. Demgegenüber ist natürlich festzustellen, daß auch Einzelentscheidungen in die Bestimmung des Volumens der effektiven Nachfrage eingehen, diese aber nur mittelbar auf die Entscheidungen des „Geldentstehungsmarktes“ zurückwirken. Im übrigen wird dann auch durch die Fokussierung der ökonomischen Entscheidungen auf Geld die Komplexität des „Weltprozesses Ökonomie“ in einer Weise dekomplexiert, daß sie für das Erfassungsvermögen von Entscheidern je nach ihrer Stellung im Gesamtgefüge handhabbar wird. Eine Konsequenz daraus ist, daß Einzelentscheidungen quasi-unabhängig getroffen werden und nicht mehr die heroische Vision aufrechterhalten werden muß, daß jedes Individuum über vollständige Kenntnis des (jeweils relevanten) ökonomischen Modells verfügen muß, um überhaupt handlungsfähig zu sein.

Insbesondere letzterer Aspekt ist deswegen bedeutsam, weil die Speerspitze gegen z.B. die global definierte Konsumfunktion darin bestand zu behaupten, daß Gesellschaften des liberalen Typus sich durch die Unabhängigkeit von Einzelentscheidungen definieren würden. Dabei ist die legendäre „Mikrofundierung der Makroökonomie“ letztlich nur dem Fehlglauben zu verdanken, die Summe individueller Aktionen könnte zu einer globalen Budgetrestriktion führen, die dann auf wundersame Weise den Wohlfahrtspostulaten (Pareto) genügen würde. Daß dabei jedes Individuum zu einem Laplaceschen Dämon konvertieren müßte, wurde zwar nicht dazugesagt, aber billigend in Kauf genommen. Im Gegensatz dazu operiert die hier präsentierte Version von Ökonomie mit einer beschränkten Rationalität hinsichtlich der Geldentstehungsseite (die direkte Rückkoppelung von einem Marktergebnis auf die Investition ist wie schon gesagt eine zu enge Fassung der Investitionsentscheidung) und mit der Vorgabe einer gesamtwirtschaftlichen Budgetrestriktion alias Konsumfunktion, welche den Individuen die Notwendigkeit erspart das gesamte ökonomische Geschehen für ihre Handlungen berücksichtigen zu müssen.

Verbleibt „nur“ noch die Frage, ob ein derartig strukturiertes System „von selbst“ zu einem Gleichgewicht findet – daß es gleichgewichtsfähig ist, wird durch den dargestellten Verlauf illustriert – oder ob es äußerer Einwirkungen, insbesondere von staatlicher Seite bedarf, um das Gesamtsystem zu einem nachhaltigen Entwicklungspfad zu dirigieren.

Nun denn, die Reise zum geldtheoretischen Paradigma kann fortgesetzt werden…

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Geld war noch nie ein Passivum!

Es gibt Irrtümer, die lassen sich anscheinend nicht ausrotten, weil sie entweder dem Anschein nach plausibel sind, oder für irgendwelchen windigen Polit-Aktivismus benötigt werden. Konkret geht es hier um die Frage, ob von der Zentralbank emittierte Banknoten nun für diese ein Aktivum sind oder nicht. Diese Frage ist deswegen so komplett mit Fallstricken gepflastert, weil das ‚corpus delicti‘, also die Banknoten oder Bargeld in der Jahresbilanz einer Zentralbank nicht auftaucht und damit das Feld der Spekulationen und Mutmaßungen aufs beste vorbereitet ist. Nun habe ich ja in dem Post

felix qui potuit rerum cognoscere causas

ausgeführt, daß Bargeld auch für die Zentralbank ein Aktivum ist, weil sie nur durch die Übergabe eines Aktivums die üblicherweise von den Geschäftsbanken gestellten Bargeldanforderungen begleichen kann. Daß Bargeld überhaupt in der Bilanzbuchhaltung auftauchen kann wird dadurch erreicht, indem von dem exklusiven Vorrecht einer Zentralbank Gebrauch gemacht wird, Banknoten emittieren bzw. in Umlauf bringen zu können. Daß dieser (zur Auslieferung bestimmte) Bargeldbestand es nicht bis in die Jahresabschlußbilanz schafft liegt schlichtweg daran, daß sobald die „Ausgangskasse“ gefüllt wird, postwendend irgendein Bargeldtransporter vorfährt und den Kassenbestand wieder auftragsgemäß leerräumt. Das ist (fast) so wie beim Geldautomaten: dem Abgang bei der Kasse steht ein Abgang bei den Verbindlichkeiten gegenüber, womit im Grunde genommen sämtliche Fragen hinsichtlich der Eigenschaft von Bargeld ein Aktivum zu sein als geklärt angesehen werden können.

Nun ist es ja nicht so, daß auch angesichts dieser Kenntnisse nicht der eine oder andere trotzdem wieder aus dem Mustopf kommen würde und die naiv-infantile Behauptung in die Welt setzte, daß das Bargeld ja doch ein Passivum der Zentralbank darstellen würde, weil – man sieht ja – der Bargeldumlauf in der Jahresbilanz auf der Passivseite aufgeführt sei. Zur Bekräftigung des „Arguments“ wird dann sogleich – natürlich nur zur „Vereinfachung“ – der wesentliche Bezeichnungsteil (also: -umlauf) elegant weggelassen, womit dann „bewiesen“ wäre, daß Bargeld ja doch eigentlich eine Schuld der Zentralbank darstellen würde. Es soll Leute geben, die sich durch derart windige „Beweisführungen“ hinter die Fichte führen lassen und fortan glauben, sie besäßen mit einer Banknote im Portemonnaie eine „Forderung“ an die Zentralbank. Nun ist auch dem letzten Verunsicherten klar, daß man damit bei der Zentralbank nichts fordern kann (obwohl es verbohrte Zeitgenossen gibt, die genau das glauben), so daß ersatzweise die „Forderung“, die bei der Zentralbank nicht einlösbar wird dann wenigstens doch eine Forderung auf das BIP (oder sonstige gesamtwirtschaftliche Güterhaufen) sei und somit letztlich doch eine „Schuld“ damit eintreibbar geworden sei. Die Charakterisierung als „naiv-infantil“ ist übrigens deswegen so, weil man als Kind auch erst mal lernen muß, daß man mit dem Lutschen an dem auf dem Display von Papis Smartphone dargestellten Eisbecher nicht wirklich die erwartete Befriedigung hinsichtlich eines sensationellen Geschmackserlebnisses erreichen kann. So auch hier: es wird Bargeld (ohne -umlauf) gelesen und sofort entsteht die Vorstellung eines monströsen Dagobert Duck Geldspeichers, was nichts anderes heißt, als daß die eigentliche Sache mit dem Verweis auf die Sache identifiziert wird. Bei Erwachsenen ist das allerdings dann eine Form der (kognitiven) Schizophrenie…

Nun gibt es ja noch die historisch argumentierenden Zeitgenossen, welche keine Gelegenheit auslassen zu erklären, daß „füher“ eine Banknote ja schließlich eine Forderung an/ Verbindlichkeit der Zentralbank gewesen sei, weil ja auf jeder Banknote vermerkt war, zu welchem Umtauschsatz sie bei der Zentralbank in eine (mikroskopische) Quantität an Gold oder ähnlichen Klumperklitzchen eingelöst werden konnte. Nun weiß man ja, daß derartige Zusagen nur solange Bestand haben, wie nicht „zu viele“ derjenigen, die solche Forderungspapiere in Händen halten, auf die kolossal geniale Idee kommen, ihr Einlösungsrecht gleichzeitig wahrnehmen zu wollen. Tritt dieser Fall ein, heißt es logischerweise „April, April“ und fortan wird das von der Einlösbarkeit befreite Papiergeld zu genau dem ultimativen Geldschuld-Erfüllungsstandard, welches es bis heute ist.

Was man bei dieser Metamorphose allerdings nicht mit in Verbindung bringen sollte ist die Vorstellung, daß „früher“ die Banknoten, die ja tatsächlich eine Schuld der Zentralbank darstellten, schon deswegen, weil sie für dessen Besitzer eine Forderung auf Gold o.ä. darstellten, auf der Passivseite der Zentralbankbilanz zu finden wären. Das liegt nämlich daran, daß „früher“ die Banknoten den Charakter eines (Inhaber-)Schuldscheins hatten. Dazu sollte man sich vergegenwärtigen, daß ein Inhaberschuldschein was damit zu tun hat, daß in ihm eine Forderung enthalten ist, wobei die Urkunde selbst die Legitimation darstellt, diese Forderung auch fällig stellen zu können. Letzteres führt dazu, daß „frühere“ Banknoten sog. Inhaberpapiere darstellten, wobei ein Inhaberpapier dadurch gekennzeichnet ist, daß schon der Besitz dieses Wertpapieres den jeweiligen Inhaber dazu berechtigt, die in dem Papier enthaltene Forderung geltend machen zu können. (Heutzutage äußert sich diese Eigenschaft von Inhaberpapieren u.a. darin, daß auch der nichtberechtigte Besitzer über dieses Papier rechtmäßig verfügen kann, sprich: auch mit geklautem Geld kann rechtswirksam bezahlt werden. Allerdings sind heutige Banknoten den Inhaberpapieren „nur“ gleichgestellt, heißt: sie sind keine Inhaberpapiere mehr!)

Schaut man sich diese Geschichte jetzt genauer an wird klar, daß eine (Zentral-)Bank, die eine Forderung auf sich verbrieft, mit der Erstellung dieses Papiers ein Aktivum erzeugt, welches zunächst erst mal eine Forderung auf sie selbst darstellt. Eine Forderung (auch diejenige, die auf einen selbst ausgestellt ist) ist aber auf jeden Fall ein Aktivum, welche aufgrund der doppelten Buchhaltungsregeln auf der Passivseite ebenfalls verbucht werden muß, so daß buchhalterisch gesehen eine (interne) Buchung vorgenommen wird, bei der quasi eine Forderung auf sich selbst einer Verbindlichkeit auf sich selbst gegenübersteht. Der Unterschied zwischen den Buchungen ist, daß sich die Passivbuchung auf das Existieren eines Wertpapiers (jetzt – noch – auf der Aktivseite) bezieht, während die Aktivbuchung das tatsächliche(!) Vorhandensein dieses Wertpapieres in der (Dokumenten-)Kasse anzeigt. Wird nun von der (Zentral-)Bank diese „Eigenforderung“ dazu verwendet ein Aktivum (z.B. Gold) zu erwerben, dann vollzieht die Bank damit einen „Aktivtausch“, indem es zu einer gegenseitigen Übergabe von Inhaberschuldschein(en) gegen z.B. die vereinbarte Goldmenge kommt. Diese verbrieften „Forderungen“ des bzw. nun gegen den Emittenten sind in der Hand des Erwerbers aber auf einmal zu „Geld“ geworden, welches von nun an fröhlich durch die Welt zirkulieren kann und seine segenspendende Wirkung zur „Erleichterung des Tauschverkehrs“ spielen kann. (Wo ist der Ironie-Tag…?)

Was man sich bei der ganzen Geschichte auf jeden Fall klar machen sollte ist die Tatsache, daß selbst in den Zeiten, als „Geld“ aus der Perspektive des Publikums noch eine Forderung gegen die (bzw. eine Schuld der) Zentralbank war, aufgrund der Tatsache, daß diese Forderung in verbriefter Form vorlag, es sich dabei um ein Aktivum gehandelt hat, wobei es nicht darauf ankommt, ob sich dieses Aktivum noch in der Hand des Emittenten befindet oder in der Hand eines Erwerbers. Vielleicht kennt der eine oder andere noch das Konstrukt des sog. Solawechsels, welches dem Inhalt nach letztlich ein verbrieftes Zahlungsversprechen des Ausstellers darstellt. Sobald ein solches Wertpapier erstellt ist, muß dessen (aktive) Existenz bereits als Passivum verbucht werden, selbst wenn noch keine Verfügung darüber getätigt wurde. Wenn man so will dokumentiert die Passivposition die Existenz des sich auf der Aktivseite befindlichen Wertpapiers, die auch solange als Passivposition erhalten bleibt, wie dieses Wertpapier existiert bzw. sich „in Umlauf“ befindet. Die Ausbuchung dieser Position erfolgt mithin auch nicht schon dann, wenn dieses Wertpapier zur Zahlung vorgelegt und der Betrag beglichen wurde, denn das verbriefte abstrakte Zahlungsversprechen existiert ja nach wie vor. Eine Löschung erfolgt erst dann, wenn das bezeichnete (da ist sie, die Referenz) Wertpapier vernichtet wird, womit die Berechtigung der Existenz der betreffenden Passivposition unmittelbar hinfällig wird.

Der wesenserhebliche Unterschied zur heutigen Banknote liegt lediglich darin, daß der Forderungsinhalt weggefallen ist, so daß seitens des Gesetzgebers es wohl für nötig gehalten wurde die damals neuen Banknoten mit einem Annahmezwang auszustatten. Man kann durchaus vermuten, daß diese Vorschrift für eine Übergangszeit sinnvoll war, wo Banknoten mit „Forderungsinhalt“ und „amputierte“ Banknoten gleichzeitig kursierten. Witzigerweise ist diese Vorschrift noch heute in Kraft und wird als wesentliche Eigenschaft des Geldes gehandelt, obwohl es eigentlich durch Zeitablauf und Währungsreform überflüssig geworden ist, dem Geld diese besondere Eigenschaft anzudichten. Denn sobald ein Gläubiger die vertraglich vereinbarte Leistung nicht annimmt, kommt er in Annahmeverzug, gleichgültig ob es sich dabei um das „gesetzliche Zahlungsmittel“ handelt oder nicht. Und ist die Gegenleistung nicht das gesetzliche Zahlungsmittel, so kann der Schuldner höchstens mit Hilfe juristischer Winkelzüge seine Leistung in Geld „ummünzen“. (Die Geschichte vom „Kaufmann von Venedig“ ist ein illustres Beispiel dafür.) Wie hier von mir schon mehrfach angemerkt wurde ist das Interesse der Unternehmen, reale Leistungen für ein stoffwertloses Geld verkaufen zu wollen darin begründet, daß – normalerweise – die Unternehmen Nettoschuldner sind und deswegen zur Leistung des Kapitaldienstes dazu gezwungen sind, die als Kosten ausgegebenen Geldscheinchen durch den Verkauf der Waren wieder zurückzuerhalten. Das legt den Finger auf die Frage, auf welche Weise Geld in das Wirtschaftsgeschehen integriert werden sollte, wobei sich m.E. gezeigt hat, daß eine auf Kreditbasis erfolgende Integration von Geld zu genau den Effekten führt, die in den entwickelten Ländern beobachtet werden können: Käufermärkte und eine an Paranoia grenzende Institutionalisierung hinsichtlich der Durchsetzung von Geldforderungen. Aber das nur nebenbei…

Die eigentliche Kuriosität an dieser Betrachtung liegt aber an einer ganz anderen Stelle. Wenn man sich den Werdegang einer Banknote zu den Zeiten der Goldwährung ansieht, erkennt man auf einmal, daß das, was heutzutage vielfach die Gemüter erhitzt, bereits „zu Kaisers Zeiten“ längst gang und gäbe war: denn auch damals schon wurde das Medium, welches als Zahlungsmittel in der Wirtschaft zirkulierte AUS DEM NICHTS erzeugt. Denn ein Eigen- oder Solawechsel (als konkrete Ausformung eines auf einen selbst ausgestellten Schuldscheins) ist genau dann, wenn er sich noch im Besitz des Ausstellers befindet nichts weiter als eine verbriefte „Schuld“ an sich selbst, die deswegen, weil sie als (Forderungs-)Dokument vorliegt eine rechtlich eigenständige aktive Rolle einnimmt. Denn als rechtlich abstraktes Inhaberpapier erlangt dieses Dokument eine gekürte Selbständigkeit (ähnlich wie eine Kapitalgesellschaft zu einer rechtlich selbständigen – juristischen – Person wird), die es erforderlich macht sie als Aktivum zu bilanzieren, wobei das notwendigerweise existierende zugehörige Passivum lediglich die Existenz dieses (aktiven) Forderungspapiers dokumentiert. Sobald das Forderungspapier das Haus des Ausstellers verläßt, mutiert es für ihn zu einer Verbindlichkeit, ohne daß jedoch die Eigenschaft eine Forderung und damit ein Aktivum zu sein dem Papier verloren gehen würde. Mit einer solchen Konstruktion ist dann die Verfügung über diese Urkunde eine einfache Angelegenheit des Vertragsrechts, denn eine solcher – nunmehr – sog. fungibler Schuldschein kann gegen eine andere Sache getauscht/ verkauft werden und man kann sogar die zeitweilige Nutzung dieser Urkunden gewähren, was dann zur Erzielung eines Zinsgewinns führt. Und auf einmal ist man ohne große Winkelzüge machen zu müssen bei der Kreditvergabe eines aus dem Nichts entstandenen Inhaberschuldscheins angelangt – die Verbriefung macht es möglich.

Fazit: zirkulierendes Bargeld war noch NIE ein Passivum in der (Zentral-)Bankbilanz und wurde als eine vom Aussteller gegen sich selbst ausgestellte Forderung auch schon immer aus dem Nichts geschöpft. Wer sich heutzutage darüber echauffiert, daß die Geldschöpfung aus dem Nichts zu einer Pervertierung der „guten alten Zeit“ geführt habe, wo noch alles nicht nur Hand und Fuß sondern sogar noch eine „Deckung“ hatte, kann sich nun einfach sagen lassen, daß der einzige Unterschied zwischen dem „früheren“ und dem „heutigen“ Geld darin besteht, daß der Forderungsinhalt des ehemaligen Forderungspapiers verloren gegangen ist – und damit auch der Forderungscharakter des Bargeldes. Daß der Erfolg der Emission eines stoffwert- und forderungswertlosen Geldes durch eine Institutionalisierung möglich wurde, welche die Integration von Geld in die „Wirtschaft“ vorwiegend über eine Kreditvergabe organisiert, mußte auch erst in langen Phasen von Versuch und Irrtum herausgefunden werden. Das Ergebnis ist: es geht auch ganz gut ohne Gold, was allerdings vor anderen Übertreibungen seit der „Liberalisierung der Finanzmärkte“ nicht – mehr – schützt. Da müßte man sich mal was Intelligentes einfallen lassen…

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Und was ist nun auf dem Konto?

Jeder kennt doch den Spruch, wenn jemand sagt: „Ich habe noch Geld auf dem Konto!“ Mit einer derartigen Äußerung soll dargestellt werden, daß für einen bestimmten Betrag Zahlungsfähigkeit vorliegt. Normalerweise ist eine solche Aussage einigermaßen korrekt, wenn es sich bei dem kontoführenden Institut um ein zahlungsfähiges Unternehmen handelt. Aber vergleichen Sie mal dieselbe Aussage im Fall der Kaupthing-Bank, wo es auch eine Vielzahl von Kunden gab, die bei dieser Bank irgendwo „Geld auf dem Konto“ hatten. Da gab es nun diese blöde Situation, wo diesen Kunden aufgefallen ist, daß das Geld, was sie angeblich auf dem „Konto hatten“ weder für Auszahlungen noch für Überweisungszwecke verwendet werden konnte. Was könnte nun der Grund sein, daß das „Geld was auf dem Konto ist“ von der betreffenden Bank nicht einfach „überwiesen“ werden konnte?

Die Antwort ist so einfach wie simpel: auf einem Konto ist NIE Geld!

Der Grund dafür ist nicht wirklich schwer einzusehen: das liegt daran, daß eine Bank zwar Ihr Konto führt und im besten Fall bei Ihnen verschuldet ist (=Ihr Konto ist im ‚Haben‘, was bedeutet, daß die Bank in dieser Höhe bei Ihnen Verbindlichkeiten hat – und Sie das Geld gerade NICHT haben), aber das ‚Haben‘ auf dem Konto (was die Sicht der Bank markiert, denn die hat(te) das von Ihnen beanspruchte Geld) bedeutet ja gerade, daß auf Ihrer eigenen „Bilanz“ das Konto-Soll bedeutet: sollten (oder könnten) Sie haben im Sinne von besitzen, womit es sich in Ihrem Eigentum befinden würde. Auch wenn die vorstehende Version eine üble Verkalauerung der buchhalterischen Gegebenheiten darstellt, sollte jedem Kontoinhaber bei eingehender Betrachtung der Sachlage dann doch irgendwann dämmern, daß die Geschichte mit dem „Geld auf dem Konto“ nicht mehr ist, als ein Beruhigungs-Placebo, was die Banken in die angenehme Lage versetzt nicht erklären zu müssen, warum sie, wie eine landläufige Formulierung – Die Banken arbeiten mit dem Geld! – punktgenau ausdrückt, das durch Einzahlung oder Überweisung eingegangene Geld für irgendwelche anderen Zahlungsverpflichtungen verwenden. (Was sie jedenfalls nicht tun ist für den Zahlungseingang des Kunden eine kleine Schatulle anzulegen, in der sie das eingegangene Geld „einlegen“ um es dann beschriftet mit dem Namen des Kunden in den großen Geldspeicher zu tun.)

Diese Tatsache wird üblicherweise in der verklausulierten Weise zugegeben, daß das Zahlungskonto als sog. Verrechnungskonto geführt wird, auf dem die laufenden Zahlungsein- und -ausgänge miteinander verrechnet und als SALDO AUSGEWIESEN werden! Das heißt, daß die Mitteilung eines Kontostandes nicht etwa etwas mit einer Art Pegelstand zu tun hat, bei dem dasjenige, was gemessen wird, im Überfluß oder als Mangelvolumen tatsächlich (oder auch nicht) VORHANDEN ist – ein Pegelstand über einem historischen Höchststand hat was damit zu tun, daß das, was gemessen wird, in einem (üblicherweise unerwünschtem) Ausmaß tatsächlich vorhanden ist. Diese Vorstellung von „prall gefüllt“ ist jedoch im Falle eines Bankkontos zwar ganz angenehm, trifft aber in keiner Weise die tatsächlichen Verhältnisse, denn wie vielfach kolportiert wird, steht dem (monströsen) Volumen von Geldforderungen ein üblicherweise vergleichsweise geringer Zahlungsmittelbestand (Basisgeld) gegenüber. Alleine dieser Umstand, welcher unmittelbar an den sagenumwobenen Geldmultiplikator erinnert, sollte einem Bankkunden schon mal zu denken geben, denn der „Multiplikator“ heißt nicht deswegen so, weil er aus den eigenen paar Kröten ein (mikroskopisches) bißchen mehr macht, sondern weil – statistisch gesehen – gemessen an dem gesamten Verbindlichkeitsvolumen lediglich ein Bruchteil an Liquidität  für Auszahlungs- oder Überweisungszwecke der Kunden zur Verfügung steht. Statt also brav auf dem Konto zu hocken und darauf zu warten, daß der erlösende Gang zum Geldautomat der Langeweile ein Ende bereitet, jetten die Geldscheinchen (bzw. ihr virtuelles Pendant aka „Reserven“ – auch wenn das „nur“ eine Referenz auf Geldscheinchen ist) in 1000 anderen Missionen um die Welt – während der Kunde (fast) alleine zu Hause sitzt mit seinen – ja was eigentlich?

Dazu muß man sich nur mal ansehen, was man so mit einem im Haben befindlichen Kontostand inhaltlich verbinden kann, sprich: was kann man denn mit einem Guthaben auf dem Konto eigentlich anfangen? Die einfachste Sache ist zum Geldautomaten zu gehen, dort der Bank eine Forderung auf Bargeld mitzuteilen, um nach wenigen Sekunden die Forderung erfüllt zu bekommen. Nun kann man aber mit einem Kontoguthaben noch eine andere Sache anstellen, nämlich eine Weisung an die Bank erteilen, daß diese dafür sorgen möge, daß eine bestimmte Person eine Kontogutschrift erhält. Dieser Vorgang – Gutschriftsweisung wäre eigentlich angemessener als Überweisung – ist aber sachlich etwas anderes, als die Mitteilung über die Auszahlung von Bargeld, weil hier die Eigenschaft des Zahlungsdienstleisters erscheint, welcher das Ergebnis eines Zahlungsvorgangs bewirken soll, welchen der Weisungsgeber nicht selbst ausführen möchte oder kann. (Das vom Zahlungsdienstleister geschuldete Ergebnis ist, den Kunden von seiner Verbindlichkeit zu befreien!) Dann kann man auch noch seine Verfügungsrechte selber beschränken, indem man sich verpflichtet von seinen Verfügungsrechten für eine Weile keinen Gebrauch zu machen, was immerhin zu einem mikroskopischen Zinsgewinn von wenigen EURO führen kann – die Jahrespizza ist damit schon mal gesichert…

Wenn also der Bankkunde zu Hause auf seinen Haben-Kontostand schaut, dann schaut ein Kaleidoskop von Verfügungsrechten zurück, die ihm zurufen: „Nutze mich, Nutze mich!“. Der Verfügungsrechteinhaber muß sich nun entscheiden, ob er diesem Gequengel folgt oder nicht und wenn ja, welche der verschiedenen Optionen nun ausgeübt werden soll. Wie das bei der Ausübung von Optionen nun mal so ist, wird erst dann, sobald eine Entscheidung getroffen ist, das entsprechende Procedere in Gang gesetzt, was die Bank dazu veranlaßt ggf. Geld in Bewegung zu setzen, womit zumindest bei Aktivierung einer dieser Optionen dasjenige eintritt, was von einer Bank zu erwarten ist: daß sie (zu Lasten der Referenz auf Geld, sprich Kontoguthaben) eine Transaktion vornimmt, die tatsächlich etwas mit Geld zu tun hat. Das ist insbesondere hinsichtlich der Nutzung des Verfügungsrechts „Weisung an die Bank zur Erzeugung einer Kontogutschrift zugunsten eines Verfügungsrechteempfängers“ interessant, weil immer noch die Vorstellung herumgeistert, daß es möglich wäre „von dem Konto eine Überweisung“ vorzunehmen, womit suggeriert wird, daß irgendeine virtuelle Geldfee das eigene Konto von einer virtuellen „Geldsache“ leerräumt und ein anderes Konto damit füllt. Die schnöde Wahrheit ist, daß die Bank in ihrer Eigenschaft als Zahlungsdienstleister die ihr zur Verfügung stehenden Verfügungsrechte (i.d.R. gegenüber der Zentralbank) nutzt, um das gewünschte Ergebnis zugunsten des Verfügungsrechteempfängers zu erzielen. Und soweit die Bank des Empfängers die ihr zufließenden Verfügungsrechte (aka „Reserven“) auch tatsächlich in Empfang nimmt (und nicht längst schon wieder anderweitig verdisponiert hat), geht mit dem „Reserve“-Eingang die Erteilung der Gutschrift einher.

Schon diese kursorische Ventilierung der genannten möglichen Optionen ein Kontoguthaben zu verwenden macht klar, daß die übliche Charakterisierung eines Kontoguthabens als „Forderung auf Geld“ bei weitem zu kurz greift. Denn erst die Möglichkeit der Bank die Weisung (= einseitige empfangsbedürftige Erklärung) erteilen zu können einer bezeichneten Person ein bestimmtes Volumen an Verfügungsrechten zukommen zu lassen, macht ein Konto zum bequemen Instrument der „Zahlungsabwicklung“. Das Interessante dabei ist, daß diese Abwicklung ohne Geld funktioniert, welches sich im Eigentum des Auftraggebers befinden muß, denn die Bank verwendet das ihr zur Verfügung stehende (= sich in ihrem Eigentum befindliche) Dispositions-Volumen an Zentralbankgeld, um den Auftrag des Kunden zu erfüllen – und nicht das Geld des Kunden. Die Nutzung eines Zahlungsdienstleisters funktioniert also erst dann, wenn gerade KEIN Geld auf dem Konto ist, sondern ein Konto „nur“ eine Referenz auf (gelddenominierte) Verfügungsrechte darstellt. Klingt abstrakt, ist es auch, aber so funktioniert die Operationsweise von Banken: den Kunden stehen „lediglich“ die Verfügungsrechte als Referenz (bzw. Dispositionsrecht) über ein bestimmtes Geldvolumen zur Verfügung, die Banken nutzen die Referenz auf Bargeld (= „Reserven“), um die eigentlich zu übertragende Sache (Bargeld) nicht anfassen zu müssen, was nur deswegen geht, weil bei „Reserven“ kein „counterpart“-Risiko existiert, denn „Reserven“ können jederzeit vollumfänglich in Bargeld umgewandelt werden – weswegen diese sinnlose Übung auch (meist) unterbleibt.

Wem es bei den vielen „Referenzen auf“ etwas schwindlig geworden ist, hier noch mal schnell die Kurzversion: ein Kontoguthaben ist ein Verfügungsrechtebündel, welches bei Ausübung einer der verfügbaren Optionen zu Aktionen des Zahlungsdienstleisters führt. Eine Forderungsstellung führt zur Auszahlung des Geschuldeten, welches damit (wieder) in das Eigentum des Forderungsberechtigten gelangt. Bei einer Gutschriftweisung wird vom Zahlungsdienstleister das Ergebnis geschuldet, daß dem Empfänger ein bezeichnetes Verfügungsrechtevolumen gutgeschrieben wird. Möglich wird das Ganze dadurch, daß auf dem Konto sich gerade KEIN Geld befindet, sondern nur eine Referenz auf ein Volumen von Weisungsrechten…

Für die eingangs gestellte Frage gibt es damit auch eine – vielleicht nicht ganz so angenehme – Antwort. Denn im Grunde ist die Frage „Was ist AUF dem Konto?“ schlichtweg falsch gestellt, weil – das macht das Wesen der Passivseite aus – dort lediglich Verweise darauf existieren, woher etwas gekommen/ wohin etwas gegangen ist. Daß die Umgangssprache das so bezeichnet darf analytisch nicht dazu führen zu glauben, daß auf der Passivseite vorhandene Mengen zu verorten wären. Nochmal: dort stehen Referenzen/ Verweise – sonst nichts und erst recht kein Geld! Korrekt wird es dann, wenn gefragt wird: welche Rechtsfolgen kann ich mit den dort ausgewiesenen Verfügungsrechten bewirken? Das klingt zwar nicht so sexy wie die Vorstellung von einem bis zum platzen gefüllten Geldspeicher, aber vielleicht ist es ja auch mal an der Zeit, die Sozialisationsdefekte, die ganze Generationen mit Dagobert Duck eingesogen haben, durch ein wenig Sachlichkeit ein bißchen zu korrigieren. Über die „Sparschwein“-Theorie des Bankkontos könnte dann vielleicht doch irgendwann der gnädige Mantel des Vergessens ausgebreitet werden…

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Von großen Krediten und kleinen Einlagen…

Von Wolfgang Stützel kann man lernen, daß immer dann, wenn einzelwirtschaftliche Konzepte auf eine gesamtwirtschaftliche Ebene übertragen werden, höchste Vorsicht geboten ist. Denn gerade in der Wirtschaftswissenschaft kann genau dann der unbesehene Analogschluß auf eine falsche Fährte führen, weil im wirtschaftlichen Gesamtgefüge sachlogische Zusammenhänge gelten, die in der einzelwirtschaftlichen Betrachtung nicht beachtet werden müssen. Das populärste Beispiel für diese sogenannte ‚fallacy of composition‘ ist das Kinobeispiel, wo eine einzelne Person durch Aufstehen vom Sitz eine bessere Sicht auf die Leinwand hat. Sobald das aber alle tun um den gleichen Effekt zu realisieren ist das Ergebnis durchaus desaströs: im Duchschnitt hat sich die Sicht nicht verbessert und der ärgerliche Effekt ist der, daß nun alle stehen anstatt auf hoffentlich gut gepolsterten Sesseln zu sitzen.

Ähnlich liegt der Fall dann, wenn man aus der Betrachtung der Operationsweise einer einzelnen Bank darauf schließen möchte, wie das Bankensystem insgesamt operiert. So steht in den meisten Lehrbüchern über Bankbetriebslehre etwas von Transformationen namentlich Fristen-, Losgrößen- und Risikotransformation. Der zunächst durchaus valide Gedanke dahinter ist, daß Banken in ihrer Eigenschaft als Krediterzeuger erst viel „kleines“ Geld zusammensammeln müssen, um dann dieses Geld für die Vergabe eines neuen „großen“ Kredites einzusetzen. Diese Sichtweise wird dadurch bestärkt, daß die aktienrechtliche Grundlage des Bankgeschäfts zunächst eine Kapitalisierung durch die Aktionäre voraussetzt, mit der dann das kreditäre Bankgeschäft aufgenommen werden kann. Wenn man so will wird durch die Konstruktion von Banken als grundkapitalfinanzierte Einrichtung die Vorstellung genährt, es müsse erst das Geld durch „Einlagen“ – in diesem Fall die Einzahlungen der Aktionäre – eingesammelt werden, damit dann die Kreditvergabe erfolgen kann.

Diese Konzeptionalisierung des Bankgeschäfts wird auch noch theoriegeschichtlich bestärkt, weil in der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts – dem Basismodell der Neoklassik – die Haushalte eine genuin originäre Entscheidung zu treffen haben, nämlich diejenige über Konsum oder Nicht-Konsum. Dem liegt die nicht so ganz abwegige Vorstellung zugrunde, daß die Haushalte über alle Ressourcen der Volkswirtschaft verfügen und diese entweder konsumieren oder eben als Nicht-Konsum den Unternehmen für produktive Zwecke überlassen. Dieser Nicht-Konsum von Ressourcen ist dann das, was in der Neoklassik immer als „Sparen“ bezeichnet wird. So ist es auch nicht verwunderlich, daß durch einen kühnen Analogschluß diese Vorstellung auf Banken angewendet wird, welche ihre „Ressource“ Geld erst von den Haushalten zur Verfügung gestellt bekommen müssen, damit sie dann dieses für die Kreditvergabe einsetzen. Dazu gehört auch die Vorstellung Geld als nutzenstiftendes Gut zu begreifen, so daß das Grundkonzept auf dem der neoklassische Begründungszusammenhang beruht nicht ins Wanken gerät. Damit wird auch erklärlich, warum vom ‚mainstream‘ die Frage wie Geld entsteht gemieden wird wie das Weihwasser vom Teufel. Für die Neoklassik ist Geld einfach da und wenn es zuwenig davon gibt regnet es halt vom Himmel – die Metapher von Friedman ist deswegen so aufschlußreich, weil sie die Behandlung von Geld durch die Neoklassik verdeutlicht. Daß diese rein methodische Finte inzwischen als Rettung eines angeblich maroden Geldsystems propagiert wird steht auf einem anderen Blatt.

Diese hier kursorisch angeführten Theorien sind Grund für die vorherrschende Sichtweise, daß Banken von ihrem Wesen her zunächst an Geld kommen müssen, damit sie ihr Geschäft betreiben können. So läßt sich die Vorstellung von der Fristentransformation recht zwanglos darauf zurückführen, daß Banken ohne Geld nicht arbeiten können, welches sie jenseits des Grundkapitals über eine Attrahierung von Geld, welches ihnen gegen die Gewährung von Sichtverbindlichkeiten oder längerfristig festgelegten Verbindlichkeiten zugeht, für ihre Zwecke nutzen können. Das Konzept „Fristentransformation“ postuliert gewissermaßen, daß die Liquiditätsbedürfnisse der „kleinen“ Verbindlichkeiten einer gewissen Wahrscheinlichkeitsverteilung unterliegen, die so geartet ist, daß daraus „große“ Kredite liquiditätstechnisch bewältigt werden können. Aus der Perspektive einer einzelnen Bank muß selbstverständlich der Liquiditätsstatus mit allen Mitteln gesichert werden, wobei die Frage virulent wird, wie sich die Eingänge und die Ausgänge von Liquidität im Zeitablauf darstellen. In ähnlicher Weise kann auch der Losgrößenaspekt gesehen werden, denn wie angesprochen steht einer Vielzahl von „kleinen“ Passivpositionen eine geringe Zahl von Aktivpositionen gegenüber, wobei aus der sogenannten „Bodensatzbildung“ – der Umstand, daß bei einer Vielzahl „kleinerer“ Verbindlichkeiten stets ein gewisser Bestand an eben diesen Verbindlichkeiten dauerhaft bestehen bleibt – eine Rechtfertigung für die Vergabe langfristiger Kreditengagements abgeleitet werden kann.

Sobald man sich dagegen mit den Frage auseinandersetzt woher nun die Vielzahl der „kleinen“ Bankverbindlichkeiten herkommt wird die vorstehende „einzelbankliche“ Sichtweise auf einmal falsch, weil die „kleinen Passivpositionen“ ja nicht irgendwo vom Himmel gefallen sein können ( – außer für Neoklassiker natürlich…). Denn typischerweise sind Giro- oder Terminverbindlichkeiten der Banken gegenüber den (kleinen) Nichtbanken aus nicht für Konsumzwecke ausgegebenen Einkommensteilen gespeist, deren Herkunft ja nicht einfach vorausgesetzt werden kann. Denn in einem Kreditgeldsystem wird idealtypisch die Generierung von Einkommen dadurch erzeugt, daß ein Unternehmen eine Ausgabe bzw. Auszahlung vornimmt, die ihrerseits wiederum erst durch eine Kreditlinie eines Bankinstituts möglich geworden ist. Mit einer Kreditvergabe schafft die Bank also gewissermaßen eine „große Aktivposition“ (die Forderung der Bank) und eine „große Passivposition“ (das verfügbare Investitionspotential des Unternehmens), wobei aus letzterer durch Ausgaben des Unternehmens für eine Vielzahl von Zwecken lauter „kleine Passivpositionen“ entstehen, die dann ihren Niederschlag in lauter „kleinen Einlagen“ finden und von dort aus auch zu „kleinen Spareinlagen“ mutieren können.

Diese Kausalitätsrichtung resultiert letzten Endes aus dem Umstand, daß in einem Kreditgeldsystem Verbindlichkeiten (aka „Einlagen“ oder etwas korrekter: Sichtforderungen) hauptsächlich als Ergebnis eines Kreditkontraktes entstehen und somit sich der methodologische Ansatz der Neoklassik, die (bei den Haushalten befindlichen) Bestände, die dann der Allokation unterliegen, einfach vorauszusetzen als unangemessen erweist. Denn gerade in puncto Kreditgeldsystem wird ja die Frage virulent, aus welchem Grunde die Schaffung von Kredit vorgenommen wird. Die Antwort darauf ist so einfach wie simpel: das durch einen Kredit zur Verfügung gestellte Geld wird für unternehmerische Zwecke dann ausgegeben, wenn die mehr oder weniger begründete Erwartung besteht, daß der Rückfluß von Geld aus der damit finanzierten Produktion höher ist, als der dafür aufgewendete Abfluß von Geld. Dieser Abfluß von Geld erzeugt jedoch gerade diejenigen Einkommen, deren nichtverwendete Teile dann zu der Erteilung eines Kredites erst führen sollen. Und genau an dieser Stelle beißt sich die Katze in den Schwanz.

Denn was für die Bankbetriebslehre noch legitim ist, nämlich die Existenz von Geld vorauszusetzen soweit es die Ingangsetzung bzw. die Operationsweise einer Bank betrifft, wird dann falsch, wenn es zu einer Betrachtung darüber kommt, wie ein Bankensystem an das Geld kommt, welches es für seine Geschäftszwecke benötigt. Nun könnte man die methodologische Prämisse, daß die Haushalte alle verfügbaren Bestände besitzen dadurch retten, daß man von einem System der Goldwährung ausgeht, wo natürlicherweise alles existierende Gold irgendjemand besitzen muß. Wenn man auch als Neoklassiker akzeptiert, daß über die Geschichte mit der Goldwährung inzwischen der gnädige Mantel des Vergessens ausgebreitet wurde kann man dennoch das Haushaltskonzept versuchen dadurch zu retten, daß man behauptet, Geld würde den Haushalten „leistungslos“ zufallen – womit man wieder beim Geld abwerfenden Hubschrauber von Friedman wäre. (Eine Spielart davon ist das „zinsfrei“ geschöpfte Geld, welches den Haushalten immerhin gegen irgendeine Leistung zufließen soll. So kann man auch die Neoklassik konservieren! Aber das nur nebenbei.) Die pseudomoderne Fassung der Integration von Geld in die Ökonomie liest sich als ’seigniorage‘, wo die Erträge der Erzeugung von Geld dem Erzeuger – dem Staat – zufließen sollen und somit wiederum der Vorstellung Vorschub geleistet wird, es seien die Haushalte, deren „Ersparnis“ den Banken die Kreditvergabe ermöglichen würden. Man ist versucht zu sagen: Kritik am ‚mainstream‘ sieht anders aus…

Demgegenüber läßt sich mit der Terminologie von Stützel der Sachverhalt, daß zwar einzelwirtschaftlich die Vorstellung, daß erst die „Einlagen“ da sein müssen, um „große“ Kredite vergeben zu können legitim ist, jedoch demgegenüber gesamtwirtschaftlich die „kleinen“ Einlagen erst durch den Abschluß von „großen“ Krediten überhaupt entstehen, in etwa so fassen:
1. Jede Einzelbank kann durch die Einwerbung von „Spareinlagen“ den ihr zur Verfügung stehenden Bestand an Zentralbankgeld erhöhen und damit durch Pooling der „Einlagen“ die Vergabe von „größeren“ Krediten möglich machen.
2. Jede Teilmenge von Banken kann ihren Bestand an Zentralbankgeld durch Einwerbung von „Spareinlagen“ nur dann und in dem Maße erhöhen, als die Komplementärmenge der Banken eine Verringerung ihres Zentralbankgeldbestandes hinnimmt oder erleidet.
3. Die Gesamtmenge aller Banken kann durch die Einwerbung von „Spareinlagen“ den ihr zur Verfügung stehenden Bestand an Zentralbankgeld weder erhöhen noch senken. Falls irgendwelche Theorien über die „Transformation von Zentralbankgeldbeständen“ oder über die  „Geldschöpfung der Banken“ zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen, sind sie falsch.

Akzeptiert man den jahrzehntelangen Umstand, daß diese Welt in einem Kreditgeldsystem lebt bleibt nicht anderes übrig, als die traditionelle Funktionsvorstellung des Bankensystems umzukehren. Es heißt dann nicht:

erst viele kleine (Spar-)Einlagen -> dann eine große Kreditvergabe

sondern:

erst eine große Kreditvergabe -> daraus werden viele kleine (Spar-)Einlagen

Daß eine einzelne Bank letztere Wirkungsrichtung nicht sehen kann und auch nicht sehen muß liegt daran, daß üblicherweise eine „große Kreditvergabe“ mit einem erheblichen Abfluß von Liquidität einhergeht und das bankenindividuelle Problem darin besteht zur Wahrung des Liquiditätstatus zuzusehen, wie man den Liquiditätsabfluß wieder kompensieren kann. Genau dieses Problem wird ja bei „richtig großen“ Kreditlinien wie z.B. große Infrastrukturprojekte wie ein Flughafen o.Ä. erst recht virulent, weil sich aus Risikogründen keine einzelne Bank den durch die Länge der Amortisationszeit einstellenden Liquiditätsverlust leisten kann. (Als Konsequenz daraus hat man die Konsortien erfunden, deren Aufgabe darin besteht abzuschätzen wohin die Liquiditätsströme wandern werden. Sobald man darüber eine Abschätzung gefunden hat ist klar, welche Bank welchen Anteil an der „großen“ Projektsumme übernehmen kann weil sie dann damit rechnen kann, daß dieser Liquiditätsabfluß durch die eingehenden Liquiditätsströme weitgehend wieder kompensiert wird.)

Sobald man also gewillt ist zu akzeptieren, daß ein wirtschaftliches Gesamtgefüge Restriktionen unterliegt, die zwar für einzelnes Element nicht bindend sein müssen, jedoch in der Betrachtung der Gesamtheit nicht ignoriert werden dürften (daß man das ungestraft machen kann ist leider nur zu evident) wird klar, daß die einzelwirtschaftliche Theorie von der Fristen-, Losgrößen- und Risikotransformation zumindest hinsichtlich der ersten beiden Aspekte für einen systemischen Zusammenhang nicht anwendbar sind. Denn in einem Kreditgeldsystem werden aus wenigen „großen“ langfristigen Verbindlichkeiten viele „kleine“ kurzfristige Verbindlichkeiten, woraus wie von selbst das für die Bankbetriebslehre konstitutive Liquiditätsmanagementproblem entsteht, weil das Entstehen der „langfristigen“ Verbindlichkeiten durch das Eingehen von langfristigen Forderungen „erkauft“ wurde.

Und das ist der Clou: das Liquiditäts- und Fristenproblem der Bankbetriebslehre ist eine Folge der Kreditvergabe – und nicht dessen konstitutive Ursache! Denn: engagiert man sich langfristig mit der Maßgabe, daß man auch kurzfristig liquide bleiben muß hat man als Bank ein Problem, welches sich nur als Bankensystem lösen läßt. Von daher kann man den Liquiditätsausgleich zwischen Banken – auch bekannt als Interbankenmarkt – dahingehend interpretieren, daß dort die unvorhersehbaren Liquiditätsdifferenzen aus den Verfügungen infolge eingegangener Kreditlinien auf geräuschlose Art und Weise ausgeglichen werden – solange jeder der beteiligten Banken über eine ausreichende Bonität verfügt. Denn woher sollen Banken wissen, wohin das von ihnen im Kreditvertrag versprochene Geld wandert?

Wenn man so will läßt sich das Konstrukt „Interbankenmarkt“ als eine soziale Veranstaltung der Banken untereinander interpretieren, auf der gewissermaßen Banken sich gegenseitig über die Engpässe in der Liquidität hinweghelfen, da jede Bank im Zeitablauf mal einen Liquiditätsüberschuß und mal ein Liquiditätsdefizit realisiert. Das Kuriose dabei ist, daß das Bankensystem insgesamt nicht über zuwenig Liquidität verfügt, sondern sich lediglich die Verteilung der Liquidität von Zeit zu Zeit ändert. Zwar kann man versuchen durch ein ausgebautes Filialnetz die Wahrscheinlichkeit des Liquiditätsabflusses zu vermindern, in letzter Konsequenz bleibt es dabei, daß der gegenseitige Liquiditätsbeistand gewährleistet sein muß, wobei die Etablierung eines akzeptierten Mindeststandard hinsichtlich der Bonitätsanforderungen als essentielle Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Liquiditätsausgleichsmechanismus angesehen werden muß. Dieser Umstand macht auch völlig zwanglos deutlich, daß dann, wenn das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Geschäftspartnerbanken schwindet, die Bereitschaft gegenseitig Liquiditätshilfe zu gewähren schlagartig verschwindet und somit die Zentralbank gefordert ist die notwendige Liquidität bereitzustellen (man erinnere sich an die LTRO-Fazilitäten) um die Banken zahlungsfähig zu erhalten – obwohl sie in ihrer Gesamtheit nicht über „zuwenig“ Liquidität verfügen würden.

Und genau an dieser Stelle wird dann die Differenz zwischen einer einzelwirtschaftlichen und einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung klar: mal abgesehen von den Bargeldverlusten, die ja einen Abgang von kurzfristigen Verbindlichkeiten bedeuten, kann ein Bankensystem überhaupt nicht zuwenig „Verbindlichkeiten“ haben, die man versuchen müßte „einzuwerben“. Bisher war ja die Theorie davon geprägt, daß eine Bank erst viele „kleine“ Verbindlichkeiten anhäufen muß, damit sie zu einer „großen“ Forderung kommt. Der Gesamtzusammenhang aller Banken kann aber überhaupt nicht über „zuwenig“ Verbindlichkeiten verfügen, weil diese ja – da sie selbst erzeugt wurden – irgendwo sein müssen, genauso wie die dazugehörigen Forderungen. Und da hilft auch keine „Transformationstheorie“ weiter, denn diese Transformation gilt lediglich für eine einzelne Bank, niemals jedoch für die Banken als Gesamtheit. Doch auch wenn es dieses „Transformationsproblem“ nur als einzelwirtschaftliches Problem gibt, gibt es demgegenüber das Liquiditätsausgleichsproblem auf Gesamt-Bankenebene. Denn dadurch wird das einzelbankliche Problem zu einer interbanklichen Veranstaltung, wobei auf diesem Interbankenmarkt einer Nachfrage für „Verbindlichkeiten“ ein Angebot an „Forderungen“ gegenübersteht, dessen Funktion darin besteht, die Folgen des Liquiditätsabflusses aufgrund gewährter Kredite zu neutralisieren. Das einzelwirtschaftliche Transformationsproblem transformiert sich so gesehen auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene zu einem Liquiditätsausgleichsproblem, wo nicht die Frage im Raum steht, wo die „kleinen“ Verbindlichkeiten herkommen sollen (die sind ja sowieso irgendwo da) sondern an welcher Stelle sie und damit wo die Liquidität sich befindet.

Und auf einmal versteht man auch, warum Finanzkrisen dadurch geprägt sind, daß auf einmal „kein Geld mehr da ist“, obwohl kurz zuvor damit noch herumgeworfen wurde. Denn solange es kein Problem damit gibt anderen Kredit zu geben, existiert in puncto Liquidität das Regime der „heißen Kartoffel“, die so schnell wie möglich weitergegeben werden muß. Sobald man sich aber darauf besinnt, daß das eigene Überleben an der Fähigkeit hängt, über diese „Kartoffelscheibchen“ jederzeit in ausreichendem Maße verfügen zu können, macht die Freigiebigkeit einer ängstlichen Speicherpolitik á la Onkel Dagobert Platz, wo das an sich normale Ansinnen Kredit bekommen zu wollen bereits als Beweis dafür gilt, daß der Kreditnachfrager an der Grenze zur Insolvenz angesiedelt ist…

Theoriegeschichtlicher Disclaimer:

Der eigentliche Grund dafür, daß die Losgrößen- und Fristentransformatonstheorie von den meisten Ökonomen so propagiert wird liegt halt daran, daß das Zentralmodell der Neoklassik eine sog. Erstausstattungsökonomie formuliert, wo erst die Entscheidung der Haushalte einen Teil ihres Eigentums den Unternehmen zur Produktion (Investition) zu überlassen den Produktionsvorgang überhaupt erst in Gang setzt. Dieser Nichtverbrauch von Ressourcen wird dort als Ersparnis angesehen, womit überhaupt erst die Idee in die Welt gekommen ist, die Ersparnis sei Voraussetzung von Investition. In einem simplen Analogschluß wurde dann in Bezug auf die Bankbetriebslehre die Version von den vielen kleinen Spareinlagen geboren, die erst mal da sein müßten, damit eine große Investition damit getätigt werden könne.

Dieser Analogschluß geht natürlich voll in die Hose, weil Geld sowie in Geld denominierte Schuldverhältnisse keine bestehenden oder produzierten Ressourcen darstellen, sondern aus einer Übereinkunft bestehen sich gegenseitig (zeitlich strukturiert) Zahlungsversprechen zu geben, wobei der Zahlungsmittelstandard von der Zentralbank definiert wird. Dieser Umstand sorgt bis heute deswegen für viel Verwirrung, weil bislang für 99% aller Ökonomen an eine Aufgabe des neoklassischen Paradigmas nicht zu denken ist. Doch gerade die Plausibilität, Geld genauso zu behandeln wie eine Ressource verstellt dafür den Blick, daß gerade die Geldtheorie das Potential hat der Neoklassik ein Paradigma entgegenzusetzen, welches sich nicht mit irgendeiner albernen Annahmenkritik aufhält, sondern der Tauschheuristik der Neoklassik die Kooperationsheuristik entgegensetzt. Mit einer Kooperationsheuristik entsteht jedoch praktisch wie von selbst eine Verpflichtungsökonomie, die durch das Eingehen und die Auflösung von Schuldverhältnissen geprägt ist. Diese Schuldverhältnisse entstehen bei der Aufnahme von kooperativen (und hoffentlich produktiven) Unternehmungen/ Projekten und erzeugen in ihrer Vielzahl dann auf einmal einen sich verselbständigenden Finanzsektor. Diese Verselbständigung geht jedoch mit einer „Entfremdung“ von dem eigentlichen Objekt der Wirtschaftstheorie – den Ressourcen und Gütern – einher und ist gewissermaßen der Verstoß aus dem Garten Eden, in dem Güter und Ressource noch einen „Wert“ besitzen, während die schnöde Welt des Geldes nur noch einen Preis kennt. Sobald aber einmal die Erkenntnis über die Strukturierung ökonomischer Beziehungen nach monetären Kriterien einmal in der Welt ist, ist der Weg zurück zum Garten Eden, wo der „Wert“ noch einen Wert hatte ein für allemal vorbei. Das mag man bedauern, aber echter Fortschritt kümmert sich nicht um die Zurückbleibenden.

Diese theoriegeschichtliche Begründung vom Primat der Einlage über den Kredit trifft sich mit der einzelwirtschaftlich orientierten Bankbetriebslehre in ihrer liquiditätsbedingten Fokussierung auf die Einlagen, obwohl diese ja erst durch eine vorangegangene Kreditgewährung entstanden sein können. Dieser Aspekt bleibt jedoch deswegen im Nebulösen, weil die Neoklassik weder zugeben kann, daß Geld keine Ressource ist noch darüber nachdenken will, daß es Bereiche gibt, in denen das Knappheitsprinzip nicht durch eine vorgegebene Menge beschränkt wird und damit nicht mehr anwendbar ist. Die Kritiker der Neoklassik riechen gewissermaßen diese Schwachstelle (und versammeln sich hinter dem Schlachtruf „Die Banken schaffen das Geld durch Kredite!), obwohl sie damit ausgerechnet der Scheinkontroverse zwischen „endogenem“ und „exogenem“ Geld (die sagenumwobene ‚currency-banking‘ Kontroverse) unbehelligt von jeglicher Sachkenntnis auf den Leim gehen.

Worin besteht also die Restriktion des Bankensystems als Gesamtheit? Sie besteht daraus, daß – wie der legendäre Artikel von Tobin über den „Krug der Witwe“ darlegt – die Banken weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit dasjenige erzeugen können, womit sie ihre Schulden bezahlen: Geld!

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Kommt die „Draghi-Volte“ über Oberammergau…

Neuerdings findet auch die Debatte um die TARGET2-Salden wieder Eingang in die Diskussionsforen. Aus der letzten Auseinandersetzung wurde eine „Friedensformel“ gefunden, die in etwa lautet, daß die TARGET2-Salden zwar ein gefährliches Ungleichgewicht darstellen, aber solange wie die EURO-Zone intakt bliebe, seien ja die drohenden Verluste nicht zu befürchten. Erst dann, wenn es zu einem Ausscheiden eines EURO-Mitgliedes käme, müßten die dann entstehenden Verluste auf die übrig bleibenden Zentralbanken und von dort auf die jeweiligen öffentlichen Hände verteilt werden, womit dann der oft kolportierte Tatbestand erfüllt wäre, daß der Steuerzahler dafür zur Kasse gebeten werden müßte.

Eine diesbezügliche Diskussion fand unlängst auch bei BTO statt, wo in den Kommentaren ein guter Vortrag über das Aktivvermögen der Banca d´Italia gehalten wurde der mich dazu motivierte zur Klärung der Angelegenheit einige einfache Fragen aufzuwerfen:

„1. Die Banca Italia weist in ihrer Bilanz eine Passivposition gegenüber der EZB aus. Was ist der Inhalt dieser Passivposition bzw. auf was lautet die korrespondierende Aktivposition? Salopp ausgedrückt: was ist der „Schuldgegenstand“?

2. Hat die Banca Italia im Zuge der Entstehung dieser Passivposition Zentralbankgeld erhalten welches sie verpflichtet wäre zurückzuzahlen? Man erinnere sich daran, daß T2-Salden aus Verfügungen von Nicht-Zentralbanken entstehen, die dazu ein entsprechendes Guthaben bei der Banca Italia besitzen müssen.

3. Ist es sinnvoll die Verbindlichkeiten einer Zentralbank (in ihrer eigenen Währung) zu besichern? Oder anders gefragt: erwartet eine italienische Bank, die bei der Banca Italia einen Kredit aufnimmt, daß die Banca Italia ihre daraus entstehende Verbindlichkeit mit Sicherheiten „unterlegt“?

4. Muß die Bundesbank der Banca Italia einen Kredit geben, damit die Banca Italia gegenüber der Bundesbank in EURO zahlungsfähig ist? Müßte dieser besichert sein?“

Man könnte den Eindruck bekommen, daß – wenn es um ökonomische Überzeugungen geht – es nicht statthaft ist jemanden dazu aufzufordern sachlich ein paar einfache Fragen zu beantworten. Das zeigte sich daran, daß statt auch nur eines entsprechenden Antwortversuchs ein Referat über die Buchungszusammenhänge einer T2-Transaktion präsentiert wurde. Wiewohl dieses auch sachlich richtig war wurde ohne auf die gestellten Fragen einzugehen schon daraus rubriziert, daß die T2-Salden eben doch ein Schuldenproblem darstellen würden.

Beginnen wir mal mit Frage 1:
Ein passiver T2-Eintrag der BI korrespondiert nach der gegenwärtigen Verfahrensweise mit einem aktiven T2-Eintrag bei der EZB, welcher dann ergänzt wird durch sein Gegenstück, nämlich dem passiven T2-Eintrag der EZB mit dem korrespondierenden aktiven T2-Eintrag der BB. Diese Buchungskette ist ja auch nicht kontrovers und die Frage nach dem durch diese verknüpften Aktiv-Passiv-Paare geforderten Schuldgegenstand läßt sich auch recht leicht beantworten: der zu leistende Gegenstand (wenn es dann doch mal zu einem ‚margin call‘ der BB bzw. der EZB – die „Draghi-Volte“ – kommen sollte) ist Zentralbankgeld – allerdings nicht im Sinne einer Forderung gegen eine Zentralbank, sondern das Schuldentilgungsmittel sui generis: Zentralbankgeld in Form von Banknoten. Wie schon vor einiger Zeit angesprochen ist die Übergabe von Bargeld die wichtigste Option einer Zentralbank, wenn sie sich von ihren Verbindlichkeiten befreien will oder muß. Im Grunde genommen würde eine Begleichung eines passiven T2-Eintrages durch die BI an die BB bedeuten, daß das Zentralbankgeld „Forderung gegen die BI“ gegen das Zentralbankgeld „EURO-Banknote“ getauscht würde. Im Ergebnis hätte die BI statt eines passiven T2-Eintrags einen entsprechend höheren Banknotenumlauf in der Bilanz. Spiegelbildlich dazu hätte die BB einen höheren Kassenbestand, den sie aufgrund der Gepflogenheiten jedoch mit ihrem Banknotenumlauf verrechnen würde, so daß der aktive T2-Eintrag sowie der Banknotenumlauf der BB abnehmen würde. (Manche Leute würde bei einer derartigen Umstrukturierung auf die Idee kommen, die BB hätte nun weniger „Schulden“… bzw. weniger „faule“ Forderungen… Und wieder andere würden nach wie vor steif und fest behaupten, daß die BI ja immer noch „Schulden“ hätte…)

Frage 2 läßt sich anhand des Referats recht schön beantworten und die entscheidende Erkenntnis, welche dem Kommentator „Bagehot“ anscheinend entgangen ist, ist hier versteckt:

„Der Kredit entsteht vollautomatisch: Bei Target2 wird mit der technischen Übermittlung der Überweisungsdaten die Transaktion im gleichen Moment auch „rechtlich finalisiert“ (wie mir dies neulich ein Bundesbank-Vorstand erläutert hat). Es muss also kein Sachbearbeiter oder Vorstand eine Genehmigung für den Kredit erteilen.“

Im Grunde genommen steht hier klipp und klar, daß man besser von der Ansicht Abstand nehmen sollte, daß es sich bei den T2-„Überweisungen“ um „normale“ Banküberweisungen handelt, bei denen von der sendenden Bank Zentralbankguthaben abgezogen werden, während diese der empfangenden Bank entsprechend gutgeschrieben werden. Daß es zu diesem Irrtum kommen kann liegt wahrscheinlich daran, daß die an sich überflüssige Einbeziehung der EZB in die Transaktion zwischen der BI und der BB diese Operation so erscheinen läßt, als würde es sich hierbei in gleicher Weise um einen Transfer von Zentralbankgeld handeln wie in dem Überweisungsverkehr zwischen Geschäftsbanken auf nationaler Ebene. Wäre das der Fall müßten die NZBen bei der EZB Zahlungsverkehrskonten führen, deren Verwendbarkeit von der EZB kontrolliert würde mit der Maßgabe, daß die EZB gegebenenfalls eine Transaktion untersagen könnte wenn z.B. die Überschuldung einer NZB drohen würde. (Der zweite Insolvenzgrund – die Illiquidität – kann bei einer Zentralbank in der von ihr emittierten Währung niemals eintreten, es sei denn man ignoriert aktiv, daß eine Zentralbank eine Zentralbank eine Zentralbank ist. Es soll solche Leute geben…)

Offensichtlich genügt aber eine einseitige Erklärung einer NZB wie der BI um eine T2-Transaktion in Gang zu setzen, so daß der deutsche Empfänger des Geldes eine Gutschrift seiner Geschäftsbank erhält, wobei die Geschäftsbank diese Gutschrift erst dann erteilt, wenn sie ihrerseits von der BB eine Gutschrift über den in Frage stehenden Geldbetrag erhalten hat. Die Bundesbank fragt offenbar weder bei der EZB noch bei der Banca d´Italia nach, ob letztere in Höhe des fraglichen Betrages bei der EZB über ein entsprechendes Guthaben verfügt. Möglicherweise wird das daran liegen, daß es in der Bundesbank tatsächlich Leute gibt die wissen, daß eine Forderung gegen eine Zentralbank, die auf das Bargeld lautet, welches diese Zentralbank berechtigt ist zu emittieren, eben – Zentralbankgeld ist.

Nun ist ja vergleichsweise bekannt, daß Geschäftsbanken lieber mit unbarem Zentralbankgeld arbeiten und einiges unternehmen, um von dem lästigen und kostenträchtigen Bargeldverkehr wegzukommen. Der Grund dafür, daß keine Geschäftsbank auf die Idee kommt ihre Forderungen gegen die Zentralbank in Bargeld halten zu wollen ist, daß sie wissen, daß eine Zentralbank alle gegen sie existierenden Forderungen, die auf das Bargeld lauten, welches sie selbst emittieren darf, in unbeschränkter Höhe in Bargeld auszahlen kann. Der Clou an der ganzen Sache hängt an dem kleinen und unschuldigen Wörtchen „unbeschränkt“! Denn unbeschränkt heißt, daß für eine Zentralbank für die bei ihr bestehenden Verbindlichkeiten keine Grenze existiert, die sie nicht mit von ihr selbst emittierter BAR-Liquidität begleichen könnte – in der Wirtschaftsgeschichte gibt es einige Beispiele davon. Das bedeutet jedoch umgekehrt, daß es für Geschäftsbanken keine Veranlassung gibt ihr Guthaben bei der Zentralbank aus Sicherheitsgründen in Bargeld umzuwandeln (womit schon an dieser Stelle Frage 3 beantwortet wäre) und daher die einzige Einlösung, die überhaupt möglich wäre (siehe Frage 1) aus Kostengründen schlicht und einfach unterbleibt.

Für die Beantwortung von Frage 2 heißt das jedenfalls, daß das Entstehen des passiven T2-Eintrages gegenüber der EZB nicht an irgendwelche Kreditwürdigkeitsprüfungen geknüpft ist, weil die BI ja nicht in irgendeiner Weise selbst Kredit aufnimmt, sondern ein von ihr emittiertes Zentralbankgeldvolumen (dessen Entstehung auf Operationen zurückgeht, die bereits vor der fraglichen T2-Transaktion abgeschlossen worden waren) auf die BB überschreibt. Denn die Verbindlichkeit, welche sie vorher gegenüber der „Cinque Stelle“ hatte, welche ihr Guthaben genutzt hat um für ihren Kunden eine Überweisung an einen Empfänger in GER durchzuführen, hat die BI nunmehr gegenüber der EZB, wodurch die EZB von der BI – Zentralbankgeld erhält. Durch Gutschrift zu Gunsten der BB erhält die BB von der EZB ebenfalls – Zentralbankgeld. Und durch Gutschrift zu Gunsten der Bank A&T erhält der Empfänger in GER ebenfalls seine Gutschrift von der Bank A&T – die jedoch im Unterschied zu den anderen Gutschriften kein Zentralbankgeld mehr ist.

Das Entfallen der Kreditwürdigkeitsprüfung hat natürlich seinen Grund darin, daß eine Zentralbank als Quelle allen Zentralbankgeldes nicht wirklich auf Kreditwürdigkeit geprüft werden muß, zumal das von ihr übertragene Zentralbankgeldvolumen aus einer i.d.R. den Bonitätskriterien des ESZB genügenden Kreditgewährung an den Bankensektor entstanden ist. Sobald jedoch die Kreditgewährung der BI an die Banca „Cinque Stelle“ erfolgt ist hat diese die uneingeschränkte Möglichkeit das ihr zur Verfügung stehende Zentralbankgeldvolumen für Überweisungszwecke ins Ausland zu nutzen, ohne daß dabei seitens der BI geprüft wird welche Beweggründe dieser Überweisung zu Grunde liegen. Das einzige was sie tut ist dem Begehren nach Überweisung stattzugeben wobei für die BI der Fall mit der „technischen Übermittlung der Überweisungsdaten“ endgültig abgeschlossen ist. Für die BI besteht die Änderung der Bilanz daraus, daß nicht mehr die Banca „Cinque Stelle“ die Forderung auf Bargeldlieferung innehat, sondern die EZB bzw. eine Stufe weiter die BB. Das ist jedoch eine grundlegende Änderung des Charakters dieser „Verbindlichkeit“, denn solange diese Verbindlichkeit der BI gegenüber der Banca „Cinque Stelle“ bestand existierte immer noch die Wahrscheinlichkeit, daß diese Verbindlichkeit mit einer Lieferung von Bargeld erfüllt werden müßte. Diese Wahrscheinlichkeit schrumpft mit der Entstehung des T2-Eintrages auf quasi Null, weil es so gut wie keinen Fall gibt, daß die EZB die „Draghi-Volte“ ernstnimmt und an die BI herantritt und von ihr die Begleichung der bestehenden T2-„Verbindlichkeiten“ fordert. Der Grund ist natürlich der, daß die EZB sowie die BB dasjenige, was sie aus der T2-Foderung gegenüber der BI erhalten könnten genau dasjenige ist, was sie selbst zur Tilgung ihrer eigenen Verbindlichkeiten in unbeschränkter Höhe selbst emittieren können. Und wenn die BI auf die Idee kommen sollte ihre T2-„Schulden“ mit der Übergabe von Bargeld begleichen zu wollen wäre auf einmal der T2-Eintrag bei der EZB gelöscht, während die Bundesbank einen Zugang an Banknoten realisieren würde, welche sie praktisch nicht gebrauchen kann und aufgrund der Tatsache, daß eine Zentralbank keinen Kassenbestand bilanziert, gegen den eigenen Banknotenumlauf saldieren müßte. Dies hätte zur Folge, daß der von der BB ausgewiesene Banknotenumlauf erheblich zurückgehen würde (das Pendant zur Erhöhung des Banknotenumlaufs in der Bilanz der BI) wodurch praktisch ausgedrückt wird, daß der Beitrag der BB zur Emission von Zentralbankgeld geringer ist als derzeit noch ausgewiesen.

Wenn man so will ist der T2-Eintrag auf der Aktivseite der BB quasi eine Art „Kassenbestand“ in der BB Bilanz, welcher nur dann so erhalten bleibt, wenn er nicht in Bargeld umgewandelt wird. Der Vergleich mit einem Kassenbestand ist u.a. deswegen so originell, weil genau dieser Verwendung findet, wenn ein deutscher Käufer in Italien Waren oder Dienstleistungen bezahlen will. In diesem Fall reduzieren sich die aktiven T2-Einträge bei der BB als würden diese Beträge für die „Bezahlung“ dieser Käufe genutzt. (Natürlich kann der T2-Eintrag auch genutzt werden, wenn italienische Pizzabäcker von Deutschland aus in Palermo ihre Luxusvilla bezahlen…)

Frage 4 ist inzwischen soweit geklärt, daß es keine Restriktionen resp. Kreditwürdigkeitsvorbehalte gibt, die einer T2-Transaktion entgegenstehen, die wie zitiert quasi durch eine einseitige Willenserklärung der BI gegenüber der EZB bzw. der BB ausgelöst wird. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einer Kreditvereinbarung stets um einen Vertrag, bei dem zwei sich deckende Willenserklärungen vorliegen müssen, wobei der Vertragsgegenstand Zentralbankgeld zunächst vom Kreditgeber an den Kreditnehmer übertragen werden muß, da sonst der Kreditgeber nicht zum Gläubiger wird. Bei einer T2-Transaktion verhält es sich jedoch so, daß bereits existierendes Zentralbankgeld von der BI an die EZB bzw. BB übertragen wird, wodurch ja gerade der T2-Eintrag der BB steigt. (Es handelt sich hierbei im Ergebnis bei der BI um einen sog. „Passivtausch“ auch wenn aus formalen Gründen keine Passiva „getauscht“ werden.) Eine normale Geschäftsbank wäre mit einer Gutschrift auf ihrem Zentralbankkonto völlig zufrieden und würde nicht noch darüber nachdenken, ob das „Guthaben“ bei der Zentralbank auch ausreichend „sicher“ ist. In gleicher Weise hat ja die BB den Ausgleich für die von ihr eingegangene Verpflichtung gegenüber der Bank A&T erhalten, weil sie ja durch den aktiven T2-Eintrag quasi einen Zugang an Zentralbankgeld erhalten hat. Man könnte es so pointieren: was für die Banca „Cinque Stelle“ Zentralbankgeld ist, ist auch für die BB Zentralbankgeld – auch wenn letztere nicht wirklich weiß, was sie damit anfangen soll, da es sich hierbei um das berühmte „Eulen nach Athen tragen“ handelt.

Bleibt als Fazit nur noch festzuhalten, daß man dann, wenn man mit aller Gewalt ein Problem aus den T2-Salden machen möchte notwendigerweise sein Gesichtsfeld auf die aktienrechtlichen Bilanzierungsvorschriften einengen muß. In gleicher Weise muß man komplett ignorieren, daß Operationen zwischen Zentralbanken aus logischen Gründen anders beurteilt werden müssen, als Operationen von Zentralbanken mit den ihr angeschlossenen Geschäftsbanken. Vermutlich ist es die Vorstellung, die EZB sei eine Art übergeordnete Bank in Bezug auf die NZBen die zu dem Fehlschluß verleitet, es würde sich bei den T2-Operationen um analoge Vorgänge handeln wie im nationalen Zahlungsverkehr. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die EZB ist für die NZBen nicht die Clearing- bzw. Settlement-Instanz wie es eine Zentralbank gegenüber den angeschlossenen Geschäftsbanken ist. Im Grunde genommen könnte der RTGS-Zahlungsverkehr auch komplett ohne die EZB abgewickelt werden, was lediglich den vertretbaren Mehraufwand bedeuten würde für jede andere dem EURO angehörende NZB ein eigenes Konto zu führen – soviel Speicherplatz sollte dann doch schon vorhanden sein…

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